Gefangenen Info #340

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #340

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    Am 7.8. endete die Aktion der Gefangenennicht nur in der BRD, sondern auch von Ge-fangenen aus der Schweiz, Spanien und Bel-gien. Wie der Gefangne Pit Scherzl, Sprecherder Interessenvertretung Inhaftierter (IvI)meinte, kann so schon von einem interna-tionalen Streik gesprochen werden. Da aufGrund der Zensur wir noch nicht ausrei-chende Informationen von den streikenden

    Gefangenen selbst erhalten haben, begngenwir uns mit einen kurzen Zwischenberichtund gehen auf Fragen ein, die nicht nur vonden Medien kamen. Diese vorlufige, frag-mentarische Einschtzung stammt von Men-schen aus den Redaktionen des Mauerfallsund dem des Gefangenen Infos sowie dem

    Autonomen Knastprojekt aus Kln.

    Wie viele Hftlinge haben sich letzt-lich am Hungerstreik beteiligt?Die letzte Zahl, die wir hatten war: 561 Ge-fangene. Hier die Liste der Gefngnisse in derBRD, die von Weggesperrten bestreikt wer-

    den: Aachen, Amberg, Ansbach, Augsburg,Berlin-Moabit, Bielefeld, Bremen, Detmold,Dietz, Duisburg, Dortmund, Ebrach, Essen,Frankfurt, Fulda, Geldern, Gelsenkirchen,Gera, Gieen, Hagen, Halle, Hamm, Heins-berg, Hof, Hohenleuben, Magdeburg, Ml-heim, Mnchen, Mnster, Naumburg,Neumnster, Neunkirchen, Nrnberg, Olden-burg, Plauen, Rheinbach, Rosdorf, Saar-

    brcken, Sehnde, Straubing,Tonna, Traunstein, Trier, Vechta,

    Vlklingen, Volkstedt, Willich,Wrzburg, Wuppertal

    Hinzu kamen die Gefangeneaus dem Ausland.

    Wie konnten sie berhauptmiteinander in Kontakt

    bleiben? Kontaktmglichkeitzwischen Gefangenen istschwierig wegen der Zensur.Dass es krasse Verschrfung

    diesbezglich gegeben hat, wird deutlichan den besonders Exponierten:Pit Scherzl lsst seine Post an eine Adres-se nach drauen schicken, sie wird dann

    von einem Freund wchentlich per Ein-schreiben an Pit in den Knast geschickt,da sonst zu viele Postsendungen ver-schwinden.

    Meine Post wird bereits seit Mitte 2005

    Gefangenen InfoC 10190 21.8.2008 Preis: 1,55 340

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Zum Hungerprotest von ber 561 Gefangenen

    Gesehen in Berlin

    Sabotage an Bundeswehrfahrzeugen

    BAW erhebt Klagenach 129 wegenMitgliedschaft in dermilitanten gruppe

    Die Bundesanwaltschaft (BAW) hat Anklagegegen Oliver R., Florian L. und Axel H. erho-ben. Den drei Berlinern wird vorgeworfen, En-de Juli 2007 auf dem Gelnde der Rstungs-firma MAN in Brandenburg (Havel) Brandst-ze unter Bundeswehrfahrzeuge gelegt zu ha-ben. Auerdem werden sie angeklagt, Mit-glieder der militanten gruppe zu sein.

    Die Zerstrung von Bundeswehrfahrzeugensei eine konkrete Abrstungsinitiative unddiene dazu, Kriegshandlungen - also Schlim-meres - zu verhindern, so Arthur Schler,Sprecher des Bndnisses. In verschiedenen eu-

    ropischen Lndern seien AntimilitaristInnenmit dieser Begrndung freigesprochen wor-den. Deshalb fordern wir auch einen Frei-spruch, betont Schler.

    Die Anklage wegen Mitgliedschaft in einer

    kriminellen Vereinigung sttzt sich auf ver-schiedene Indizien, weitere konkrete Tatbetei-ligungen werden den Dreien nicht vorgewor-fen. Die Bundesanwaltschaft wertet als Indizfr eine Mitgliedschaft, dass sich die Ange-klagten beim Spazierengehen umgeschauthtten, dass sich die militante gruppe nicht zudem Brandanschlag geuert habe oder einerder Angeklagten sich Einweghandschuhe ge-kauft habe.

    Um diese Indizien zu untermauern, bemht

    die BAW zudem einen Spitzel des Bundesamtsfr Verfassungsschutzes (VS). Nach dessen

    Aussagen - die der VS selbst als nachrich-tenrelevant, aber nicht besttigt einstuft -sollen die Angeschuldigten der mg angehren.Die Anklage wegen Mitgliedschaft ist extremschwach begrndet und an den Haaren her-beigezogen, so Rechtsanwalt Thomas Herzog,einer der Anwlte der Angeklagten. Deshalbhabe der Verfassungsschutz wohl auch nochden Spitzel aus dem Hut gezaubert.

    Die Zusammenarbeit des Verfassungs-schutzes und der Polizei sowie die Aussagen

    des Spitzels werden im weiteren Verlauf des Verfahrens ein zentrales Thema sein. DasTrennungsgebot von Polizei und Geheim-diensten ist eine der Lehren aus dem Faschis-mus in Deutschland, so Schler. Deshalbwerden wir die stndigen Verste gegen die-sen Grundsatz thematisieren.

    Der Erste Strafsenat des Berliner Kammer-gerichts muss nun ber die Zulassung der An-klage entscheiden. Prozessbeginn wird vor-aussichtlich am Mittwoch, den 24.9., vor demKammergericht Berlin sein.Quelle: Bndnis fr die Einstellung der 129(a)-Ver-fahren

    Bndnis fr die Einstellung der 129(a)-Ver-fahren, c/o Haus der Demokratie und Men-schenrechte e.V., Greifswalder Strae 4D-10405 Berlinhttp://einstellung.so36.net/de/pm/1019Weitere Artikel s. Seite 6

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    durch Sicherheit und Ordnung (S&O)kontrolliert. In den vergangenen 3 1/2

    Wochen verstt Frau Holtmann (S&O)immens extrem gegen 30 Rn 2 StVollzG(unverzgliche Weiterleitung der Post!!!).Post, die ich am 30.06.2008 abgab zum

    Versenden, wurde erst am 03.07.2008 ab-gestempelt und kam somit 4 Tage spteran! Aber das ist wei Gott kein Einzelfall.So dauert meine Post seit einem Monat

    stets 2-4 Tage, wenn sie berhaupt an-kommt. Auch die ankommende Post er-halte ich mit 2-4 Tagen Verzgerung. Ei-ne Mitgefangene hat ihren Hauspostbrief

    von ihrem Verlobten ganze 21 Tage sp-ter erhalten. Ihr wird von einigen Beam-ten gesagt, wenn es mehr als 10 Seitensind, wird diese nicht befrdert. (Nadinein einem Brief vom 29.7.)

    Telefonieren knnen Gefangene im ge-schlossenen Vollzug im Prinzip nicht(auer bei dringenden persnlichen An-gelegenheiten ber die Sozialarbeiter/in-nen oder Pfarrer/innen).

    So wurde der letzte Mauerfall an dieseGefangene ebenfalls von der Anstalt anmich zurck gesandt. Nicht ohne grnd-lich den Namen durchzustreichen, um ei-ne Rckverfolgung meinerseits, um wenes sich handelt zu erschweren.

    Sogar eingetragene Anwlte werden aufAnordnung von S&O wieder ausgetra-gen. ( Nadine)

    Zugang zum Internet (mailen) haben sienicht.

    Einschchterung bis hin zu einem neuenVerfahren:Am Dienstag, den 16.9., wird es vor dem

    Amtsgericht Bielefeld zu einem Prozess ge-gen Nadine Triblan kommen. Pit Scherzl,Sprecher der (IvI), ist dort als Zeuge vorge-laden.

    Nadine wird von der JVA Bielefeld un-terstellt, sie habe versucht den Anstalts-kaufmann K. um 10 Briefmarken zu be-klauen, obwohl damals Nadine sofortdurchsucht und die Zelle gefilzt und keineBriefmarken gefunden wurden.

    Pit machte mit diesem Kaufmann, als erin Bielfeld weggesperrt war, ebenfallsschlechte Erfahrung: Mich hat diese Kauf-

    mannstype mehrfach zu bescheien ver-sucht. Mal um 135 Stck, dann um 60, diefehlten. Und wegen 8 Cent, um die er michnachweislich bescheien wollte, musste icheinen Anwalt einschalten. Erst dann hat ergezahlt und zudem die fette Rechnung des

    Anwalts.Die Interessenvertretung Inhaftierter ver-

    mutet, da nicht der Kaufmann, sondern derAnstaltsleiter die Anzeige gestellt hat, seies das Ziel, Nadine zu kriminalisieren. Ihrist damals gesagt worden, falls es zu einerneuen Verurteilung kme, fr sie wegen er-neuten Straftat, Unbelehrbarkeit und Ge-

    fahr fr die Allgemeinheit gegebenenfallsdie nachtrgliche Sicherungsverwahrungin Betracht kme.Wie sich solche Drohungen fr Nadine

    auswirken knnen, kann sich jede und je-

    der auf Grund nicht nur wegen ihres ange-griffenen Gesundheitszustandes gut vor-stellen.

    Welche Reaktionen gab es darauf?

    Dass der Protest in den Medien kaum ge-spiegelt wurde, liegt sicher zunchst daran,dass die Weggesperrten sich nicht zensurfreimitteilen knnen, dass sie gesellschaftlichkaum eine Lobby haben und deshalb auch

    brgerliche und sogar relativ kritische Medi-en nicht fr sie interessieren, es sei denn, desgbe Tote oder Flucht zu vermelden oder wassonst aus dem Polizeiticker kommt. Etwasbreitere ffentlichkeit ber die Zustnde imKnast herzustellen ist fr Gefangene und diewenigen Aktivist/ inn/en drauen extremschwer bis unmglich. Dass aufgrund vonDefinitionen und Bestimmungen Knste aufNachfrage manches leugnen knnen, so dassauf Recherche von beiden Seiten angewie-sene Presse deshalb Aussagen oft nicht veri-fizieren kann.

    Es gab in vier Stdten (Berlin, Hamburg,

    Dresden und Berlin) ffentlichkeitsaktionenwie z.B. Knastkundgebungen. Der Bundes-

    vorstand der Roten Hilfe hat sich mit demProtest der Gefangenen solidarisiert. LautBerliner Morgenpost vom 9.8. wurden in Ora-nienburg Lieferwagen angezndet und in ei-ner Erklrung auf den mehr als 500 Straf-gefangene im Hungerstreik in deutschen Ge-fngnissen Bezug genommen.

    Gefangene aus der Schweiz, Belgien undSpanien und auslndische Solidarittsgrup-pen haben sich am Streik beteiligt oder un-tersttzt. In Kanada griffen laut Indymedia

    Anarchisten Polizeiautos mit Mollies an.Die JVA bzw. die zustndigen Stellen ig-

    norierten oder behaupteten, die ber 500 Ge-fangenen in 49 Knsten seien nicht in Akti-on getreten.

    Kann die Aktion trotz des geringenMedieninteresses als Erfolg fr dieGefangenen gelten?

    Die Tatsache, dass die Aktionswoche drinnenund drauen zu einem mehr an Solidarittgefhrt hat, ist ein Erfolg. Die Aktionswochehat viele Menschen verbunden und noch mal

    etwas mehr Bewegung in die Thematik Knastund Strafe gebracht. Es ist eine erhhte Auf-merksamkeit festzustellen.

    Der Aufruf der Iv.I. lief ber etliche Listenim Internet, auch ber solche, die gar nichtdas Thema Knast als Schwerpunkt haben, erwurde in sechs Sprachen bersetzt, NadineT., der die Protestwoche gewidmet war, be-kam sehr viel solidarische Post. Ihr Fall unddie darauf folgende Aktionswoche habendrinnen wie drauen hohe Wellen geschla-gen. Krzlich meldete sich unter anderemauch ein Filmteam, welches, wenn mglich,eine Reportage darber machen mchte. Vie-

    le Menschen aus unterschiedlichen Stdtenhaben whrend der Woche kooperiert und zu-sammengearbeitet. Es war und ist Bewegungdrin wie lange nicht, dies wird brigens auch

    von vielen Gefangenen besttigt und so ge-

    sehenAngesichts der Tatsache, dass sich in der

    brgerlichen Presse berhaupt nur sehr sel-ten eine realistisch-kritische Darstellung umden Strafvollzug wiederfindet, ist auch dieResonanz nicht so schlecht. Natrlich httees auch gerne wesentlich mehr sein knnen.Doch vielfach wurde in der Vergangenheitschlichtweg gar nicht berichtet.Wir erinnere da z.B. an die Petition/Be-

    schwerdeaktion der Iv.I. von ber 330 Ge-fangenen in der JVA Bielefeld im September2007. Diese ging an mehrere Dutzend offizi-elle Stellen, von der Menschenrechtskommi-sion (CPT) und Amnesty International bis zurStrafvollstreckungskammer und den Justiz-ministerien, von der taz und NeuesDeutschland bis Sddeutsche und Frank-furter Rundschau undundund ..., persnlich

    von allen Gefangenen unterzeichnet, Reak-tion gleich null. Also ist dieses Mal schon ei-ne klare Steigerung, eine erhhte Aufmerk-samkeit zu erkennen. Und wie die Iv.I. jaschon verlauten lie, wird diese Aktionswo-

    che jetzt nicht die letzte gewesen sein.Immerhin 3 Zeitungen berichteten. Das ND

    verffentlichte sogar einen Kommentar da-zu.

    Htte es den Widerstand der Gefangenennicht gegeben, wre das Medieninteressegleich Null gewesen. So gesehen kann man,den Hungerprotest auf jeden Fall als Erfolgbewerten.

    Netzwerk Hamburg

    Aus einem Brief vonNadine von Ende Juli(...) Da es mit mir immer mehr bergab geht,komme ich leider erst heute dazu, Dir zu ant-worten.

    Mittlerweile bin ich an einem Punkt ange-kommen, wo ich leider sagen muss, dass ichdefinitiv nicht mehr kann.

    Es gibt einiges an neuen negativen Infor-mationen.

    Herr Sichau (Strafvollzugskommision des

    Landtags) teilte mir mit Schreiben vom13.06.08 mit, dass ich am 02.01.2009 dieManahme in Willich beginnen kann.

    Mit Schreiben vom 27.06.08 erhielt ichdann, durch Herrn Sichau, die Informationen,dass ich ja die Zeugnisse auch etwas ge-schnt haben knnte. Diese Aussagen hatHerr Sichau von Willich. Am 04.Juli 2008 ha-be ich dann hier ein Gesprch mit Herrn Rin-sche, Verantwortlicher fr berufl. Bildungs-manahmen aus der hiesigen JVA gefhrt. Erteilte mir mit, dass er meine Qualifikations-papiere (Zeugnisse) nicht mit nach Willichgeschickt hat. Er sagte weiter, dass die Wil-

    licher sich in ihrer Stellungnahme selbst wi-dersprechen. Willich hat hier angegeben, dassich nur dann am 02.01.09 die Manahme be-ginnen kann, wenn Bielefeld einem Reststra-fengesuch positiv entgegensieht, wenn nicht,

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    dann erst im Juli 2010!Die JVA Willich hat in ihrem Schreiben an

    Herrn Rinsche auch geschrieben, dass meineZeugnisse etwas geschnt (geflscht) seinknnten, nicht aber in ihrem Bericht an diehiesige JVA. Die JVA hat in ihrer Stellun-gnahme davon gar nichts drin stehen. Am14.07.2008 habe ich gesagt bekommen, dassich erst im Juli 2010 an der Manahme teil-nehmen kann. Von der mit mir besprochenen

    Vollzugsplanung hat Willich nix - trotz Zu-sage - an Bielefeld geschrieben. Tja, anstattmal 1 Schritt nach vorne zu machen, macheich 10 zurck.

    Ich bin nun an einem Punkt, wo ich hin-und hergerissen bin.Auf der einen Seite will ich diese Manah-

    me machen - habe ca. 4 Jahre bislang dafrgekmpft - , auf der anderen Seite wei ichnicht, ob ich das in Willich - nachdem diemir ja Urkundenflschung unterstellt haben- berhaupt noch machen soll.

    Zu Willich 2 (Frauenvollzug) schreibt HerrSichau noch Folgendes: In Willich 2 gibt es

    offensichtlich einige Probleme, die Frau Gad-dum leider nicht konstruktiv klrt. Das ist in-zwischen auch hheren Ortes bekannt. Die-ses erklrt meine Distanz zu Frau Gaddum.Ein Beispiel nennen Sie ja auch selber: Dasses Gefangenen nach Petitionen - immerhinein unabdingbares Verfassungsrecht -schlechter geht. Aus diesem Grund habe ichIhnen auch nicht nach Willich geschrieben.Ein weiteres Zeichen ist, dass Frau Gaddumnegativ und fast aggressiv auf Petitionen und

    Abgeordnete reagiert, was deutlich zeigt, dasssie Probleme im Umgang mit Vertretern ei-nes Verfassungsorgans, mit Verfassungsrechtund mit kritischer Klrung hat. Alles weiteredazu knnen Sie sich sicherlich denken.

    Leider habe auch ich erfahren mssen, dassFrau G., die Anstaltsleiterin in Willich, aufHerrn Sichau sehr negativ und aggressiv rea-giert.

    (...) Das zum Thema Willich. (...)Hr. Sichau, Rechtsanwlte und viele ande-

    re, sogar einige hier Beschftigte sind mit mireiner Meinung, nmlich der, dass ichschnellstmglich hier weg muss. Ein Antragdazu luft. (...)

    Fr den Hungerprotest in der 1ten Au-

    gustwoche habe ich sogar aus Belgien (5) undaus Spanien (1) Zusage erhalten. Die Frau ausSpanien ist eine Genossin von Gabriel aus

    Aachen. Ich DANKE allen, die sich daran be-teiligen, denn es geht um die Haftsituationeiner/s jeden Einzelnen! Vielen Dank fr die

    vielen Zuschriften und die groe Unterstt-zung, herzlichen Dank an ALLE! Ich bin wirk-lich sehr gerhrt ber all die Solidaritt dieich erfahren habe!

    Es gibt, auch dadurch, Bewegung. EinigeJournalisten und auch ein Filmteam habenangefragt und wollen meinen und andereFlle dieser Art aufgreifen. Auch in der br-

    gerlichen Presse findet sich Niederschlag. Soz.B. in einem Artikel aus dem Klner Stadt-anzeiger vom 06.06.2008 - Bedienstete imStrafvollzug schikanieren die Gefangenen.Selbst der Ombudsmann, Hr. R. Shnchen

    (NRW), spricht vom Korpsgeist im Strafvoll-zug.

    Zum Schluss noch ein Aufruf, den ich bit-te zu verbreiten:

    Die Bremer Knastzeitung hat vor, Gewaltim Knast als ein Hauptthema zu machen. Al-le die, die physische oder psychische Gewalterfahren haben, mchten sich doch bitte,wenn Interesse vorhanden ist, an: DISKUS 70- Gefangenenzeitung der JVA Bremen - Son-nemannstr. 2 28239 Bremen wenden. Als

    Ansprechpartner habe ich den RedakteurKlaus Hhn.

    Herzliche und solidarische Gre an Alle,Danke! Nadine

    Dokumentiert

    Brief von Marco Camenisch zum HungerstreikAls Ausdruck revolutionrer Solidaritt neh-me ich am Hungerstreik der Inhaftierten inDeutschland vom 1.-7. August 08 teil.

    Leider habe ich keine Netz-Adresse, aber derRundbrief 4 - 2008 der InteressenvertretungInhaftierter (Iv.i) vom 15.6.2008 mit dem aus-fhrlichen Inhalt des Protestes, dem sich umdie 500 Inhaftierte in 29 Anstalten ange-schlossen haben, kann sicher aufgefundenwerden. Eine mgliche Kontaktadresse zurInitiative/Iv.i: Peter Scherzl, c/o am Womberg16, D-61276 Weilrod (z.Zt. IVA, D-53359Rheinbach).

    In der Folge der bersetzte Auszug aus demText ber Zwangsarbeit und die anderenRechte von Gabriel Pombo da Silva, wo erseine Teilnahme, der ich mich vollumfnglichanschliee, erklrt und gleichzeitig die Inhal-te des Hungerstreikes zusammenfasst.

    () in den Gefngnissen (in Deutschland)gibt es eine Vereinigung und ein Kollektiv von

    Gefangenen (Interessenvertretung Inhaftier-ter, von liberal rechtstaatlichen Rechtsanwl-tInnen, usw., untersttzt), das seit Jahren ge-gen Willkr, Machtmissbrauch, Psychoterror,Haft- und Arbeitsbedingungen, usw. in den

    Knsten kmpft Abgesehen von meinem Einverstndnis

    oder nicht mit den von ihnen eingesetztenMitteln (Anzeigen, Rekurse, Aufrufe an dieMedien, usw.) und/oder ihren ,Verbndeten(RechtsanwltInnen, JuristInnen, usw.), steheich als Libertrer an ihrer Seite, da sie rebel-lieren und darum isoliert, usw., werden.

    Nach direktem Kontakt mit einigen ihrer,Vertreter im Knast und dem Beginn von Ge-

    sprchen und Debatten haben wir uns ent-schlossen, einen Hungerstreik durchzufhren,um gegen die Isolationshaftbedingungen vonNadine Tribian (eines der Mitglieder dieserVereinigung) und ihre Versetzung in eine frsie total feindliche Umgebung wegen ihrerAnzeige (und anderer gefangener Frauen) zuprotestieren. Wegen dieser Anzeige wurde einSchlieer wegen Gewalt und sexuellen ber-griffen ,in Ausbung seines Amtes verurteilt...

    Folglich ist meine Solidaritt fr diese Ge-nossin und die politische Arbeit des Interes-severeins (und seine Mitglieder) bedingungs-

    los. Aber meine Solidaritt geht weit ber die-sen Fall hinaus gegen alle ,Haft- und Straf-zentren, gegen Lebenslnglich, Todesstrafeund alle Isolations- und Folterzentren. Werihre/seine Solidaritt ausdrcken mchte,kann es natrlich nach eigenen Kriterien tun:()

    Meine Teilnahme an einer Kampfinitiativein Deutschland mag seltsam erscheinen, denneinerseits gibt es groe Unterschiede in derRepression (Verschiedenheiten und Souver-nitten der Bundeskantone), der Kultur (ty-pisch schweizerisch reaktionre Kulturder totalen Unterwerfung), der Sprachen usw.,die aktuell jegliche Organisierung von Ge-fangenen fr die eigenen Interessen zu ver-hindern scheinen. Aber andererseits sind diegrundlegenden Bedingungen (Zwangsarbeit,Psychoterrorismus, Haft- und Arbeitsbedin-gungen usw.) und die Verschrfungen (neuesStrafgesetzbuch, Sicherheitsverwahrung, ex-trem faschistische und mrderische Gesetzegegen AsylantInnen und AuslnderInnen,usw.) den deutschen/denen der EU sehr hn-lich bis sogar avantgardistisch ausgeprgt. Was auch historisch bedingt ist, mit einerSchweiz, die seit Bismarck nicht viel mehr alsein Wurmfortsatz Deutschlands (immer mehrauch des Groen Bruders EU/USA) hinsicht-lich, u.a., Repression und Klassenvernichtungist.Solidaritt ist unsere strkste Waffe !!!Marco Camenisch, Sklaverei- und TodeslagerRegensdorf, Schweiz, 21. Juli 2008

    Anmerkung: ber die Charakterisierung heu-tiger Gefngnisse als Sklaverei- und Todes-lager ist zu streiten, weil diese Charakteri-sierung den qualitativen Unterschied zu denSklaverei- und Todeslagern des deutschen Fa-

    schismus m.E. auf gefhrliche Weise negiert.Doch will das Gefangenen Info gerade Gefan-genen ermglichen, sich ffentlich zu uernund ihre Schlussfolgerungen aus ihren Erfah-rungen zur Diskussion zu stellen. CS

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    Alltag und Zustndeim Knast von Andrea() Auch Andrea , die politische Gefange-ne in der JVA Pankow in Berlin solidari-siert sich mit den Hungerstreikenden. Daihr keine ausreichende medizinische Ver-sorgung im Knast zu kommt, lsst ihr ge-

    sundheitlicher Status es nicht zu, an demStreik aktiv teilzuhaben.

    Alltag und Zustnde im Knast vonAndreaDer Knastalltag ist geprgt von Monotonieund Schikane, Besuchstermine werden regel-mig kurzfristig verschoben oder abgesagt,was es sehr erschwert, einen kontinuierlichenKontakt zwischen Drinnen und Drauenaufrecht zu erhalten. Post wird aufgemachtund je nach Schikanelust der Schlieer_in-nen zum Inspizieren weitergeschickt. Ihr wirdnicht mitgeteilt, wenn Post nicht durch-

    kommt. Lange brokratische Wege erschwe-ren grundstzlich die Kommunikation, aberauch das Reinschicken von Bchern oderCDs.

    Jeden Morgen Punkt 6 Uhr wird gewecktund gecheckt , sie nennen es Lebendkon-trolle. Danach folgt eine Stunde, im Bro-kratenjargon: Versorgungsaufschluss, wasbedeutet, dass die Gefangenen eine StundeZeit zum Frhstcken und heiem WasserHolen haben. Es gibt keine Wasserkocher aufder Zelle und Thermoskannen sind nicht er-laubt. Meist werden die Frauen von mnnli-chen Schlieern geweckt. Begrndung: ImKnast herrscht Personalmangel.

    Um 7 Uhr wird die Zelle wieder geschlos-sen, auer bei denen, fr die der Sklavinnen-

    Arbeitstag beginnt. In der JVA Pankow herr-scht Arbeitszwang. Bei der Arbeit, die vonden Gefangenen in Pankow gemacht wird,handelt es sich um das Sortieren von Com-puterschrott aus einem angeblich sozialenZentrum Wille in der Wilhelmstr.115 inBerlin. Eine andere Billigstlohnarbeitsmg-lichkeit ist das Reinigen des Knastes, das Es-sen-Hochschleppen, Bros-Aufrumen,Klos-Putzen. Typische Frauenarbeit, und das

    auch noch fr die Schlieer_innen und dieLeute, die dafr sorgen, dass frau eingesperrtbleibt. D.h. ca. sieben Stunden arbeiten,wofr jede Frau ganze 7-9 Euro pro Tag ab-zglich Steuern erhlt. Renten- und Sozial-

    versicherungsbeitrge existieren nicht. Jenachdem, wie lange frau im Knast sitzt, machtsich das dann spter bei der Rente bemerk-bar oder bedeutet schlichtweg Altersarmut,wovon in unserer Gesellschaft vorwiegendFrauen betroffen sind. Ganz besonders pe-dantisch gehen sie im Knast mit Fehlzeitenum. Von dem schwer verdienten Geld kannFrau sich dann auch mal was im berteuer-

    ten Knastshop leisten, der brigens von ei-nem Edeka in Lichtenrade beliefert wird. Abund zu drfen die Frauen im Knast auch malfr Firmen wie Swarovski (eine groe re-nommierte Kristall-, Porzellan- und

    Schmuck- und vieles mehr Produktionsfir-ma) arbeiten, dabei springen dann ganze 50Cent fr 1000 gefaltete Papierrosen heraus.

    Wenn sich die Frauen beschweren, wird ih-nen vorgehalten, dass sie sich vorher nichterkundigt haben. Andrea weigert sich, Skla-

    venarbeit fr das kapitalistische System undfr den Staat zu leisten. Deshalb wird vonSeiten der Anstaltsleitung versucht, sie mitBestrafungen zum Arbeiten zu bringen. So

    wird ihr z.B. der Knast-Kioskeinkauf faktischuntersagt, da nur mit dem bei der Knastar-beit verdienten Geld dort eingekauft werdendarf. Der Knast nun Andrea schriftlich mit-geteilt, dass sie ab Juni 2008 ein Haftkosten-beitrag von 368,25 Euro fr Kost und Logisan den Knast bezahlen soll (45 Euro Frh-stck, 80 Euro Mittag und Abendstulle und163,25 Euro fr die Zelle). Die Verweigerung

    von Sklavenarbeit wird auch als Druckmittelfr die 2/3-Strafe genutzt. Denn wenn es kei-ne Zusammenarbeit mit staatlichen Behr-den gibt, wird es auch keine Hafterleichte-rungen geben.

    Mittags ist eine halbe Stunde Aufschluss,um sich Essen zu holen. Kse und Wurst wer-den fr die Stulle ausgegeben , die als Abend-

    essen auf der Liste der Haftkarten mit 2,70Euro auftauchen (mit Kse ist meist Schmelz-kse gemeint). 3x die Woche gibt es Suppemit total verkochtem Gemse (Resteverwer-tung). An den brigen Tagen gibt es Fleisch,

    vegetarische Schnitzel mit gedmpften Kar-toffeln, die nach Kloake stinken (selbst Kar-toffeln ungeniebar zu kochen ist echt eineLeistung). Alle zwei Wochen gibt es dann ein

    bisschen Abwechslung: Reis oder Nudeln. DieTomatensauce besteht aus rotem Farbstoff.Das einzige, was nicht verkocht ausgegebenwird, sind 1-2 mal Orangen oder pfel in der

    Woche, einmal Tomaten im Monat. Vitami-ne Fehlanzeige. Viele haben Bauchschmer-zen und Hautproblemen wegen Mange-lernhrung. Auch fr Andrea hat es gesund-heitliche Probleme zur Folge, da sie keineMglichkeit hat, zustzliche Vitamine, inForm von Obst oder Gemse im Knastshopkaufen.

    Bedenkt frau die Knastatmosphre: KeineFreiheit, wenig Bewegung im Knast und im

    Hof, schlechtes Essen und Stress, wird klar,was ein Vitaminentzug fr schlimme physi-sche Konsequenzen haben kann.

    12.45-15.30 Uhr Einschluss 15.30 -21.15Uhr Aufschluss

    Ab 15.30 Uhr beginnt die sog. Freizeit oderbesser gesagt Unfreizeit. Im Angebot sind,

    je nach dem, 1-2 Freistunden im Hof zwi-schen 17 -19 Uhr, TV im Gruppenraum, 1Stunde Fitnessraum mit Hanteln und mehroder weniger defekten Gerten (1-2), Litera-turkreis fr Schriftstellerinnen, wer will, kannin der Kirche auch Klavierspielen lernen. Ob-wohl die Gefangenen schon weggesperrtsind, werden auch noch die Bewegungsmg-

    lichkeiten im Knast auf ein Mindestma be-schrnkt. Es gibt zwar einen Sportraum in derJVA Pankow, dieser darf jedoch erst ab zweiPersonen genutzt werden - die Gerte sind

    jedoch nicht mehr wirklich benutzbar. Da-durch ist jede Gefangene darauf angewiesen,eine zweite zu finden, die auch Sport machenmchte. Da dies nicht oft der Fall ist, bleibtder Raum kurzerhand ganz geschlossen. Um-so schlimmer, dass Andrea der Besitz einer

    Yogamatte, von Sportschuhe und Gymna-stikbndern verweigert wird. Fr die Biblio-thek gilt die gleiche Einschrnkung - minde-stens zwei Personen! Die Gefangenen kn-

    nen whrend der Umschlusszeit telefonieren- es gibt allerdings nur ein Telefon. (Die ho-hen Telefongebhren und in vielen Knstenund auch die hohen Kioskkosten in vielen an-deren Knsten sind der Knastmonopolprivat-firma Telio zu verdanken). An Feiertagen gibtes Angebote besondere Art und zwar Mi-Mi-Feste, d.h. Mi-Mi-Feste sind Mit-Mach-Feste,also Veranstaltungen an Feiertagen, bei de-nen die Gefangenen Kaffeetrinken und Gru-karten oder hnliches basteln knnen/ sol-len.

    Eine Kunstwerkstatt oder sog. Antigewalt-Workshops werden auch angeboten, aller-dings landen die gewonnenen Informationenbei Psychologen und Co. des Knastes, so dassdiese Angebote nicht wirklich verlockendsind. Zudem finden die Workshops auf einemNiveau statt, das einer Verarschung nahekommt, wie z.B. Anpusten der Nachbarin di-rekt ins Gesicht. Wenn sie nicht zuschlgt,hat sie etwas gelernt. Die Honorare, die dieTeamer_innen solcher Workshops erhalten,liegen wohl hher als die Taschengelder, diehier fr die Zwangsarbeit zugeteilt werden.

    Alle zwei Wochen ist eine Therapeutin vorOrt. Viele Frauen mit Langzeitstrafen sind auf

    Psychopharmaka. Damit alle schn ruhigsind und keinen rger machen, werdenSchmerztabletten wie Bonbons verabreicht.

    Therapien = Fehlanzeige, hierfr gibt es nurwenige Pltze und meist sind diese da um

    Wiederholungstaten zu vermeiden. Die Haus-psychologin ist eine Ladenhterin, sie machtkeine angemessenen Einzeltherapien, er-kennt Suizidgefhrdung oder Selbstverlet-zung gar nicht oder selten.Wenn es zu auffllig wird, werden die Be-

    troffenen flugs in die nchste Zwangsanstaltnamens Psychiatrie verlegt. Wenn Frauenber Depressionen klagen, wird ihnen auch

    mal gesagt: Was hast du denn? So schlimmkann es doch nicht sein, Du hast es doch warmund es gibt etwas zu essen, und anderen wirdgesagt: So lange bist Du doch gar nicht drin,andere bleiben viel lnger.

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    Bis vor einigen Jahren gab es zwei Stun-den Besuch pro Monat, jetzt sind es schon

    vier, also richtig fortschrittlich, laut StvollzGmuss nmlich nur eine Stunde gewhrt wer-den.

    Ein groes Problem ergibt sich fr die Ge-fangenen z.B. auch, wenn Besucher_innennur zu Zeiten kommen knnen, in der die Ge-fangene arbeitet, oder wenn Besucher_innenzu weit weg wohnen. De facto kann danndie/der Besucher_in nicht kommen, da esauch nicht die Mglichkeit gibt, Besuche amSamstag zu empfangen. Begrndung ist hierPersonalmangel.

    Leute unter Alkoholeinfluss werdengrundstzlich nicht reingelassen.

    Im Knast hagelt es lebenslange Besuchs-verbote bei renitentem Verhalten der Gefan-genen, vor allem wenn es zu einer Beleidi-gung oder Bedrohung der Schlieer_innenkommt (ich habe mir dein Gesicht gemerkt).Diesbezglich sind die Beamten wahnsinnigempfindlich, fhlen sich missverstanden undleiden unter der Missachtung ihrer Person.Whrend der Andrea-Geburtstagskundge-

    bung am 08.05.2008 beispielsweise wurdeAndrea in ihre Zelle eingesperrt und bekam

    zu hren, dass sie ja schon wsste, warum dieTr zu wre. Auf Nachfrage, wieso andere aufder Station jedoch raus knnten, kamen ant-worten wie: Ich kann nichts machen, eskommt von oben, aber ich kann Sie verste-hen und spter hoffe ich sind sie uns nichtbse ach ja und es wird befunden, dass esdrauen eskalieren knnte oder die Frauenhier drin durchdrehen knnten.

    Das Sozialamt oder Jobcenter knnte in be-stimmten Fllen u.a. bei Gefangenen mit Kin-dern die Miete etc. whrend der Haftzeit ber-nehmen. Die Brokratie jedoch spielt den Ge-fangenen im Knast besonders bel mit. Stn-

    dig verschwinden Formulare spurlos undmssen erneut ausgefllt werden. Antrgeans Sozialamt und Jobcenter kommen seltendort an. Das fhrt dann hufig zu Strom- undGasabstellung bis hin zum Verlust der Woh-

    nung wegen entstandenen Mietschulden.Dass hierdurch Angehrige in enorme Zah-lungsschwierigkeiten gebracht werden ist ei-ne logische Folge.

    Der Sozialarbeiterin Frau G. scheint dasauch ziemlich egal zu sein, sie droht Andrealieber mit Floskeln wie: mit Ihnen werdenwir hier auch noch fertig und ist sauer, dass

    Andrea ihren fnfseitigen Lebenslauf ver-weigert zu schreiben. Das spiegelt sich im

    Vollzugsplan wieder, indem kaum Angabenber Andrea gemacht werden und sie auchohne Berufsausbildung eingestuft wird, wasnicht stimmt. Aber gut, dass aus diesem Halb-wissen ber eine Person ein zuknftige So-zialprognose gemacht werden soll.

    21.15 Uhr Nachteinschluss

    Latest News aus dem Knast:

    1.Am 20.Juni mussten wir erfahren, dassin der Zelle neben Andrea eine natio-nalsozialistisch gesinnte Frau wegen Nicht-zahlen einer Geldstrafe Haftstrafe absitzensoll. Diese nicht so angenehme Person ver-treibt sich den Tag, indem sie Menschen aufsbelste beschimpft, anmacht und bedroht.

    Folgende bergriffe fanden durch FranziskaL. im Laufe ihrer kurzen Inhaftierung statt.Von ihrer Zelle aus beschimpfte sie Frauenmit Migrationshintergrund mit rassistischenund bedrohenden Parolen wie: Schei Fid-schis, alle vergasen, alle aufhngen, jetzt

    verstehe sie, dass die Amis Napalm erfundenhaben, wenn ich Euch zwischen die Fingerbekomme seit ihr dran. Eine Frau, die gera-de beim Aufhngen von Wsche im Hof war,wurde von ihr mit Scheie beschmissen undmit Hng dich auf, dann muss ich es nichtmachen beschimpft. Sie beantragte darauf-hin die Verlegung in einen anderen Job. F.L.

    hatte whrend ihrer Haftzeit keinen Um-schluss. Ihr wurde jedoch gestattet, pro Tagden Hof fr eine bis drei Stunden zu bege-hen. Whrend eines Hofgangs kippte sie

    Aschenbecher in die Waschkche und spritz-

    te mit einem herumliegenden Schlauch indieselbe hinein. Dort arbeitete zu diesem Zeit-punkt eine Frau mit migrantischen Hinter-grund. Ein anwesender Schlieer unternahmnichts. An einem Morgen um fnf Uhr spiel-te F.L. Musik mit faschistischen und rassisti-schen Texten. Um die Wirkung zu verstrkenstellte sie die Boxen auf das Fensterbrett unddie Lautstrke extrem hoch, sodass der kom-plette Hof beschallt wurde. Nachdem Andrea

    versucht hatte, dieser Musik auf gleiche Wei-se etwas entgegenzusetzen, wurde ihr (And-rea) der Strom abgestellt.

    Daraufhin wurde das Radio von FranziskaLudwig durch Andrea und eine andere Ge-fangene mit dem Wasserschlauch vom Hofaus attackiert und untauglich gemacht, waszur Folge hatte, dass ihr Hofgang ausfiel.

    Obwohl F.L: mehrmals aufgefordert wurde,ihre Gewichte im Sportraum abzunehmen, tatsie es nicht, was zur Folge hatte, dass sie ei-nes Tages versteckt wurden. Die Bestrafungfolgte wieder in Richtung Andrea, sie durftenicht mehr den Sportraum benutzen und ihr

    wurde Provokation vorgeworfen. Die Idee derKnastleitung, das Problem zu lsen: Andreawurde angeboten, in den U-Haft-Trakt zuwechseln, was fr sie weniger Bewegungs-freiheit im Knast und eingeschrnkteren Um-schluss bedeutet htte. Die Leiterin desKnastes Frau Leuschhorn redet das Problemklein; will ernsthaft von den betroffenenFrauen direkt hren, ob sie sich bedrohtfhlen. Was fr eine Frechheit, berhaupt dieFrage zu stellen, ob sich frau bedroht fhlt,wenn sie auf rassistische Weise verbal undkrperlich angegriffen wird. Und es ist zwei-tens sehr schwierig , da Sprachbarrieren exi-stieren, Dolmetscherrinnen werden nichtoder nur uerst selten beauftragt. Auch dieSchlieerinnen unternehmen nichts gegenF.L.: sie sind zu wenige, ihnen sind dieHnde gebunden, sie wollen sich nicht zu-sammenschlagen lassen, und einige fandenes auch ganz amsant. Andrea wird Provo-kation vorgeworfen, wenn sie Forderungenzur Unterbindung von Rassismus stellt oderaktiv versucht, gegen die nationalsozialisti-sche Frau was zu tun. Knastleitung undSchlieerinnen sind die Hnde gebunden,sind die Antworten. Nachdem von auen

    Druck ausgebt wurde, kam es zur Freilas-sung von F.L. Hier zeigt sich ganz deutlich,wie Repressionsbehrden vor dem Faschis-mus einknicken und ihn so schlussendlichfrdern.

    2.Andrea soll ab August Kost und Logisim Knast selbst tragen. (368 Euro) Daswerden wir verhindern!Solidarische Gre an alle Gefangenenweltweit von der Andrea Soli GruppePower durch die Mauer bis sie bricht!http://freeandrea.blogsport.de/

    Soliarbeit kostet Geld! Spendet:Rote Hilfe, Konto: 7189 590 600BLZ: 100 200 00, Berliner Bank

    Verwendungszweck: Soli Andreafreiheitfuerandrea(a)riseup.net

    Aktuelles zu Andreas Gesundheit

    Seit Februar Andrea nicht gut. Sie hat im Fe-bruar beantragt, in ein Haftkrankenhaus zugehen, um eine Blutprobe abzugeben, da dieFunktion ihrer Schilddrse besorgniserre-gend ist und die Medikamentierung neu ein-gestellt werden muss. Bis dahin bekam sieEUCHYROXIN 75. Am 9.5 wurde ihr endlich

    Blut abgenommen. Die Ergebnisse hat sie bisdato nicht erhalten, obwohl sie stndig nach-gefragt hat. Die Anstalts-rztin Friedemannhat ihr gesagt, dass sie sie schon informierenwrde, falls ein Problem vorlge.Am 21.7 wurde eine weitere Blutprobe ge-

    macht, weil angeblich die erste schlecht ge-wesen sei. Erst jetzt wurde festgestellt, dassdie Werte ihrer Schilddrsefunktion tatsch-lich kritisch sind. Am 28.7. besttigte eineweitere Blutprobe diesen Verdacht. Seit zweiWochen sagt man ihr, dass weitere Tests ntigseien, bevor sie neue Medikamente bekommt.

    Seit Februar leidet Andrea also an einerSchilddrsenberfunktion, die nicht behan-delt wird. Die Kritik an der medizinischen Ver-sorgung in den Berliner Haftanstalten wirdmal wieder durch den Fall Andrea deutlich.freechristian.gulli.to

    Eine Bitte der Soligruppe fr die Freiheit vonAndrea:

    Also, wir versuchen gerade Informationendarber zu sammeln, was Gefangene fr Er-fahrungen mit Arbeitszwang gemacht habenund welche Repressionen bei Verweigerungvon Arbeit die Folge waren. Welche Wider-standwege mglich sind oder gegangen wor-den, welche solidarische Untersttzung vonauen? Auch ber Informationen und Erfah-rungen zum Thema Haftkosten wrden wiruns freuen.

    Briefe dazu bitte an: KKH (Kritische KnastHilfe), c/o Infoladen Daneben, Liebigstr. 34,10247 Berlin

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #340

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    Anklage gegen Oliver, Florian undAxel

    Einladung zu bundes-weitem Soli-TreffenDas Berliner Einstellungsbndnis ldt anls-slich des bevorstehenden Prozesses gegenOliver, Florian und Axel zu einem bundes-

    weiten Treffen am 30./31. August nach Ber-lin ein, um die anstehende Solidarittsarbeitzu koordinieren.

    Die Bundesanwaltschaft hat die Anklage-schrift gegen Oliver, Florian und Axel zuge-stellt. Jetzt wirds ernst. Wir gehen derzeit da-

    von aus, dass ab 24.9.2008 der Prozess vordem Berliner Kammergericht (OLG) stattfin-den wird.Wir vom Einstellungsbndnis (http://ein-

    stellung.so36.net) haben uns nach den Ver-haftungen von Oliver, Florian, Axel und

    Andrej als Soli-Bndnis zusammengefun-den. Ihnen und drei weiteren Beschuldigten

    wird Mitgliedschaft in der militanten grup-pe (mg) vorgeworfen. Nach der Haftentlas-sung von Andrej im August 2007 und der

    von Oliver, Florian und Axel Ende Novem-ber 2007 wurde und wird weiter ermittelt.Nun ist das Verfahren gegen Oliver, Florianund Axel abgetrennt und Anklage erhobenworden.

    Oliver, Florian und Axel wird der Versuch,Bundeswehr-LKWs in Brand zu setzen vor-geworfen. Auerdem werden sie nach 129StGB beschuldigt, Mitglied in der militantengruppe zu sein.

    Gleichzeitig zur Haftverschonung hat derBundesgerichtshof entschieden, dass es sichbei der militanten gruppe nicht um eineterroristische Vereinigung (129a) handelt.Es seien nur jene Taten terroristisch, die da-zu geeignet sind, durch die Art ihrer Bege-hung oder ihre Auswirkungen einen Staatoder eine internationale Organisation erheb-lich zu schdigen. Gegen Axel, Florian undOliver wurde nun nach 129, Bildung einerkriminellen Vereinigung, Anklage erhoben.Gegen Andrej und die anderen drei Be-schuldigten wird weiter nach 129 ermittelt.

    In anderen europischen Lndern wurdenAktivistInnen, die hnlich wie Axel, Oliverund Florian fr die Sabotage von Kriegma-terial angeklagt wurden, von Gerichten frei-gesprochen mit der Begrndung, ihre Aktio-nen htten dazu beigetragen, Schlimmeres -nmlich Kriegshandlungen - zu verhindern.Deshalb:Wir wollen einen Freispruch fr Axel, Flo-

    rian und Oliver erkmpfen und fordern dieEinstellung der Verfahren und die Abschaf-fung der 129, 129a und 129b.Wir wollen unsere Soli-Arbeit fortsetzen

    und intensivieren. Insbesondere zu Prozes-sbeginn wollen wir wieder ffentlich prsent

    werden. Dazu brauchen wir Untersttzung.Deswegen laden wir all diejenigen ein, diesich vorstellen knnen, sich in irgendeinerForm an der Solidarittsarbeit zu beteiligen.

    Inhaltlich wird es neben der bisherigen Ar-

    beit des Soli-Bndnisses auch um die Punk-te der Anklage gehen. 129, berwachungs-staat und die Notwendigkeit antimilitaristi-scher Politik werden dabei Schwerpunktesein. Ein praktischer Punkt auf dem Treffensoll unter anderem die geplante bundeswei-te Demonstration zu Prozessbeginn sein.

    Nach einer Vorstellungsrunde und einemBericht zum Stand des Verfahrens mchtenwir uns mit euch ber unsere und eure Ideen

    austauschen und diese gemeinsam konkre-tisieren. Konkret soll es darum gehen, wiewir den Prozess begleiten knnen. Neben derbundesweiten Demo berlegen wir unter an-derem internationale Prozessbeobachter zuorganisieren, eine Zeitung zum Prozess her-auszugeben, auerdem an inhaltlichen Ver-anstaltungen und einer Mobilisierung zu denProzesstagen.Als Termin fr das bundesweite Treffen ha-

    ben wir festgelegt:Samstag 30. August 2008, 14 Uhr (pnkt-

    lich!). Mit groer Wahrscheinlichkeit wird esam Sonntag Vormittag weitergehen.

    Fr Unterkunft und Verpflegung wird ge-sorgt. Durch Umlage derentstandenen Ausgabenauf alle Teilnehmer/innen

    versuchen wir die Fahrtko-sten zu minimieren.Wenn Ihr zeitlich verhin-

    dert seid oder euch die An-reise nach Berlin zu weit ist,sagt doch bitte Bescheid,damit wir ber eurer Inter-esse an dem Treffen infor-miert sind und bei dernchsten Termin- undOrtsfindung darauf einge-hen knnen.

    Haben wir eurer Interes-se geweckt? Wollt ihr euchin der Soli-Arbeit einbringen? Dann meldeteuch und wir teilen euch den Ort des Tref-fens mit, wenn dieser fest steht.

    PS: Solidarittsarbeit und Rechtshilfe ko-stet auch Geld. Wir sind dringend auf Spen-den angewiesen. Unsere Konto-Daten findetihr auf unserer Webseitehttp://einstellung.so36.net

    Gruadressedes Einstellungsbndnisses Berlin / Soli-gruppe mg-Verfahren an die 05.07.-De-monstration in Stuttgart

    Vor fast einem Jahr wurden in BrandenburgAxel, Olli und Florian vom BKA berfallenund festgenommen. Dem BKA zufolge warendessen Beamten den dreien auf den Fersengewesen als diese versuchten Fahrzeuge derBundeswehr auf einem Gelnde von MAN in

    Brand zu setzen. Darber hinaus wurde ih-nen jedoch von Anfang an vorgeworfen, sieseien Mitglieder der militanten gruppe(mg). In den darauf folgenden Stundenwurden die Wohnungen und Arbeitspltze

    der Drei, sowie vier weiterer Personen durch-sucht, die vor allem auf Grund ihrer wissen-schaftlichen Texte mit der mg assoziiertwurden. Axel, Olli und Florian wurden im Hub-

    schrauber nach Karlsruhe geflogen, dem Er-mittlungsrichter vorgefhrt und ansch-lieend in Berlin in der JVA Alt-Moabit inEinzelhaft gesperrt. Ebenso auch Andrej H.,der zustzlich zu seiner wissenschaftlichen

    Verdchtigkeit des vermeintlich klandestinenKontakts zu den Dreien verdchtigt wurde.Am mg-Verfahren zeigt sich besonders

    offensichtlich, wie der 129A als Ermitt-lungsparagraph angewandt wird. Bereits seitber 6 Jahren wird im mg-Verfahren ge-gen verschiedene unzusammenhngendePersonengruppen ermittelt, unter Einsatz al-ler mit dem Paragraphen verbundenen Mg-lichkeiten der berwachung. Das Ziel desStaates und seiner Behrden ist hier eindeu-tig die Ausforschung der linken Zusammen-hnge, vornehmlich in Berlin, bei Auer-kraftsetzung seiner so genannten Grund-

    rechte.

    Vor allem aber ist der 129A nach wie vordie Waffe der Konterrevolution als die er ge-schaffen wurde. Es war eine politische Ent-scheidung, gegen die mg unter 129A vor-zugehen. Revolutionr_Innen mit der Be-zeichnung terroristisch zu entpolitisierenund zu kriminalisieren, ist eine politische

    Waffe, die vor allem gegen unsere Genoss_In-nen aus Kurdistan und aus der Trkei ange-

    wandt wird.Als Einstellungs-Bndnis haben wir die Widersprchlichkeiten an diesem Paragra-phen zum zentralen Thema unserer ffent-lichkeits-Kampagne gemacht. Vereinigungs-paragraphen sind vor allem Konstrukte, die

    von den staatlichen Behrden nach Beliebenzurechtgebogen werden knnen; deswegenpropagieren wir die Abschaffung der129,A,B!

    Mittlerweile sind alle wieder drauen, dasVerfahren wurde auf 129 heruntergestuft,und Axel, Olli und Flori erwarten fr Herbstden Prozessbeginn. Nachdem wir in Berlin ei-

    ne Reihe von Knastkundgebungen und Ver-anstaltungen durchgefhrt sowie eine bun-desweite Info-Tour organisiert haben, berei-ten wir uns nun auch konkret auf den Pro-zessbeginn vor. Fr den nchsten Donners-

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    tag bereiten wir mit allen Berliner Anti-Re-pressions- und Soligruppen eine Demonstra-tion zu zwei Berliner Knsten vor, in denenzur Zeit Gefangene aus der Antifa und derKurdischen Befreiungsbewegung sitzen.

    Auch im Namen dieses Bndnisses und des

    Kurdistan Soli-Komitees Berlin sprechen wiran diese Demonstration solidarische Greaus! Zum Prozessbeginn, vermutlich imHerbst, werden wir in Berlin eine bundesweiteSoli-Demonstration mit Axel, Olli und Flori-an organisieren. Wir hoffen, dass wir auf eu-re Untersttzung zhlen knnen und forderneuch auf uns bei der Mobilisierung zu unter-sttzen! Sobald der Prozesstermin feststehtwerden wir genauere Termine bekannt gebenknnen.

    Infos und Aktuelles zum Prozess auf ein-stellung.so36.net

    Freiheit fr alle politischen Gefangenen!

    Weg mit den Terrorparagraphen 129 und Aund B! Weg mit den Verboten von PKK undDHKP-C! Fr eine Gesellschaft ohne Knsteund Zwangssysteme!Freiheit braucht keine Knste!

    Ein Jahr nach G8-Razzien:

    Weiterer InformantenttarntAussagen tauchen in Ermittlungsakten aufEinstellung der Verfahren nach 129a ver-mutet

    Der einzige bisher benannte Belastungszeu-ge der Ermittlungen nach 129a, die in denRazzien gegen die Anti-G8-Bewegung am 9.Mai 2007 gipfelten, ist enttarnt. Damals hat-te die Bundesanwaltschaft rund 40 Objektein Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen,Schleswig-Holstein und Niedersachsendurchsuchen lassen. 900 Beamte beschla-gnahmten Computer, Unterlagen und er-zwangen Geruchsproben einiger Beschuldig-ter. Wohnungen wurden zuvor akustischberwacht, Peilsender an Autos angebrachtund umfangreiche Observationen per Videodokumentiert.

    Fr die Ermittlungen hatte die Polizei diezwei grten Treffen des damaligen dis-sent-Netzwerkes in Berlin und Hamburgberwacht und jedes Handy der rund 250TeilnehmerInnen, das sich in der betreffen-den Funkzelle einbuchte, protokolliert. Be-reits 2006 war das Berliner Sozialforum vondrei Informanten infiltriert, die unter ande-rem Einblick in die G8-Vorbereitungen er-langen wollten. Die Razzien galten dem imFrhjahr 2007 immer breiter werdenden An-ti-G8-Widerstand und wurden von allenSpektren als ein Versuch der Spaltung ver-standen. Allein in Berlin demonstrierten amgleichen Abend 5.000 Menschen.

    Der 74-jhrige Peter A. aus Kiel, frher Of-fizier der Bundeswehr, wurde Mitglied der lo-kalen attac-Gruppe und tauchte seit 2006 beiTreffen bundesweiter G8-Bndnisse auf, dar-unter dem Hannoveraner Koordinierungs-kreis, dissent, Aktionsnetzwerk GlobaleLandwirtschaft etc. A. rumte ein, dass die inden Akten zitierten Aussagen von ihm stam-men, behauptet allerdings, abgeschpftworden zu sein. Die Recherche-Gruppe be-zweifelt diese Version. Unser Eindruck istdass Peter A. nirgendwo tiefere Einblicke er-

    halten hat, schreibt die Gruppe in einem aus-fhrlichen Bericht.Dennoch wird er in den Ermittlungsakten

    als einziger Zeuge gefhrt. In 33 Aktenord-nern, welche die AnwltInnen der Beschul-digten einsehen knnen, wird von seineranonymisierten Zeugenvernehmungdurch das Bundeskriminalamt berichtet. Die33 Ordner reprsentieren jedoch lediglich10% der verschriftlichten Akten, den Anwl-tInnen wird der Zugang zu weiterem Mate-rial verweigert.Am 20. Dezember 2007 hob der Bundesge-

    richtshof (BGH) nach der Klage eines Betrof-

    fenen den Durchsuchungs- und Beschlagnah-mebeschluss nachtrglich auf. Das BKA httedie Ermittlungen nicht an sich ziehen und dieBeschuldigten nicht als terroristische Verei-nigung eingeordnet werden drfen.

    Zustndig ist seitdem die Staatsanwalt-schaft Hamburg. Ermittelt wird nur nochnach 129, der Vorwurf der Mitgliedschaft ei-ner terroristischen Vereinigung musste fal-lengelassen werden.

    Die Recherche-Gruppe geht davon aus,dass die Ermittlungen nach der Ausforschungeingestellt werden.

    Ohnehin fhren nur 5% aller 129a-Ver-fahren zu Verurteilungen und dienen viel-

    mehr der Erweiterung der berwachungs-kompetenzen von Verfolgungsbehrden. DieBeschuldigten vermuten, dass der Verfas-sungsschutz im Ermittlungsverfahren feder-fhrend ist und damit seine gesetzlichenGrenzen berschreitet.Andreas Christeleit, Sprecher der Bundes-

    anwaltschaft, am 9. Mai 2007 im ZDF-Heu-te-Journal: Die heutigen Durchsuchungensollten Aufschluss erbringen ber die Struk-turen und die personelle Zusammensetzung

    von diesen Gruppierungen und dienten nichtin erster Linie zur Verhinderung von konkre-ten Anschlgen, dafr gabs keine Anhalts-

    punkte.Gipfelsoli Infogruppe, PM 1. August 2008

    Internationales Anti-Knast Wochenende inKiel:

    NO PRISON! NO STATE!Am letzten Wochenende im September (vom26. bis 28.) wird in Kiel im Subkulturzentrum

    Alte Meierei ein internationales Anti-KnastWochenende unter dem Motto NO PRISON!NO STATE! stattfinden.

    Das Thema Knast und die Schicksale voninhaftierten Menschen nehmen immer nocheine eher nur marginale Rolle in der deutsch-sprachigen Linken ein. Dies wollen wir n-dern und laden deswegen alle interessiertenPersonen und Zusammenhnge ein nach Kielzu kommen und sich tiefergehend mit demThema auseinanderzusetzen und zu vernet-zen.

    Die Vorbereitungen fr das Wochenendewerden konkreter. Mobilisierungsflyer und -poster sind jetzt verfgbar und [email protected] zu bestellen, natrlichknnt ihr diese auch selber ausdrucken und

    verteilen - zu finden unter Kontakt + Mate-rial. Auerdem dort zu finden sind Webban-ner zum Verlinken auf euren Webpages.

    Unter der Rubrik Zeitplan gibt es eine ber-sicht ber den Ablauf, weitere Infos u.a. zuden geplanten Vortrgen folgen.

    Schlafpltze werden in nherer Umgebungzur Alten Meierei vorhanden sein. Fr Ver-pflegung wird auch gesorgt sein.

    Bitte meldet euch vorher bei uns, wenn ihrkommen wollt, damit wir die Schlafpltzeund Verpflegung organisieren knnen. Eswird keine Teilnahmegebhr oder sonsti-ges fr das Wochenende geben, aber wir bit-

    ten euch fr die Verpflegung u.. zu spenden- soweit es eure Mglichkeiten zulassen -berschsse flieen in die Untersttzung vonInhaftierten.Der vorlufige Zeitplan sieht wie folgt aus.

    Termine

    Do. 4.9.2008, Kaiserslautern, 20 Uhr,Technische Uni Kaiserslautern, Gebu-de 44, Raum 380, KaiserslauternInfoveranstaltung im Rahmen der Info-tour des Einstellungsbndnisses. Mitzwei Referenten aus Berlin.Fr. 5.9.2008, Karlsruhe, 20 Uhr, Plan-

    wirtschaft, Werderstrasse/Ecke Wil-helmstrasse, Karlsruhe-Sdstadt.Infoveranstaltung im Rahmen der Info-tour des Einstellungsbndnisses. Mitzwei Referenten aus Berlin. (infos)So. 7.9.2008, Frankfurt (Main), 12 Uhr,Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Strae 69-77, (fnf Minuten

    vom Hauptbahnhof)Groes Bndnistreffen zur Mobilisie-rung gegen die Feier 60 Jahre NATOim Jahr 2009 in Straburg/KehlSa. 20.9.2008, Berlin und StuttgartBundesweite Demonstrationen Dem

    Frieden eine Chance, Truppen raus ausAfghanistanGeplant ist da auch ein Block zum Pro-ze gegen Oliver, Florian und AxelSo. 21.09.2008, Berlin, 19.00 Uhr, KA-TO

    Veranstaltungsreihe TRAUMATISIE-RUNG UND WIDERSTAND. 1. Auftakt-

    veranstaltung. Trauma - zwischen Wi-derstand und Ohnmacht.Traumatisierte haben oft ein starkes Ge-rechtigkeitsbedrfnis doch wohin da-mit? Wie knnen wir uns gegen die be-stehenden Verhltnisse wehren und da-bei sensibel mit seelischen Verletzungenumgehen?Mittwoch, den 24.9.

    Voraussichtlicher Prozebeginn gegenOliver, Florian und Axel

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #340

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    Freitag18.00 Uhr : Anreise19.00 Uhr : Erffnungsplenum

    auerdem : VoK / food20.00 bis 21.00 Uhr: Vortrge21.00 Uhr : Kino und Snacks

    Samstag10.00 Uhr: Frhstck11.00 Uhr: Erffnungsplenum12.00 bis 16.00 Uhr : Vortrge17.00 Uhr: Kundgebung vor der JVA Kielmit Vok und Livemusik20.00 bis 22.00 Uhr: Vortrge und filme22.30 Uhr : Surprise 23.30 Uhr : Disco Party in der Alten Meie-rei

    Sonntag

    11.00 Uhr: Frhstck12.00 Uhr : Abschluss-Plenum

    Demo von Knast zu KnastSoligruppe fordert Freilassung von Antifaund protestiert gegen Missstnde in Ge-fngnissenBald knnte er wieder frei sein. Doch derTermin zur berprfung, ob der Berliner

    Antifaschist Christian S. - wie gesetzlichmglich - nach Verbung von zwei Drit-

    teln seiner Haftstrafe freikommt, lsst aufsich warten. Anfang Juni habe sie die Pr-fung bei der Strafvollzugskammer bean-tragt, sagte S. Anwltin Maren Burkhardtgegenber ND. Bislang sei aber noch nichtspassiert. Christian S. verbte seit Juni 2007erst in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Te-gel und derzeit in der JVA Pltzensee einedreieinhalbjhrige Haftstrafe. Am 1. Mai2004 hatte er beim Protest gegen einen Na-ziaufmarsch in Friedrichshain ein Auto alsBarrikade angezndet. Dazu kommt ein Be-whrungswiderruf aus einem lteren Ver-fahren.

    Nach Paragraf 57 Strafgesetzbuch kannder Rest einer Haftstrafe nach zwei Drittelnder Verbung zur Bewhrung ausgesetztwerden - der Verurteilte also auf freien Fukommen. Bei Christian S. knnte das der

    Fall sein, weil ihm nach einem Freispruchin einem anderen Verfahren elf Monate Un-tersuchungshaft auf die Gesamtstrafe an-

    gerechnet wurden. Der Termin fr dieZweidrittel-Prfung wre am dritten Au-gust gewesen, sagt Anwltin Burkhardt.Normalerweise gebe es eine Stellungnah-me zum Gefangenen jeweils von der Haft-anstalt, der Staatsanwaltschaft und der Ver-teidigung, und danach entscheide dasLandgericht ber die Aussetzung der Haft.

    Warum bislang nichts passiert ist, wisse sienicht. Weder sei ein Termin angesetzt nochlgen ihr die Stellungnahmen der anderenStellen vor.

    Die Aussetzung der Reststrafe zumZweidrittel-Termin ist in Berlin sehr selten,sagte Rechtsanwalt Snke Hilbrans. Das l-ge zum einen an einer restriktiven Recht-sprechung und zum anderen daran, dass inden JVA hufig mehr Verwahrung als Er-ziehung oder Behandlung stattfinde. In an-deren Bundeslndern sei das anders. Wennein Berliner beispielsweise in Nordrhein-

    Westfalen ins Gefngnis muss, wrde ichihm raten, dort zu bleiben und nicht nachBerlin zu wechseln. Anders als in anderenBundeslndern gebe es in Berlin hufig kei-ne Orientierung auf eine frhe Entlassung,kritisierte der Anwalt.

    In einer Mitteilung der Soligruppe frChristian S., die den Antifa seit langem un-tersttzt, war fr gestern Abend eine Kund-gebung angekndigt. Um 18 Uhr trafen sichrund 60 Menschen vor der JVA Pltzenseeund forderten in Redebeitrgen undSprechchren die Freilassung von Christi-an S. Anschlieend zogen sie mit einer De-monstration weiter zur JVA Moabit.

    Dort beteiligen sich mehrere Gefangenean einem einwchigen bundesweiten Hun-gerstreik fr bessere Haftbedingungen ...

    Den Artikel von Jrg Meyer entnahmen wir

    dem Neuen Deutschland, 05.08.2008. Vonder Redaktion gekrzt.

    P.S, Am Mittwoch, den 10.9., endlich die2/3-Anhrung vor dem Landgericht Berlin!

    Stammheim-Prozess

    Zur Anhrungdes Hauptbelastungs-zeugen derGeheimdiensteSeit dem 28.7. findet im politischen Schau-prozess in Stuttgart-Stammheim gegen dienach den Anti-Terror-Paragraphen 129,129a und 129b angeklagten Mustafa Atalay,

    Ahmet Dzgn Yksel, Ilhan Demirtas, De-vrim Gler und Hasan Subasi die Anhrungdes ehemaligen Doppelagenten Hseyin Hi-ram statt.

    Die Angeklagten, die sich seit November2006 bzw. April 2007 in Haft befinden, wer-den beschuldigt, Mitglieder der in der BRDseit 1998 verbotenen und seit 2002 auf denUS- und EU-Terrorlisten gefhrte Revolu-

    tionre Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C zu sein.

    Haft- und Prozessbedingungen sowieGesundheitszustand der GefangenenDie fnf Angeklagten, die sich seit ihren

    Verhaftungen im November 2006 bzw.April 2007 in Isolationshaft befinden, sindmassivster Willkr und Schikanen seitensdes Gerichtes ausgesetzt. So mssen die An-geklagten bei Unterbrechungen der Haupt-

    verhandlungen in den sich unter dem Ver-handlungssaal befindlichen Zellen Fufes-seln tragen und sich nach jeder Zusam-menkunft mit den AnwltInnen entkleidenund durchsuchen lassen. Des Weiteren gabes die Androhung, Glasksten im Gerichts-saal einzurichten, um die Angeklagtenwhrend des Prozesses voneinander zu iso-lieren und gleichzeitig den fr die Verteidi-gung wichtigen Austausch zwischen An-geklagten und AnwltInnen zu unterbin-den. Der Angeklagte Ilhan Demirtas, der indem Zeitraum vom Mai 2007 bis Juli die-sen Jahres von drei unabhngigen rztenuntersucht und behandelt wurde, die ihmdie Anzeichen einer Psychose oder zumin-

    dest eine starke psychische Erkrankung at-testierten, bekommt seitdem starke Neuro-leptika, deren Nebenwirkungen ihn starkbelasten. So beklagte er sich ber eine star-ke innere Unruhe, Zittern in den Extre-mitten und permanente dauerhafte Deja-

    Vu-Erlebnisse. Auch uerte er Selbst-mordgedanken. Trotz der Atteste wird ihm

    vom nur scheinbar neutralen Gutachtervorgeworfen, er wrde seine Beschwerdensimulieren, um eine Erleichterung der Haft-bedingungen erwirken zu knnen. Gegenihn wurde von der Verteidigung ein Befan-genheitsantrag gestellt. Der gesundheitli-

    che Zustand des Angeklagten MustafaAtalay, der am 15. November 2006 nach ei-ner Herz-OP aus einer Rehaklinik heraus

    verhaftet worden war, ist immer noch ernst,und er bentigt eine weitere Herzoperati-

    Gefngnishof Billwerder

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #340

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    on, damit die in der Haftzeit verstopftenHerzgefe geffnet werden knnen. Mo-mentan bekommt er zehn verschiedene Me-dikamente am Tag, die ihm die Verfolgungder Verhandlung zustzlich erschweren.

    Kriminalisierung legaler TtigkeitenDen Angeklagten werden hauptschlich inder BRD vollkommen legale Aktivitten wiedas Sammeln von Geld oder das Organi-

    sieren von Veranstaltungen wie Konzerteoder Picknicks vorgeworfen. Ein von derStaatsanwaltschaft vorgelegtes Konstrukt,das die legale demokratische Arbeit in derBRD in Zusammenhang mit einer verbote-nen Organisation stellt, ermglicht demStaatsapparat mittels des neuen 129b dieKriminalisierung bisher vollkommen lega-ler Aktivitten. Demnach dienten lautStaatsanwaltschaft Aktivitten wie dasSammeln von Spendengeldern, das Orga-nisieren von Veranstaltungen, die Mit-gliedschaft in Vereinen oder der Besitz unddie angebliche Verbreitung der legalen Pu-

    blikation Yrys (wchentliche Politzeit-schrift, die in der Trkei legal erscheint) demZweck, den bewaffneten Arm der DHKP-Cin der Trkei zu untersttzen. Der einzige

    Anklagepunkt, der in der BRD strafbar w-re, ist ein angeblicher Waffenschmuggel,den nur der ehemalige Doppelagent H-seyin Hiram bezeugen knne.

    Berechtigte Zweifel an der Glaub-wrdigkeit des Zeugen HiramDer trkische Staatsbrger Hseyin Hiramhat seit Frhsommer 2002 fr den trki-schen MIT (Nationaler Nachrichtendienst)gearbeitet und wurde wegen dieser Ge-heimdienstttigkeiten in Koblenz zu einerBewhrungsstrafe von zehn Monaten ver-urteilt. Von Mrz bis September 2002 warHseyin Hiram dann auch fr den Verfas-sungsschutz in Rheinland-Pfalz ttig.

    Nach dem angeblichen Waffenschmug-gel, den er fr die DHKP-C im Jahr 2002durchgefhrt haben soll, hat Hseyin Hi-ram Aussagen gemacht, die die Angeklag-ten im Stammheimer Prozess belasten. Lauteines Gutachters soll Hseyin Hiram aller-dings anschlieend psychisch erkrankt

    sein, er sei nur beschrnkt vernehmungs-fhig. Seine Glaubhaftigkeit wird selbst vom Gutachter teilweise bezweifelt. H-seyin Hiram leidet an Wahnvorstellungenund bekommt starke Medikamente zur Be-handlung von akuter oder chronischerSchizophrenie. Er nimmt insgesamt 20 bis30 Tabletten (vier verschiedene!) am Tag,welche konkret auch die Wirkung haben,seine Erinnerung zu gngeln, zu zgeln.Dies schlgt sich in all seinen Aussagen nie-der. So war er in der heutigen Verhandlungnicht in der Lage, eine zusammenhngen-de Erklrung abzugeben, er erinnerte

    selbststndig weder die angeblichen Tathe-rgnge noch seine diesbezglich bereitsgettigten Aussagen. Insgesamt redete ersehr wirr und widersprach sich in der lau-fenden Befragung durch den Senat mehr-

    fach. Generell redete er nie selbstndig undreagierte nur auf die Fragen des Richters,die so gestellt waren, dass sie die Richtungund die Inhalte der Antworten bereits sug-gerierten. Dabei gibt sich das Gericht im-mense Mhe dabei, die Fragen so zu for-mulieren, dass Hiram nur noch ja oder neinzu sagen braucht. Hierbei erweckte Hiramden Eindruck, als wrde er auf bestimmteSignalwrter vorgefertigte Antworten ge-

    ben.Auch hegt der Zeuge eine offensichtlicheAbneigung gegenber den Angeklagten. Sobeleidigte er die Angeklagten in Gegenwartseines Gutachters als Hurenshne und sag-te, dass er dafr sorgen werde, dass die An-geklagten lebenslang in den Knast ge-steckt wrden. Schon zu Beginn dieses Ver-handlungstages war der Zeuge sehr aufge-regt und pbelte sowohl in die Richtung der

    Angeklagten als auch in den Zuschauer-raum. Bei der Aufnahme seiner Daten gaber als Beruf an, Krieger zu sein, und ant-wortete auf die Frage des Vorsitzenden, ob

    er verwandt oder verschwgert mit einemder Angeklagten sei: Nein, ich stehe inFeindschaft zu ihnen.

    Eine Marionette der Justiz

    Die Anhrung des Zeugen Hiram fhrteeindeutig vor Augen, dass die Justizfarcenicht abreit, sondern trotz aller Lcher-lichkeiten fortgesetzt wird. Denn nach den

    Anhrungen der Zeugen vom BKA, die al-lesamt ebenfalls nichts Konkretes aussagenkonnten, da sie nie selber ermittelt hattenund sich lediglich auf vorgefertigte Berich-te sttzten, kann auch der einzige eigentli-che Zeuge Hiram, der Hauptbelastungszeu-ge des Verfahrens ist, nichts selbstndigzum Prozess beitragen. Es ist bezeichnend,dass die Justiz offensichtlich wirklich allestut, um diesen Przedenzfall durchzupau-ken, und sei es, sich auf die Aussagen ei-nes mit Tabletten vollgepumpten, psy-chisch kranken, voreingenommenen undgeistig wirren Menschen zu sttzen.

    Es liegt offen auf der Hand, dass das Ge-richt diesen Prozess trotz aller Lcherlich-keiten unter Ausschluss der ffentlichkeitfortsetzen und mit Verurteilungen beenden

    mchte. Das Wort Recht hat in diesempolitischen Prozess keine Geltung mehr,und die Geheimdienste knnen frei walten.Bezeichnend ist auch die Aussage des Ge-richtsvorsitzenden zum heutigen Prozess-tag: Wir haben jetzt eine erste Phase ge-schaffen, damit der Zeuge zu einer voll-stndigen Aussage gefhrt werden kann.

    Allein dieser Satz, bei der die Betonung aufdem Wort fhren liegt, macht deutlich,dass der Zeuge Hiram durch das Gericht zurSchaffung des Przedenzfalls instrumenta-lisiert wird. Damit schafft sich der Staat dierechtlichen Mittel zur Kriminalisierung von

    Widerstandsbewegungen auf der ganzenWelt, die gegen die bestehenden Ausbeu-tungs- und Unterdrckungsverhltnissekmpfen.

    Widerstand ist kein Terrorismus!!!

    Dieser politische Prozess, der sich ganz klarim Rahmen des so genannten Kampfes ge-gen den internationalen Terrorismus ab-spielt, muss von der ffentlichkeit wahrge-nommen und von den fortschrittlichenKrften dieses Landes hinterfragt werden.Diese Justizfarce, die die angeblicheRechtsstaatlichkeit in der BRD offen vor

    Augen fhrt, wird im Falle einer Verurtei-lung weit reichende Konsequenzen fr mi-grantische Organisationen und die interna-tionalistische Arbeit haben. Mit dem inter-national abgestimmten Angriff der kapita-listischen Welt, der sich auf allen erdenkli-chen Ebenen vollzieht und sich u.a. in Ar-mut, Kriegen, Anti-Terror-Gesetzen und -listen zeigt, soll der Widerstand gegen diebestehenden Verhltnisse prventiv bereitsim Keim erstickt werden. Der aktuelle Pro-zess soll dem deutschen Staatsapparat da-zu dienen, mit dem 2002 eingefhrten129b, der die Mitgliedschaft, Unterstt-

    zung und Werbung fr eine auslndischeterroristische Vereinigung unter Strafestellt, einen Przedenzfall zu schaffen.Denn der aktuelle Prozess in Stuttgart-Stammheim ist der erste groe 129b-Pro-zess gegen eine linke Organisation. Der129b wrde es dem deutschen Staatsap-parat ermglichen, die Untersttzung derKmpfe in anderen Teilen der Erde zu kri-minalisieren, egal ob es sich dabei umKmpfe gegen Besatzungen oder Faschis-mus handelt.Als Komitee gegen 129 erklren wir,

    dass wir weiterhin den Prozess begleiten,uns fr die Abschaffung der 129, 129aund 129b einsetzen und fr die Freiheit derpolitischen Gefangenen kmpfen werden.

    Wir rufen ein weiteres Mal die fortschritt-lichen Krfte dazu auf, die anstehendenProzesstage in Stuttgart-Stammheim zubeobachten und sich gegen die undemo-kratischen Anti-Terror-Gesetze zu stellen.Weg mit 129, 129a und 129b!Freiheit fr Mustafa Atalay, Ahmet Dzgn

    Yksel, Ilhan Demirtas, Devrim Gler undHasan Subasi!Freiheit fr alle politischen Gefangenen!Komitee gegen 129Initiative gegen 129 und Repressionwww.no129.info

    P.S.- Zu Zeit macht das Gericht Sommerpause

    bis Mitte September.- Alle Angeklagten in Stammheim. Die zwei

    Gefangene aus dem Verfahren, die bisherin Tbingen und Schwbisch Hall inhaf-tiert waren, wurden am 12.8. nachStammheim verlegt.

    Adressen der Gefangenen aus dem Stamm-heim-Verfahren:

    A. Dzgn YkselJVA Stuttgart Stammheim

    Asperger Str. 6070439 Stuttgart

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    Devrim GlerJVA Stuttgart Stammheim

    Asperger Str. 6070439 Stuttgart

    Hasan SubasiJVA Stuttgart Stammheim

    Asperger Str. 6070439 Stuttgart

    Ilhan DemirtasJVA Stuttgart StammheimAsperger Str. 6070439 Stuttgart

    Mustafa AtalayJVA Stuttgart Stammheim

    Asperger Str. 6070439 Stuttgart

    Schweiz: Der Staatsschutz ist umtriebi-ger denn je

    Abhren, fichieren*,ermittelnErklrung des Revolutionren AufbausSchweiz zu den jngsten Umtrieben desStaatsschutzes.

    Mit einer so genannten Zwischenverfgungteilte die Schweizerische Bundesanwalt-schaft am 22. Juli 2007 einer Genossin desRevolutionren Aufbau - sie ist auch Mit-glied des internationalen Sekretariats derRoten Hilfe International RHI - mit, die bel-gische Staatsanwaltschaft habe bereits am26. November 2007 ein Rechtshilfegesuchan die Schweiz gestellt. Konkret verlangendie belgischen Staatsschutzbehrden,smtliche bei der im Rahmen der interna-tional koordinierten Grorazzia vom12.2.07 beschlagnahmten Dokumente ein-zusehen und fr die in Belgien gefhrtenStrafverfahren zu nutzen. Um die in Belgi-en laufenden Ermittlungen nicht zu ge-

    fhrden, verlangten die belgischen Behr-den die Nichtinformation der betroffenenPersonen hier in der Schweiz. Diesem An-sinnen kamen die Schweizer KollegInnenin Bern selbstredend nach und ffneten denim Frhjahr 08 angereisten belgischenStaatsschtzerInnen bereitwillig alle Dos-siers. Die belgischen Untersuchungsbeam-ten hinterlieen eine lange Wunschliste vonauszuliefernden Unterlagen. Mit der Zwi-schenverfgung vom 22. Juli entspricht dieBundesanwaltschaft den belgischen Wn-schen und will zahlreiche bei unserer Ge-nossin beschlagnahmte Unterlagen nach

    Belgien weiterleiten.Die Bundesanwaltschaft ihrerseits bliebnicht unttig und fhrte am 6. Mai 2008 inZrich massive Hausdurchsuchungen beider erwhnten Genossin und einem weite-

    ren Genossen unserer Organisation durch.ber die wahren Grnde fr diese groan-gelegte Polizeiaktion hielt sich die Bundes-anwaltschaft bedeckt. Mit der bundesan-waltschaftlichen Zwischenverfgung sinddie letzten Zweifel beseitigt: Die Aktionfand in enger Zusammenarbeit mit den bel-gischen und italienischen Behrden statt.

    Am 5. Juni verhaftet die belgische Polizeidie 4 GenossInnen, drei sind inzwischen

    wieder auf freiem Fu. Der Vorwand fr dieVerhaftung: Die angebliche Untersttzungeiner terroristischen Vereinigung, der ita-lienischen PC p-m. Bertrand Sassoye wird

    von der Staatsanwltin nach wie vor im Ge-fngnis festgehalten, obwohl der Haftrich-ter seine Freilassung fr den 23. Juli ver-fgt hat.

    Freiheit fr Bertrand Sassoye!Solidaritt mit allen von der internationalkoordinierten Staatsschutzaktion Betroffe-nen in Italien, Belgien und der Schweiz!Internationale Klassensolidaritt aufbauen

    und verteidigen!Revolutionrer Aufbau Schweiz / 26. Juli2007

    * Fichen sind Karteikarten des schweizeri-schen Staatsschutzes.

    Bertrand Sassoye istwieder frei !

    Am Dienstag, den 29.7., wurde Bertrandendlich nach ber sieben Wochen als letz-

    ter Weggesperrter aus Belgien dank derzahlreichen Solidaritt aus Belgien, aberauch aus Italien, Frankreich, Schweiz, Tr-kei und der BRD aus dem Knast frei-gekmpft! Er durfte niemandem seine be-

    vorstehende Entlassung mitteilen. Nichteinmal sein Anwalt wurde in Kenntnis ge-setzt. Weitere Solidarittszeichen vor denKnasttoren sollten damit verhindert wer-den.Am Donnerstag, dem 5.6.08, fanden in

    Brssel und Paris zehn Hausdurchsuchun-gen bei GenossInnen der Roten Hilfe Bel-gien (Sektion der RHI)/Angehrigen undFreundInnen der kommunistischen Gefan-

    genen, beim Komitee Solidaritt/Freiheitund bei der Union junger fortschrittlicherAraberInnen statt. Fnf GenossInnen wur-den verhaftet. Die belgische Justiz wirftBertrand und Pierre Carette, beide ehema-lige Militante der StadtguerillagruppeKmpfenden Kommunistischen Zellen CCC(Cellules Communistes Combattantes), vor,die Vorschriften der bedingten Entlassung

    verletzt zu haben.In den 80er Jahren machten die belgi-

    schen CCC durch militante Anschlge aufNATO- und US-amerikanische Einrichtun-gen sowie auf internationale und belgische

    Wirtschaftsunternehmen Schlagzeilen. Be-reits Mitte der 80er Jahre wurde die Grup-pe von der Polizei zerschlagen und ihre Mit-glieder zu langjhrigen Haftstrafen verur-teilt.

    Bertrand, Mitglied des internationalenSekretariates und der Internationalen Kom-mission zum Aufbau einer Roten Hilfe In-ternational, und den anderen von dem Re-pressionsschlag Betroffenen wird vorge-worfen, Kontakte zu italienischen Genos-sInnen gehabt zu haben, die am 12.2.07, im

    Verlaufe der konterrevolutionren AktionTramonto verhaftet worden waren. ImZuge dieser internationalen Repressionsak-tion wurden in Italien und in Zrich zahl-reiche Hausdurchsuchungen und Verhaf-tungen gegen kommunistische Militante,GewerkschafterInnen und StudentInnen

    vorgenommen. Vier der Verhafteten er-klrten sich sofort zugehrig zur politisch-militrischen kommunistischen Partei (PCp-m).

    Dieser neue Angriff der Bourgeoisie ge-gen GenossInnen zeigt klar auf, dass sichdie Aggression gegen die Klassensolidarittmit politischen Gefangenen richtet.

    Es ist weder das erste noch wird es dasletzte Mal sein, dass sich die Repression desSystems gegen militante RevolutionrIn-nen, AntikapitalistInnen, Antiimperiali-stInnen und AntifaschistInnen richtet.Der Kampf gegen den Kapitalismus ist legi-tim und die Klassensolidaritt ist darin eineWaffe!Solidaritt ist unsere Waffe - nutzen wir sie!Internationale Klassensolidaritt aufbauenund verteidigen!Schlagen wir ihre Angriffe politisch zurck!

    Netzwerk Freiheit fr alle politischen Ge-fangenen

    www.political-prisoners.net

    P.S. Bertrand bedankte sich nach einer Frei-lassung auch fr die viele Solidaritt ausDeutschland.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #340

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    Folgeschden.Weder die RAF noch die 17N existierenmehr. An den als ihren Mitgliedern Inhaf-tierten werden allerdings immer noch Ex-empel statuiert.

    Wer mit der Waffe in der Hand gegen Kapi-

    talismus und Ausbeutung kmpft, kann nurmit der Versicherung, in Zukunft jeden Wi-derspruch gegen das System zu unterlassen,auf die Gnade der Herrschenden rechnen.So zumindest kann die Weigerung des deut-schen Staates verstanden werden, den seitmehr als 25 Jahren eingesperrten ehemaligen

    Aktivisten der RAF auch nur eine Minute vorAblauf der Mindestverbungsdauer von 26Jahren Gefngnis zu entlassen. Die RAF gibtes seit 1998 nicht mehr, zur Freilassung auchder letzten beiden Gefangenen aus der RAF,Christian Klar und Birgit Hogefeld, konntesich die BRD bis heute nicht durchringen.

    In Griechenland muss man nicht wirklichmit der Waffe in der Hand gekmpft haben,um die volle Hrte des Staates zu spren zubekommen. Von den seit Sommer 2001 un-ter dem Vorwurf der Beteiligung an An-schlgen der griechischen Stadtguerillaorga-nisation 17N inhaftierten zehn Menschen(fnf weitere wurden nach absitzen ihrerMindeststrafe bereits entlassen) haben sichnur Dimitris Koufodinas und Savvas Xiroszur Mitgliedschaft in der 17N bekannt. Dieanderen wehren sich mittlerweile in dritterInstanz gegen ihre entsprechende Verurtei-lung.

    Obwohl es keine gesetzliche Grundlagedafr gibt, sind die Gefangenen aus dem 17N-

    Verfahren seit sieben Jahren in unterirdi-schen Kellerverliesen, unter Sonderhaftbe-dingungen und ohne jeden Kontakt zu an-deren Gefangenen eingesperrt. Anderen Ge-fangenen zustehende Rechte, wie ein paar Ta-ge Hafturlaub nach einer gewissen Mindest-zeit, wurden den Politischen bisher unter

    Verweis auf die besondere Schwere der ver-bten Straftaten verwehrt.

    Sogar die Gefahren irreversibler gesund-heitlicher Schden werden ignoriert. Dem

    durch die vorzeitige Explosion einer Bombeund die nachfolgende Behandlung in ei-nem Athener Krankenhaus schwer gesch-digten Savvas Xiros wird trotz zahlreicher

    Antrge jede Unterbrechung der Strafe zurBehandlung verwehrt. (Funote: Seine Er-fahrungen als Schwerverletzter auf der In-tensivstation, wo er unmittelbar nach seinerErgreifung durch in- und auslndische Ver-hrspezialisten auseinandergenommen wur-de, hat Savvas Xiros in einem Buch verar-beitet, dass seit Dezember 2007 auch aufdeutsch erhltlich ist: Savvas Xiros: Gu-ant?namo auf griechisch. Zeitgenssische

    Folter im Rechtsstaat. bersetzt von HeikeSchrader. Pahl-Rugenstein-Verlag, Bonn2007, 129 Seiten, 13,90 Euro) Im Gefngnishat er bereits zwei Netzhautablsungen erlit-ten und droht durch die Haftbedingungen

    auch das wenige ihm noch verbleibende Au-genlicht vollstndig zu verlieren. Um dieserGefahr zu begegnen, hat Savvas Xiros Klage

    vor dem Europischen Gerichtshof fr Men-schenrechte erhoben.

    Sein lterer Bruder Christodoulos, bis vorseiner Verhaftung ein kerngesunder Mann,hat in den Kellerverliesen eine Allergie ent-wickelt, die ihn bereits mehrmals mit denSymptomen eines lebensgefhrlichen aller-

    gischen Schocks ins Krankenhaus gebrachthat. Trotz hoher Dosierung von Antihistami-nika, Cortison und seit Kurzem auch norma-lerweise in der Krebsbehandlung eingesetz-ten Medikamenten klingt die sich durch ent-zndete Geschwre am ganzen Krperuernde Allergie nicht ab. Obwohl rzte be-sttigen, dass die Krankheit durch die son-nenlichtlose, unterirdische Haftumgebungausgelst wird, wurde ein Antrag des Gefan-genen auf Verlegung in einen anderen Zel-lentrakt abgelehnt. Christodoulos Xiros hatgegen die Ablehnung Widerspruch eingelegtund gleichzeitig beim Obersten Gerichtshof

    einen Antrag auf Strafaussetzung zur Be-handlung im Krankenhaus eingereicht.Vor Gericht hatte der sich zur Organisati-

    on bekennende Dimitris Koufodinas erklrt,die 17N gehren nunmehr der Vergangenheitan. Letztmalig trat die Organisation am8.6.2000 mit der Exekution des britischen Mi-litrattaches in Athen, Stephen Saunders, inErscheinung. Es bleibt zu hoffen, dass nichtauch in Griechenland Jahrzehnte vergehenund Gefangene sterben mssen, bevor einepolitische Lsung gefunden oder zumindestdie menschlich und rechtstaatlich erforderli-che Behandlung inhaftierter vermeintlicheroder echter Systemgegner gewhrleistet wird.

    Heike Schrader, Athen

    Aktion in Genua, 22. Juli: Brief an dieBrgermeisterin von Genua

    Wir sind alle Zeugender Gewalt, nicht Opfer

    Wir sind hier, weil die Brgermeisterin und

    die Stadt uns eine Gelegenheit geboten ha-ben, unsere Geschichte zu erzhlen. Im Juli2001 waren wir unter den dreihunderttau-send Menschen, die nach Genuagekommen waren, um mit allen

    verfgbaren Mitteln gegen den G8Gipfel zu protestieren. Am Don-nerstag, den 19., am Freitag, den20. und am Samstag, den 21., sindwir auf der Strae gewesen, um unsder neoliberalen Globalisierungund der Herrschaft des Profits berunsere Leben zu widersetzen.

    Ein groer Teil von uns hat sich

    mit der Brutalitt der Ordnungs-krfte direkt auseinandergesetzt.Alle, die in jenen Tagen in Genuawaren, waren Vorzugsgegenstandder Aufmerksamkeit von Polizia

    und Carabinieri. In den Straen wurden wirgeschlagen und verhaftet. Wir wurden des

    versuchten Mordes, des Waffenbesitzes (un-ter Anderem auch des Besitzes von Kriegs-waffen) und der Bildung einer kriminellen

    Vereinigung beschuldigt. Wir wurden desLandes verwiesen und lange Zeit als gefhr-liche Agitierer bezeichnet. Die repressive Ak-tion der Polizeikrfte richtete sich gegen diegesamte Bewegung, nicht nur gegen einige

    von uns. Heute werden wir als Opfer emp-fangen; gleichzeitig werden wir aber wie Ter-roristen behandelt, was beispielsweise im ver-gangenen Dezember 25 von uns mit deren

    Verurteilung widerfahren ist. Wie die 25, sindwir alle Zeugen der Gewalt, nicht Opfer. Wirsind hierher gekommen, um Euch daran zuerinnern, dass wir ganz einfach politisch en-gagierte Personen sind, gegen ein System, dastglich unsere Leben verwstet und plndert.Sie bitten uns, uns mit dieser Stadt zu ver-shnen und das Kapitel abzuschlieen. Seitdem Juli 2001 haben wir das Kapitel nie ab-schlieen wollen.

    In diesen sieben Jahren sind wir zusammengekommen, wir haben uns untersttzt, wirsind in Kontakt geblieben, wir haben uns in-formiert, einander liebgewonnen, uns in Ge-nua und im Ausland wieder gesehen. Nichts

    von unserer gemeinsamen Geschichte ver-dient es, als ein abgeschlossenes Kapitel ab-gelegt zu werden. Sie, Frau Brgermeisterin,haben mglicherweise manches Kapitel, dasSie abschlieen mchten, wir aber denken,dass unsere Zukunft durch die Wrdigungund Annahme unserer gemeinsamen Ver-gangenheit und nicht durch deren Verfl-schung und Vertuschung geschaffen wird.Von den Institutionen erwarten wir keine

    Entschuldigungen, wir wollen politischeAntworten. Bisher haben wir keine bekom-men. Das gesamte italienische System trgtgroe Verantwortung. Es hat die Pflicht, po-litische Konsequenzen zu ziehen.

    Genua kann fr uns keine Stadt der Rech-te werden, so lange jene, die fr die Ge-walttaten und die Folterungen verantwort-lich sind, weiterhin in leitenden Positionen

    verbleiben und befrdert werden. Genuakann fr uns keine Stadt der Rechte wer-den, so lange der Wert von Schaufenstern

    hher sein wird, als der Wert von Men-schenleben.aus Gipfelsoli Newsletter

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    Zum junge Welt-Artikel (jW)vom 3./4.Mai Der Coup derP2-Loge von Gerd Feldbauer

    ErwiderungDa die LeserInnen aus der BRD sich mit den

    italienischen Verhltnissen nicht so gutauskennen, ist Feldbauers Artikel, der sichmit der Entfhrung des Prsidenten derChristdemokratischen Partei (DC) AldoMoro durch die Roten Brigaden (BR) imMrz 1978 befasst, gelinde gesagt etwas

    verwirrend.Ein bisschen erinnert das alles an das

    Buch Das RAF-Phantom. Es war fr unsleichter, das auseinander zu nehmen, dawir die Verhltnisse hier besser kennen. Indiesem Buch wird unterstellt, die RAF ge-be es seit 1984 nicht mehr und ihre Exi-stenz bis 1998 sei nur eine Geisterarmee

    bzw. eine Geheimdienstgruppe. Eva Haule,ehemalige Gefangene aus der RAF, hat dasim Gefangenen Info 330 vom 23.10.2007richtig gestellt.

    Die Entfhrungen von Moro wird vonFeldbauer als vom CIA gesteuert darge-stellt. bzw. andere Dienste htten das Kom-mando der Roten Brigaden damals unter-wandert. Kurzum es wird behauptet, dieseEntfhrung sei nicht allein das Werk dieserMilitanten gewesen.

    Um Feldbauers Diffamierungen undDesinformationen zu entwirren, verffent-lichen wir ein Interview mit Maurizio Fer-rai. Maurizio ist ein mailndischer Proleta-rier und hat in der Autoreifenfabrik Pirelligearbeitet. Diese war damals eine sehrkmpferische und groe Fabrik, die eine or-ganisierte Arbeiterschaft hatte. Er war Mit-glied der BR der ersten Stunde und ist schon1974 in den Knast gekommen. Er war 30Jahre lang politischer Gefangener und hatin dieser ganzen Zeit die Zusammenarbeitmit den Behrden verweigert. Er beteiligtesich an den Kmpfen der politischen Ge-fangenen aus den BR, was weitere Verur-teilungen zu Folge hatte.

    Kaum drauen, wurde er sofort wiederaktiv und engagierte sich in erster Linie imKampf um die Haftbedingungen politischerGefangener, beteiligt sich aber auch an den

    verschiedenen sozialen und politischenKlassenkmpfen drauen.

    Er lebt in Mailand im besetzten ZentrumPannetteria Occupata.

    1. Warum und mit welchen Forderungenentfhrten die Roten Brigaden vor 30 Jah-ren Moro?

    In der Frhjahrskampagne, wie die Ro-ten Brigaden (BR) die gesamte Operation

    nannten, die vor 30 Jahren zur Entfhrung,zum Prozess und schlielich zur Exekutiondes Prsidenten der ChristdemokratischenPartei (DC) fhrte, stellten die BR keine For-derungen, sondern setzten sich ein Ziel. Das

    bestand darin zu beweisen, dass die revo-lutionre Bewegung in Italien schon reif ge-nug war, um konkret die Auseinanderset-zung mit der feindlichen Klasse, der Bour-geoisie, den Knoten zur Eroberung derMacht, anzupacken. Die Parole, die diesesZiel zusammenfasste, hie Den Angriff aufdas Herz des Staates fhren, d.h. die In-itiative der gesamten Parteiorganisation(die BR ausgehend von ihren Strukturen,

    den Brigaden, in den realen Lebens- undArbeitssituationen des Proletariats in denFabriken, Schulen, Stadtteilen, Gefngnis-sen ) gegen das herrschende Projekt derBourgeoisie in einer bestimmten Phase zufhren. Im Frhjahr 1978 wie brigensschon seit der Nachkriegszeit - genauer ge-sagt seit 1948 - wurde dieses Projekt vonder DC durchgefhrt, so dass man sie alsStaatspartei in der Art der SED bezeichnen

    konnte. Insbesondere war es in dieser Pha-se das Hauptziel der Bourgeoisie zu versu-chen, den Aufstieg der revolutionren Be-wegung mit politischen Mitteln aufzuhal-

    ten, da die militrischen Mittel (die Massa-ker an der Piazza Fontana in Mailand vom12. Dezember 1969 mit 16 Toten, dem derPiazza della Loggia in Brescia vom 28. Mai1974 mit acht Toten whrend einer Ge-werkschaftskundgebung und dem im Itali-cus-Express vom 4. August 1974 mit zwlfToten; auerdem die Genossinnen und Ge-nossen, die direkt von Polizei und Carabi-nieri bei Demonstrationen umgebrachtwurden) nur die gegenteilige Wirkung ge-habt hatten - die Entstehung von Organi-sationen der kommunistischen und anar-chistischen Stadtguerilla waren nur der evi-

    denteste Ausdruck. Das politische Projekt,das durchgesetzt werden sollte, bestand imVersuch, die brgerliche Legalitt und dieReprsentativitt des Staates im Bewusst-sein und in der Praxis der Massen zu str-

    ken, indem man die Regierungsebene frdie Kommunistische Partei Italiens (PCI)und damit fr die grte Gewerkschaft, dieCGIL, ffnete. Eine historische Wende, diein klarem Gegensatz zu den vorherigenJahrzehnten stand und erleichtert wurdedurch den Weg, den die Partei nach demFall der Regierung der Unidad Popular inChile im September 1973 einschlug. Dar-aus zog diese Partei nmlich den strategi-

    schen Schluss, den sie den HistorischenKompromiss nannte, d.h. die vllige Auf-gabe jeder sozialistischen Hypothese, jegli-cher vom Kapital unabhngigen proletari-schen Initiative.

    In der DC war es der Gruppe um Moro ge-lungen, sich mit ihrem Projekt durchzuset-zen, die PCI in den Fabriken, den Schulen,der Stadtvierteln zu absorbieren und zu in-strumentalisieren, um die bewusstesten Tei-

    le der revolutionren Bewe-gung zu isolieren und zu kri-minalisieren, um dann jegli-cher revolutionren Hypothe-

    se den Todessto zu versetzen.Indem die Frhjahrskampa-gne das Luftschloss der na-tionalen Einheit in die Luftfliegen lie, zeigte sie der re-

    volutionren Bewegung diedringende Notwendigkeit auf,ber die eigene Zukunft undihre konkrete Praxis zu reflek-tieren: den Sturz der gegen-wrtigen brgerlichen Gesell-schaft zugunsten der Schaf-fung der kommunistischenGesellschaft. Von heute ausgesehen kann man sagen, dasswir uns da bernommen hat-ten. Wenn die Generationen

    von heute und morgen vor ei-ner revolutionren Phase ste-hen, die so zugespitzt ist wiedamals 1978 in Italien, odernoch mehr, werden sie auf die-se Erfahrung zurckgreifen

    mssen, um daraus ihre Lehren zu ziehen.Damals wurde die Entscheidung, den An-griff auszulsen, fr richtig gehalten, so wiedie Genossen, die 1919-1920 die PCI ge-

    grndet hatten, es fr richtig hielten, dieFabriken zu besetzen - worauf die Jahr-zehnte folgten, die wir kennen [der Musso-lini-Faschismus], oder wie man es imDeutschland von 1918-1919 fr richtighielt, den Aufstand von Berlin auszulsenusw.

    2. Sind noch Mitglieder des Kommandos,die Moro entfhrten, im Knast?

    Die Frage msste eigentlich so gestelltwerden: Wie viele der Personen, die im Zu-sammenhang mit der Entfhrung, dem Pro-zess und der Ttung Moros angeklagt und

    verurteilt wurden, sind heute noch imKnast?Von den 32 vom Schwurgericht in Rom

    nach dem Prozess Moro 1 im Januar 1983zu lebenslnglich verurteilten Personen

    1969: Blutbad in der Mailnder Landwirtschaftsbank ander Piazza Fontana. Nach dem Massaker setzt eine regel-rechte Hetzjagd gegen Linke ein, in deren Zusammenhangder anarchistische Eisenbahner Pinelli aus dem 4. Stockdes Polizeiprsidiums strzt und stirbt. Die Urheber derMassaker sind bis heute unbehelligt, ihre Ziehshne sit-zen heute in der Regierung.

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    hat, abgesehen von den wenigen, die zuReumtigen, also Verrtern wurden, diegroe Mehrheit noch mit dem Knast zu tun.(In den spteren Jahren gab es noch weite-re Prozesse Moro 2 bzw. Moro 3, an de-nen ein weiteres Dutzend Personen betei-ligt war.)

    Und zwar in dem Sinne, dass nach dengesetzlichen 16-21 Jahren Knast auf An-

    trag und nach dessen Genehmigung auchein Lebenslnglicher in Halbfreiheit ent-lassen werden kann, d.h. er kann tagsberhinausgehen, um zu arbeiten, doch abends,

    jeden Abend, muss er wieder in den Knastzurckgehen. Der grte Teil dieser Genos-sinnen und Genossen fhrt seit zehn Jah-ren oder auch mehr ein solches Leben.

    3. Wir mussten in der jW nach dem RAF-Phantom wieder mal einen Aufguss derGeschichte von der Geheimdienst gesteuer-ten Guerilla lesen. Wodurch entstand dasGercht, die Entfhrung von Aldo Moro seivom Geheimdienst gesteuert worden?

    Im Versuch, mit der breit verwurzelten re-volutionren Bewegung fertig zu werden,die ihre Ursprnge in den Julitagen von1960 (Aufstandsbewegungen in Genua,Reggio Emilia und Palermo gegen eine DC-Koalitionsregierung mit den Faschisten)und natrlich im Jahr 1968, in den Arbei-terkmpfen von 1969-1973 hat, setzte derStaat vor allem Massaker und Spione ein,doch dies erwies sich immer als nicht aus-reichend und kontraproduktiv. Daherstammte die Idee der nationalen Einheit,

    des Einsatzes des politisch-ideologischenund physischen Apparates der PCI und derCGIL (kommunistischer Gewerkschafts-bund), die zur konterrevolutionren Intel-ligenz umgedreht wurden, in den Fabriken,Stadtteilen, Schulen, des gesellschaftlichenLebens insgesamt. Diese Apparate machtensich Mitte der siebziger Jahre aus den hiernur kurz angedeuteten historischen Grn-den bereit, die Furt zu durchqueren, wieder heutige Staatsprsident Giorgio Napo-litano, der damals in der Fhrung der PCIsa, eines seiner Bcher nannte. Sie mach-ten sich bereit, ins brgerliche Lager ber-

    zuwechseln, und versuchten diesen Schrittzu gehen, ohne einen Funken der Achtungzu verlieren, den sie noch bei den arbei-tenden Massen hatten - wre dies nmlichgeschehen, so htten sie die fr die Bour-

    geoisie und fr sie selbst so notwendigeFunktion nicht mehr ausben knnen. Ein-zelne Arbeiter vor den Fabriktoren aufzu-hetzen, die Betriebsversammlungen gegendie Extremisten zu steuern, indem mansie in den schlimmsten Farben malt, war frdiese nun bald verstaatlichten Funktion-re zur Verpflichtung geworden, in enger

    Abstimmung mit Carabinieri, Polizei,

    Staatsanwaltschaft, Richtern, kurz mit denGeheimdiensten, mit dem Staat. Sie kamenso unweigerlich in die Situation, das eige-ne Wahlvolk aufzufordern, diese Auto-ritten zu whlen und ihnen die Sitze imParlament und im Senat zu verschaffen,und nicht den Arbeiterinnen und Arbeitern.

    4. Gab es jemals Ansatzpunkte, die dieseThese belegt htten, bzw. was sagt ihr zuden Beweisen in Feldbauers Artikel. ZumBeispiel zum Ablauf der Aktion selbst. Sowie auch im deutschen RAF-Phantom wur-den bestimmte Operationen der jeweiligenStadtguerilla nicht zugetraut (Benutzungvon angeblicher Gladio-Spezialmunition,Operation in eigentlich berwachtemGelnde).

    Feldbauer muss offenbar Bcher oder da-malige Zeitungsberichte gelesen haben, indenen die Operation Moro nicht denRotbrigadisten zugeschrieben wurde,sondern einem Kommando der RAF, das

    von den unfhigen Roten Brigaden zuHilfe gerufen worden sein soll, da Italiensolche Leute ja nicht hervorbringt. Auf die-se Weise wurde allerdings der Internatio-

    nalismus berhht und so beit sich dieKatze in den Schwanz. Natrlich hat das al-les nichts mit der Realitt zu tun, angefan-gen bei den Kontakten zwischen RAF undBR, die damals noch gar nicht bestanden.Das sind alles Spekulationen, um einenFeind auszutreiben, der aber in Wirklich-keit in den Kmpfen in Italien entsteht undsich reproduziert, der gelernt hat, Opera-tionen, Kampagnen der Stadtguerilla sichauszudenken, zu planen und durchzu-fhren. Jedes Mal, wenn ein Arbeiter ver-haftet wurde, ein Arbeiter, der Mitglied derBR oder anderer bewaffneter Gruppen war,

    ging sofort die Diffamierung, die Verleum-dung los, und zwar organisiert von der CGILund der PCI. Die Biografien wurden ver-dreht, bis sie unglaubwrdig, lcherlichwurden, aber sofort von denen zurckge-

    wiesen, fr die sie bestimmt waren, nm-lich von den Menschen, die Schulter anSchulter mit den Verhafteten gearbeitethatten, die sie untersttzten, so gut siekonnten, auch in den Hochsicherheitsge-fngnissen.

    5. Wie seht ihr die politische Begrndungfr seine Behauptung, dass die P2-Loge undTeile des Geheimdiensts ein reaktionres,

    oder gar faschistisch orientiertes Interessean der Liquidierung Aldo Moros gehabt ht-ten.

    Das ist eine oberflchliche Behauptung,die er genau so aus diesen Bchern ber-nommen hat, so wie wenn ich jetzt ein Buchber das RAF-Phantom schreiben wr-de, dann wrde ich ja eine offensichtlichlcherliche Flschung begehen. Die italie-nischen Geheimdienste haben immer dieFaschisten fr die Zwecke des Staates be-nutzt, die von der Partei bestimmt wurden,die ber 40 Jahre lang die entscheidendeMacht ber die Gewaltapparate des Staates

    in den Hnden hielt. Es wrde gengen, dieBiographie von jemandem wie Guido Gi-annettini zu betrachten, eines Agenten desSID [mili