Gefangenen Info #307

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    Gefangenen InfoC 10190 17.1.2006 Preis: 1,55 307

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Leonard Peltier 30 Jahre inhaftiert 30 Jahre Kampf fr Freiheit und GerechtigkeitDer 6. Februar ist der 30. Jahrestag der Ver-haftung des indigenen Amerikaners LeonardPeltier wegen des angeblichen Mords an zweiFBI-Agenten whrend eines Feuergefechteszwischen Polizisten und indigenen Aktivi-sten 1975. Whrend seines langen Kampfsum Freiheit und Gerechtigkeit hat Peltier So-lidaritt und Respekt Millionen von Men-schen gewonnen, prominenten wie den No-belpreistrgern Bischof Desmond Tutu (Sd-afrika) und Rigoberta Manchu (Guatamala)und nicht-prominenten. Sogar das EU-Par-lament hat eine Resolution zur FreilassungPeltiers untersttzt. Die Partei Frieden undFreiheit nominierte ihn fr die US-Prsin-dentenwahl 2004 als Kandidaten.

    Das FBI dagegen setzt alles daran, PeltiersFreilassung zu verhindern. Seine Ausliefe-rung von Kanada in die USA 1976 wurde mitgeflschten Beweisen erwirkt, fast 140.000

    Seiten Beweismaterial - nur ca. 3.500 Seitenwurde an seine Anwlte ausgehndigt - beiseinem Verfahren 1977 unterschlagen. Alsder damalige Prsident Bill Clinton andeutenlie, er wre bereit, eine Begnadigung Pel-tiers in Erwgung zu ziehen, demonstriertenFBI-Agenten und Mitglieder der Polizei Ge-werkschaft Fraternal Order of Police vor dem

    Weien Haus, der amtierende FBI-DirektorFreeh intervenierte persnlich bei Clinton,um eine Begnadigung zu verhindern.

    In September 2005 reichten Peltiers An-wlte Berufung beim Bundesgericht ein, imNovember wurde die letzte schriftliche Ein-

    gabe eingereicht. Eine Anhrung wird in dennchsten Monaten erwartet.

    In August wurde Peltier ohne Vorwarnungund ohne Zeit, alle seine Sachen zusammen-zupacken, vom Leavonworth-Gefngnis inKansas nach Lewisburg Pennsylvania ver-

    legt. In seiner ersten Erklrung nach seinerVerlegung erklrte er:

    Hau Kola,

    Dies war eines der schlimmsten Jahre mei-ner Inhaftierung, es mag nicht das brutal phy-sisch schlimmste gewesen sein, das ich erlebthabe, aber in meinem Alter und bei meinemschlechten Gesundheitszustand war es dasschwierigste. Der fast zwei Monate dauerndeTransit von Leavonworth nach Lewisburgwar eine wahre Tortur, und ich bin heute nuram Leben, weil ihr mich untersttzt habt undHimmel und Hlle in Bewegung setztet, ummich aus der Isolationshaft zu holen. (...)

    Mein Krper, mein Geist und mein Herzsind stndigen Angriffen ausgesetzt, aber ichgebe nicht auf. Ich werde nie aufgeben, undihr, die ihr mich whrend dieses hartenKampfs begleitet, bedeutet mir alles. Ich

    knnte diesen heimtckischen Weg alleinenicht schaffen.Wir haben so viele Wege zu meiner Frei-

    heit ausprobiert, und die Regierung hat jedeTr, die wir ffneten, wieder zugemacht. DasFBI verweigert mir weiterhin mein Recht aufeinen ordentlichen Prozess und hetzt weiter-hin gegen mich. Richter und jeder andere imSystem, alle, die eine Auswirkung auf meineweitere Inhaftierung haben knnten, werdenunter Druck gesetzt. Alles auf Kosten derSteuerzahler. Sogar mein eigenes Volk wur-de gegen mich aufgehetzt und die indigenenMedia benutzt, um es gegen mich aufzuwie-

    geln. Die schwarze Schafe, Informanten undVerrter, die unsere Geschichte verleugnen

    Aufruf zu Solidarittskundgebungen fr die Gefangenen aus Action Directe S. 2

    20 Tage Bunkerstrafe fr

    Abdullah calanDer Besuch seiner Geschwister Mehmetcalan und Havva Keser bei Abdullahcalan auf der Gefngnisinsel Imrali wurdemit der Begrndung verweigert, gegencalan sei eine Disziplinarstrafe von zwan-zig Tagen Einzelzelle verhngt worden. Diezustndigen Militrs am SchiffsanlegerGemlik htten erklrt, es liege eine Ge-richtsbeschluss darber vor. Ich wollte denBeschluss lesen, aber auch das wurde mir

    verweigert, erklrte Mehmet calan.Auch die Zeitungen, die wir mitgebracht

    hatten, wurden nicht angenommen.Rechtsanwalt Bekir Kaya erklrte dazu, dasssich sein Mandant ohnehin in einem Ein-Personen-Gefngnis befinde. Allerdings be-inhalte diese Form der Disziplinarstrafe, dieauf Antrag der Verwaltung verhngt werde,auch eine Beschrnkung des Rechtes auf Te-lefongesprche, Briefkontakt und Familien-besuch. Die Verteidigung calans versuche,die Hintergrnde dieser Manahme zu er-fahren, aber es lasse sich kein Ansprech-partner in dieser Angelegenheit finden, daaufgrund der Feiertage das zustndige Ge-richt in Bursa geschlossen sei.

    Quelle: DIHA, 11.01.2006, ISKU

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    und sich hinter die Version der Regierungstellen als Gegenleistung fr Anerkennungund Profite, mssen konfrontiert werden. Eshat uns viel Kraft gekostet, unsere Geschich-te zu bewahren und zu erreichen, dass sie inunseren Geschichtsbchern richtig darge-stellt und niedergeschrieben wird. Habt kei-ne Angst, diese Leute zu konfrontieren, umunsere Geschichte, Kultur und Identitt zu

    verteidigen. Obwohl es mir sehr schwer ge-

    macht wurde, habe ich nie aufgegeben, undich verlasse mich auf euch, dass ihr auch wei-ter kmpft.

    Mein Anwaltsteam entwickelt stndig neueVorgehensweisen, es gibt noch weitere recht-liche Mglichkeiten. Es scheint, dass, sobaldwir das Geld zum Fotokopieren haben, wirendlich Zugang zu 90.000 der 140.000 FBI-Dokumenten bekommen werden. (...)

    Die US-Regierung wird stndig repressiverund tyrannischer. Brgerrechte werden aus-gehhlt, ngste erzeugt, um die Kriegsma-schinerie im Gange zu halten und die Zer-strung von Mutter Erde voranzutreiben, un-

    schuldige Menschen berall auf der Welt ster-ben in Namen von Demokratie und Frei-heit, die Anzahl der Gefangene in diesemLande steigt exponential an, ca. 10% aller Ge-fangene werden im Gefngnis sterben, diemeisten von uns sind Nicht-Weie. Diejeni-gen von uns, die sich gegen diese Ungerech-tigkeiten zur Wehr setzen, werden inhaftiertoder umgebracht. Mit der US-Regierung istnicht zu spaen, Filiberto Ojeda Rios, ein An-fhrer der puertoricanischen Unabhngig-keitsbewegung, wurde offenkundig ermor-det, und Verbndete der Regierung rufen imFernsehen offen auf zur Ermordung von cou-ragierten Verfechtern der Gerechtigkeit wiePrsiden Hugo Chavez von Venezuela, derunseren armen Bevlkerungsteilen und mirseine Hilfe angeboten hat. Es ist an der Zeit,dass wir uns vereinen, um diesen Wahnsinnzu stoppen, und an der Seite derjenigen ste-hen, die ihre Versprechen von Freiheit undGerechtigkeit tatschlich einhalten, und ge-gen jene, die von Gier, Arroganz und Vorur-teilen geleitet werden. Bleibt stark, arbeitetzusammen, konfrontiert die Verrter, habtkeine Angst, lasst unseren Kampf nicht ab-ebben. (...)

    www.leonardpeltier.org

    Anlsslich des Beginns unseres 20stenHaftjahres rufen wir zu Solidarittskund-gebungen vor unseren Haftorten am 25. Fe-bruar auf. Im Laufe des vergangenen Jah-res haben die Gerichte unsere Akten zurFreilassung auf Bewhrung geprft, habenunsere Antrge im Namen der ewigen Lei-

    er abgelehnt: Abschwren gegen Freilas-sung.Konkret gesagt bleiben wir in Haft, weil

    wir uns zum Lager der Revolution beken-nen, weil wir immer noch und trotz alleman die Zentralitt des antiimperialistischenKampfes glauben und schlielich, weil wiruns weigern, die aufstndische Gewalt un-serer Klasse und ihrer Guerillas in derganzen Welt, von Palstina bis Kolumbien,zu verurteilen.Whrend dieser zweiten Auflage der Fe-

    bruarmobilisierungen rufen wir zur Solida-ritt mit Georges Ibrahim Abdallah, einem

    seit Oktober 1984 gefangenen arabischenKommunisten, auf. Unsere Untersttzungwird sich vor dem Gefngnis von Lanne-mezan, in dem er gefangen ist, ausdrcken,aber ebenso vor den Gefngnissen von Ba-

    paume und Ensisheim. Wir haben zusam-men den gemeinsamen Feind bekmpft,und wir haben Tag fr Tag die gleiche Ge-fngnisgewalt ertragen. Unsere Gemein-schaft ist untrennbar. ber ihn solidarisie-ren wir uns mit allen Genossinnen und Ge-nossen der revolutionren, antiimperiali-

    stischen Linken, die es ablehnen, ihre En-gagement und ihre vergangenen Aktionenzu verleugnen.

    In der politischen Haft ist die Hart-nckigkeit staatlicher Rache der Ausdruckder reaktionren Welle, die das gesamteLand berflutet. Auf diesem Terrain ms-sen wir den Widerstand gleichzeitig aus-dehnen und verstrken.

    SOLIDARITT IST EINE WAFFE!SEGUIREMOS ADELANTE!

    Die Gefangen aus ACTION DIRECTE

    Nathalie MENIGONGeorges CIPRIANI

    J. Marc ROUILLANJoelle AUBRON (in Haftaussetzung)

    6. Januar 2006

    Die in Frankreich gefhrte Kampagne frdie Freiheit der Gefangenen aus der kom-munistischen Guerillaorganisation ActionDirecte (AD) wird seit zwei Jahren auch vonder BRD aus auf vielfltige Weise mitge-tragen. Die Freiheit von politischen Gefan-genen kann nur erobert werden, wenn wirinternational und gemeinsam darumkmpfen!

    Seit dem 21. Februar 1987 sind Jean-MarcRouillan, Nathalie Mnigon und GeorgesCipriani im Gefngnis. Alle wurden zu lebenslnglich mit 18

    Jahren Mindesthaftstrafe von einem Son-

    dergericht verurteilt. Alle haben diese Stra-fe abgesessen. Damit steht einer Freilassungjuristisch nichts im Weg. Alle Antrge wur-den bisher abgelehnt, denn der Umgang mitpolitischen Gefangenen ist kein juristischer,sondern ein politischer. So musste auch Jo-elle Aubrons Haftaussetzung im Juni 2004wegen ihrer Krebserkrankung erkmpftwerden.

    ber Jahre waren diese Gefangenen ei-ner Sonderbehandlung mit langen Phasender zerstrerischen Bedingungen der Isola-tion ausgesetzt. Es ist Zeit, die Vernich-tungsmaschinerie zu stoppen!

    Fr eine Welt ohne Klassen und Gefng-nisse!Wir treffen uns zu Kundgebungen am 25.Februar 2006 vor einem der Gefngnisse,in denen die GenossInnen eingesperrt sind,

    in Lannemezan, Ensisheim oder Bapaume,um zu bekrftigen, dass sie raus mssen.

    Fr die, die nicht kommen knnen, orga-nisiert euch!

    Bekundet euren Willen vor Gebuden inder Nhe eurer Wohnorte, die die Macht derRepressionspolitik symbolisieren!

    Lassen wir uns nicht vom Sicherheitsstaathandlungsunfhig machen!

    Flchten wir uns nicht in ein komplizen-haftes Schweigen!

    Die Solidaritt mit den politischen Gefan-

    genen, ber die Zeit hinweg, ist ein Teil un-seres antikapitalistischen und antiimperia-listischen Kampfes von gestern und heute.Fr die sofortige Freilassung der Gefange-nen aus Action Directe !Orte und Zeiten fr die Kundgebungen undaktuelle und ausfhrlichere Infos zu AD gibtes auf: www.action-directe.net

    Aufruf der Gefangenen aus Action Directe

    Aufruf zum Aktionstag am 25.2.2006

    Freiheit fr die Gefangenen aus Action Directe!!Die Gefangenen kommen in das 20ste Jahr der Haft

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    Die Haftbedingungen vonNathalie Mnigon haben sicherneut zugespitzt

    Nathalie ist rund um die Uhr in der Zelleeingesperrt - Es luft ein Verfahren gegensie wegen Krperverletzung einer Schliee-rin. Nach Provokationen in Zusammen-

    hang mit den Bestellungen, die die Gefan-genen zu Weihnachten aufgeben konnten,kam es zu Protest von mehreren gefange-nen Frauen in Bapaume.

    Es wurden ihnen nicht die bestellten Din-ge gebracht. Sie sollten sich stattdessen mitanderen Sachen zufrieden geben. Es kamzu Auseinandersetzungen mit denSchlieerinnen, wobei eine von ihnen ge-schubst worden sein soll. Diese Schliee-rin erstattete danach Anzeige gegen Nat-halie Mnigon. Nathalie ist seitdem in ih-rer Zelle eingeschlossen. Am 6. Januar wirddie Disziplinarkommission im Knast von

    Bapaume ber weitere Sanktionen ent-scheiden. Nathalies Gesundheitszustand istnach mehreren Schlaganfllen sehr ange-griffen. Bisher wurden ihre Antrge aufFreilassung wegen Haftunfhigkeit abge-lehnt. Die Begrndung lautete, sie sei zukrank, um die Auflagen - drauen zu ar-beiten - zu erfllen, gleichzeitig sei sie abernicht krank genug, um eine Entlassung zurechtfertigen. Sieben neue Besuchsantrge

    wurden abgelehnt oder einfach nicht bear-beitet. Ihre Haftbedingungen zielen auchnach fast 19 Jahren Haft darauf, sie weiterzu zerstren und zu demoralisieren. Nat-halie, als weibliche politische Gefangene,darf ganze zweimal im Monat telefonieren.Die Mnner, die in Bapaume gefangen sind,knnen hingegen jeden Tag telefonieren.Die Zuspitzung von Nathalies Situationmacht die geplante Kundgebung vor der

    Gefngnisverwaltung in Paris am 5. Janu-ar noch dringender. Die Forderungen sind:Genehmigung der gestellten Besuchsantr-ge Schlu mit den Diskriminierungen undSchikanen Tatschliche medizinische Ver-sorgung Solidaritt mit Nathalie und ihrenGenossInnen - fr ihre Freiheit!

    Demonstration in Parisbersetzung aus Nouvelobs.com vom6.1.2006Ungefhr dreiig Personen haben am Don-nerstag Abend (5.1.) die Freilassung des

    ehemaligen, teilweise gelhmten Mitgliedesvon Action Directe gefordert (Anm. d. .:

    Nach Angaben der Beteiligten waren es umdie 70). Sie muss diesen Freitag wegen ei-nes Zwischenfalles mit einer Schlieerin voreiner Disziplinarkommission erscheinen.

    Zirka dreiig Personen haben am Donners-tag Abend, dem 5. Januar, die Freilassung

    von Nathalie Mnigon gefordert. Sie waren

    dem Aufruf des Untersttzungskomitees frdie Gefangenen aus Action Directe gefolgt.Die Kundgebung vor dem Sitz der Gefng-nisverwaltung nutzten die Demonstrantendazu, das Disziplinarverfahren anzupran-gern, dem die in Bapaume (Pas-de-Calais)gefangene Terroristin unterworfen ist. Nat-halie Mnigon, 47 Jahre, muss am Freitagwegen eines Zwischenfalles am 28. De-zember mit einer Schlieerin vor einer Dis-

    ziplinarkommission erscheinen, wie vonihrem Anwalt Jean-Louis Challanset und von AP zu erfahren war. Das Unterstt-zungskomitee fr die Gefangenen aus Ac-tion Directe zieht diese Auseinandersetzungin Zweifel und besteht laut Alain Pojolat,einem Mitglied des Komitees, auf der Mo-deratorenrolle, die Nathalie Mnigon frihre Mitgefangen eingenommen habe.

    Alain Pojolat gab an, dass die Gefangeneam 30. Dezember einen Antrag auf Haftaus-setzung aus medizinischen Grnden ge-stellt habe. Zwei vorangegangene Antrgewaren im April und Dezember 2004 abge-

    lehnt worden. Mnigon ist 1989 mit JoelleAubron, Jean-Marc Rouillan und GeorgesCipriani zu lebenslnglicher Haft wegenMordes am Vorstandsvorsitzenden GeorgesBesse im Jahre 1986 und am Waffenin-spekteur Ren Audran im Jahre 1985 ver-urteilt worden. Lediglich Joelle Aubron er-hielt im Juni 2004 eine Haftaussetzung ausmedizinischen Grnden, nachdem sie an ei-nem Hirntumor operiert worden war.

    Am 10.12.2005 fand mittlerweile schonzum fnften Mal der jhrliche Neonazi-Groaufmarsch in Salem/Stockholm statt,zu welchem sich in diesem Jahr auch einebreite antifaschistische Gegenmobilisie-rung entwickelte. Der Grund fr diesen Auf-marsch ist der am 9. Dezember 2000 bei ei-

    ner Auseinandersetzung mit MigrantInnenumgekommene Nazisympathisant DanielWretstrm, der nun von Neonazis aus ganzEuropa zu mrthyrisieren versucht wird. Dawie jedes Jahr auch deutsche Neonazis zuerwarten waren, waren auch Antifaschistenaus Deutschland an diesem Wochenende inStockholm.

    Bei verschiedenen kreativen Versuchen,an den Neonaziaufmarsch heranzugelan-gen, um ihn zu stren und zu blockieren,wurden mehrere AntifaschistInnen aus Eu-ropa festgenommen. Nach einer Spontan-demonstration durch die Stockholmer In-

    nenstadt suchte die Polizei jedoch explizitnach Deutschen und nahm diese teilweiseextrem willkrlich fest.

    So fanden sich neun AntifaschistInnenaus Deutschland im Alter von 16-29 Jahren,

    darunter sieben Berliner, am Abend in Poli-zeigewahrsam wieder und bekamen schon

    auf der Wache die Einstellung der schwedi-schen Polizei gegen die bsen Deutschenzu spren, sodass sie massive Demtigun-gen hinnehmen mussten. Zwei 21-jhrigeaus Berlin wurden jedoch in Untersu-

    chungshaft genommen. Ihnen wurde Land-friedensbruch und Sachbeschdigung vor-

    geworfen. Innerhalb der folgenden Wochenverstieen die schwedischen Behrden wie-derholt gegen geltendes EU-Recht und er-schwerten dadurch uns und den deutschen

    Anwlten erheblich die Arbeit.

    Nach zwei Prozesstagen in Stockholm/Schweden kommen Fabian P. und Patrick T. unerwartet

    wieder frei und knnen zurck nach Berlin fliegen.

    Prozesstage in Schweden / Stockholm

    Antifa-Demonstration in Stockholm

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    Am 10. Januar 06 begann nun der zweit-gige Prozess gegen die beiden Berliner, undder deutsche Rechtsanwalt Martin Hensel-mann durfte einen der Angeklagten relativkurzfristig dann doch mitverteidigen

    Die Anklage sttzte sich lediglich auf dieAussagen von Zivilpolizisten und Fotos, dieeinen der beiden Aktivisten von hintenzeigt. Die Aussagen der Beamten waren teil-weise sehr unglaubwrdig, da extrem wi-

    dersprchlich, und so kam die Staatsan-waltschaft mit ihrer Forderung nach weite-ren drei, beziehungsweise einem Monat/enHaft nicht durch.Auch der erwartete Versuch, Bezug zu den

    Protesten gegen den Eu-Gipfel 2001 in G-teburg herzustellen, untersttze ihren Vor-wurf nicht weiter, und so wurden Patrick T.und Fabian P. nach Prozessende entlassen.

    Das Urteil wird zwar erst am 18. Januar06 verkndet, aber die Richter sahen keineFluchtgefahr mehr, und so konnten die bei-den am Donnerstag Abend wieder in Ber-lin in Empfang genommen werden. Eine er-

    neute Haftstrafe erwarten wir zwar nicht,ist aber mglich.

    Fr uns als Solidarittsgruppe gilt es jedochweiterhin zu versuchen, diese Sache ffent-lich zu machen und die enormen ausstehen-den Kosten durch Spenden etc zu decken. Beiunserer Arbeit erhalten wir mittlerweile ne-ben der Untersttzung durch viele BerlinerGruppen und Einzelpersonen auch Zuspruchund von der WASG, der Linkspartei und der

    VVN/BdA, die auch alle eigene Texte zu demThema verfassten und aktiv an der Solida-rittsarbeit beteiligt werden.Wir freuen uns ber jede weitere Spende

    und danken allen Leuten, Gruppen und Kol-lektiven fr die bisherigen Spenden und

    Auslagen.Berlin, den 13. Januar 06Die Berliner SolidarittsgruppeKontakt: [email protected] Informationen:www.soligruppe-schweden.tk

    Spendenkonto:Rote Hilfe BerlinStichwort: StockholmKontonummer: 718 959 060 0Bankleitzahl: 100 200 00

    Wir dokumentieren ein Interview mit demBerliner Verteidiger eines der beiden Anti-faschisten, Martin Henselmann. Das Inter-

    view wurde kurz vor der Freilassung ge-fhrt.

    Der Aufbau eines eu-ropischen Anwalts-netzwerks steckt nochin den Anfngen !Warum stehen die zwei Berliner Antifa-

    schisten in Schweden vor Gericht?Am 10. Dezember 2005 demonstrierten

    im Stockholmer Stadtteil Salem ca. 1200Neonazis unter anderem aus Schweden,Dnemark, Norwegen und Deutschland.

    Antifaschisten aus verschiedenen europi-schen Lndern beteiligten sich an Protestengegen den Naziaufmarsch, darunter aucheine Gruppe von Antifaschisten aus Berlin.Im Zuge dieser Proteste kam es in der Stock-holmer Innenstadt zu Auseinandersetzun-gen, bei denen einige Schaufenster zuBruch gingen. Im Anschluss wurden meh-rere Antifaschisten festgenommen, darun-ter auch eine grere Gruppe aus Berlin. Bisauf Patrick und Fabian wurden allerdingsalle anderen nach wenigen Stunden wiederfreigelassen.

    Was wird den beiden vorgeworfen?Fabian ist wegen einfachem Landfrie-

    densbruch und Patrick wegen aktivem

    Landfriedensbruch, Sachbeschdigung und versuchter Sachbeschdigung angeklagt.Die schnelle Anklageerhebung ist erfreu-lich, weil so die Untersuchungshaft fr diebeiden nicht unntig in die Lnge gezogenwird. Allerdings stellt sich generell die Fra-ge nach der Verhltnismigkeit der Un-tersuchungshaft, weil die Vorwrfe eher ge-ring sind und beide vorher noch nie im Ge-fngnis waren. Fabian ist nur deshalb we-

    gen Landfriedensbruch angeklagt, weil ersich nicht aus einer Demonstration ent-fernte, aus der heraus Sachbeschdigungen

    verbt worden sind. Eine konkrete Straftatwird ihm nicht vorgeworfen.

    Welche Erfahrungen haben Sie als Wahl-verteidiger von Patrik mit schwedischenBehrden?

    Bei den Gteborg-Verfahren war eine Zu-ziehung von Verteidigern aus anderen Ln-dern nicht mglich. Das hatte zu Protesten

    von Anwaltsverbnden gefhrt. Daher wares jetzt ein groer Erfolg, dass meine Zu-

    lassung in Schweden problemlos klappte.

    Bei dem Verfahren wurde wieder die Pro-blematik eine lnderbergreifenden Vertei-digung deutlich Wie weit sind berlegun-gen eines europischen Legalteams in derPraxis gediehen?

    Nach den vielen Verfahren im Gefolge derProteste in Gteborg und Genua startetenfortschrittliche Anwaltsorganisationen und

    Aktivisten die Initiative fr den Aufbau ei-nes Netzwerks fortschrittlicher Verteidiger.So sollte gewhrleistet werden, dass Ange-klagte in politischen Verfahren auch einen

    vernnftigen Verteidiger bekommen.Ich habe den Eindruck, dass diese Initia-

    tive in der letzten Zeit etwas ins Stockengeraten ist. Vielleicht wird sie im Zuge der

    Vorbereitungen auf den G8-Gipfel in Hei-ligendamm im Jahr 2007 wieder aufge-nommen.Interview: Peter Nowak

    Deine Solidarittspaten-schaft fr kriminalisierte

    AntifaschistInnenIn Frankfurt (Oder) sehen sich derzeit eine Handvoll Personen aus der Linken einem erheblichenErmittlungsdruck ausgesetzt. Sie sollen sich we-gen zahlreichen direkten Aktionen der vergan-genen Jahre in der Oderstadt verantworten. Die-se richteten sich vor allem gegen Neonazistruk-turen, die Festung Europa sowie die Bundeswehr.

    Die Anschuldigungen, die Kriminalpolizei undLKA erheben, sttzen sich jedoch lediglich aufein Konstrukt von Vermutungen, die unter an-derem durch die erfolgreiche Anwerbung einer/s

    Informanten/In mit Zugang zur Szene geuertwurden. Eine Unschuldsvermutung scheinen sienicht zu kennen. So wurden Beschuldigte ohne

    dringenden Tatverdacht massiv observiert undihr persnliches Umfeld in Arbeit, Familie undFreizeit ausgefragt. Die Bundesanwaltschaft

    lehnte zunchst aber die bernahme der Er-mittlungen ab.Durch den Druck hinzugezogener Rechtsan-

    wltInnen gelang es, mittlerweile fast 30 Ver-fahren einzustellen und Hausdurchsuchungenund DNA-Entnahmen im Nachhinein fr rechts-widrig erklren zu lassen oder ganz zu verhin-dern.

    Auf den Verteidigungskosten von mittlerwei-le mehreren tausend Euro blieben die GenossIn-nen jedoch bisher sitzen. Daher wollen wir euchfr eine Solidarittspatenschaft fr das Jahr2006 gewinnen.

    Unser Ziel ist es, einen mglichst groen Kreis

    von Einzelpersonen und Zusammenhngen zufinden, die den Betroffenen bei der Finanzierungihrer AnwltInnen mit 10 Euro im Monat unter

    die Arme greifen. Damit kann es uns mit eurerHilfe gelingen widerrechtliche Manahmen derErmittlungsbehrden auch zuknftig gerichtlich

    scheitern zu lassen. Vor allem aber knnen wirdie Frankfurter GenossInnen somit in dem wich-tigen Punkt der Geldakquise zeitweise entlastenund ihnen erheblich den Rcken strken.

    Teilt euch die Solidarittspatenschaft nachMglichkeit mit Freunden oder bernehmt siemit eurer Gruppe. Meldet euch unter soligrup-pe_ frankfurt(at)web.de damit wir uns bei euchbedanken knnen, und weiterhin ber den ak-tuellen Stand der Repression auf dem laufendenhalten knnen.Oder berweist direkt unter dem Stichwort So-lipatenschaft auf dasKonto: Rote Hilfe Frankfurt (Oder) Konto-

    nummer: 4007238301 BLZ: 43060967 GLSGemeinschaftsbank BochumSoligruppe Frankfurt

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    Christian S.vorerst freiBericht vom siebten Verhandlungstag ge-gen Leila R. und Christian S. am 1.11.

    Am 13.2.2005 sollen sich die Angeklagten inDresden auf der Treppe der Brhlschenterras-

    se aufgehalten haben, whrend auf demSchlossplatz unter ihnen Polizeieinheiten an-tifaschistische Gegendemonstranten von derMarschroute des JLO-Trauermarsches ab-drngten. Laut Staatsanwaltschaft geriet da-bei eine BFE-Einheit aus Mecklenburg-Vor-pommern in einen Stein- und Flaschenhagelwhrend einem Beamten aus Sachsenanhaltder Helm entrissen und angezndet wurde.Christian S. soll von der Treppe eine Flascheauf die rumende Einheit geworfen haben undLeila R. soll dabei Beihilfe geleistet haben.

    Der Kommandant der BFE Mecklenburg-Vorpommern sagte als Zeuge aus, dass seine

    Einheit nicht von der Treppe beworfen wur-de, Steinwrfe habe er auch nicht gesehen. Derverkleidet und anonym auftretende Zeuge desLKA Berlin mit der Codiernummer 56766 be-hauptete, diesen Flaschenwurf gesehen zu ha-ben. Der ebenfalls unkenntlich gemachte Kol-lege von ihm mit der Codiernummer 56765hatte von der Situation auf der Treppe ein cir-ca einstndiges Video erstellt, von dem diebeiden Agenten jedoch in Zusammenarbeitmit der Staatsanwaltschaft Dresden alles bisauf 10 Sekunden vernichten. Auf den zuerstvom Staatsschutz prsentierten Videos ver-schiedener BFE-Einheiten sind keinerlei Ge-waltttigkeiten, die von den Menschen auf derTreppe ausgingen, zu sehen. Allerdings fehl-te auf allen Videos die angebliche Tatzeit um16.00 Uhr.

    Im Verlauf des Prozesses wurden von derVerteidigung jedoch weitere Videos andererPolizeieinheiten beschafft, die sowohl den an-geblichen Tatort als auch die direkten Rum-manahmen zum fraglichen Zeitpunkt zeigenund auf dem ebenfalls kein Flaschenwurf zusehen ist. Der Zeuge mit der Codiernummer33018 vom MEK Berlin beschrieb die Fest-nahmen der Angeklagten vllig anders als dieBeamten 56766 und 56765 und konnte sichauch nicht erklren, warum Leila R. bei ihrerFestnahme verletzt wurde. Whrend der Be-amte 56766 zwar erstaunlich abgebrht seineAussage ttigte, die allerdings durch Video-aufnahmen widerlegt wurde, ging der Beam-te 56765 bei der Befragung durch die Vertei-digung regelrecht unter, wobei er zeitweiseZweifel an seinem Geisteszustand aufkommelie. So gab er zwar zu, fr seinen Auftritt vorGericht prpariert worden zu sein, durch Vi-deoschulungen und ein Gesprch mit dem Ju-stitiar der Polizei, und rumte auch ein, Be-weismaterial vernichtet zu haben. Er konnte

    sich aber entweder an gar nichts erinnern, oderer durfte die Fragen aus Geheimhaltungs-grnden nicht beantworten.

    Nachdem dieser Zeuge schwer unter Druckgeriet, gab es von Staatsanwalt Fenner und

    Richterin Dr. Linke ein erpresserisches Ange-bot: Es wrde in jedem Fall zu einer Verurtei-lung kommen, egal wie der Prozess noch wei-ter geht. Bei einer Beendigung der Beweisauf-

    nahme, Rcknahme aller Antrge, gleichzei-tiger Rcknahme der Berufung gegen die 3Jahre Haft vom 1. Mai 2004 wrde das Ge-richt fr Christian S. nur 1 Jahr Haft ver-hngen statt 2,5 bis 3 und den Haftbefehl ge-gen Meldeauflagen auer Vollzug setzen. DasBerufungsgericht wrde im selben Momentden 2. Haftbefehl aufheben. Da zu diesem Zeit-punkt eine Fortfhrung des Prozesses nur umdem Preis einer durchgehenden Inhaftierungvon weiteren Jahren mglich gewesen wre,gingen die Angeklagten auf diesen Deal ein.Urteil: 7 Monate auf Bewhrung fr Leila und1 Jahr ohne Bewhrung fr Christian wegenschweren Landfriedensbruch, versuchte ge-fhrliche Krperverletzungen, schwerem Wi-derstand und Versto gegen das Waffengesetz.

    Im Anschluss daran wurde Christian S. nach11 Monaten Untersuchungshaft freigelassen,muss jedoch in Krze mit der Ladung zumHaftantritt von jetzt insgesamt 4 Jahren und10 Monaten (durch Bewhrungswiderruf frSteinwurf am 12. Mrz 2000) rechnen, wobei17 Monate durch U-Haft verbt sind. DasSchlimme an dem Deal ist, dass, wenn es indiesem Verfahren nicht zu einem Freispruchkommen konnte, wobei smtliche anonymauftretenden Zeuge sich in ihren falschen Aus-sagen noch untereinander widersprachen unddurch Videos der Lge berfhrt wurden, wirdes wohl fr die Zukunft bedeuten, dass Poli-zeizeugen noch fter anonymisiert auftreten,Begrndungen fr Sperrerklrung noch ab-surder werden und damit Freisprche bei an-geblichen Demonstrationsdelikten nicht mehrmglich sind.Andererseits ist das Einknicken der Staats-

    anwaltschaft, die fr 1. Mai 2004 3 Jahre 8Monaten forderte und in diesem Verfahren zu-erst beim Landgericht anklagte, um ber 4Jahre zu fordern, nur auf das ffentliche In-

    teresse an diesem Skandalprozess, dem Ein-satz der UntersttzerInnen und den bohren-den Fragen der Verteidigung zu verdanken.Weitere Infos unterwww.freechristian.de.vu.

    Hamburg

    Zum Stand der 129-

    VerfahrenAm 16. Mrz 2005 gab es im Zusammen-hang mit den Widerstandsaktivitten gegenden Umbau des Wasserturms im HamburgerSchanzenpark zu einem Luxushotel eineDurchsuchungswelle nach 129 (Bildungeiner kriminellen Vereinigung). Betroffenwaren insgesamt neun Beschuldigte bzw. sogenannte Zeugen. Durchsucht wurden da-bei elf Objekte sowie ein Fahrzeug. Insge-samt sieben Beschuldigte wurden im Rah-men einer anschlieenden ED-Behandlunggezwungen, DNA-Material in Form vonSpeichelproben abzugeben. Nach Beendi-gung der ED-Manahmen wurden alle Be-schuldigten wieder freigelassen.

    Das Ermittlungsverfahren bezieht sich aufdrei Anschlge in Hamburg in der Nacht

    vom 3. auf den 4. Mrz 2005 gegen das Be-zirksamt Eimsbttel, das Haus des Vorsit-zenden der Patrizia AG Boberg sowie einGolfcarport des Hotels Treudelberg. Eineweitere Aktion gegen das Hotel Jakob inBlankenese wurde vorzeitig abgebrochen.Zu diesen Aktionen hat sich in einem Schrei-ben eine Gruppe Kolbenfresser im Motorder wachsenden Stadt bekannt. Auerdemsoll eine Aktion gegen das Mvenpick-Ho-tel in Lbeck am Nachmittag des 3. Mrz2005, bei der die Hotelfassade mit Farbe ver-schnert und der Eingangsbereich entglastwurde, mit den nchtlichen Aktionen in Ver-bindung stehen.

    Mittlerweile haben die die Beschuldigten vertretenden RechtsanwltInnen Ak-teneinsicht. Dabei haben sich die erstenEinschtzungen von unmittelbar nach denDurchsuchungen im Wesentlichen be-sttigt. Die Polizei tappt demnach hinsicht-lich der mglichen TterInnen der nchtli-

    chen Aktionen in Hamburg vllig im Dun-keln. Auer Tatortermittlungen, die keiner-lei Hinweise ergaben, enthlt die Ermitt-lungsakte zu diesem Komplex keinerlei Er-kenntnisse.

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    Auch bezglich der Lbeck-Aktion ist derErkenntnisstand uerst drftig. Auer ge-gen zwei Personen, die unmittelbar nachder Aktion in der Nhe des Mvenpick-Ho-tels festgenommen wurden, gibt es fr dieTterInnenschaft der anderen Beschuldig-ten keinerlei Indizien, geschweige dennhandfeste Beweise. Der Kreis der Beschul-digten fr die behauptete TterInnenschaftberuht im Wesentlichen auf der vermeint-

    lichen oder tatschlichen persnlichen Be-kanntschaft der Betroffenen.Ein wesentliches Indiz aus der Sicht der

    Ermittlungsbehrden ist dabei ein Obser- vationsfoto des Landesamtes fr Verfas-sungsschutz, auf dem die beiden in Lbeckfestgenommenen Personen zusammen mitanderen Beschuldigten zu sehen sein sol-len. Das Foto soll am Nachmittag des 3.Mrz 2005 in Hamburg aufgenommen wor-den sein.Auch die bei den Durchsuchungen be-

    schlagnahmten Gegenstnde (umfangrei-ches Papiermaterial, PC-Festplatten,

    Adress- und Terminbcher, Kleidungs-stcke, Farbe) haben bisher keinerlei ver-wertbare Hinweise fr die angebliche Tat-beteiligung der Beschuldigten ergeben. Imbrigen wird die ausstehende Auswertungder DNA-Proben auch keine verwertbarenErkenntnisse bringen.

    Der behauptete Zusammenhang der Ak-tion in Lbeck mit denen in Hamburg ls-st sich nach dem Inhalt der Ermittlungsak-ten in keinster Weise aufrechterhalten. Da-durch wird deutlich, dass auch dieses 129-

    Verfahren der Ausforschung und Ein-schchterung von emanzipatorischem Wi-derstand dienen soll, indem die besonderenErmittlungsbefugnisse von Telefon-, Post-, und Emailberwachung sowie von Obser-

    vationen den Repressionsorganen Ein-blicke in die politischen Strukturen ermg-lichen soll. So wurden in der Vergangen-heit nicht zufllig ber 90% der eingeleite-ten 129 /129a-Verfahren gegen linke Struk-turen eingestellt, ohne dass es dabei zu ei-nem Prozess geschweige denn zu einer Ver-urteilung gekommen wre.Wir gehen davon aus, dass die Ermitt-

    lungsbehrden ein starkes Interesse haben,

    das aktuelle Verfahren knstlich in die Ln-ge zu ziehen, um sich die Mglichkeit of-fen zu halten, weitere Personen zu krimi-nalisieren und in das Verfahren mit hin-einzuziehen. Dies zeigt sich auch in der Be-hauptung des Repressionsapparates, dassdie Gruppe Kolbenfresser im Motor derwachsenden Stadt weiterhin unter dem Na-men B:A:L:S:A:M: agiere.Auch dieses Konstrukt hat keine Substanz

    und ist ein weiterer Versuch, die Fiktion ei-ner seit Mrz 2005 aktiven kriminellen

    Vereinigung aufrechtzuerhalten.

    ...und noch ein weiteres Verfahrenwegen militanten Aktionen gegendas geplante Luxushotel

    Am Vormittag des 25. November 2005 wur-

    de ein Mitglied des Freien Netzwerks zumErhalt des Schanzenparks an seinem Ar-beitsplatz festgenommen. Zeitgleich fandin seiner Wohnung eine Hausdurchsuchungstatt, bei der mehrere Computer beschla-gnahmt wurden. Nach ED-Behandlung undgescheiterten Verhrversuchen, u.a. durchden leitenden Oberstaatsanwalt der Staats-schutzabteilung persnlich, wurde er am

    Abend wieder freigelassen.Der Vorwurf gegen ihn lautet Sachbe-

    schdigung und schwere Ntigung.Whrend des Verhrversuchs uerte derStaatsanwalt, dass auerdem noch ge-fhrlicher Eingriff in den Straenverkehrals weitere Beschuldigung in Betracht k-me. Angeblich soll der Betroffene die Er-

    klrungen fr zwei Aktionen verffentlichthaben.Am 28. Oktober wurden auf Baufahrzeu-

    gen der Firma Engel in Hamburg Eimsbt-tel Widerstandsparolen angebracht, Reifenzerstochen und Schlsser verklebt.

    In der Nacht zum 25. November wurdenReifen von Baufahrzeugen der Firma Leb-bien unter dem Motto Schade dass Betonnicht brennt zerstochen. Die Firma liefertBeton fr die Hotelbaustelle.

    Juristisch hat die Festnahme und das neueVerfahren erst mal nichts mit dem seit Mrzlaufenden 129-Verfahren zu tun. Staats-schutz und Staatsanwaltschaft behauptenbis jetzt keinen organisatorischen Zusam-menhang zwischen Aktionen im Mrz unddenen im Oktober / November. Da in dem

    neuen Verfahren allerdings auch von un-bekannten Mitttern die Rede ist, bestehtsehr wohl die Mglichkeit eines neuen 129-

    Verfahrens.

    Einstellung des 129-Verfahrens und allerweiteren Verfahren im Zusammenhang mitdem Widerstand gegen das Hotel im Was-serturmWeg mit den 129 / 129a / 129bKein Hotel imWasserturm

    Antirepressionsgruppe Wasserturm, c/oSchwarzmarkt, Kleiner Schferkamp 46,

    20357 HamburgSpendenkonto fr Prozesskosten:Rote Hilfe Hamburg, Kto. 84610203, BLZ20010020, Postbank Hamburg, Stichwort,Wasserturm

    Presseerklrung der Roten Hilfe

    Staatlicher Anti-Anti-faschismusIn den letzten Jahren hufen sich bundesweitabstruse Flle staatlich-repressiver Willkr,deren Betroffene antifaschistisch gesinnteMenschen sind, denen nach 86a StGB of-

    fiziell die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zurLast gelegt wird. In Baden-Wrttemberg bei-spielsweise laufen zurzeit drei besondersdeutlich als anti-antifaschistisch einzustu-fende Strafverfahren:

    Im ersten Fall geht es um den Verkauf, dieHerstellung und das Ein- oder Ausfhren von

    Aufnhern mit in der antifaschistischen Sze-ne seit Jahren benutzten Symbolen (Ha-kenkreuz im Verbotsschild, Hakenkreuz,das unter der Aufschrift Halte deine Um-welt sauber in einen Mlleimer befrdertwird usw.). Einem CD/LP-Versand aus Leu-

    tenbach wird vorgeworfen, mit der Verwen-dung nationalsozialistischer Symbolik kom-merzielle Ziele zu verfolgen. Das hat vor ei-nigen Monaten zu einer Hausdurchsuchungim Versandlager des auf Deutschpunk spe-zialisierten Mailorders gefhrt, bei der alles,worauf ein durchgestrichenes, weggeworfe-nes oder zertretenes Hakenkreuz zu erken-nen war, beschlagnahmt wurde. Bei dermndlichen Hauptverhandlung gegen denBetreiber des Shops, die auf den Widerspruchgegen den ursprnglichen Strafbefehl folg-te, wurden die 30 Tagesstze 50 Euro be-sttigt.

    Im zweiten Fall wurde ein Tbinger Stu-dent, der auf dem Nachhauseweg von einerProtestaktion gegen rechtsextreme Bur-schenschafter war, in der Nacht zum 1. Mai2005 bei einer routinemigen polizeilichenDurchsuchung eines Buttons entledigt. Aufdiesem 2-Euro-Stck-groen Anstecker istein Hakenkreuz in einem Verbotsschild zu er-kennen; auerdem ist das nationalsozialisti-sche Zeichen mit einem dicken roten Balkendurchgestrichen. Am 6.11.2005 ist der Anti-faschist vom Amtsgericht zu 10 Tagesstzen 15 Euro plus 50 Euro Spende an einen ge-meinntzigen Verein verurteilt worden.

    Im dritten Fall geht es um die Kriminali-sierung einer 16-seitigen Gratis-Broschre,die im Rahmen der antifaschistischen Kehr-wochen in besonders von faschistischerStraengewalt geprgten baden-wrttem-bergischen Orten verteilt oder auf Informa-tionstischen ausgelegt wurde. Vorwand frdie Konfiszierung dieses Druckwerks bieteteine bereits vor Jahren von der IG Metall ver-wendete Zeichnung: Auf Seite 9 dieses ein-deutig antifaschistischen Heftchens ist unterder berschrift Vorsicht Falle eine Mause-falle zu sehen, in der sich das Hakenkreuz

    verfangen hat; am Hakenkreuz hngen klei-ne Parteifhnchen mit den Aufschriften DVU,NPD und REP.

    Nun ist bei all diesen Fllen offensichtlich,dass es den staatlichen Ermittlungsbehrden

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    keineswegs um die aus der Erfahrung mit demNS-Regime abgeleitete strikte Ahndung jeg-licher Verwendung nationalsozialistischerKennzeichen geht. Mehrere Kampagnen, diein der einen oder anderen Weise ebenfalls auffaschistische Symbolik zurckgreifen, umsich mglichst deutlich davon distanzierenzu knnen, sind freigesprochen worden, u.a.das brgerlich-nationalistische Du-bist-Deutschland-Medienspektakel.

    Wenn Minderjhrigen, die am Beginn ei-ner linken Politisierung stehen und ihreemanzipatorische Orientierung mit eindeu-tig antifaschistischen Aufnhern an ihrenJacken symbolisieren wollen, diese Aufnherauf offener Strae von Polizisten abgerissenwerden, dann wird klar, dass sich die staat-lichen Exekutivorgane zu einschchterndenHandlangern faschistischer Kreise machenund linkes Engagement im Keim erstickenwollen. Auerdem erweitert sich juristischder Rahmen, innerhalb dessen prventiveKriminalisierung mglich wird. Jetzt mussnoch nicht einmal mehr direkt gegen eine

    Demonstration von Faschisten protestiertwerden; jetzt muss schon mit staatlicher Re-pression gerechnet werden, wenn sich dieoder der Einzelne auf rein symbolischer Ebe-ne von nationalsozialistischer Propagandadistanziert. Eine Staatsanwltin hat diese po-litische Storichtung im Stuttgarter Amtsge-richt perfide auf den Punkt gebracht: SeitMonaten soll ich einen kleinen rechtsradika-len Brandstifter anklagen und komme nichtdazu, weil ich mich mit dem Verkauf von

    Aufnhern mit antifaschistischem Inhalt her-umschlagen muss!

    Die Rote Hilfe wird - zusammen mit denangeklagten AntifaschistInnen - versuchen,ber die Schaffung von Gegenffentlichkeitein politisches Klima herzustellen, in dem esden PolizistInnen, Staatsanwaltschaften undRichterInnen nicht mehr so einfach gemachtwird, Menschen zu kriminalisieren, nur weildiese ihrer antifaschistischen Gesinnungdeutlichen Ausdruck verliehen haben - auchim Hinblick auf die Anfang der 1980er Jah-re gefllten Urteile des Bundesgerichtshofesund des Oberlandesgerichts Stuttgart, diesolche Handlungen aus dem Tatbestand des86a StGB [ausgeschlossen] haben, die sichals von der Allgemeinheit gebilligte und da-her in strafrechtlicher Hinsicht im sozialenLeben gnzlich unverdchtige Verhaltens-weisen darstellen und somit denSchutzzweck der Norm nicht verletzen (BGH23.226.228.31.383.385).

    Das Tragen oder Vertreiben oder Benutzenzertretener, zerschlagener, weggeworfeneroder sonst wie unschdlich gemachter Ha-kenkreuze als Symbole fr faschistischenTerror und nationalsozialistische Propagan-da kann nicht missverstanden werden - nur

    von denen, die die politischen Feinde desrechten Spektrums in die Illegalitt treiben

    wollen.Das werden wir nicht zulassen.Mathias Krause fr den Bundesvorstand derRoten Hilfe e. V.ROTE HILFE e.V. Bundesvor0stand

    Polizeihausbesuch zum G8-Widerstand 2007Erster Polizei Hausbesuch im Zusammen-hang mit dem Widerstand gegen den G8Gipfel 2007 in Heiligendamm, Deutschland.Anfang Dezember 2005 machten ein paar

    Menschen eine Exkursion nach Heiligen-damm, Mecklenburg-Vorpommern, dem

    Austragungsort des G8-Gipfels 2007 inDeutschland. Schon bevor sie in Heiligen-damm angekommen waren, wurden sie vonZivilpolizei verfolgt. Dort angekommen,wurden sie von der dort patrouillierendenPolizeiwanne angehalten und kontrolliert.Es wurden ihre Personalien festgestellt undihnen wurden Platzverweise erteilt mit derBegrndung, sie htten illegalerweise dasHotel fotografiert.

    Circa drei Wochen spter, am 28.12.05,bekam der Halter des Autos, mit dem die-se Menschen unterwegs waren, von der Po-lizei einen Hausbesuch abgestattet. Der

    Halter war zu diesem Zeitpunkt nicht zuHause, sondern nur Familienangehrige.Ihnen wurden die Fragen gestellt, ob er (derHalter) Mitglied einer linken Partei sei, ober in einer linken Gruppe/Organisation sei,und allgemeine Fragen ber seine politi-sche Aktivitt. Sie bekamen darauf jedochkeine Antworten. (...) Quelle: Indymedia

    Kafka in EuropaDas Konto wird gesperrt, die Versicherunggekndigt, die Bewegungsfreiheit einge-schrnkt und das alles mit dem Hinweis,man stehe auf einer Liste fr Terrorver-dchtige. Doch aus Sicherheitsgrnden sei-en weitere Ausknfte nicht mglich. Vor al-lem die Grnde, warum man denn nun aufdiese ominse Liste kam, drfen dem Be-troffenen auf keinen Fall genannt werden,was ihm auch die Mglichkeit nimmt, sichzu verteidigen. Es wahrlich kafkaesker Alb-traum - doch er ist schon Realitt in ver-schiedenen europischen Lndern undauch in Deutschland.

    Der im Berliner Stadtteil Neuklln leben-de Mohammed H. gehrte pltzlich, wie dietaz berichtete, zu den Betroffenen. Weil sein

    Arbeitslosengeld nicht mehr berwiesenwurde, wandte er sich an das fr ihn zu-stndige Jobcenter. Was er dort erfuhr, lieihn aus allen Wolken fallen.

    Sie sind ein so genannter Embargofall.Das heit, dass sich Ihre Daten in einer Li-ste, in welcher terroristenverdchtige Per-sonen gefhrt werden, befinden, wurdeihm von seiner Sachbearbeiterin schriftlichals Grund fr die Sperrung der Geldzah-lungen besttigt. Weitere Informationen

    verweigerte man ihm jedoch. Der in Berlingeborene Deutsche mit arabischen Vorfah-ren hat nur eine vage Vorstellung, wie seinName auf die Terrorliste gekommen ist. Erhabe mit seinen Vater eine Neukllner Mo-

    schee besucht, deren Imam ins Visier derTerroristenfahnder geraten war.

    Mittlerweile bekommt er wieder seinGeld. Man habe sich bei Mohammed H. inder Person geirrt, hie es. Der Geschfts-fhrer des fr Mohammed H. zustndigenJobcenters in Neuklln besttigte dennauch gegenber der taz, dass es sich hiernicht um einen Einzelfall handelt. Wirzhlen die Flle nicht, aber das ist im Schnitt

    einer pro Woche. Also seit es das Jobcen-ter gibt, etwa 50 Flle hier in Neuklln.Dass diese Praxis erst jetzt ffentlich wur-de, drfte mit der Angst vieler Betroffenerzusammenhngen, durch eine offensive f-fentlichkeitsarbeit schnell stigmatisiert zuwerden. Denn gemeinhin gilt als gefhrli-cher Islamist, wer auf einer solchen Listesteht.

    Pilotprozess in Dnemark

    Doch auch in anderen europischen Lndernwerden massive Einschrnkungen von per-snlichen Rechten wegen des Eintrags auf

    Terrorlisten praktiziert. Betroffen sind vor al-lem politische Oppositionelle. Grere Auf-merksamkeit erhielt der Fall des im holln-dischen Exil lebenden philippinischen Kom-munisten Jose Maria Sison.

    Nicht nur wurden seine Konten gesperrt.Auch seine Bewegungsfreiheit wurde mas-siv eingeschrnkt. Er muss nach Erklrun-gen seiner Anwlte quasi unter Hausarrestleben. Dabei hat Sison in Europa nie gegenein Gesetz verstoen. Doch er hat die maoi-stische Kommunistische Partei der Philippi-nen mitgegrndet, die nach dem 11. Sep-tember 2001 auf US-Terrorlisten kam. Nie-mand behauptet, dass die philippinischenMaoisten in die Anschlge involviert waren.

    Aber sie kmpfen gegen eine US-freundlicheRegierung, und das reicht als Begrndung,um auf die Liste zu geraten.

    Demnchst entscheidet erstmals ein Ge-richt in einem europischen Land, ob manbestraft werden kann, wenn man Organisa-tionen untersttzt, die auf einer solchen Ter-rorliste stehen. Dabei geht es um den Prozessgegen ein Mitglied der linken Gruppe Re-bellion in Dnemark. Sie untersttzt unteranderem die auch bewaffnet agierenden po-litischen Gruppierungen FARC in Kolumbi-en und PFLP in Palstina. Beide Organisa-tionen stehen auf der US- und der EU-Ter-rorliste. Deswegen gab es umfangreicheFahndungsaktionen gegen dnische Antiim-perialisten, die in der Festnahme eines Akti-

    visten von Rebellion gipfelten. Sein Com-puter wurde schon vorher beschlagnahmt.Im Februar 2006 soll gegen ihn der Prozesswegen Untersttzung von terroristischen Or-ganisationen beginnen. Dieses europischePilotverfahren wird auch auerhalb Dne-marks genau beobachtet. Juristen halten esfr eine Gefhrdung der Demokratie, wenn

    diese ohne juristisches Prozedere allein nachpolitischen Opportunitten zustande gekom-menen Listen als Grundlage fr politische

    Verfolgung auch in Europa herhalten sollen.Peter Nowak

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    Im strafrechtlichen Diskurs der meistenLnder tritt die Resozialisierung als Ziel desStrafvollzugs immer mehr in den Hinter-grund. In fast allen ffentlichen Medienund politischen Diskussionen und Debat-ten kann mensch von einem Wechsel zur

    Sicherheit vor angeblichen Strafttern le-sen und hren. Am deutlichsten hat diesTony Blair, Ministerprsident von Grobri-tannien, ausgedrckt, der ein Ende der Ku-schelzeit mit dem Tter verkndete und al-le Resozialisierungsprogramme als 68erFehler bezeichnete.

    Diese Sicherheit, so wird suggeriert, sollnur durch berwachung und vorbeugendeStrafmanahmen zu erhalten sein.Anschlge wie in New York, Madrid und

    London und von den Medien spektakulr vermarktete Sexualdelikte, bzw. Mordeoder Ausschreitungen nach einem Fuball-

    spiel, machen es dann leicht, Einschrn-kungen der persnlichen Freiheit und hr-tere Gesetze durchzusetzen.

    Knast in Deutschland

    Nach einer Untersuchung des kriminologi-schen Forschungsinstituts Niedersachsenglauben die Menschen in Deutschland, dassdie Zahl der Morde zwischen 1993 und 2003um 27% zugenommen hat und die Zahl derSexualmorde um 260 % gestiegen sei.

    Mit der Realitt haben solche Zahlen we-nig zu tun. Laut Kriminalstatistik geht dieZahl der Morde seit Jahren zurck, bei denregistrierten Sexualmorden und Sexual-mordversuchen sank die Zahl zwischen1981 und 2004 von 81 auf 26 Flle. Trotz-dem werden seit Ende der 90er Jahre dieGesetze kontinuierlich verschrft.

    Inzwischen gibt es die nachtrgliche Si-cherungsverwahrung, ein hrteres Sexual-strafrecht, ein neues Maregelvollzugsge-setz. Konnte mensch frher noch probe-weise aus dem Maregelvollzug entlassenwerden, ist dies heute nur noch mglich,wenn zu erwarten ist, dass der Unterge-brachte ... keine rechtswidrigen Taten mehr

    begehen kannDa diese Vorlage unmglich zu erfllenist, sind zurzeit mehr als doppelt so vieleMenschen wie Anfang der neunziger Jah-re im Maregelvollzug. Nach Ansicht einesProfessors der forensischen Psychiatrie derUni Gttingen kommt die neue Praxis ei-ner versteckten, unbefristeten Siche-rungsverwahrung gleich.

    Der Bundesrat hat im September diesesJahres eine nderung des Strafvollzugsge-setzes vorgeschlagen. Danach soll den Ln-dern die Mglichkeit gegeben werden,Strafgefangene in angemessenem Um-

    fang an den Kosten fr ihre Gesundheits-frsorge zu beteiligen. Die Bundesregie-rung hat dies als nicht notwendig abge-lehnt, Gefangene mssen z.T. schon langefr Zahnersatz und vieles andere bezahlen.

    Gegen die vom Bundesrat geforderte Ko-stenbeteiligung von Patienten im so ge-nannten Maregelvollzug hat die Bundes-regierung hingegen keine Bedenken.

    In Berlin wird der Maregelvollzug inBerlin-Buch und in Berlin-Reinickendorf

    (auf dem Gelnde der Karl-Bonhfer-Ner-venklinik) durchgefhrt.In Brandenburg laufen zurzeit Verhand-

    lungen zur Privatisierung der psychiatri-schen Landeskliniken und des Maregel-

    vollzugs. Vom Verkauf der psychiatrischenLandeskliniken und des Maregelvollzugserhofft sich das Land dem Vernehmen nacheine zweistellige Millioneneinnahme.Brandenburg finanziert nach Angaben derMrkischen Allgemeinen gegenwrtig245 Pltze in den drei Maregelvollzugs-anstalten Eberswalde (Barnim), Branden-burg/Havel und Teupitz (Dahme-Spree-

    wald). Von den Richtern werden seit einigen

    Jahren immer hhere Urteile verhngt. Inden vergangenen drei Jahren stieg die Zahlder Hftlinge von 64.533 auf 81.166.

    Die Knste sind, laut Justizministerium,zum Teil bis zu 36% berbelegt.Als Antwort darauf werden aber nicht,

    wie Anfang der 1980er, Strafen erlassen,zurckgestellt oder unterbrochen, sondernes sollen mehr Knste gebaut werden.

    Die meisten der neuen Gefngnisse sol-len in Private-Public-Partnership gebautwerden. Dazu wurde dieses Jahr ein Gesetzerlassen, das solche Partnerschaften re-gelt und erleichtert. Diese Gesetzesnde-rung war ntig, weil es in Deutschland reinrechtlich nicht mglich war, die Gefng-nisse so einfach zu privatisieren.

    Als Modelprojekt gilt dabei der Knast inHnfeld. Nach einer Planungs- und Bau-zeit von vier Jahren wurde das Gefngnisim November eingeweiht, im Januar sollendie ersten Gefangenen eingeliefert werden.Die Einsparungen durch die Teilprivatisie-

    rung belaufen sich angeblich auf jhrlich15 Prozent bzw. 660.000 Euro.Mit der hheren Zahl an Gefangenen wird

    auch das Geschft mit der Knastarbeit im-mer lukrativer. Mittlerweile sind fast alleKnste entweder im Internet vertreten und

    verkaufen ihre Produkte dort oder habeneigene Lden und Werksttten, die Ver-kaufstage haben. Die Firma Herr Ledesi, diemit der Vermarktung von Prison Wear be-kannt wurde, verkauft die Produkte jetzteuropaweit und arbeitet auch mit den bri-tischen Behrden zusammen. Die Firma istziemlich berhmt geworden durch die Ver-

    marktung von Zwangsarbeitsproduktenund hat fr die Website und die Plakate et-liche Designerpreise gewonnen ...

    Europa

    Im Mai wurde in Prm der Schengen-III- Vertrag unterzeichnet. Darin wird inner-halb der EU der Zugang zu Dateien mit Fin-gerabdrcken, DNA, usw. erleichtert, dieStrafverfolgung auch ber die Grenzen hin-aus wird erlaubt.

    Ein weiteres Thema war die ffentlichenOrdnung bei Groveranstaltungen undProtesten.

    Beschlossen wurde, whrend der WM2006 oder bei EU- und G8-Gipfeln engerzusammenzuarbeiten. Im Rahmen dieserengen Zusammenarbeit wurde festgelegt,Menschen, die entweder in der sog. Hooli-

    Knast und Repression eine Bestandsaufnahme

    Und wieder entsteht ein neues Gefngnis hier bei Hannover

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    gan-Datei oder als politisch aktive Men-schen bekannt sind, Ausreiseverbote undMeldeauflagen zu erteilen.

    Hooligans sind fr die deutschen Behr-den (aber auch in vielen anderen Lndern)mittlerweile zu einer wichtigen Tter-gruppe geworden. Wichtig im Sinne ihrerRepressionstaktik, da die Hooligans, wieJunkies, Punks oder Obdachlose nicht wirk-lich ber eine Lobby verfgen, und viele

    bergriffe und Angriffe auf diese deshalbnicht unbedingt registriert werden. Nur inbesonders extremen Fllen, wie z.B. bei demPrgeleinsatz des SEK in der Disco Jetonin Berlin, wird Repression in den Medienthematisiert.

    Deshalb reagiert auch niemand auf dieAusreiseverbote, die gegen diese verhngtwerden.

    Dass ein Gesetz nicht auf einzelne Grup-pen angewandt wird, konnten politische

    Aktivistinnen dann bei den Protesten zuden G8-Gipfeln selbst zu spren bekom-men. 2001 z.B. konnte mensch bei den Rei-

    severboten zu dem Gipfel in Genua erfah-ren, das es, laut dem Berliner InnensenatorKrting, kein Grundrecht auf Ausreisegibt. Die Ausweise der Betroffenen wurdenfr 10 Lnder gesperrt. Als Rechtsgrundla-ge diente das Passgesetz, das 2000 ent-sprechend verschrft wurde. Danach kn-nen Reisebeschrnkungen in die Psse vonbekannten Gewaltttern eingetragenwerden, sofern eine erhebliche Gefhr-dung von Belangen der Bundesrepublik

    vorliegt. Wer auferlegte Beschrnkungenmissachtet, muss mit Freiheitsstrafen bis zueinem Jahr rechnen.

    Sportliche Groereignisse wie die Fu-ball-WM 2006 werden zunehmend zu ei-nem Testfeld neuester Sicherheitstechnik.Dies war bei den olympischen Sommer-spielen 2004 in Athen der Fall, und dies istfaktisch auch mit dem Sicherheitskonzept

    WM 2006 geplant.Dazu gehren u.a. die Verwendung von

    RFID-Chips statt Strichcodes auf WM -Tickets, die Preisgabe persnlicher Datenwie Name, Alter, Anschrift, Pass- oder Per-sonalausweisnummer fr das Kaufen einesTickets sowie Videoscreening an ffentli-

    chen Pltzen, teilweise mit computerge-steuerter Gesichtserkennung.Ob diese Kameras nach der WM wieder

    abgebaut werden, wurde bei mehreren An-fragen durch Fanclubs bei Parteien und demBundestag nicht beantwortet.Ausschreitungen whrend der WM sol-

    len mit allen Mittel verhindert werden,unter dem Motto null Toleranz wurden

    verschiedene Manahmen beschlossen (di-rekte Ansprachen durch die Polizei, Sta-dionverbote, Reiseverbote, Meldeauflagen,usw.). Auslndische Hooligans sollen be-reits an der Ausreise gehindert werden. Al-

    lerdings hat nur GB ein entsprechendes Ge-setz, das dort 2000 eingefhrt wurde. Des-halb wurden, noch von Schily , Schritte un-ternommen um in der EU die Reisefreiheitaufzuheben und wieder Grenzkontrollen

    durchzufhren.

    Administrative Inhaftierung

    Zugenommen hat nach dem 11. September2001 die Zahl der Lnder, die Menschen oh-ne Urteil und ohne Beweise inhaftieren. Administrative Inhaftierung oder vor-

    beugende, unbegrenzte Haft gab es schonvor den Anschlgen und dem weltweitenKrieg gegen Terror, z.B. wurden IRA-Ver-

    dchtigte in Grobritannien nach Anschl-gen oder Riots ohne Begrndung inhaftiert,aber nach dem 11.9. 2001 war es leichter,solche Gesetze durchzusetzen.

    In den meisten Lndern wurde und wirdber vorbeugende Haft diskutiert, inDeutschland seit den 1970er Jahren. Dabeiwurden die jeweils betroffenen Gruppie-rungen zwar immer wieder gendert, ge-fordert werden aber nach wie vor Ma-nahmen, um Menschen ber lngere Zeitund ohne Begrndung und Urteil einzu-sperren, z B. in den Fllen wo es zwar ei-nen berechtigten Anfangsverdacht gibt, die

    Beweise aber nicht fr eine Verurteilunggengen.

    Haftgrund ist hier lediglich die Mglich-keit, eine Straftat zu begehen.

    Im Gegensatz zur Sicherungsverwah-rung, in der das Einsperren zwar mitzuknftigen Straftaten, aber auf Grundla-ge begangener Taten begrndet wird, fehltbei der administrativen Haft jegliche Tat.Menschen, die administrativ gesichert wer-den, befinden sich lediglich im falschenUmfeld, sind befreundet mit den falschenMenschen, gehen in die falschen Moscheen,haben angeblich zu radikales Gedankengutetc. und stehen dadurch in Verdacht, even-tuell einen Anschlag vorzubereiten. In Aus-tralien geht mensch mit der vorbeugendenHaft besonders weit. Nach dem Ende Okto-ber vorgeschlagenen neuen Anti-Terrorge-setz ist diese Form der Inhaftierung geheim,also ohne dass die Angehrigen oder An-wlte darber informiert werden.

    In vielen australischen Zeitungen konn-te mensch Vergleiche mit den Praktiken derJunta in Argentinien oder Chile lesen. Vie-le linke Gruppierungen und Brgerrechts-gruppen befrchten zu Recht, das eine ge-

    heime, unbegrenzte Haft zur Folter benutztwerden wird.In Deutschland hat zuletzt Beckstein von

    der CSU ber eine sog. Sicherungshaft frislamische Terroristen diskutiert. Dass derKrieg gegen Terror nur die offizielle Be-grndung fr den allgemeinen Ausbau desRepressionsapparates ist, sieht mensch z.B.in Grobritannien. Dort war eine der erstenGruppen, gegen die die neuen Antiterror-gesetze eingesetzt wurden, Animal Libe-ration. Ihnen wurden Demonstrationen vorden Tierversuchslaboren und vor den Hu-sern und Wohnungen der in diesen Labo-

    ren arbeitenden Leute verboten. Als uner-laubte Ansammlung gengen dabei schondrei Menschen.

    In den USA werden die Antiterrorgeset-ze zurzeit auch dazu benutzt, innerhalb der

    Knste die Gefangenenorganisationen und-gewerkschaften zu zerstren. So wird ge-gen eine Verbindung verschiedener Knast-gangs in Kalifornien wegen angeblich ge-planten Anschlgen ermittelt, wobei als Be-weismaterial unter anderem herhaltenmuss, dass zwei der Mnner Moslems sind.

    Auch gegen die MPLU, eine Gewerkschaft von Insassen der Knste in Missouri, er-mittelt das FBI mit den neuen Gesetzen.

    Und in Deutschland sind es neben mos-lemischen Menschen in erster Linie linkeGruppierungen, bei denen die neuen er-weiterten Befugnisse frs Abhren, ber-wachen usw. angewandt werden, in Pots-dam, Frankfurt/ Oder, ... und vielen ande-ren Stdten.

    Aber..

    Schlussendlich kann man feststellen, dassdie Gefahr, in den Knast zu kommen, ste-tig steigt.

    Die Wahrscheinlichkeit, zu einer Frei-heitsstrafe verurteilt zu werden oder auch

    prventiv eingesperrt zu werden, ist in Eu-ropa whrend der letzten 10 Jahren rasantgestiegen.

    Kriminalitt wird nicht mehr in einem ge-sellschaftlichen Kontext betrachtet, son-dern als individuelles Versagen und feh-lendes Unrechtsbewusstsein gesehen.

    Es entwickelt sich mehr und mehr ein Dis-ziplinierungswahn, der bis in die Bereichedes Privatlebens eingreift, die Antwort aufso genanntes nichtkonformes Verhalten be-steht dabei in Sanktionen und Repression.Als Beispiel sei hier das Gesetz gegen an-

    tisoziales Verhalten in Grobritannien ge-nannt. In diesem Jahr wurde eine Frau zu20 Tagen Knast verurteilt, weil sie trotzmehrfacher Aufforderung ihren Rasennicht mhte. Eine andere Frau musste drei

    Wochenenden im Knast verbringen, weil ihrKind nicht regelmig die Schule besuch-te. Auch das Pinkeln von Brcken steht un-ter Strafe, Trunkenheit in der ffentlichkeitund das Herumlungern an ffentlichenPltzen wie z.B. Gehwege.

    Tragisch dabei ist vor allem, dass der Staatauf die Mitarbeit seiner Brgerinnen bau-en kann.

    Es scheint keinen nennenswerten Wider-stand gegen diese, unter dem Motto Si-cherheit, laufende Normierungskampagnezu geben.Auch die radikale Linke ist still.Trotzdem oder gerade deswegen ist es

    wichtig die Leute, die von Repression be-troffen sind, zu untersttzen und es wirdwichtiger denn je den Knast und andereZwangsanstalten zu kritisieren und zubekmpfen.

    ...Weg mit allen Zwangsanstalten! Fr eineGesellschaft ohne Knste!

    Auszug aus einem Papier Freedom for allPrisoners zur Vorbereitung einer Demon-stration am 31.12.05 zum Gefngnis Mo-abit in Berlin

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    Der Knast und dieHeizungsproblematik

    Als ich 1998 in die Justizvollzugsanstalt(JVA) Bruchsal eingeliefert wurde, fiel mirin den Wintermonaten bald auf, dass hieroffenbar Frieren zur Sanierung der Staats-finanzen angesagt war. Die Anstalt, erbaut

    vor ber 150 Jahren, verfgt ber ein an-

    tiquiertes Heizungssystem, welches zentralAn oder Aus gestellt wird - und diemeiste Zeit steht die Heizung auf Aus!

    Heizzeiten sind (bis heute) in den Win-termonaten in der Regel 5 Uhr 45 bis 7 Uhr45, 11 Uhr bis 12 Uhr 30 und von ca. 16Uhr bis 19 Uhr 30. Whrend des brigenTages - insbesondere aber der Nachtzeiten- ist die Heizung aus. Und da heit nichtetwa (nur) leicht abgesenkt, sondern kalt!Und ist die Heizung an, verbrennt man sichdie Finger, so hei wird der Heizkrper.

    Die Folge davon ist, dass, wer lngere Zeitin solch einer Zelle untergebracht ist, ir-

    gendwann zu frieren beginnt; zumal die Auenwand wie ein Khlaggregat wirkt,denn das Gemuer von 1848 ist in keiner

    Weise gedmmt.Ein abgeklrter Schlieer meinte 1998 zu

    mir, ich solle einfach 50 Liegesttze ma-chen, dann werde mir gewiss warm genug.

    Seinerzeit fhrte ich diverse Prozesse ge-gen die JVA und scheiterte mit allen; die

    Anstalt verteidigte sich u.a. mit dem Argu-ment, es sei eine Renovierung des Hei-zungssystems geplant. Nun ja, mittlerwei-le und 7 Jahre spter ist eins von vier Haft-husern tatschlich renoviert und mit einerbesseren Heizungsanlage ausgestattet.Wird weiterhin in diesem Tempo reno-

    viert, drfen sich wohl alle Bruchsaler Ge-fangenen im Jahre 2020 vielleicht ber ad-quat beheizte Zellen freuen - und so langeheit es: frieren.

    Selbstverstndlich kann man sich auchwrmer anziehen, aber das hilft nur bis zueinem gewissen Punkt. Und nachts knnteich das Fenster fest verriegeln, aber auchdies hlfe nur in engen Grenzen, angesichtsder fehlenden Wrmedmmung der

    Auenwand.

    Aber etwas Frischluft braucht der Menschin seiner 8 qm-Zelle, zumal wenn die Toi-lette offen im Zelleneck steht, rumlich al-so nicht abgetrennt ist.

    Und so packe ich mich nachts im Bett mitSchal und Handschuhen ein. Aber whrendder Winterzeit abends mal aufbleiben undam Tisch sitzen, um Briefe zu schreiben,wird so ein wenig problematisch.

    Dass in einem Land wie der BRD im 21.Jahrhundert in Gefngnissen Zellen tags-ber nur stundenweise und nachts gar nichtbeheizt werden, ist doch - gelinde gesagt -erstaunlich.

    Mit frostigem GruThomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA - Z. 3117,Schnbornstr. 32, D-76646 Bruchsalhomepage: http://www-freedom-for-tho-mas.de

    Beide Kammern des Parlaments verab-schiedeten am 22.12. im Eilverfahren denumstrittenen Entwurf des InnenministersNicolas Sarkozy. Hrtere Strafen, flchen-deckende berwachung ... Sozis wollen vorsVerfassungsgericht.

    Gegen die Stimmen der Opposition wurdeim Pariser Parlament das umstrittene Anti-Terror Gesetz 22.12. angenommen. Das Ge-setz wurde von Sarkozys brgerlicher UMPund der liberalen UDF verabschiedet.

    Whrend sich die Sozialisten enthielten,stimmten sie im Senat mit den Kommuni-sten und den Grnen dagegen. Die soziali-stischen Senatoren kndigten an, vor das

    Verfassungsgericht zu ziehen, weil diverseVerfassungsgrundstze gebrochen wrden.

    Das sah Sarkozy in der Debatte ganz an-ders, die Freiheits- und Brgerrechte wr-

    den nicht ausgehhlt. Er verwies auf den Er-folg der Videoberwachung bei der Auf-klrung der Anschlge auf Londoner U-Bah-nen und Busse im Juli, um die massive Aus-weitung der berwachung zu rechtfertigen.Dabei konnten sie die Anschlge nicht ver-hindern.Wie geplant, soll deshalb die Videober-

    wachung des ffentlichen Raums auch inFrankreich massiv ausgeweitet werden, de-ren Aufnahmen die Polizei ohne jede rich-terliche Kontrolle auf einfachen Antrag ein-sehen kann. Auf Anordnung eines Polizei-chefs knnen nun berall ohne richterliche

    Anordnung Kameras installiert werden,wenn ein konkreter Verdacht vorliege. Dasgilt genauso fr die Metro, fr Bahnhfe,

    Atomkraftwerke, Industriegebiete, Ein-kaufszentren und Kultsttten, womit auchMoscheen gemeint sind.

    Die Polizei darf nun Verdchtige sechs Ta-ge zum Verhr festhalten, ohne sie auch nureinem Haftrichter vorfhren. Bisher warenes maximal vier Tage. Reisende in Lnder,wo sich Trainingslager von internationalenTerrornetzwerken befinden sollen, werdenberwacht. Die Anbieter von Flug, Bahn-und Seereisen mssen die bisher vertrauli-chen Daten ber ihre Passagiere ohne rich-terliche Kontrolle an die Polizei abgeben.Insgesamt soll es mehr Kontrollen im Reise-

    verkehr geben.Schrfer kontrolliert werden auch das In-

    ternet und die Telefone. Internetcafs ms-sen alle Verbindungsdaten ber ein Jahr hin-weg aufbewahren, und sie stehen den Er-mittlern ohne richterliche Kontrolle genau-so zur Verfgung wie die Verbindungsdaten

    von Telefonen. Widerstand dagegen kommtauch von der nationalen Datenschutzbehr-de CNIL. Allgemeine Bedenken gegen das

    Gesetz haben auch Anwaltsvereinigungenund Brgerrechtsorganisationen.Kritisiert wird auch, mit dem Gesetz wer-

    de Terrorismus und Einwanderung sowieTerrorismus und Jugend vermengt. Zwar

    musste Sarkozy das zurcknehmen, jedochhatte er zu Beginn der Unruhen im Novem-ber in Frankreich immer wieder Islamisten

    verantwortlich gemacht.Verurteilte wegen Terrorismus und ihre

    Untersttzer mssen nun mit hheren

    Haftstrafen rechnen. Hintermnner sollenbis zu 30 Jahre hinter Gittern landen. FrUntersttzer soll das Strafma auf 20 Jah-re verdoppelt werden. Eingebrgten soll 15Jahre lang die franzsische Staatsan-gehrigkeit entzogen werden knnen,wenn sie wegen Terrorismus verurteilt wur-den. Fr sechs Monate, jeweils um sechsMonate verlngerbar, knnen auch dieKonten von Terrorismusverdchtigen ein-gefroren werden. (c) Ralf Streck

    Spanien

    Massenprozessimmer absurderDer Massenprozess gegen baskische Orga-nisationen wird immer obskurer. Am Mon-tag musste der Nationale Gerichtshof in derspanischen Hauptstadt die dreitgige Pro-zesswoche nach einer kurzen Befragung desHauptangeklagten Xabier Alegria abbre-chen. Wieder einmal waren Dokumentenicht aufzufinden, auf die sich die Ankla-ge sttzt. Den Anwlten platzte schlielichder Kragen und sie verlieen den Saal, weileine Verteidigung unmglich ist. Das Do-kumente befindet sich eventuell in den 104geheimen Akten, deren Existenz erstkrzlich bekannt wurde.

    Das Chaos im Massenprozess unter dem Aktenzeichen 18/98 ist tatschlich nochsteigerbar. Alegria, fr den die Hchststra-fe von 51 Jahren wegen Mitgliedschaft inder Untergrundorganisation ETA gefordertwird, soll fr die ETA diverse Organisatio-nen gefhrt haben. Er weigerte sich, aufFragen des Sondergerichts zu antworten,

    dessen Arbeit sich auf Folter sttze, sag-te er, bevor ihm die Vorsitzende Angela Mu-rillo das Wort abschnitt. Die Vorsitzendewill jede politische uerung unterbinden.

    Deshalb wurde der Prozess aber nicht ver-tagt. Schnell trat erneut das Chaos zu Ta-ge. Schon das erste Dokument, das die Ver-teidigung zur Einsicht anforderte, konntenicht gefunden werden. Auf einen Poli-zeibericht vom 17. November 1995 sttztdie Anklage angebliche Verbindungen Ale-grias zur ETA. Es ist blich, dass Dokumentein dem Prozess unauffindbar sind.

    Die befinden sich eventuell in den 104 Ki-

    sten mit Ordnern (100.000 Blatt) aus dengeheimen Akten des ErmittlungsrichtersBaltasar Garzn. Dass die existieren und der

    Verteidigung sieben Jahren vorenthaltenwurden, kam erst vor der Weihnachtspau-

    Frankreich verschrft Terrorgesetze

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    se ans Licht. Den Bericht zu Alegria hattedessen Verteidigerin schon vor zwei Jahren

    erfolglos angefordert. Arantza Zuluetaplatzte der Kragen. Sie erklrte, den Pro-zess zu verlassen, in dem keine Verteidi-gung mglich ist. Ihr schlossen sich die An-wlte der brigen 65 Angeklagten an. Diehatten dafr zuvor ausdrcklich die Unter-sttzung der baskischen Anwaltskammererhalten.

    Da der Bericht bis zum Nachmittag nichtauftauchte, vertagte Murillo. Wieder ein-mal waren alle Angeklagten umsonst dielange Reise nach Madrid angetreten. Mu-rillo kndigte grozgig an, diese Wocheknnten die Anwlte Einsicht in die ge-heimen Ordner nehmen. Wegen der groenMenge und der groen Unordnung lehntendie aber ab. Ihnen stnden Kopien zum aus-fhrlichen Studium zu, und erneut bean-tragten sie wegen der Anomalien die An-nullierung des Verfahrens, weil so eine Ver-teidigung nicht mglich ist. An Alegria hat sich Garzn besonders

    verbissen. Er ist in dem Massenverfahrengleich in mehreren Komplexen angeklagt.Er soll Sprecher der Koordination fr eineSozialistische Alternative (KAS) und Mit-glied des angeblichen Nachfolgers EKIN ge-

    wesen sein. ber die von Garzn verbote-ne Zeitung Egin soll er zur Finanzierungder ETA beigetragen haben. Er sa mehr-fach in Untersuchungshaft und wurde stetsfreigelassen, weil die prfenden Richter kei-ne Beweise fr die Vorwrfe fanden. Er istauch noch in weiteren Komplexen ange-klagt, die in den Massenverfahren abge-handelt werden, die dem Hauptprozess un-tergeordnet sind. Das war auch der Prozessgegen die baskischen Jugendlichen. Derwurde aber eilig vorgezogen. Aber dortkonnte nicht bewiesen werden, dass es ei-ne Verbindung zur ETA gibt. Es ist somit

    auch nicht gelungen den gewnschten ei-nen Przedenzfall zu schaffen, die Verfah-ren knnten also getrost eingestellt werden.(c) Ralf Streck, Donostia - San Sebastinden 11.01.2006

    Nachtrag vom 13.1.Offenbar hat die Vorsitzende Murillo einen

    Wink mit dem Zaunpfahl erhalten. Schonbevor sich heute der Prsident vom Natio-nalen Gerichtshof mit dem Prsidenten derbaskischen Anwaltskammer trifft, hat Mu-rillo gestern eingelenkt und den Prozess frinsgesamt drei Wochen ausgesetzt. Sie willden Verteidigern nun diese Zeit geben, die

    Akten zu studieren. Die Anwlte hatten zu- vor erneut angekndigt, sie wrden amkommenden Montag nicht teilnehmen.Murillo rumt damit offiziell ein, dass inden Ermittlungen von Baltasar Garzon eingroes Chaos herrscht.

    Knnte aber sein, dass es heute noch malbei dem Treffen Vernderungen gibt und daweitere Schritte erfolgen. Der Prozess mussabgebrochen werden, den Anwlten alle

    Akten zum Studium vor dem Prozess ber-geben werden, um eine vernnftige Vertei-digung mglich zu machen. Gestern habenin Madrid 30 Basken anlsslich einer Ver-nehmung zu einer Folteranzeige erneutdeutlich gemacht, dass die Aussagen in demProzess auf Folter beruhen. Mehr als sechsJahre wurde die Anzeigende trotz deutli-cher Hinweise nicht einmal vernommen.

    Ein Brief von Marco Camenisch

    DNA-Probenahme imGefngnis Pschwies

    Am Montagmorgen, 21. November, wird beider Arbeit bekannt, dass alle Gefangenenzu einer schon begonnenen DNA-Probe-nahme bestellt werden sollen. Die Gefan-genen werden jeweils einzeln ohne Anga-be des Grundes ins Effektenmagazin be-stellt und von den Werkmeistern mit einem

    entsprechenden Laufzettel dorthin ge-schickt. Dort werden die Gefangenen ein-zeln in einen Nebenraum gefhrt, wo siedrei Herren mit aufgelegten Mundmaskenund gezcktem DNA-Probenahmestbchen

    gegenberstehen. Ohne sich auszuweisen,stellen sich die Herren als Beamte der Kan-

    tonspolizei Zrich vor. Ohne diese Anord-nung in irgendeiner Form vorzuweisen, tei-len sie dem Gefangenen mit, sie msstenihm auf Anordnung des Oberstaatsanwaltsdie DNA-Probe nehmen. Es ist mir nicht be-kannt, dass die Beamten die Gefangenenber ihr Verweigerungs-, Anfechtungs-und Auskunftsrecht und weitere Rechts-mittel aufgeklrt htten. Den zustimmen-den Gefangenen wird neben der DNA-Pro-be auch der rechte Zeigefingerabdruck ge-nommen. Denen, die eine DNA-Probenah-me verweigern, wird mitgeteilt, das sie ei-ne Vorladung nach Zrich zur DNA-Probe-nahme erhalten werden, und einem Gefan-genen, der das Vorgehen zur DNA-Probe-nahme nicht nur als Rechte und Recht ver-letzend, sondern auch als berfallartig rg-te, wurde von den drei Herren drohend be-schieden, dann gbe es halt eine ber-fallartige Vorladung. Den meisten Gefan-genen wurde vorgngig von der Polizei beider Verhaftung oder whrend der Untersu-chungshaft die DNA-Probe einmalig odermehrmalig schon genommen. Einem derGefangenen, die darauf hinwiesen, wurdebeschieden A) es sei ein neuer und voll-

    stndigerer Test und/oder B) dass die vor-gngig gemachten Tests in keine Datenbankaufgenommen worden seien.

    Die gesetzliche Grundlage zur massen-weisen DNA-Probenahme, Profilerstellungund Aufnahme in das Informationssystem

    von Gefangenen ist das auf BRB (Bundes-ratsbeschluss) vom 3. Dezember 2004 am1. Januar 2005 in Kraft getretene DNA-Pro-fil-Gesetz. In Art. 23, Absatz drei der ber-gangsbestimmungen heit es: Von Perso-nen, die vor dem Inkrafttreten dieses Ge-setzes entweder zu einer unbedingten Frei-heitsstrafe von mehr als einem Jahr verur-

    teilt worden sind, oder gegenber denen ei-ne Freiheits entziehende Manahme nachden Artikeln 59, 61 oder 64 (frher nochden Artikeln 42, 43 oder 100bis) StGB an-geordnet worden ist, kann eine Probe ge-

    Trotz Polizeischikanen demonstrierten am 8.1. 50.000 Menschen in Bilbao fr die Rechte der baskischen politischen Gefangenen. Auf-gerufen hatten Gewerkschaften, Parteien und andere Organisationen. Sie forderten eine Verlegung der mehr als 700 Gefangenen insBaskenland.

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    nommen sowie ein DNA-Profil erstellt undin das Informationssystem aufgenommenwerden, solange die Freiheitsstrafe oder dieFreiheits entziehende Manahme andauert,

    jedoch lngstens bis ein Jahr nach Inkraft-treten dieses Gesetzes. Auch nach Rechts-beratung bleibt unklar, ob es um eine un-ter Strafrecht oder Verwaltungsrecht fal-lende Anordnung geht, die ganze Materieist noch sehr Neu, und es besteht noch kei-

    ne gefestigte Praxis. Und umstritten seinicht die Probenahme, sondern die Daten-erstellung und Verwendung. Art. 15 DPG,Recht auf Auskunft sieht vor: 1) Die An-ordnende Behrde informiert die betroffe-ne Person vor der Probenahme ber die

    Aufnahme ihres DNA-Profils in das Infor-mationssystem, ber ihre Auskunftsrechteund ber die Voraussetzungen der L-schung; 2) Jede Person hat das Recht, beimBundesamt darber Auskunft zu verlangen,ob unter ihrem Namen ein DNA-Profil imInformationssystem aufgenommen ist; 3)Das Auskunftsrecht sowie die Verweige-

    rung, die Einschrnkung oder das Auf-schieben der Auskunft richten sich nachden Artikeln 8 und 9 des Bundesgesetzes

    vom 19. Juni 1992 ber den Datenschutz.Das Vorgehen von Polizei und Gefngnis

    verletzt jedenfalls Recht und diskriminiertGefangene. Das wird durch eine weitere ras-sistische und deliktorientierte Diskriminie-rung noch verschrft, da wehrlosere undweniger rechtskundige Gefangene (nachDelikt, Sprachunkenntnis, Herkunft, usw.)es nicht wagen oder die Mittel nicht haben,die Probenahme zu verweigern. GemssDNA-Profil-Verordnung, Bundesrat vom 3.Dezember 2004 (Stand 26. Juli 2005): Dieforensischen DNA-Analysen drfen nur

    von anerkannten Prflaboratorien fr fo-rensische Genetik (Labors) erstellt werden.In Universitten, etwa ETH-Zrich. DNA-Datenbanken haben einen hohen wissen-schaftlich/kommerziellen Wert. Im DNA-Gesetz heit es: Die provisorische Aner-kennung des Labors ... behlt ihre Gltig-keit whrend zweier Jahre nach dem In-krafttreten dieses Gesetzes. Die Laborsknnen die Tests und die wissenschaft-lich/kommerziell kostbaren Profile ein wei-

    teres Jahr lang verwalten, bearbeiten undwissenschaftlich/kommerziell zugnglichmachen?Am nchsten Tag bis heute, Mittwoch, 30.

    November 2005, wurden keine weiterenTests durchgefhrt oder durchzufhren

    versucht. Etliche Gefangene hatten amMontag, 21. November, den Test verweigert.

    Gemss Schreiben vom 7. September2005 des Justizvollzugs Kanton Zrich,

    Amtsleitung, Stabsdienst, An die Adres-saten gemss Verteiler darunter offen-sichtlich die Zrcher Knste, wird ber dienachtrgliche Erfassung von DNA-Profilen

    von gegenwrtig im Straf- und Manah-mevollzug einsitzenden Verurteiltengemss Artikel 23 Absatz 3 DNA-Profil-Ge-setz informiert und weiter im Text: (...) Wirdanken Ihnen bereits im Voraus fr ihre

    Mithilfe bei dieser Aufgabe und fr Ihre Ko-operation mit der Polizei, welche sich dem-nchst bei Ihnen melden wird. Anbei er-halten Sie zur Vorinformation eine Liste mitden jeweiligen Daten der noch nachzuer-fassenden Personen in Ihrer Institution.

    Das rechtswidrige (ohne sich auszuwei-sen, ohne Verordnung/Verfgung undRechtsmittelbelehrung), berfallartige undteilweise bedrohende/ntigende Vorgehender Polizei gegen die Gefangenen wurde al-

    so von der Justiz-/Gefngnisdirektion zu-gelassen und aktiv begnstigt, da der Ge-fangene durch Vorspiegelung falscher Tat-sachen (er wird ohne weitere Erklrung insEffektenmagazin gerufen, also nach seinem

    Wissen zu seinen Effekten) von der Anstaltahnungslos der Polizei zugefhrt wird.

    Eine Strafvollzugsbehrde/Gefngnisdi-rektion hat gegenber ihren Gefangenen ei-ne Sorgfaltpflicht und ist generell fr de-ren Unversehrtheit verantwortlich. Zutrittzu einem Gefangenen sollte auch aus die-sem Grunde recht- und regelkonform durcheine vorgngige Anmeldung/Mittelungauch an den Gegangenen stattfinden. Ge-fangenen in nicht recht- und regelkonfor-mer Art einer nicht recht- und regelkon-form durchgefhrten Manahme der Poli-zei zuzufhren, verletzt dieses Sorgfalt-pflicht und Verantwortung.

    Sorgfaltpflicht, Gewhrleistung derUnversehrtheit

    Dienstag, 22. September, wurden wir denganzen Nachmittag bis zum Nachtessen indie Zellen eingeschlossen und nach dem Es-sen ebenfalls. Der Hofgang (12.15- 13.15Uhr) wurde unterbrochen und alle Gefan-genen eingeschlossen, nachdem im Hof zu-erst eine Schlgerei ausgebrochen und be-

    endet worden war und danach in einerzweiten Auseinandersetzung ein Gefange-ner ziemlich schwer mit einem scharfen Ge-genstand an der Wange/Halsseite verletztwurde. Anschlieend fand eine intensiveSpurensuche statt.

    Eine Sorgfaltspflicht und die Pflicht derGewhrleistung der Unversehrtheit der Ge-fangenen wird auch dann von der verant-wortlichen Behrde umfangreich undschwerwiegend verletzt, wenn sie Leute zu-sammen einsperrt, von denen aktenkundigist oder sein sollte, dass sie persnlichund/oder als Gruppen in einem schwerwie-

    genden Konflikt (Verrat/Aussagen und ausethnischen, politischen oder anderweiti-gen/gemischten Ursachen) standen oderstehen. Um die Sorgfaltspflicht und diePflicht der Gewhrleistung der Unversehrt-heit der Gefangenen zu erfllen, mssenunvereinbare Gefangene/Gruppen getrenntuntergebracht werden. Oder anders gesagt,Gefangene sind keine Kampfhhne undwollen keine Opfer werden von behrdlichsystematisch herbeigefhrter Gewalt unterGefangenen und den Folgen davon: Stress,Lebensgefahr, Verletzungen, Disziplinar-strafen und so weiter, und vielfach auchweitere Urteile, die im Zeichen der Zeitimmer schwerer werden, bis zur Verwah-rung auf unbestimmte Zeit.Bis auf weiteres.Marco camenisch, Regensdorf, Mittwoch30. November 2005.

    ON A MOVE Ausstellung gegen die Barbarei der TodesstrafeIn Bremen findet vom 23. Januar bis 6. Februar 2006 eine Kunst- und Dokumentati-onsausstellung gegen die Todesstrafe in den USA und fr den zum Tode verurteiltenMumia Abu-Jamal statt. Diese Ausstellung kann auch in anderen Stdten gezeigt wer-

    den (siehe unten)EINLADUNG ZUR ERFFNUNGSVERANSTALTUNGBeitrge und Informationen zum Fall des zum Tode verurteilten US-Journalisten Mu-mia Abu-Jamal und zur Abschaffung der Todesstrafe in den USA

    Es sprechen: Christine Vogelsang, Begrung; Erhard Mische, amnesty internatio-nal Bremen; Jrgen Heiser, Internationales Verteidigungskomitee Bremen (IVK)

    Zeit: Montag, 23. Januar, 20:00 Uhr Ort: Villa Ichon, Bremen, Goetheplatz 4

    Mit dieser Veranstaltung wird die gleichnamige Ausstellung erffnet, in der die Bre-mer Malerin Christine Vogelsang ihre zum Thema geschaffenen Gemlde mit Fotos,Texten und Dokumentationen kombiniert Ausstellung: vom 23. Januar bis 6. Februar2006 ffnungszeiten: Mo-Fr 11-19 Uhr / Sa 11-13 Uhr VeranstalterInnen: Christine

    Vogelsang, Atlantik Verlag, IVK Bremen, junge Welt Regionalbro Bremen

    KONTAKT fr alle, die diese Ausstellung in ihren Stdten zeigen mchten: Mobil 0174-972 99 29 (Jrgen Heiser) http://freedom-now.de/news/artikel309.html

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    Jabbar al KubaysifreigelassenDie USA warfen mir vor, die Welt gegensie zu mobilisieren

    Abdeljabbar al Kubaysi, Generalsekretr derIrakischen Patriotischen Allianz, wurde zu-

    sammen mit weiteren hochrangigen politi-schen Gefangenen im Irak freigelassen. Erwar am 3. September 2004 von US-Krftenin Bagdad entfhrt worden und in ein spe-zielles Gefngnis am Flughafen transferiertworden. In seiner ersten Stellungnahme be-richtete er heute von der unmenschlichenBehandlung durch die US-Armee. Die erstenzehn Tag war er in einer Box von wenigerals 70 cm Gre gehalten worden, die Au-gen verbunden, Arme und Beine mit Hand-schellen gefesselt. Er wurde unablssig ver-hrt und am Schlafen gehindert. Jede Be-wegung hatte zur Folge, dass er sich selbst

    verletzte.Fr die folgenden fnf Monate wurde er

    weiterhin in einer kleinen Box in totaler Iso-lation gehalten. Aufgrund der unzureichen-den Nahrungsversorgung verlor er mehr als12 kg.Auf der langen Liste der Anschuldigungen,

    die sich alle um den Widerstand drehten, fandsich auch die Beschuldigung, er habe eine be-deutende Rolle darin gespielt, die weltweiteffentliche Meinung gegen die USA zu mo-bilisieren. Die US-Armee wollte ihn davonberzeugen, politisch zu kollaborieren, waser jedoch kategorisch ablehnte. Gefragt nachseinem Kommentar zu den jngsten von denUSA veranstalteten Wahlen und den Grn-den seiner Freilassung sagte Kubaysi: Es istoffensichtlich, dass die USA realisiert haben,dass sie den Krieg gegen den Widerstand, der

    vom Volk untersttzt wird, nicht gewinnenknnen, also mssen sie politische Mittel ein-setzen. Die Wahlen wrden benutzt, um diekonfessionellen Gemeinden gegeneinanderauszuspielen.

    Nach der totalen Isolation von der Weltberichtete Kubaysi, nach zehn Tagen mitDutzenden Treffen, er habe Menschen ge-troffen, die, nachdem sie whlen gegangenwaren, nun verstnden, dass sie betrogenworden seien. In wenigen Wochen nur wer-den wir einen Widerstand sehen, der gestrktaus dem Ganzen hervorgehen wird.

    Das Antiimperialistische Lager gratuliertKubaysi und der Irakischen Patriotischen Al-lianz zu seiner Freilassung. Sie ist das Er-gebnis der Standhaftigkeit des Widerstandsgenauso wie der internationalen Bewegungfr ein Ende der Besatzung in Untersttzungdes Widerstands. Wir werden unserenKampf weiterfhren gemeinsam mit Kubay-si und der IPA auf der Seite des Widerstands

    und besonders fr die Schaffung einer poli-tischen Befreiungsfront mit den Endziel,dem US-Imperium eine entscheidende Nie-derlage zuzufgen.

    Antiimperialistisches Lager, 28.12.2005

    Iran: Repression ge-gen unabhngigeArbeiterbewegung

    Protestaktionen gegen will-

    krliche VerhaftungSeit rund vier Wochen kmpfen die in derGewerkschaft Vahed (Einheit) organisiertenTeheraner Busfahrer fr die Freilassung des

    Vahed-Vorsitzenden Mansur Ossanlou. Die-ser war am 22.12. zusammen mit 13 weite-ren Gewerkschaftsmitgliedern wegen ille-galer Gewerkschaftsttigkeit verhaftetworden. Whrend die anderen Verhaftetennach einem Streik der Busfahrer am 25.12.,der von vielen Teheranern untersttzt wur-de, freigelassen wurden, bleibt Ossanlou imals Folterzentrum berchtigten TeheranerEvin-Gefngnis inhaftiert. Dort darf ihn

    auer seiner Frau, die ihn einmal sehenkonnte, niemand besuchen. Inzwischen gibtdie Staatsanwaltschaft als Haftgrund Kon-takte zu auslndischen Organisationenbzw. Spionage an, als Beweis muss einSpendenkonto mit Solidarittsgeldern her-halten. Damit droht ihm eine lange Ge-fngnisstrafe, im schlimmsten Fall die To-desstrafe. - Auch nach dem Streik am 25.12.gehen die Protestaktionen weiter, am 2.1.

    versammelten sich Tausende Arbeiter in ei-nem Stadion, um ihre Forderung nach Frei-lassung sowie nach Lohnerhhung und Be-zahlung von berstunden zu unterstreichen.

    Auch finden Mahnwachen statt. Die Bus-fahrer haben dem Brgermeister ein Ulti-matum gestellt, nach dessen Ablauf sie wie-der in den Streik treten wollen. Um die Bus-fahrer in die Knie zu zwingen, wurden dieGewerkschaftskonten gesperrt und die Aus-zahlung der Lhne an die Gewerkschafts-mitglieder gestoppt. - Die Lhne der Bus-fahrer liegen noch unter dem Mindestlohnund reichen kaum zur Deckung der Mieten.Das fhrte in den letzten Monten immer wie-der zu Streiks im Nahverkehr. Vahed war erstim Juni 2005 gegrndet worden, nachdemmehrere Grndungsversuche durch Schl-gertrupps verhindert wurden. Der unabhn-gigen Gewerkschaft soll rund die Hlfte der16.000 Angestellten im ffentlichen Nah-

    verkehr der iranischen Hauptstadt an-gehren. Unabhngige Gewerkschaften sindlaut Gesetz verboten, nur die Islamischen

    Arbeiterrte in den Betrieben werden aner-kannt. In der ffentlichkeit finden die Ak-tionen der Busfahrer viel Untersttzung. Ta-xifahrer schlossen sich dem Streik an. Am1.1. schrieben Hunderte bekannte Schrift-steller, Gewerkschaftsaktivisten, Studentenund Parlamentsmitglieder einen Offenen

    Brief an die Regierung, in dem sie die Ein-haltung der ILO-Konvention und die Frei-lassung Osdanlous forderten. Gewerkschaf-ten in Jordanien, Tunesien und Palstina, diedem ITF angeschlossen sind, rufen dazu auf,

    gegen die Verhaftung Ossanlous bei der ira-nischen Regierung zu protestieren und dasRecht auf unabhngige gewerkschaftlicheOrganisierung zu verteidigen. -

    Nach Verbot von 1.-Mai-Kundgebung 2004 hohe Stra-fen fr fnf Arbeiter

    Am 12. Ordibehescht 1383 (1. Mai 2004)beabsichtigten einige Arbeiter der StadtSaghez (Iranisch-Kurdistan), eine 1.Mai-

    Veranstaltung zu organisieren. Fr die Ver-anstaltung wurde eine Genehmigung be-antragt. Aber die Stadtbehrde von Saghezteilte mit, dass sie keine Genehmigung er-teilen werde.

    Unsere Ehemnner Mahmud Salehi,Djalal Hosseini, Mohammad Abdipour undMohsen Hakimi gingen - wie in ihren Ur-teilen erwhnt! - zum Veranstaltungsort,um den Menschen mitzuteilen, dass es kei-

    ne Veranstaltung geben wird. Sie hattenvor, die dort versammelten Menschen auf-zufordern, sich von dem Veranstaltungsortzu entfernen. Aber bevor sie den Ort errei-chen und irgendetwas unternehmen konn-ten, wurden sie mit mehreren anderen Ar-beitern, die ebenfalls von allen Richtungenzum verabredeten Ort unterwegs waren,

    verhaftet und ins Gefngnis gebracht. Siekamen ins Gefngnis, ohne dass es zu ei-ner Veranstaltung oder Versammlung ge-kommen wre oder sie die Gelegenheit ge-habt htten, ber die Probleme und Sorgender Arbeiter irgendetwas zu sagen.

    Bis auf sieben Personen - dazu gehrenauch unsere Lebenspartner - wurden dieFestgenommenen dank der Proteste unddes mutigen Engagements der Bevlkerung

    von Saghez auf freien Fu gesetzt.Die sieben Verhafteten kamen nach 12

    Tagen frei, nachdem sie in Hungerstreik ge-treten waren und fr sie eine hohe Brg-schaft (200.000 Toman/iranische Whrung)hinterlegt worden war.

    Nun, nachdem die Freigelassenen 18Monate lang polizeilichen Schikanen aus-gesetzt waren und sich immer wieder beim

    Gericht melden mussten, wurden die Urtei-le ber sie bekannt gegeben. Gegen zweivon ihnen wurde die Strafverfolgung, aus-gesetzt und die restlichen fnf Personenwurden wie folgt verurteilt:

    Mohsen Salehi, fnf Jahre Gefngnis-strafe und mit drei Jahren Verbannung,Djalal Hosseini, drei Jahre Gefngnis, Moh-sen Hakimi, Mohammad Abdipour undBorhan Diwargar, je zwei Jahre Gefngnis.

    Nach internationalen Konventionen, dieauch von der islamischen Republik unter-schrieben wurden, ist es das Recht jedes Ar-beiters/ jeder Arbeiterin, den 1. Mai als in-

    ternationalen Tag der Arbeiterklasse zu fei-ern.Komitee der Solidaritt mit den iranischen

    Arbeiterinnen - HamburgE-mail: [email protected]

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #307

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    Der feministischen Soziologin und Frie-densaktivistin Pinar Selek droht in der Tr-kei eine lebenslange Haftstrafe aufgrundeiner Tat, die sie nicht begangen hat.

    Zur PersonPinar Selek, geboren 1971 in Istanbul, stu-dierte in Ankara Soziologie und absolvier-te in Paris ihren Master. Ihr Vater ist ein be-kannter Rechtsanwalt in Istanbul. Sie be-gann frh, sich mit den bestehenden Pro-blemen und Widersprchen in ihrem Landauseinanderzusetzen, arbeitete als freie So-ziologin mit Straenkindern und verf-fentlichte in Buchform eine Studie ber die

    Gewalt an Transsexuellen und Transvesti-ten in Istanbul. Nebenbei bersetzte sie einBuch des Zapatista Marcos ins Trkische.Bei soziologischen Studien zu den Hinter-grnden des in der Trkei seit langen Jah-ren andauernden Krieges zwischen der tr-kischen Armee und der kurdischen PKK zogsie die Aufmerksamkeit des Staates auf sich.Sie wurde festgenommen, unter Folter ver-hrt und ins Gefngnis gesteckt. Nach zwei-einhalb Jahren wurde sie aus der Haft ent-lassen und arbeitet seitdem aktiv in derFrauen- und Friedensbewegung. Sie istMitgrnderin der Frauenkooperative

    Amargi und organisierte nach ihrer Haft-entlassung sehr erfolgreich

    Frauentreffen fr einenDialog und Austausch inkurdischen Stdten, zu de-nen sie mit anderen enga-gierten Frauen aus den tr-kischen Metropolen fuhr.

    Auch die Aktion Frauenlaufen aufeinander zu, beider aus verschiedenenStdten der Trkei Frauen-gruppen zu langen Fahrtenins zentral gelegene Konyaaufbrachen, wurde vonPinar Selek mit initiiert.

    Weiterhin engagierte siesich fr Gewaltopfer wie imFall von Glbahar Gndz,die von Polizisten ver-schleppt und vergewaltigt

    worden war, und in der Organisierung derFrauenbewegung. 2004 verffentlichte siedas Buch Barisamadik (Wir haben keinenFrieden geschlossen), in dem sie die Frie-densbewegung und den Militarismus in derTrkei analysiert. Sie schreibt auerdem frdie Tageszeitung lkede zgr Gndem.

    Zum Prozess

    Wessen sie angeklagt wurde, erfuhr Pinar

    Selek anderthalb Monate nach ihrer Ver-haftung, als sie nach Folter und Verhrenim Gefngnis Nachrichten schaute. Siewurde verantwortlich gemacht fr eine Ex-plosion in einem belebten Basar in Istan-bul am 9. Juli 1998, bei dem sieben Men-schen ums Leben kamen und weitere 120

    verletzt wurden. Seit sieben Jahren luft einProzess gegen sie und weitere 14 Ange-klagte, von denen sich zur Zeit noch dreiin Haft befinden. Der Prozess war von Be-ginn an geprgt von Ungereimtheiten, diedas Konstrukt der Anklage immer deutli-cher werden lieen. So lie das Gericht im

    Laufe der Jahre immer neue Sachverstn-digengutachten anfertigen,