Gefangenen Info #330

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    Gefangenen InfoC 10190 23.10.2007 Preis: 1,55 330

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Herbst-melodienWie die Geschehnisse im Herbst 1977sich auf die Musik und das Lebensge-fhl der danachfolgenden Generatio-nen auswirkten

    Es ist ein langer Weg, er ist noch nicht zuEnde, auch wenn es mancher hofft.

    Der lange Weg nach Derendorf Dasist ein Song aus dem Jahr 1978 von der 70er Punkband Mittagspause. Darin geht es umden Tod des RAF-Kmpfers Willy-Peter Stoll, der im September 1978 bei einem Es-

    sen in einem China-Restaurant im Dssel-dorfer Stadtteil Derendorf erschossen wur-de. Dieses Lied stellte als eines der erstennach der von Ton Steine Scherben ange-fhrten Politrock-ra einen Zusammen-

    hang zwischen der RAF als Teil der politi-schen Bewegung und der Subkultur der da-maligen Zeit her.

    Punk als die Gegenkultur nach Schley-er und Stammheim, nach Mescalero undKontaktsperre, Punk als die Gegenkultur ineinem > wie man damals sagte < vollstn-

    dig faschisierten Staat (D. Diedrichsen)war Ausdruck einer neuen Zeit. Auer Pun-krockbands wie Abwrts (Computerstaat)setzten sich auch Post (bzw. Art)-Punk-bands wie SYPH und Materialschlacht mitbis dahin ungewohnten (revolutionren)musikalischen Mitteln mit den Ungeheuer-lichkeiten der damaligen Realitt ausein-ander.

    Diese neue musikalische Spracheprall-te auf das festgefahrene gesellschaftlicheSystem der BRD, eine politische Hysterie -Stichwort RAF und DDR - , die jeden ab-weichenden Gedanken mit Sympathisant!,

    Kommunist! und ,geh doch nach drben quittierte, also kaum einen Fortschritt ge-genber 1968 zeigte (...) - die sozialdemo-kratische und auch sonstige linke Spieig-keit, die ebenfalls keinen Freiraum fr neue

    Gedanken lie und nur auf Machterhalt fi- xiert war, dazu das vom Friedensnobel- preistrger Willi Brandt abgesegnete Da-moklesschwert Berufsverbote, das ber jeg-licher linker politischer Bettigung junger Menschen hing zu einer Zeit, als ein Jobbeim Staat als erstrebenswert galt, der kann

    nachvollziehen, auf welches Frustrations- potential und damit Chancen die Idee PUNK in der BRD stie, und welche Hoffnungenviele damit verbunden haben ... (M.Fuchs)

    (...) Das Stck Pure Freude heit auf der EP brigens Klammheimlich undzeigt, dass S.Y.P.H. die Band war, die sicham explizitesten aller frhen deutschenPunkband auf den deutschen Herbst, dieKonfrontation zwischen Staat und RAF, auf Stammheim und den Anspruch beider Sei-ten, dass, wer nicht fr sie sei, ihr Feindsei, reagierte. So zeigt das Cover zwei Bil-dikonen aus dieser Zeit, auf der Vordersei-

    te ein Tatortfoto von dem Kinderwagen, dendie RAF bei der Entfhrung von Arbeitge-berprsident Hanns-Martin Schleyer zumStoppen seines Autos und zum Waffen-transport verwendete, auf der Rckseite ein

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    Foto eines Hubschrauber-Passagiers fr einen Rundflug ber Karlsruhe, der sp-ter als das gesuchte RAF-Mitglied Chri-stian Klar identifiziert wurde, offenbar auf dem Weg Angriffsziele wie Gerichte undStaatsanwaltschaften auszukundschaf-ten. Harry Rag beschreibt auf der S.Y.P.H.-Webseite, wie sie damals 8 Wochen langversuchten, eine Druckerei fr das Cover zu finden, aber keine fanden, obwohl die

    Bilder schon in Spiegel, Stern und sonst wo zu sehen waren. Schlielich legte dieBand das Cover auf einen Fotokopierer und heftete die beiden Bltter zusammen.Irgendwann danach muss der Gitarrist Uwe Jahnke kalte Fe bekommen haben,denn sein Nachname ist auf dem Cover mit Edding ausgestrichen, ebenso ist auf dem Beiblatt aus der christian-na-klar-

    produktion eine xxxxxxxx-na-klar-pro-duktion geworden und das Foto von Klar wurde durch 2 Eddingstriche unkenntlichgemacht. staatsmeinungsfetzen aus tages-schau & anderen pseudoobjektiven kom-mentaren werden aneinandermontiert.ebenfalls gespenstisch, wie man das aus der distanz wahrnimmt: schleyer-entfhrungdurch das hausner-kommando/forderungnach todesstrafe/abschaffung der zwangs-ernhrung/erschieung von raf-geiseln/mogadischo/baader-ensslin-raspe-selbstmord (oder selbstmord?) & wassonst noch alles an hysterischen berreak-tionen passiert ist. 4 vokabeln werden vonsyph in die montage eingeblendet: helden-tum, eigentum, eigenheim, stammheim!(aus brotbeutel.blogspot.de)

    Tote in Gefngnissen, Polizeikontrollen an jeder Autobahnausfahrt und Straenecke,Kill- und Computerfahndung prgten dasneue Bild der BRD weit ber das Politischehinaus, so dass es auch in den Nachbar-staaten wahrgenommen wurde. Brian Enound Snatch setzten in England O-Ton-schnipsel zu einem musikalisch dichtenStck zusammen, was auf die obskurenMenschenjagden der 70er einging. Der Frontman der Auteurs Luke Haines mach-te eine ganze Platte unter dem PseudonymBaader-Meinhof, in der, vom Kaufhaus-

    brand bis zu Stammheim/Mogadishu, dieGeschichte der RAF musikalisch adaptiertwurde. Im Punk und den weiteren musika-lischen Umbrchen der End-70er spiegeltesich die damals noch szenebestimmendeFeindschaft gegenber dem Rechts-Staatund seinen Organen wieder. Diese Staats-feindschaft baut aber auf der in den eman-zipatorischen, antiautoritren Bewegungengemachten Erfahrung auf, dass eine besse-re Organisation des Lebens mglich ist, ei-ne Alternative zur BRD. Dies zeigte sich u.a.in der HausbesetzerInnen- und TUWAT-Bewegung der 80er. Im Gegensatz zur herr-

    schenden Geschichtsschreibung ber denDeutschen Herbst 77 (wie sie auch ger-ne von Grnen-Grndern und TAZ-Pio-nieren dargestellt wird) waren Schleyer-Entfhrung und die geselbstmordeten

    (Die goldenen Zitronen - 6 gegen 60 Mil-lionen) Gefangenen kein Ende der Ge-schichte der linksradikalen Bewegung ,sondern Anfang einer neuen Etappe. Andere in den Anfangs-80ern bekannt

    gewordene Bands, wie Der Plan, DAF, FMEinheit (Einstrzende Neubauten), die inihren Anfangsjahren kaum bis gar nicht mitSongs zur politischen Bewegung auffielen,setzen sich erst in den letzen Jahren mit der RAF auseinander. Gerade das aus O-Ton-schnipseln und Industrial-Sounds zusam-mengesetzte Ulrike Meinhof, Paradisezeigt, wie intensiv und prgend die Knst-ler Andreas Ammer und FM Einheit die Ge-schichte der RAF empfunden haben ms-sen. Ein Mensch, der die Zeit nicht miter-lebt hat, knnte das (scheinbar) massig vor-handen Archivmaterial kaum so treffendzusammensetzen. Auch an DAF und dem2002er (!!!) Song Kinderzimmer ist spr-bar, wie tief die Guerilla in die damalige Ge-sellschaft vorgedrungen ist.

    ... in meinem schnen kinderzimmer - da-mals noch im ruhrgebiet - herrschte immer die guerilla - guerilla ist der kleine krieg -ulrike meinhof war fr mich - als kind einechter superstar - an meinem heldenfirma-ment - mit valentina tereschkova, emma

    peel und raquel welch - in meinem schnenkinderzimmer - damals noch im ruhrgebiet - herrschte immer die guerilla (DAF-Kin-derzimmer)

    Die Kraft dieser Stcke geht dabei von der subjektiven Beschreibung der gesellschaft-lichen Zustnde aus, nicht von Identifika-tion mit der Guerilla bzw. der (mit ihr) so-lidarisch verbundenen linken Bewegung,wie zu Zeiten von Ton Stein Scherben, diesich schon Mitte der 70er aus den Stdtenund den Kmpfen zurckzogen.

    Bands, die ihre produktivsten Phasen En-de der 80er, Anfang der 90er hatten, wieChumbawamba und Die goldenen Zitronensahen sich wieder mehr als Teil der Bewe-

    gung und die RAF auch als Teil ihrer Ge-schichte, was bei dem Song 6 gegen 60Millionen von den Zitronen am klarstenhervorsticht. Mit dem seit dem Beginn der 90er und dem damit einhergehenden Sie-

    gesgetse der Kapitalisten gewachsenen Abstand wurde nun auch Kritik an denim System angekommenen verbrger-lichten Ex-Revolutionren klar formu-liert:

    Sie hatten Angst vor der Konsequenz ihres eigenen Geredes, vor diesem und je-nem und sonst noch was. Zum Beispielihrem Gerede von Revolution. Viel spter zeigte sich, wie unntig dies ganze Auf-

    sehen doch war. Nichts weiter als 60 ge-gen 60 Millionen. Ein Teil von Geschich-te, ein paar Explosionen. SpektakulreFotos, ein zerfetzter Schleyer, ein prickeln-des Spektakel und ein Volk auf der Jagd.

    oder auch:... die anderen schauen strikt nach vorn

    und achten tunlichst drauf, nie wieder auf Seiten der Verlierer zu sein. Kein Grundzur Angst vor der eigenen Geschichte, ist

    nur Geschichte und macht sich gut. Macht sich prchtig, ganz ausgezeichnet in jedemLebenslauf. Wirklich kein Grund zur

    Angst. (Die goldenen Zitronen - 6 gegen60 Millionen) Auch von anderen Punkbands und Hi-

    pHop-Leuten gab es in den 90ern bis heu-te immer wieder Songs, die sich auf die RAFbeziehen. Da geht es von Heldenverehrung(Wizo- RAF) bis zur konkreten Ausein-andersetzungen mit dem Tod von WolfgangGrams am 27.06.1993(Wizo- Kopf-schuss, Dritte Wahl- Bad K., Kromba-cher MC- Manipulierte Informationenusw. - siehe ) Wichtig ist, dass alle diese Umgangswei-

    sen mit der Geschichte des bewaffneten Wi-derstands ihre Berechtigung haben, daszeigt, wie wichtig und notwendig es auchfr die Bewusstseinsbildung der Subkultu-ren ist, dass sich MusikerInnen mit der ei-genen Geschichte auseinandersetzen. Esbleiben Tondokumente, die diese Ge-schichte sprbar und (vielleicht auch) nach-

    vollziehbar machen. Autor: MeckieMesserMuzak (anderslautern- red., DJ,)

    Um die kulturelle Verankerung und denEinfluss der RAF auf die Subkulturen, nicht

    nur in der damaligen BRD, hr- und spr-bar zu machen, habe ich euch 70min. Son-gs und Toncollagen zusammengestellt.

    BaaderMeinhofMuzak - Songs und Ton-collagen zur Rote Armee Fraktion (RAF):

    od.Mehr Artikel zum Thema:

    http://www.anderslautern.de/index.php?id=412

    Quellen: Die Beute15 (ID-Verlag), brot-

    beutel.blogspot.de, Retro-Punk(), badkleinen.sooderso.net

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    Zum Artikel von Jrgen Elssser in der jw vom 22. /23.9.2007

    Schwarzer Kanal Operation HerrhausenDass Jrgen Elssser in der jw dieseschwachsinnige Counterpropaganda einer angeblichen Stasi-Beteiligung an der RAF-

    Aktion gegen den Vorstandsvorsitzendender Deutschen Bank Herrhausen 1989 aus-einander nimmt, kann ja Sinn machen - ob-wohl das sozusagen ein alter Hut ist.

    Die Schlsse, die er dann allerdingszieht, sind nicht weniger schwachsinnig:Nicht die Stasi wars, sondern westliche Ge-heimdienste!

    Hier noch mal klipp und klar: die RAFwar verantwortlich u.a. fr die Aktionengegen Alfred Herrhausen, Gerold vonBraunmhl und Detlev Rohwedder. Wre es nicht so, htte es selbstver-

    stndlich umgehend Richtigstellungen ge-geben. Schon aus Grnden der politischenKlarheit.

    Das haben wir immer so gemacht (zuletztam 26.4.1990 zu einem angeblich von der RAF geplanten Angriff gegen Landwirt-schaftsminister Kiechle).

    Es war in der RAF-Geschichte schlielichnicht nur ein Mal so, dass uns geplante oder

    versuchte oder durchgefhrte Anschlgeuntergeschoben werden sollten.

    Der Zweck immer derselbe: Desorientie-rung, Denunziation, psychologischeKriegsfhrung.

    Am Ende des Artikels kommt dann auchnoch das Buch Das RAF-Phantom insSpiel, in dem die Autoren messerscharf mitweiteren Indizien (!) nachweisen, dass esnach den Verhaftungen von sechs RAF-Mi-litanten im Juli 1984 gar keine RAF mehr gegeben habe, sondern nur noch ein Kon-strukt westlicher Geheimdienste.

    Na toll, lieber Jrgen Elssser - wer oder was bin ich denn dann fr dich? Ich war also nie in der RAF und auch nicht 21 Jah-re im Knast dafr?

    Und Birgit Hogefeld, die seit 1993 im Ge-fngnis ist (die brigens in einem Spiegel-

    Interview vom 13.10.1997 besttigt hat,dass die RAF verantwortlich ist fr die Ak-tion gegen Herrhausen. Das nur nebenbei... ein bisschen Recherche kann nicht scha-den!)?

    Und Wolfgang Grams, erschossen beimGSG 9-Einsatz in Bad Kleinen im Juni1993?

    Und die Genossinnen und Genossen, die1998 das Projekt RAF beendet haben? Welche Interessen Staatsschutz-Journa-

    listen haben, solche durchgedrehten Spe-kulationen und Lgen zu verbreiten, istnicht allzu schwer zu verstehen.

    Warum Jrgen Elssser auf diesen Zugspringt, ist mir ein Rtsel. Warum die jw das abdruckt, unerklrlich.

    Gru von Eva Haule26.9.2007

    after the butcher - Ausstellungsraum frzeitgenssische Kunst ldt Sie und IhreFreunde herzlich ein zur Erffnung

    Beschlagnahmt: Rolf Heiler

    Objekte aus demGefngnisFreitag, 26. Oktober 2007, 19 UhrEin Ausstellungsprojekt von Joachim Baur

    Rolf Heiler war Mitglied der RAF. In den22 Jahren seiner Haft von 1979-2001 wur-de seine Post berwacht, knapp 2000 Sen-dungen wurden beschlagnahmt. Anhandausgewhlter Objekte thematisiert die Aus-stellung den Kampf um Kontrolle, die Ver-suche der Kommunikation sowie verschie-dene Dimensionen der Projektion unter denBedingungen der Isolation. Sie wirft damiteinen anderen Blick auf die lange Ge-schichte der Konfrontation von RAF, Staatund politischer Bewegung.

    Eine rote Plastiknelke, getrocknete Oran-genschalen, zahllose Flugbltter, Muschelnund Trockenblumen, Wunderkerzen, Zei-tungsartikel, Plakate, Postkarten, Woll-socken, ein selbst gemaltes Kinderbild, La-

    vendel. Es sind die unterschiedlichsten Din-ge, die Rolf Heiler in den 22 Jahren Haft

    von 1979-2001 ins Gefngnis geschicktwurden gemeinsam ist ihnen, dass sie be-schlagnahmt wurden. Vieles davon er-scheint zunchst unscheinbar. Bei etlichenSachen stellt sich gleichermaen die Frage,warum sie geschickt und warum sie an-gehalten wurden. Auf den zweiten Blick entdecken sich in

    den Dingen jedoch die Bedingungen der Isolationshaft ebenso wie die Versuche, siezu durchbrechen. Die Objekte sind Sedi-mente der Haftbestimmungen und sichtba-re Zeugen eines panoptischen Gefngnis-regimes, das auf der Ausgrenzung sinnli-cher Wahrnehmung basiert. Sie stehen fr die hartnckigen Versuche, Beziehungen

    und Kommunikation aufzubauen zwischendrauen und drinnen. Sie offenbaren

    vielfltige Formen der Projektion, etwa desStaates von der Gefhrlichkeit banalster Objekte oder der BriefschreiberInnen vonden Bedrfnissen des Gefangenen. Gleich-sam alltglich veranschaulichen sie ein jah-relanges, stndiges Ringen um Kontrolle der Gefngnisleitung ber Sicherheit undOrdnung des Vollzugs, des Gefangenen

    ber sein Leben. Denn auch die Subjekt-Position Heilers als aktiver Teil der Aus-einandersetzung ist im Zusammenhang mitden Dingen erfahrbar. Zahllose Beschwer-debriefe und ein Ordner, in dem Heiler smtliche Beschlagnahmen notiert undkommentiert hat, demonstrieren seine Stra-tegie einer Kontrolle der Kontrolle.

    Schlielich erscheinen in diesen ange-haltenen Postsendungen wie in einemmehrfach gebrochenen Spiegel die sozia-len und politischen Bewegungen der 80er und 90er Jahre mit ihren Themen, Diskus-sionen und Konjunkturen: internationaleSolidarittsbewegung, Hausbesetzer, Anti-fa, Anti-Kriegs- und Frauenbewegung,Proteste gegen Volkszhlung und sozialeUngleichheit. Die Objekte entfalten so auf ungewohntem Terrain eine komplexeDreiecksbeziehung zwischen Staat, Be-wegung und Gefangenem aus der RAF.

    Ausstellung: 27. Oktober 17. November 2007geffnet Do, Fr, Sa 15.00 - 19.00und nach tel. Vereinbarung +49 (0)179947 30 40

    Sonntag, 28.10.2007, 18.00 Diskussi-on mit Rolf HeilerDonnerstag 1.11.2007, 19.00 Werk-stattgesprch mit Kurator JoachimBaur(in Kooperation mit Schnittpunkt Berlin Ausstellungstheorie & Praxis)after the butcher - Spittastr. 25 - 10317Berlinwww.after-the-butcher.de

    S-Bahn:S5, S7,S75 bisNldner-platz, S3bis Rum-melsburgBus: 196bis S-Bhf.Nldner-platz, 194bis S-Bhf.Rummels-burg,

    Tram: 21bisMarktstr.

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    Ilse Schwipperist totIlse ist am Donnerstag, den 27. September,im Alter von 70 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Wir haben in unserer

    Zeitschrift mehrere Artikel und Interviewsvon ihr verffentlicht. Wir werden Ilse ver-missen.Die Redaktion

    Es gab neben zahlreichen Artikeln mehre-re Todesanzeigen: Von Olli, dem 129a Gefangenen aus dem

    mg-Verfahen, der sie kannte. Von ehemaligen Gefangenen aus der Be-

    wegung 2. Juni Von Freunden und Freundinnen aus po-

    litischen und feministischen Zusammen-hngen

    Auf dem linken trkischen Halkinsesi TVim Internet wurde besonders ihr Engage-ment fr die politischen Gefangenen inder Trkei und ihre Teilnahme an Dele-gationen erwhnt.Ilse ist am 18. Oktober in Berlin auf dem

    Nazareth-Friedhof in Berlin beerdigt wor-den.

    Von der Werkbank zur Stadt-guerillaIlse Schwipper ist tot. Die APO-Aktivistinaus dem Umfeld der Bewegung 2. Junisa acht Jahre ohne rechtskrftiges Urteilin Haft. Sie engagierte sich fr trkische po-litische Gefangene und gegen Isolations-haft

    Sie gehrte zu den wenigen Arbeiterin-nen unter den militanten Linken der 70er-Jahre. Ilse Schwipper wurde Anfang der 60er Jahre als VW-Arbeiterin in Wolfsburgpolitisiert. Damals engagierte sie sich fr bessere Lebensverhltnisse der italieni-schen ArbeitsmigrantInnen und schaffte esbei den Jungsozialisten zur stellvertreten-

    den Vorsitzenden. Ihre sozialdemokratischeLaufbahn endete, als sie 1970 mit 18 wei-teren Jusos wegen Wahluntersttzung fr die DKP ausgeschlossen wurde.

    Damals hatte der politische Aufbruch der APO auch die VW-Stadt erreicht, IlseSchwipper war eine der ProtagonistInnen.Diese Frau hat den Geist der aufbegeh-renden Studentenbewegung nach Wolfs-burg getragen, schrieben unlngst die

    Wolfsburger Nachrichten. Schwipper zogmit ihren drei Kindern in eine linke Kom-mune. Die AktivistInnen demonstriertengegen den Vietnamkrieg und Neonazis und

    begannen die Texte der RAF und der Be-wegung 2. Juni zu lesen. Zu Letzterer fhl-ten sich die Wolfsburger AktivistInnen hin-gezogen, blieben aber eine eigenstndigeGruppe.

    Nach Anschlgen auf einen VW-Zug undauf eine Wolfsburger Schulaula, in der ei-ne NPD-Versammlung stattfinden sollte,sa Ilse von 1971 bis 1973 in Vechta in Iso-lationshaft. Bundesweite Schlagzeilenmachte die Kommune Bckergasse, wie die

    Wolfsburger Gruppe nach ihrer Adresse ge-nannt wurde, im August 1974. Die Justizmachte Schwipper und einige Mitbewoh-ner fr den Tod des Studenten Ulrich

    Schmcker verantwortlich, der im Grune-wald erschossen aufgefunden wurde. Zu- vor waren Schmckers Kontakte zum Ver-fassungsschutz bekannt geworden.

    Schwipper blieb ber acht Jahre ohnerechtskrftiges Urteil im Gefngnis wegge-sperrt. Ihre Verurteilung zu einer lebens-lnglichen Haftstrafe im Jahre 1976 war wegen Verfahrensfehlern aufgehoben wor-den. Das Schmcker-Verfahren wurde 1991eingestellt.

    Bis heute ist die Rolle der Geheimdienstebei Schmckers Tod Gegenstand von Spe-kulationen. Mehrere Bcher sind darber geschrieben worden. Der Lockvogel vonStefan Aust wurde am bekanntesten.Oberflchlich und stark fehlerhaft, kom-mentierte Schwipper den Bestseller. Sielehnte es immer ab, sich zum FallSchmcker zu uern. Aus gesundheitlichen Grnden war

    Schwipper 1982 aus der Haft entlassen wor-

    den. Seitdem lebte sie in Berlin, wo sie sichin der anarcho-feministischen Gruppe LasLoccas engagierte.

    In den letzten Jahren untersttzteSchwipper politische Gefangenen in der Trkei, die sich mit einem Hungerstreik ge-

    gen die Einfhrung der Isolationshaft wehr-ten. Schon in den 80er Jahren, nur wenigeJahre nach ihrer Entlassung aus dem Ge-fngnis, besuchte sich im Rahmen einer Prozessbeobachtung einen Massenprozess

    gegen anatolische Linke.Im November 2000 nahm sie an einem

    Kongress der GefangenenhilfsorganisationTayad in Istanbul teil. Dort hatten sich Ju-ristInnen, MedizinerInnen, Intellektuelleund GewerkschafterInnen versammelt, umgegen die drohende Einfhrung der Isola-tionsgefngnisse nach dem Modell Stamm-heim in der Trkei zu mobilisieren. Ilse be-richtete auf dem Kongress in einen kurzen

    Beitrag aus dem Publikum ber ihre Erfah-rungen mit der Isolation in den westdeut-schen Knsten.

    Kurz zuvor hatte das Todesfasten vieler politischer Gefangener begonnen, mit demsie ihren Kampf gegen die Isolation voran-treiben wollten. Er sollte bis 2006 dauernund ber 120 Tote fordern. Ilse hat diesenKampf immer solidarisch begleitet. Sonahm sie an zwei weiteren Solidarittsde-legationen in der Trkei teil und beteiligtesich im Sommer 2005 an einem mehrtgi-gen Solidarittshungerstreik von Gefange-nenhilfsgruppen auf dem Berliner Alexan-derplatz.

    In einem Beitrag fr das Buch Bei le-bendigem Leib - von Stammheim zu den F-Typ-Zellen setzte sich Schwipper mit denpsychischen und physischen Folgen ihrer ber sechsjhrigen Isolationshaft ausein-ander. Noch bis vor wenigen Monaten be-richtete sie auf Veranstaltungen ber die

    linke Geschichte, die sie ein Stck mitge-prgt hat. Schwipper hat immer abgelehnt,die Interpretation linker Geschichte staats-nahen WissenschaftlerInnen wie WolfgangKraushaar oder publizistischen RAF-Reste-

    verwertern wie Stefan Aust zu berlassen.

    Am vergangenen Donnerstag starbSchwipper im Alter von 70 Jahren in einemBerliner Hospiz.

    Ilse presente.Peter Nowak

    Ilse Schwipper, dritte von links, bei dem Solidarittshungerstreik zur Untersttzung desKampfs trkischer politischer Gefangener gegen die Isolationsgefngnisse

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    Leseempfehlung

    Der letzte Verteidigerdes RechtsstaatsPeter O. Chotjewitz liefert den notwendi-gen Einspruch zur offiziellen Version desDeutschen Herbst

    Viel wird zur Zeit in den Medien ber jeneZeit geschrieben, der seit 30 Jahren der Deutsche Herbst genannt wurde. Doch dieBerichte gleichen sich meist. Ein demokra-tischer Staat habe sich im Herbst 1977 ge-gen zu allem bereite, durchgeknallte RAF-Guerilleros wehren mssen und habe diesePrfung alles in allem erfolgreich bestan-den.

    Diese Tne schlagen auch ehemalige Lin-ke an, die vor 30 Jahren klammheimlicheFreude fr die RAF gezeigt haben und da-her heute besonders vehement gegen ihrealten Ideale ankmpfen.

    Mit Peter O. Chotjewitz hat sich jetzt ein Autor zu Wort meldete, der nicht in diesenChor einstimmt. Er hatte als Wahlverteidi-ger von Andreas Baader seine Erfahrungenmit der Justiz gemacht, danach den An-waltsberuf an den Nagel gehngt und sichganz der Schriftstellerei gewidmet. In sei-nem Roman Die Herren des Morgengrau-ens hatte Chotjewitz seine kurze Zeit alsRechtsanwalt literarisch verarbeitet. In denletzten Jahren 20 Jahren konnte man vonihm nichts mehr lesen. Dafr werden wir

    jetzt gleich mit zwei Bchern entschdigt,die beide in Abstnden von wenigen Mo-naten im Berliner Verbrecher Verlag er-schienen sind.

    Mein Freund Klaus ist die Romanbio-graphie des Stuttgarter RechtsanwaltsKlaus Croissant, der von den Medien zumDrahtzieher der RAF gestempelt wurde undder wegen seiner Kontakte zum MfS auchbei vielen Linken zur Persona Non Gratageworden ist. Vielleicht kann Chotjewitzdurch viele Zeitzeugengesprche unterft-terte Biographie dazu beitragen, dass sichein differenziertes Bild ber Croissantdurchsetzt. Das Buch beginnt mit den Vor-

    fahren von Klaus Croissants, die als Huge-notten vor der Verfolgung aus Frankreichgeflohen sind. Chotjewitz gelingt es mei-sterhaft, Landschaft und politisches Klimader Region um die Kleinstadt Kirchheim ander Teck zu beschreiben, in der Croissantgeboren wurde und die fr die Sozialisati-on des jungen Jurastudenten eine groe Be-deutung war. Frh setzte er sich mit denNS-vorbelasteten Juristen auseinander, dieden jungen Studenten als Lektre empfoh-len. Spter war er ein dezenter Unterstt-zer der Linken, wie Chotjewitz detailreichbeschreibt.

    Croissant hatte sich schon einen Ruf alsdemokratisch engagierter Anwalt erwor-ben, als er das Mandat fr die RAF-Gefan-genen bernahm. Chotjewitz rekapituliertnoch einmal die Zeit ab 1974, als das An-

    waltsbro Croissant zur Zentrale des Ter-rors stilisiert wurde. Croissant und seineMitarbeiter wurden bespitzelt und inhaf-tiert.

    Croissant floh 1977 nach Paris und be-antragte politisches Asyl in Frankreich. Inzahlreichen franzsischen Stdten gingenZehntausende fr den Anwalt auf dieStrae. Nicht ganz vergeblich. Croissantwurde zwar an die BRD ausgeliefert, doch

    die deutsche Justiz musste auf zahlreiche Anklagepunkte verzichten. Deshalb war dieHaftstrafe auch wesentlich geringer, als die

    Anklagebehrde anstrebte. Chotjewitz undsein damaliger Anwaltskollege und heuti-ge Grnen-Politiker Christian Strbele sindnoch immer berzeugt, dass Croissant Ak-tivitten von seinem Anwaltsmandat ge-deckt waren. Er war der letzte Verteidiger des Rechtsstaates und scheute in dieser Rol-le auch keine Auseinandersetzung mit der Staatsmacht.

    Chotjewitz geht auch auf Croissants Ak-tivitten in Westberlin ein, wo er ab An-fang der 80er Jahre am linken Flgel der

    Alternativen Liste fr die Anerkennung der DDR stritt. Nach dem Fall der Mauer enga-gierte er sich in der gerade gegrndeten PDSund war Mitorganisator der ersten West-berliner Demonstration gegen die Annexi-on der DDR. Wenig spter wurde er wegenangeblicher Zusammenarbeit mit dem MfSerneut inhaftiert. Auch hier kommt Chotje-witz nach vielen Gesprchen zu demSchluss, dass Croissants MfS Kontakte denMeinungsaustausch ber die politische La-ge dienten, aber mit Geheimnisverrat nichtszu tun hatten. Croissant war als PDS-Kan-didat fr die Bundestagswahl 1994 im Ge-sprch, doch ein schwerer Schlaganfall ma-che ihm zum Invaliden. Im Jahr 2001 ist er gestorben.

    Chotjewitz gelingt es meisterhaft, die ver-schiedensten Facetten seines Lebens darzu-stellen. Bei Croissants langjhriger Lebens-gefhrtin Brigitte Heinrich misslingt es lei-der. Die Darstellung wird dem Leben der frh verstorbenen linken Theoretikern nichtgerecht.

    ber den letzten Besuch von Chotjewitzbei dem schwer erkrankten Croissant han-

    delt auch eine von insgesamt 19 Kurzge-schichten, die im Band Fast letzte Ge-schichten versammelt sind. Es geht um

    Kriminalflle, eine Wrdigung des Flu-xus-Knstlers George Maciunas und immer wieder auch um die linke Bewegung unddie RAF. Hoffentlich bekommen wir demBuchtitel zum Trotz noch viel von Chotje-witz zu lesen und mssen nicht wieder 20Jahre auf ein neues Buch von dem Autor warten.

    Peter Nowak

    Chotjewitz Peter O.

    Fast letzte Erzhlungen, Berlin, 2007, Verbrecher Verlag 224 Seiten,13 Euro, broschiert,ISBN : 978-3-935843-84-3

    Weg mit Paragraph129a!

    Auf dem Hhepunkt der staatlichen Re-pression, die sich in den 1970er Jahren ge-gen die gesamte radikale Linke richtete unddie vor genau 30 Jahren im DeutschenHerbst gipfelte, wurde 1976 ein Gesetz ver-abschiedet, der dem innerstaatlichenKampf gegen die Linke vllig neue Dimen-sionen verlieh: Der Paragraph 129a, der dieBildung und Untersttzung einer terrori-stischen Vereinigung ahndete, sah keiner-lei individuellen Tatnachweis mehr vor. Wer - tatschlich oder angeblich - einer Grup-pe angehrte, die nach der Definition der Repressionsorgane als terroristisch ein-

    gestuft wurde, verlor im Zuge der Ermitt-lungen wesentliche Grundrechte.Mit dem Vorwand einer 129a-Ermittlung

    lie sich nahezu jede berwachungs- undBespitzelungsmanahme begrnden, Ver-teidigerrechte und prozessuale Standardsauer Kraft setzen und Haftbedingungenexerzieren, die international zu Recht alsweie Folter bezeichnet wurden. Es gingnicht allein um die staatliche Zerschlagungder bewaffnet kmpfenden Gruppen, diezum Staatsfeind Nummer Eins aufgebautwurden, sondern um die Verunmglichungeiner offenen Diskussion um notwendige

    politische Strategien innerhalb der Linken. Wer nicht von vornherein eine eindeutigeDistanzierung signalisierte oder sich in de-

    voten Ergebenheitsadressen an den Staaterging, wurde als RAF-Sympathisant ge-

    Am Mittwoch, den 17.10. erschien in der jungen Welt ein lngeres Gesprch mit 2ehemaligen Gefangenen aus der RAF, Hel-mut Pohl und Rolf-Clemens Wagner: Wir wollten den revolutionren Prozess wei-tertreiben.

    Der Deutsche Herbst, wie ihn Aktivi-sten der Rote Armee Fraktion (RAF) er-lebten und wie sie ihn heute sehen. Die-

    se Interview ist zu beziehen entweder ber die Junge Welt oder im Netz ber www.po-litical-prisoners.net.

    Gegen Rolf-Clemens luft wegen diesesBeitrags eine starke mediale Hetzkampa-gne auf dem Niveau: Muss der RAF-Mr-der nicht sofort wieder ins Gefngnis.(Bild 18.10.) Oder Tagesspiegel: ... Mit Ab-stand perfideste Wortmeldung.

    Diese zielt auf Einschchterung undneue Verfahren gegen ehemalige Gefan-gene. Zustzlich sollen die ehemaligen Mi-litanten geflligst die Klappe halten oder sich nur staatskonform uern. In Frank-reich gibt es zum Beispiel schon Intervie-wsverbote gegen ehemalige Mitglieder

    von Action Directe.Diese Entwicklung gilt es zu verhindern.

    Redaktion

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    brandmarkt und mittels desneu gewonnenen Anti-Ter-ror-Paragraphen kaltge-stellt. Persnliche Kontaktekonnten durch dieses Re-pressionsinstrument eben-so zum Straftatbestandwerden wie politische Dis-kussionen oder das Publi-zieren missliebiger Texte.

    War der 129a zunchstnoch als auergewhnliche Abwehrmanahme imKampf gegen die Stadtgue-rilla begrndet worden,wurde er sehr bald zumfesten Bestandteil der staatlichen Repression ge-gen die gesamte Linke. Der Fall Ingrid Strobl fhrte der ffentlichkeit vor Augen,dass bereits die Beschfti-gung mit anschlagsrele-

    vanten Themen, also letzt-lich jede radikale kritische Auseinanderset-zung mit den herrschenden Verhltnissen,zu langen Haftstrafen fhren konnte.

    Im Kampf gegen die PKK dienten nachder Verhaftung Abdullah calans banale

    Autobahnblockaden kurdischer Linker zur Konstruktion einer terroristischen Vereini-gung. Seit der Einfhrung des 129b istnicht einmal mehr irgendeine politische

    Aktivitt innerhalb der BRD mehr ntig, umeine Organisation als terroristisch zu ver-folgen. Auch der bewaffnete Kampf gegenUnterdrckung in Staaten, die die BRD imweitesten Sinne als Verbndete betrachtet,kann nun zum Vorwand der Kriminalisie-rung verwendet werden.

    Die Kriminalisierung antifaschistischer Gruppen wie der Autonomen Antifa [M]oder der Antifa Passau, die in den 1990er Jahren nach 129a verfolgt wurden, stell-te selbst eine vollkommen offen und im le-galen Rahmen handelnde auerparlamen-tarische Opposition unter Terrorismusver-dacht. Zu Verurteilungen kommt es trotzder diffusen Vorwrfe, die zur Behauptungeiner Zugehrigkeit zu einer inkriminierten

    Gruppe fhren knnen, nur in den selten-sten Fllen. Vielmehr dient der 129a in

    Wirklichkeit der Durchleuchtung linker Strukturen und ist damit ein klassischer Er-mittlungsparagraph, der den Repressions-organen nahezu jedes noch so fragwrdi-ge Bespitzelungsinstrument an die Handgibt, ohne dass sich ein konkreter Tatver-dacht jemals erhrtet.

    Heute, fast zehn Jahre, nachdem die RAFihre Auflsung bekannt gegeben hat, erlebtder 129a im Zuge einer gezielt geschrten

    Antiterrorhysterie eine neue Blte. Dabeiwird er weniger gegen islamistische Orga-nisationen, die zur Begrndung immer neu-er Gesetzesverschrfungen dienen, einge-setzt, sondern weiterhin hauptschlich ge-gen die auerparlamentarische Linke. Da-bei wird einfache Sachbeschdigung als

    Vorwand benutzt, um eine ganze politischeSzene mit Prozessen und langjhrigenHaftstrafen unter menschenverachtendenBedingungen zu bedrohen. Die Hausdurch-suchungen im Umfeld des G8-Gipfels zei-gen ebenso wie die jngsten Verhaftungen,die sich gegen angebliche Mitglieder der

    militanten gruppe richteten, dass der An-titerrorparagraph weiterhin in erster Liniedie Ausforschung, Einschchterung undletztlich Zerschlagung linker Organisie-rungsversuche zum Ziel hat.

    Die Ermittlungen nach 129a sind aus-schlielich politische Repressionsmanah-men, die mit klassischer Strafverfolgungebenso wenig zu tun haben wie die mgli-cherweise folgenden Prozesse, in denen auf smtliche rechtsstaatlichen Standards ver-zichtet wird, als faire Verfahren bezeichnetwerden knnen. Folglich knnen wir alslinke Solidarittsorganisation uns nichtdarauf beschrnken, den einzelnen absur-den Tatvorwrfen mit entlastendem Mate-rial zu begegnen. Politische Prozesse ver-langen eine politische Antwort, die in die-sem Fall nur heien kann: Weg mit den Paragraphen 129, 129a und129b! Fr die sofortige Freilassung aller politi-schen Gefangenen!

    Mathias Krause fr den Bundesvorstand der Roten Hilfe

    Grubotschaft von Florian L.:Gemeinsam fr dieAbschaffung des 129aBei der Veranstaltung am 30.9. in derVolksbhne gegen den 129a in Berlinwurde eine Grubotschaft von Florianverlesen.

    Liebe FreundInnen und GenossInnen, lie-be Angehrige und UntersttzerInnen,

    als Gefangener im 129a-Verfahren we-gen Mitgliedschaft in der mg mchte icheuch auf diesem Weg Gre ausrichten undmich fr die bisherige Solidaritt und Un-

    tersttzung bedanken. Meinen Angehri-gen wnsche ich weiterhin viel Kraft undunseren UntersttzerInnen viel Ausdauer und Kreativitt im gemeinsamen Kampf um die Abschaffung des 129a. Uns wirddie versuchte Brandstiftung auf Bundes-wehrfahrzeuge vorgeworfen, und sie nen-nen es Terrorismus. Grund genug fr die

    verantwortlichen Behrden, uns unter Sonderhaftbedingungen zu halten. Das be-deutet 23 Stunden Einzelhaft, 1 StundeHofgang allein oder mit hchstens zweiMitgefangenen, schikanse Zellendurch-

    suchungen, Rechtsanwaltsbesuche mitTrennscheibe. Ich nenne es Isolation. Es istder Versuch, uns zu brechen, uns unserepolitische Identitt zu nehmen. Smtliche

    Beschuldigte im laufenden Verfahren wa-ren oder sind einer umfassenden Bespitze-lung durch das BKA ausgesetzt. Ich sehe esals Testlauf, diese Manahme auf immer breitere Teile der Bevlkerung zu bertra-gen. In dem Ausbau des berwachungs-staates werden weitere Voraussetzungengeschaffen, den 129a immer hemmungs-loser anzuwenden. Deshalb mssen wir uns

    jetzt gemeinsam dagegen wehren. Fr diesofortige Einstellung der 129a-Verfahren;gemeinsam gegen Isolation, berwachungund Kriminalisierung. Florian L.

    Quelle: www.freie-radios.net Abschrift: dele-te129a; weitere Audio-Mitschnitte von der

    Volksbhnen-Veranstaltung:http://delete129a. blogsport.de

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    Rede von Olli, einem der drei 129a-Gefangenen im mg-Verfahren

    Solidaritt istunteilbar!

    Olli grt die Teilnehmer des Antikapitali-stischen Blocks auf der Freiheit stattAngst-Demo am 22.9.07 mit einem aus-

    fhrlichen Redebeitrag

    Liebe Genossinnen und Freundinnen.ich mchte euch als 129 a -Gefangener

    im MG-Verfahren solidarische und kmpfe-rische Gre aus dem maroden und vlligabrissreifen Moabiter Knast bermitteln.

    Unsere gute, alte, aber abstrakte ParoleReit die Mauern aller Knste und Zwangs-anstalten ein! ist mir bereits nach fnf-mintigem Aufenthalt in meinem 7 qm -Luxusquartier voll bewusst geworden.Nichts lieber als das! Wie sich vermutlich herumgesprochen hat,

    wird Axel, Flori und mir sowie vier weiterendurch die Bundesanwaltschaft der so ge-nannte Vorwurf gemacht, Mitglieder der mi-litanten gruppe (mg) zu sein.

    Diese Gruppe revolutionrer Linker hatsich laut Bundesanwaltschaft seit 2001 zu 25militanten Angriffen politisch bekannt. An-griffsziele waren Einrichtungen und Fahr-zeuge imperialistischer Kriegspolitik, des in-stitutionalisierten Staatsrassismus, kapitali-stischer Ausbeutung und des prventiven Si-cherheitsstaats. Also anschlagsrelevanteThemen, die wir alle kennen. Allerdings hat sich der einfallsfreudige

    Analystlnnenstab von BKA und Bundesan-waltschaft fr uns noch ein spezielles Bon-bon aufgespart: Wir sollen schon vor 2001militant unterwegs gewesen sein, genau ge-sagt seit dem Jahre 1995 (!), was im vergan-genen Jahrtausend gewesen sein muss. Da-mals, so die amtlichen Rechercheurlnnen,sollen wir uns mit wechselnden Gruppenna-men geschmckt haben. Ja, wie listig vonuns aber auch. Ach so, aus den 25 Anschl-gen werden dann 38. D.h. an uns sollen 12Jahre militante Politik in Berlin und Umge-bung juristisch aufgearbeitet werden. Wenn der 129 a durchkommt, und die

    Klassenjustiz wird sehr viel darin investie-ren, kommen fr uns in der Addition locker bis zu 10 Jahre zusammen.

    D.h. auch, dass ein zeitlich kaum zuberblickender politischer Prozess auf unswartet. Wir alle werden viel Kraft, Zhigkeitund Ausdauer mitbringen mssen. Wir sehen den Repressionsakt gegen uns

    und den zum Scheitern verurteilten Versuch,unsere revolutionre Solidaritt zu brechen,nicht losgelst von der aktuellen Offensivedes prventiven Sicherheitsstaates. Die Kri-minalisierung vor und nach dem G8-Gipfel

    findet in unserem Fall ihre Fortsetzung.Solidaritt ist unteilbar! Der Blick ist da-her auch noch ber den eigenen Tellerrandzu weiten. EU-weit sind Linke aus unter-schiedlichen Spektren zum Abschuss freige-

    geben.Beispielhaft sind die Verhaftungswellen

    vom 12.2.07 in Italien gegen vermeintlicheMitglieder der kommunistischen Partei poli-tisch-militrisch (PLP-m), die Massenkrimi-nalisierung gegen ber 100 Basisaktivistenin Bologna, der Staatsterror gegen Genossender PCE (r)/ Grapo und die baskische Unab-hngigkeitsbewegung im spanischen Staat,oder die Verfolgung von militanten anarchi-

    stischen Zusammenhngen in Griechenlandzu nennen.Das Thema staatliche Repression ist in vie-

    len Teilen der EU fr uns akut. Internationa-listische Solidaritt, auch wenn die ideolo-gischen Differenzen manchmal nur punktu-ell sind, wird uns helfen, Schritte aus der Let-hargie zu machen, und uns in Bewegung zusetzen!

    Zum Abschluss mchte ich noch vielen so-lidarischen Freundinnen, Genossinnen undmir unbekannten Menschen fr ihren Ein-satz danken. Vor allem auch unseren An-gehrigen, die mit der Situation konfrontiertund den Schikanen des BKA ausgesetzt sind,was ihnen viel Kraft raubt, sie aber auch be-strkt, uns beizustehen.

    Ein herzliches Dankeschn geht an dasBerliner Soli-Bndnis, das fr eine breite Un-tersttzung sorgen konnte. Ein ganz groer Dank geht natrlich auch an die Anti-Re-pressionsstrukturen, an die Rote Hilfe, dasNetzwerk Freiheit fr alle politischen Ge-fangenen, an die Genossinnen vom anarchistblack cross (ABC), an die Rote Hilfe Interna-tional, aus der Schweiz und Belgien.

    Fr ein inniges unzerreibares Band zwi-schen drinnen und drauen. Wir werden ei-nen klaren Kopf und ein heies Herz behal-ten, ihr hoffentlich auch. Ich danke euch fr alles!Olli, 129a-Gefangener im mg-Verfahren

    Massive ZeugInnen-vorladungen durchdie Bundesanwalt-schaftSeit Mittwoch, den 10.10.2007 haben ber 10 Personen eine Zeugenvorladung von der Bundesanwaltschaft (BAW) im Zusam-menhang mit dem 129a-Verfahren gegenFlorian, Oliver, Axel, Andrej und drei wei-tere Beschuldigte erhalten.

    Zum Hintergrund des Verfahrens: Am 31.7.2007 wurden Oliver, Florian und Axel verhaftet. Die Polizei wirft ihnen ei-nen versuchten Brandanschlag auf Bun-

    deswehr-LKW vor. Weiterhin wurde And-rej in seiner Wohnung verhaftet. Ihm wer-den zwei angeblich konspirative Treffen miteinem der drei Verhafteten vorgeworfen.

    Allen sieben Beschuldigten wird die Mit-

    gliedschaft in einer terroristischen Vereini-gung (militante gruppe) nach 129a StGB

    vorgeworfen. Andrej wurde nach einigen Wochen, ge-

    gen Meldeauflagen und Zahlung einer Kau-tion, von der Vollstreckung der Untersu-chungshaft verschont. Gegen diesen Be-schluss hat die BAW Beschwerde eingelegt.Bis zum jetzigen Zeitpunkt steht die Ent-scheidung des Bundesgerichtshofes (BGH)

    noch aus. Der BGH hat angekndigt, imRahmen dieser Beschwerde darber zu ent-scheiden, ob in dem Verfahren weiter we-gen Mitgliedschaft in einer terroristischen

    Vereinigung oder wegen einer einfachenBrandstiftung ermittelt wird (Weitere Infoszum Verfahren gibt es unter http://einstel-lung.so36.net).

    Zu den aktuellen ZeugInnenladungendurch die BAW:Ohne diese Entscheidung abzuwarten hatdie BAW nun wahllos mit der Vorladung

    von Personen als ZeugInnen begonnen. Unssind bisher ber 10 Betroffene bekannt. Ne-ben Menschen aus dem nheren Umfeld der Beschuldigen sind hiervon auch Menschenbetroffen, die bisher keinen Zusammen-hang zu den Beschuldigen oder dem Ver-fahren erkennen knnen. Hier zeigt sich,dass alleine der Kontakt zu einem Beschul-digten dazu fhren kann, in das Umfeld ei-nes Terrorismusverfahrens gezogen zu wer-den.

    Die Betroffenen mssen diesen staatsan-waltschaftlichen Vorladungen Folge leistenund sind rechtlich zur Aussage verpflich-tet. Sollten diese Personen sich weigern Fra-gen zu beantworten, droht ihnen einZwangsgeld und die Verhngung von Er-zwingungshaft. Dieses, auch als Beugehaftbezeichnete Mittel, ermglicht es der BAW,einen unschuldigen Menschen bis zu sechsMonate ins Gefngnis zu stecken, nur weildieser nicht bereit ist, das staatliche Terro-rismuskonstrukt durch die Beantwortung

    von Fragen zu untersttzen und so bei-spielsweise einen Freund zu belasten oder zu einer Ausforschung seines Privatlebensbeizutragen.

    Fr die Betroffenen ist nicht absehbar,

    wohin ihre Befragung fhren soll. Sie knn-te beispielsweise dazu dienen, neue Zeu-gInnen oder Beschuldigte zu schaffen.

    Der Konflikt zwischen diesen Zwangs-mitteln und der Gefahr bei einem nicht zudurchschauenden Verfahren unwissentlichmitzuwirken, setzt die Betroffenen erheb-lich unter Druck. Momentan ist nicht ab-sehbar, ob weitere Zeugenvorladung durchdie BAW zu erwarten sind.

    Anscheinend versucht die BAW kurz vor der Entscheidung des BGH noch Materialzu sammeln, weil sie keine Beweise hat,sagte Beate Beckmann vom Ermittlungs-

    ausschuss (EA) Berlin.15.10.2007ZeugInnengruppe / ErmittlungsausschussBerlin, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlinkeine-zeuginnen [at] so36.net

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    Neuer Prozess undweitere Schikanen ...... gegen den AntifaschistenChristian S. aus BerlinBesuchsverbot:Leila darf ihren Ehemann Christian fr drei

    Monate nicht in der JVA-Tegel besuchen, weilsie der Auforderung der Bearbeiterin FrauRobbel nicht sofort nachgekommen ist, denBesuchsschein ein weiteres Mal auszuhndi-gen. Die schriftliche Begrndung der Anstalt(gez. Adam) mutmat deshalb, dass siegem 25 Strafvollzugsgesetz die Sicher-heit und Ordnung der Anstalt gefhrdet, in-dem sie sich den leider nicht nher genann-ten Anweisungen der Bediensteten widersetzthabe, als sie einen genehmigten Besuchwahrnehmen wollte. Die Aufrechterhaltungder sozialen Kontakte zwischen Eheleuten /Familienangehrigen ist auch weiterhindurch den jederzeit mglichen Schriftverkehr gewhrleistet heit es weiter.

    Schikanen:Nachdem er am 6. Oktober Besuch empfan-gen hatte und gerade auf dem Weg zumSigkeitenautomaten war, berwltigtenihn fnf Beamte und brachten ihn in einenRaum, wo er sich nackt ausziehen sollte. Auf

    Anordnung des Anstaltsleiter wurden nach84 Abs. 2 (Strafvollzugsgesetzt) wegen Ge-fahr im Verzug alle seine Krperffnungennach Drogen untersucht. Hier wurde, wie beiden etlichen Zellendurchsuchungen, nichtsdergleichen gefunden. Whrenddessen werden ihm weiterhin sei-

    ne Zeitungsabos verweigert. Auch Post sollihm nun nicht mehr ausgehndigt werden,weil er angeblich zuviel bekommt. Begrn-det hat das der Sozialarbeiter in Haus 1 da-mit, dass dies zuviel Zeit kostet.

    Damit nicht genug, ist auch Christian durchdie prekre medizinische Situation in der JVATegel betroffen. Pro Woche gibt es fr alleGefangenen 2 Stunden Sprechzeit beim Arzt.Fr eine Behandlung wegen Christians He-patitis C Erkrankung bleibt da keine Zeit.

    Neuer Prozess: Wieder wird gegen den inhaftierten Chri-stian S. prozessiert. Diesmal hat sich dasLKA Berlin was ganz besonderes ausge-dacht. Er soll gegen das Pressegesetz ver-stoen, Verfassungsorgane der BRD verun-glimpft und Amtsinhaber verleumdet ha-ben. Eine Polizeistreife hat ihn festgenom-men, als er einige Plakate klebte. Statt ihnwegen der Ordnungswidrigkeit Wildpla-katieren zu belasten, wird ihm nun die Ur-heberschaft des Plakats vorgeworfen. Der Plan des LKA: ihm den offenen Vollzug

    durch mglichst viele langwierige Verfah-ren, die sich gro anhren, zu verbauen.Der Prozess ist angesetzt fr Dienstag, den20.11. ab 11 Uhr im Amtsgericht Tiergarten(Turmstrae 91, Moabit). (Soligruppe)

    ber die Bestimmung vonKooperation und Konfrontati-on unter KnastbedingungenInterview mit dem Berliner AntifaschistenChristian S. zu Widerstand im Gefngnis,der zu 40 Monaten in der JVA Tegel we-gen seines antinazistischen Engagements

    weggesperrt ist.

    Warum hast Du freiwillig deine Haft ange-treten?

    Nach meiner letzten Entlassung aus der Untersuchungshaft im Januar 2006 wurdeich des fteren gefragt, ob ich beabsichti-ge, die verbliebene Strafe von 40 Monatenabzusitzen, oder lieber untertauchen wr-de. Ein Problem, das in der Widerstandsge-schichte schon einigen aufgezwungen wur-de und das unterschiedlich beantwortetwurde. Einerseits haben sich viele Leute fr meine Freilassung eingesetzt, und da wirktes bestimmt befremdlich, sich dann wieder freiwillig in den Knast zu begeben. Ande-rerseits bedeutet das Untertauchen immer auch weitere Belastungen fr Untersttze-rInnen, und es hat auch politische Auswir-kungen. Eine Flucht fhrt zu einem erheb-lichen finanziellen und logistischen Auf-wand fr das solidarische Umfeld, eine Tat-sache, die kaum einen Flchtling glcklichmacht. Die Flucht fr ein Delikt wie Land-friedensbruch ist auch Wasser auf dieMhlen derjenigen die fr die inflationreZunahme von Haftbefehlen nach Demosoder Antifaaktionen verantwortlich sind;zumindest macht es Haftverschonungsbe-schlsse fr andere unwahrscheinlicher.Zuletzt htte mein Untertauchen auch be-deutet, dass Nazis und Repressionsorganedarber entscheiden, wer in Berlin sich po-litisch bettigt oder wer die Koffer packtund sich aus dem Staub macht.

    Ist das Selbststellen in einer Justizvollzugs-anstalt also ein Akt der Kooperation mit dem Staat?

    Bei kurzen Strafen ist es kein Problem,dem Stellungsbefehl nicht nachzukommen

    und zu warten, bis man geschnappt wird,bei extrem langen Strafen wird wohl eher Flucht die Alternative sein. In meinem Fallhoffte ich, das Signal zu vermitteln, dass esmglich ist, trotz Knast ganz normal wei-terzuleben, also weder das soziale Umfeldnach Wohnung oder politische Ambitionenaufzugeben. Durch das Nachvollziebarma-chen [knnen] Fehler, die zu einer Verhaf-tung fhren, ber U-Haft, Prozess, ffent-lichkeitswirkung hoffentlich zurckge-drngt werden. Denn wie viele ziehen sichnach dem ersten ernsteren B.kontakt ausder Antifaszene zurck?

    Wie ist denn Widerstand in Gefangenschaft mglich?

    Kooperation im Knast bedeutet, wichtige Arbeiten zu bernehmen wie z.B. in der

    Werkstatt oder Verwaltungsreiniger etc.Genauso abzulehnen ist der Kontakt mit Be-amten ber das unbedingt notwendige Mahinaus. Hingegen kann konsequentes In-anspruchnehmen der eigenen Rechte unddas vermitteln von Missstnden bei ent-sprechender ffentlichkeitsarbeit zu einer wnschenswerten Konfrontation innerhalbund auerhalb der Knste beitragen. Trotzeines breiten Spektrums von Unter-

    drckungs- und Persnlichkeitszer-strungsmitteln gelingt es auch den Berli-ner Knsten nicht, jeden Widerstandswil-len auszurotten. Die Wut im Jugendknast,in Moabit und in Tegel ist gro, aber es fehltder Zndfunken von drauen.

    Weit Du, wie der Widerstand in anderenLndern aussieht?

    In Griechenland und Spanien sind Poli-tisierungsgrad und Widerstandsniveau inden Knsten grer, auch weil es zu So-liaktionen drauen kommt, die fr uns hier unvorstellbar sind. () Ganz bestimmt fatalwre es, die Widerstandsebene Knast der Gegenseite um den Nasensnger von Land-ser Michael Regener zu berlassen. Die So-lidemo fr diesen vor der JVA Tegel fhrtezu einer strukturellen Strkung der Nazishier drinnen.

    Intern. Solidaritts-tag fr die Aachen 2Der 29. September wurde vom internatio-nalen Anarchist-Black-Cross-Netzwerkund anderen Antiknast-AktivistInnen zuminternationalen Aktionstag fr die Aachen2erklrt. Die Aachen2 sind die beiden Anar-chisten Gabriel Pombo da Silva und JoseFernandez Delgado, beide saen in Spani-en viele Jahre im berchtigten und men-schenverachtendem IsolationshaftsystemF.I.E.S. ein. Sie konnten glcklicherweisediesem Knast den Rcken zukehren, indemsie flohen und untertauchten, am 28. Juni2004 gerieten sie in Aachen zusammen mit

    Gabriels Schwester, Begoa Pombo Da Sil- va, und Bart de Geeter, ein anarchistischer companero aus Belgien, in eine Polizei-kontrolle, bei welcher sie schlussendlichfestgenommen wurden. Am 28. September 2005 wurde die Urteile, nach einem eng-stirnigen und infantilen Prozess, in dem siefr ihre anarchistische Einstellung verur-teilt wurden, gesprochen - Jos muss fr 14Jahre und Gabriel fr 13 Jahre hinter Git-tern.

    Um unsere Solidaritt gegenber den Ge-fangenen auf die Strae zu tragen und umsie daran teilhaben zu lassen, wurden

    Kundgebungen in Rheinbach und Aachen vor den jeweiligen Justizvollzugsanstaltenorganisiert. Insgesamt kamen zwischen 60und 70 solidarische Menschen aus der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Frank-

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    reich, Spanien und Deutschland. Leider ka-men nur sehr wenige aus Deutschland sel-ber, da dass Thema Knast und die Solida-ritt mit inhaftierte Genossen immer nocheine untergeordnete Rolle in den Betti-gungsfeldern der deutschen Linken ein-nimmt. Auch scheint es oft so, dass inDeutschland nur vermeintlich Unschuldi-ge breitere Untersttzung und Solidaritterfahren. Dieser Zustand wird von uns seidgeraumer Zeit kritisiert.

    Marco Camenisch, ein ko-anarchisti-scher Gefangene aus der Schweiz, ent-schloss sich dazu, den Aktionstag mit ei-nem Hungerstreik vom 16. bis zum 29. Sep-tember zu untersttzen. Gabriel und Josschlossen sich ihm an, und auerdem wur-den sie von Joaqun Garcs Villacampa, ei-nem anarchistischen F.I.E.S.-Gefangenendes spanischen Staates, vom 28. bis zum30. September untersttzt.

    In Rheinbach trafen wir uns gegen 12 Uhr vor der JVA, um unsere Solidaritt mit Joszu zeigen. Bewaffnet mit einer Soundan-lage versuchten wir, die Isolationsbedin-gungen hinter den Mauern zu berwindenund wenigstens fr eine kurze Zeit von der tdlichen Monotonie abzulenken. Auer-dem wurden unzhlige Tennisblle, auf de-nen verschiedenste Botschaften geschrie-ben waren, ber die Knastmauern ins In-nere geworfen. Es wurden Redebeitrgeber die Aachen2 und die aktuelle Situati-

    on der mg-Beschuldigten in Berlin verle-sen, auerdem sandte uns der in Berlin-Te-gel inhaftierte Antifaschist Christian S. auf-bauende Gruworte.

    Gegen 16 Uhr trafen wir uns wieder in Aa-chen, um vor der dortigen JVA unsere wrm-sten Gre an Gabriel und alle anderenkmpfenden Gefangenen zu bersendenund um unsere Wut und Trauer ber die Zu-stnde rauszuschreien. Trotz anhaltendenRegens bewegten wir uns in Form einer Spontandemo fast um den ganzen Knastherum, um damit viel Aufmerksamkeit in-nerhalb der Mauern zu erreichen und um zu

    gewhrleisten, dass wir von mglichst allenGefangenen gehrt werden knnen. Beson-ders erfreulich war es, dass die Gefangenenauf unsere Kundgebungen mehrmals mitRufen und zustimmenden Schreien reagier-

    ten.Die abgestellten Poli-

    zeibeamtInnen warennicht in der Lage, unse-re Entschlossenheit zubrechen, weder das Wer-fen der Tennisblle inRheinbach noch die(fast) Umrundung desKnastes in Aachen. Uns

    wurde die Strae rundum den Knast in Aachennicht bewilligt, so daswir sie uns nehmen mus-sten. Auer einigen klei-neren Rangeleien mitden grnen Spielverder-bern gab es aber keine

    weiteren Auseinandersetzungen. Die Ent-schlossenheit beim Auftreten gegenber der Polizei verhalf uns dazu, unsere Kundge-bung so durchzufhren, wie wir es wollten. Am Abend des 28. versammelten sich an

    die 30 solidarische Personen vor dem deut-schen Konsulat in Bilbao, da es ihnen leider aus technischen Problemen nicht mglichwar, mit uns zusammen zu demonstrieren.

    Auch in England und weiteren Lndern kames zu Solidarittsaktionen.

    Bereits am 21. September gab es eineKundgebung mit Live HipHop-Konzert inBerlin unter dem Motto fr mehr selbstbe-stimmte Rume - gegen Zwangsanstalten.Mit Redebeitrgen und ber der Strae ge-spannten Transpis wurde auf die Gefangen-schaft von Gabriel und Jos aufmerksam ge-macht. An dieser Kundgebung nahmen ca.150 Menschen teil.

    Dies werden nicht die letzten Aktionen fr die Freiheit der Aachen2 sein, wir werdenauch in Zukunft unsere Ablehnung gegenihre Inhaftierung auf die Strae tragen, umdamit unsere aktive Solidaritt Ausdruck zu

    verleihen.Knste zu Baulcken!http://www.abc-berlin.net/

    Freiheit fr

    Binali Yildirim ! Am 29.5.2007 wurde unser Freund Binali Yil-dirim auf Mallorca verhaftet, wo er sich mitseiner Fussballmannschaft im Urlaub befand.Obwohl er bereits seit einigen Jahren legal inDeutschland lebt, fordert die Trkei ber In-terpol seine Auslieferung. Grund dafr ist einProzess, in dem Binali 1996 zu einer lebens-langen Gefngnisstrafe verurteilt wordenwar. Ihm wurde vorgeworfen, als Mitglied der kommunistischen TIKKO- Guerrilla an An-griffen gegen das trkische Militr beteiligtgewesen zu sein.

    Whrend seines Prozesses wurde Binalischwer gefoltert, sein Anwalt immer wieder ausgeschlossen und Entlastungszeugen nichtgehrt. 2001 beteiligte er sich an einem Hun-gerstreik gegen die Einfhrung der Isolati-

    onshaft in der Trkei. Nach mehr als 70 Ta-gen wurde seine Strafe aufgrund akuter Le-bensgefahr fr sechs Monate ausgesetzt. Indieser Zeit flchtete er nach Deutschland, woer als politischer Flchtling anerkannt wur-de.

    Trotz seines Status in der BRD und entge-gen den geltenden internationalen Richtlini-en wie den Genfer Konventionen halten diespanischen Behrden ihn nun seit ber vier

    Monaten weiterhin fest.Durch die miserablen Haftbedingungen -Binali sitzt in einer Einzelzelle, hat kaumKontakt zu seiner Familie und Freunden, eswird keine adquate bersetzung gewhrlei-stet, etc. - und die willkrliche Verlngerungseiner Haft aufgrund der spanischen Justiz-ferien verschlechtert sich sein gesundheitli-cher Zustand vehement. Seine schwere Er-krankung, die er durch den Hungerstreik inder Trkei erlitten hat, verschlimmert sichdurch die Inhaftierung gravierend. Gleich-zeitig wird Binali und seiner Familie die so-ziale und wirtschaftliche Lebensgrundlage inDeutschland zerstrt.

    Unterdessen hat es vor allem in Deutsch-land, aber auch in anderen Teilen Europas

    verschiedene Aktionen gegeben, mit denengegen die Inhaftierung und Verfolgung poli-tischer Flchtlinge protestiert wurde. Zahl-reiche Organisationen und Einzelpersonenhaben mit Unterschriften, mit Protestfaxen,bei Protestkundgebungen vor den spanischenKonsulaten, einer Demonstration, etc. dieForderung, Binali und alle politischen Ge-fangenen freizulassen, solidarisch unter-sttzt.

    Dennoch hlt der trkische Staat an seinem Auslieferungsgesuch fest. Sollte Binali aus-geliefert werden, droht ihm neben dem Voll-zug der lebenslnglichen Haftstrafe erneuteFolter.Freiheit fr Binali Yildirim und alle politi-schen Gefangenen!Rote Hilfe e.V. OG Hamburg

    Solidarittskundgebung Am 20.10. fand vor dem Berliner Knast inBerlin-Moabit eine Kundgebung fr die Frei-heit aller politischen Gefangenen statt. Siestand unter dem Motto:

    Freiheit fr Binali Yildirim! Freiheit fr Ol-li, Florian und Axel! Freiheit fr Hasan Sub-asi! Veranstalter war die Soligruppe Binali Yil-

    dirim Berlin. Knapp 80 Leute solidarisiertensich ... insbesondere mit den in Moabit imZusammenhang mit den Ermittlungen gegendie militante gruppe inhaftierten GenossenOlli, Florian und Axel und dem trkischenLinken Hasan Subasi, der beschuldigt wird,Mitglied der verbotenen OrganisationDHKP/C zu sein. Besondere Aufmerksamkeitwurde dem in Spanien inhaftierten Binali Yil-

    dirim gewidmet. Binali war bereits Ende Maiim Urlaub verhaftet worden, und obwohl er seit Jahren legal als anerkannter Flchtlingin Hamburg lebt, aufgrund eines Haftbefehlsder Trkei festgenommen. Ihm droht seitdem

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    die Abschiebung in Folter und Tod.Die Soligruppe fr Christian beleuchtete in

    ihrem Redebeitrag die Situation in den Ber-liner Knsten insgesamt. Die ist geprgt vonzunehmender Privatisierung und der Eins-parpolitik. So wird in einem Papier ausge-rechnet, wieviel Stellen eingespart werdenknnten, wenn der Umschluss im Jugend-knast statt wie bisher um 21 Uhr um 18 Uhr

    vollzogen wrde; d.h. die Gefangenen wren

    dadurch gezwungen, 3 Stunden lnger in ei-ner engen Zelle zu hocken. Die Mumia-Soli-darittsgruppe berichtete ber den aktuellenStand des in den USA in der Todeszelle sit-zenden Mumia Abu-Jamal.

    Des weiteren schlug die Berliner Gruppe In-ternationale KommunistInnen inhaltlich denBogen von Isolation und Vereinzelung in denKnsten zur gesamtgesellschaftlichen Isola-tion, von der aufgrund der aktuellen Ver-schrfungen der Lebensbedingungen im Ka-pitalismus zunehmend mehr Menschen be-troffen sind. Staatliche Repression und letzt-lich Knaststrafe wird dann auch stets gegendie Menschen eingesetzt, die sich gegen dieasozialen Verhltnisse im Kapitalismus weh-ren.

    Jngstes Beispiel dafr ist die Tatsache,dass aktuell im Zuge des 129a-Verfahrensgegen Olli, Florian und Axel mindestens wei-

    tere 20 Personen von den staatlichen Schnf-flern drangsaliert werden, wie in einem Re-debeitrag der ZeugInnengruppe erlutertwurde. Hier geht es grtenteils um Vorla-dungen als ZeugInnen vor das Bundeskrimi-nalamt und die Bundesanwaltschaft anFreundInnen, Bekannte, aber auch Personen,die in keinerlei Verbindung zu den Inhaftier-ten stehen. Den Betroffenen droht bei Aus-sageverweigerung neben drakonischen Geld-strafen auch Beugehaft, von mglichenSchwierigkeiten am Arbeitsplatz oder einfachfinanziellen Problemen mal abgesehen. DieZeugInnengruppe braucht also solidarischeUntersttzung. Ein Spendenkonto ist daher eingerichtet:

    Klaus SchmidtKto.Nr. 20610106, Blz. 10010010Stichwort: Keine ZeugInnenMit Rufen machten die Gefangenen deut-

    lich, dass die Kundgebung im Knast gehrtwurde. Das allein sollte schon Grund sein, dieGefangenen fter mal zu besuchen und miteiner Kundgebung Solidaritt fr sie und Pro-test gegen das Knastsystem deutlich zu ma-

    chen!Niemand wird allein gelassen!Freiheit fr alle politischen Gefangenen!Hoch die internationale Solidaritt!

    Soligruppe Binali Yildirim Berlin

    Im letzten Info ist das Fragment Zune von Fritz Storim aus technischen Grndennicht vollstndig abgedruckt worden. Vollstndig ist es unter www.political-prisoners.net zu lesen.

    IHRE Herrschaft heit: KnastMenschen und Lebensprozesse zerlegen, vereinzeln, isolieren,

    vereinsamen, vom Leben entfremden.

    Wieder zusammenfgen und vernetzen:kontrolliert, gesteuert, berwacht.Nach IHREN Gesetzen.Optimiert im Sinne von Leistungsfhigkeit und geringer Stranflligkeit,

    zugunsten IHRES Profits, zugunsten IHRER Macht.

    IHR Knast ist:

    Konditionierung, Dressur fr IHR Leben,und falls nicht erfolgreich: Rache, Liquidation und immer auch Abschreckung.

    Nach Vorschrift und Gebrauchsanleitung leben:jede Bewegung vorgegeben, Stunde um Stunde, Tag fr Tag;in einem Zustand permanenter Monotonie und Kontrolle.

    Es gibt keine Privatsphre, nicht einmal eine Intimsphre, die gewahrt wird.Die/der Gefangene wird zum glsernen Menschen,politisch und sozial isoliert,entmndigt, in ihrer/in seiner Identitt gebrochen.

    Ein Mensch, wie SIE ihn fr IHRE Gesellschaft brauchen.Das ist IHR Ziel, das wollen SIE erreichen.

    Unser Leben (drinnen wie drauen) bedeutet:

    Nicht an den Bedingungen, die SIE setzen zerbrechen:dich nicht arrangieren,dich nicht zum Opfer machen lassen.

    IHRE Bedingungen wahrnehmen, analysieren, zu deinen Kampfbedingungen machen.

    Du kannst besiegt werden,aber es ist keine Niederlage, wenn du weiterkmpfst.

    Die Freiheit hat viele Gesichter:

    sie ist auch die, die du dir nimmst, wenn du die eigenen Mauern einreit:dich ffnest fr die anderen Menschen,die Hand ausstreckst,die Hand ergreifst, die dir gereicht wird.

    Es gibt einen Kampf, den kann dir niemand abnehmen,den kann keine und keiner fr die andere / den anderen besorgen,den Kampf um deine Selbstbestimmtheit,den Kampf um dich selbst.

    Aber es gibt kein endgltiges Ziel, kein Ankommen,keine endgltige Niederlage,keinen endgltigen Sieg;das Ziel liegt im Gehen.

    Hamburg, Untersuchungsgefngnis, Herbst 1989, Fritz Storim

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    Weitere Verschrfungengegen Mustafa AtalayMustafa wurde im November letzten Jah-res auf Betreiben der Bundesanwaltschaftim Rehabilationszentrum Bad Bevensen beiHannover verhaftet. Seitdem unterliegt er Isolationshaftbedingungen. So muss er sichzustzlich vor und nach jedem Besuch aus-

    ziehen. Aus Protest gegen diese schikan-sen Kontrollen verweigert er zu Zeit jedenBesuch. Selbst Anwaltspost dauert zurzeit4 Wochen.

    Sein Gesundheitszustand ist unvernderternst. Mustafa, der zurzeit im Justizvoll-zugskrankenhaus Lingen inhaftiert ist, sollin diesem Monat Oktober noch in die JVAFreiburg verlegt werden. Seine Forderungist aber Haftunterbrechung und Verlegungin ein regulres Krankenhaus. Die anste-hende Verschleppung wrde auf jeden Falleine Verschlimmerung seiner Situation be-deuten, denn die Behandlung u.a. seiner le-bensbedrohlichen Herzattacken sind nur auerhalb des Knastes mglich.

    Mustafa kmpft trotzdem weiterhin fr bessere Bedingungen: So hat er verschie-dene Gruppen, Institutionen und Einzel-personen angeschrieben. So haben ihm inletzter Zeit der BundestagsabgeordneteHaskin Keskin von der Linkspartei, dasBundesjustizministerium und der amtie-rende Vorsitzende der EU, der portugiesi-sche Ministerprsident, nicht nur formell,sondern auch persnlich geantwortet. Auchhat er Briefe von anderen Menschen erhal-ten und freut sich weiterhin ber Post intrkischer oder englischer Sprache.Mustafa AtalayJustizvollzugskrankenhaus LingenKaiserstr.5 49809 Lingen

    Kritische JournalistInnenausgeschlossenSolidarittsadresse fr die Veranstaltungam 18.10.07 in Hamburg zum aktuellen129a-Prozess

    Hamburg Oktober 2007 Wir sind JournalistInnen, die sich onlinefr den G-8-Gipfel akkreditiert hatten.

    Zwei Tage vor Beginn des G-8-Gipfels inHeiligendamm ist uns vom Bundespresse-amt mitgeteilt worden, dass eine Akkredi-tierungen nicht erteilt werde. Als Begrn-dung wurde eine entsprechende Empfeh-lung des Bundeskriminalamtes angege-ben. Wir haben sofort reagiert und es durch

    Gerichtsurteile und ffentlichkeitsarbeitgeschafft, dass die Pressestelle der Bundes-regierung die Akkreditierungen nachtrg-

    lich ausstellen musste.Das zustndige Verwaltungsgericht Ber-lin hat einige Bescheide des Bundespresse-amtes in der Luft zerrissen und entschie-den, dass die Behrde sich nicht auf unge-

    naue und nicht sachgeme Informationender Geheimdienste verlassen drfe, dennhinter den meisten Negativ-Empfehlungensteckte das Bundesamt fr den Verfas-sungsschutz.

    Das war ein Erfolg.Eigentlich eine Selbstverstndlichkeit.

    Wir haben jetzt Anfragen an BKA, ein-zelne Landeskriminalmter und vor allemden VS gestartet, um Akteneinsicht zu be-

    kommen. Wir wollen wissen, was diese Behrdenan Informationen ber uns sammeln undaufgrund welcher Informationen das Bun-despresseamt sich das Recht herausnimmt,JournalistInnen bei ihrer Arbeit zu behin-dern. Wir werden zu gegebener Zeit mit die-se Informationen an die ffentlichkeit ge-hen.

    Dass Andersdenkende nicht erwnschtsind, wissen wir. Aber dass jetzt sogar kri-tische Beitrge und Journalistinnen, die kri-tisch berichten, von ffentlichen Veran-staltungen ausgeschlossen und kriminali-siert werden, ist in dieser Dreistigkeit neu.

    Die Hausdurchsuchungen vor und nachdem G8 in Hamburg, Bremen und Berlinwurden begrndet mit dem Vorwurf, dassdie betroffenen Menschen sich an An-schlgen beteiligt haben sollen.

    In mindestens zwei Flle war die Be-grndung, dass die Beschuldigten intellek-tuell in der Lage sind zu recherchieren undTexte zu schreiben, die bei Bekennerschrei-ben benutzt werden knnten.

    Diese Text-Baustein-Methode wird vondeutschen Behrden - besonderes von Aus-lnderbehrden - gerne benutzt, um Asyl-antrge von Flchtlinge abzulehnen, ohnesich jeweils die Mhe gemacht zu haben,die Geschichte des/der Einzelnen ernsthaftzu prfen. Es ist deswegen nicht verwun-derlich, dass die Behrden das, was sie sel-ber tun, bei anderen auch unterstellen undberall nach bunten Bausteinen suchen.

    Fr uns JournalistInnen, die kritisch be-richten wollen und wir uns unserer Ver-antwortung bewusst sind, wenn wir re-cherchieren und Texte verffentlichen, be-deuten die jngsten Ungeheuerlichkeiten,dass unsere Arbeitsweisen und unsere Kri-

    tik als Vorwurf gegen uns benutzt werden.Noch ist die Anzahl der Betroffenen klein,aber wenn diese Prozesse nicht eine groeffentlichkeit erreichen, werden viel mehr Menschen, darunter auch JournalistInnen,betroffen sein.

    Eigentlich msste schon jetzt die Redak-tion des Reisefhrers Lonely Planet mitbei den Angeklagten sitzen, denn auch siebenutzt den inkriminierten Begriff Gen-trification! Wir rufen alle JournalistInnen, Gewerk-

    schaften und Medien dazu auf, sich an ei-ner Prozessbeobachtung zu beteiligen. Wir

    tun es auch !Solidarische Gre

    Marily Stroux- Fotojournalistin-HamburgFritz Burschel, Radio LOTTE Weimar

    Faxt die JVA Bren zu!Brengruppen, 5.10.:Aufruf zur Telefon- und Faxkampagne frdie streikenden Hftlinge in Bren!

    Am zweiten September demonstrierten wir vor dem Abschiebeknast in Bren gegen die Abschiebepolitik der Bundesrepublik undgegen die Abschottung der EU. Im Knast

    selbst begannen zeitgleich etwa 60 Gefan-gene mit einem Hungerstreik gegen die Ab-schiebegefngnisse. Nachdem drei Gefan-gene auf freien Fu gesetzt wurden und die

    Anstaltsleitung die Kommunikation unter den Gefangenen verhindert, ist die Situati-on auch fr uns etwas schwer zuberblicken. Noch immer verweigern aber mehrere Hftlinge das Anstaltsessen.

    Um die ffentliche Aufmerksamkeit wie-der auf die Proteste zu lenken und um die

    Verantwortlichen unter Druck zu setzen ha-ben wir im Anhang Fragen vorbereitet, dieihr bitte per Telefon und per Fax an die An-staltsleitung und das Innenministerium vonNRW richtet. Ihr knnt den Fragenkataloggerne um eigene Fragen ergnzen. Ziel istes, vielleicht doch so die ein oder andere

    Aussage der Knastleitung oder der Zustn-digen im Innenministerium zu bekommen,

    vor allem aber, dass wir jetzt nicht locker lassen und mit vielfltigen Aktionen dasKnastregime unter Druck setzen.

    Das Ganze geht dann:An die Leitung der JVA BrenStckerbusch 133142 BrenTel.: +49 (0)2951 / 971-0 oder -101 (An-staltsleiter Strohmeier)

    Fax: +49 (0)2951 / 971-133An das Innenministerium NRWReferat 15Haroldstr. 540190 Dsseldorf Tel.: +49 (0)211 / 871-2518 (Hr. Braun) oder -2396 (Hr. Hartwig)Fax: +49 (0)211 / 871-3355

    Bitte schickt uns die Antworten seitens der Knastleitung und des Innenministeriums.Danke erst einmal und Gre von der Brengruppe aus Paderborn!

    Hier der Text und die vorbereiteten Fragen:

    Sehr geehrte Damen und Herren,durch die Berichte in den Medien habe

    Solidarittsdemo am 15.9. in Lippstadt

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    ich vom Schicksal der Hftlinge in der JVABren erfahren. Nach den Gerchten ber Hungerstreik und dem Dementi ihrerseitsfrage ich mich, was hinter den Mauern der JVA eigentlich passiert.

    Deshalb richte ich mich mit diesemSchreiben direkt an Sie und beantrage dieBeantwortung folgender Fragen:

    1. Wie viele Hftlinge in der JVA Bren verweigern a) nach Ihren Angaben und b)

    nach den Angaben der Hftlinge das An-staltsessen?2. Was sind die Forderungen der Hftlin-

    ge und was kritisieren sie?3. Was haben Sie als Gefngnisleitung/

    zustndiges Ministerium unternommen,um die Zustnde in der JVA zu verbessern?

    4. Warum wird den Hftlingen nicht er-mglicht, Zugang zu ihrer persnlichen Ha-be zu erlangen?

    5. Wrden Sie es als interkulturelle Kom-petenz beschreiben, dass muslimische Hft-linge an Weihnachten 2006 Wildschwein-gulasch auf ihrer Speisekarte hatten??

    6. Wie stehen Sie zu der Tatsache, dassbei Gesprchen zwischen Zentraler Aus-lnderbehrde (ZAB) und Hftlingen in der Regel kein Dolmetscher anwesend ist?

    7. Warum gibt es in der JVA Bren nicht,wie z.B. in Strafhaft blich, Aufschluss?

    8. Warum drfen die Gefangenen nichteigene Vertreter whlen?

    9. Warum wurde der vom Kreistag Pa-derborn gewhlte Beirat nicht eingesetzt?

    Mit freundlichen Gren,

    Der Text kann auch als rtf-Datei oder pdf-Datei von www.bueren-demo.de herunter-geladen werden.http://www.bueren-demo.de

    Gefangene aus Bielefeld pro-testieren gegen MissstndeMissstnde im deutschen Strafvollzug wer-den meist nur publik, wenn es zu einemgroen Knall kommt, zum Beispiel wenn,wie in Siegburg geschehen, ein Mitgefan-gener ermordet wird.

    Gefangene in der Justizvollzugsanstalt(JVA) Bielefeld haben sich nun im Septem-ber 2007 in einem offenen Brief an natio-nale und internationale Institutionen ge-wandt, um die Zustnde in ihrer Anstaltanzuprangern.

    Der Grnder der Interessensvertretung In-haftierter (eine Initiative, die sich auch alsDokumentationsstelle fr Zitat - Gewaltund Willkr im bundesdeutschen Strafvoll-zug versteht), kurz: IVI, sitzt selbst zurzeitin Bielefeld ein. Peter Scherzl und seine Mit-streiter wenden sich u.a. an den Bunde-

    sprsident, deutsche Gerichtshfe, aber auch an Redaktionen von Zeitungen undFunk und Fernsehen.

    Sie erheben den Vorwurf, der Leiter der JVA Bielefeld und dessen Vertreter wrden

    selbst Willkr praktizieren, selbige auch dul-den, Gefangene bedrohen, in gerichtlichen

    Verfahren lgen und Gefangene ntigen. Auf 16 eng beschriebenen Seiten werden

    insgesamt 32 Einzelpunkte aufgezhlt. An-gefangen bei Kritik am medizinischenDienst (tagelange Wartezeit auf Terminbeim Anstaltsarzt, Ausgabe von Medika-menten mit abgelaufenem Verfallsdatum letzteres ist momentan auch in Berlin ein

    Thema in der dortigen Presse -), erzwunge-ne Mehrfachbelegung von Zellen (d.h. meh-rere Inhaftierte mssen sich einen kleinenHaftraum teilen) und weiteren Punkten vongrerer oder eher geringerer Relevanz. Wie mir Herr Scherzl in einem Brief mit-

    teilte, habe u.a. der trkische Konsul schonum detaillierte Informationen gebeten. Dennein wichtiger Vorwurf lautet, dass auslndi-schen Gefangenen verboten werde, in ihrer

    jeweiligen Sprache Briefe zu schreiben undzu empfangen. Sie also faktisch von ihrenSozialkontakten abgeschnitten werden. Imbrigen wrden gerade muslimische Gefan-gene diskriminiert, da zwar christlichen Ge-fangenen Gottesdienste angeboten wrden,aber man den muslimischen Gefangenen dieDurchfhrung eines gemeinschaftlichenFreitagsgebetes verwehre.

    So begrenswert dieser Protest ist, dennmeist bleibt es bei bloem Gemeckere, sosehe ich ein Problem darin, dass die The-matik Strafvollzug nicht reflektiert wird,denn meines Erachtens kann es nicht dar-um gehen, Knast in ein Hotel Garni zu ber-fhren, sprich, es sollte eigentlich auch stetsdie Sinnhaftigkeit der Institution Gefngnisinsgesamt zumindest hinterfragt wer-den.

    Nun bleibt abzuwarten, welche Adressa-ten reagieren werden und ob es zu fr dieGefangenen positiven Vernderungen kom-men wird. Wer sich ber die Details der Beschwer-

    den interessiert, kann sich an Herrn Peter Scherzl (z.Zt. JVA, Umlostrasse 100, 33649Bielefeld) wenden.Thomas Meyer-Falk, c/o JVA Bruchsal

    Kiel: 200 begleiten Antifa zum Prozess Am 19.10.07 fand vorm Kieler Amtsgerichtder Prozess gegen einen Kieler Antifaschi-

    sten statt, dem die Staatsanwaltschaft ge-fhrliche Krperverletzung an einem stadt-bekannten Neonazischlger vorwirft.Schon ab 9 Uhr, einer Stunde vor Prozes-sbeginn, versammelten sich zeitweise 200FreundInnen und politische WeggefhrtIn-nen vor dem Amtsgericht zu einer Solida-rittskundgebung. In zwei Redebeitrgenwurden sowohl die skandalse Beweislage,die lediglich auf den Zeugenaussagen und

    willkrlichen Identifizierungen von Neo-nazis beruht, als auch die Tatsache, dassMenschen berhaupt dafr bestraft werdensollen, sich gegen Neonazis zur Wehr zusetzen. Die Kundgebung wurde den ganzenTag als Anlaufstelle fr die vielen Unter-sttzerInnen, die keinen Platz mehr im Ge-richtssaal fanden, aufrecht erhalten.

    Der Prozess in dem mit solidarischen Pro-zessbeobachterInnen voll besetzten Saal 4des Amtsgerichts wurde nach der Verneh-mung verschiedener ZeugInnen, wie auchder beteiligten Neonazis, um 17 Uhr unter-brochen und eine Entscheidung auf den 5.November um 9 Uhr (Saal 2) vertagt. Als besonders erfreulich muss die groe

    Untersttzung des Angeklagten gewertetwerden. Nachdem schon am Samstag 400Menschen im Vorfeld des Prozesses an der Solidarittsdemo in der Kieler Innenstadtteilgenommen hatten, war die heutigeKundgebung mit ihren 200 TeilnehmerIn-nen trotz Wochentag und der frhen Uhr-zeit ein weiteres klares Signal: Dem Ange-klagten konnte der Rcken gestrkt werdenund klar gemacht werden, dass er nicht al-leine dasteht, sondern viele mehr sich an-gesprochen fhlen. Auerdem wurde klar-gemacht: Es ist vllig legitim, wenn Men-schen gegen die alltgliche Neonazibedro-hung Widerstand leisten. Der Justizapparatbraucht wohl seine Zeit, um das zu verste-hen und hat das Urteil vertagt. Klar ist:

    Auch am 05.11. wird der Angeklagte wie-der ffentlich wirksam begleitet werden.

    Hintergrund der Anklage ist eine Aus-einandersetzung zwischen Neonazis und

    Antifaschisten am 1. April 2006, bei demein Antifaschist durch einen Messerstich ei-nes Neonazis schwer verletzt wurde. In des-sen Folge kam es mit Hilfe von Zeugen-

    aussagen der beteiligten Neonazis u.a. zueiner Hausdurchsuchung und mehreren Er-mittlungsverfahren gegen tatschliche oder

    vermeintliche AktivistInnen aus der linkenSzene Kiels. Antirepressiongruppe 1. April

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    Nachricht aus demgriechi-schen Gefngnis

    Am 17.10. hat Christodoulos Xiros, der Bru-der von Savvas, im Knast einen allergischenSchock erlitten. Nach Druck von Anwltenund Mitgefangenen haben sie ihn ins Kran-kenhaus gebracht und behandelt. Abendsmusste er aber wieder zurck in den Knast,die rzte haben aber drauf bestanden, dasser fr eine grndliche Untersuchungnochmal ins Krankenhaus kommt, sobalder den akuten Schock jetzt hinter sich hat.

    Solidaritt mit Josefina Aranburu

    Der Internatio-nale Tag der Po-litischen Gefan-genen ist vorbei;

    das Leid der In-haftierten unddie Ungerech-tigkeit der Re-pressionen nicht... Ein Beispielhierfr ist die il-legalisierte Spa-

    nische Kommunistische Partei, PCE(r), derenMitglieder verfolgt, gefoltert und jahrzehn-telang inhaftiert werden.

    Die PCE(r)/Spanische KommunistischePartei (rekonstruiert) (www.antorcha.org,auch in dtsch.) wurde 1975 in der politischen

    Situation gegrndet, weil die Auslschungder alten, kommunistischen Partei unter der Politik Carrillos abzusehen gewesen war, soder Generalsekretr der PCE(r), Manuel PrezMartnez oder Camarada Arenas. Noch im-

    mer sind zahlreiche Mitglieder der Partei, der man eine Verbindung zu den Antifaschisti-schen Revolutionren Gruppen, GRAPO, zuunterstellen versucht, in den Hochsicher-heitstrakten der spanischen Staatsgefng-nisse inhaftiert. Mindestens Einige der seit2006 Verhafteten haben massive Folterun-gen erlitten. Die Haftbedingungen entspre-chen dem Isolationsystem FIES .

    Solidarittsaufruf fr Josefina AranburuFina Garca Aranburu ist Mitglied PCE(r) undpolitische Gefangene im Gefngnis AlcalMeco. Sie ist bereits seit Jahren schwer herz-krank und musste schon wiederholte Malewegen lebensgefhrlicher Attacken in einHospital eingewiesen werden, so auch am

    vergangenen 19. September. Zudem brauchtsie eine dringende Operation an einemschmerzhaften Darmgeschwr. Die rztewarnen: Lasst sie frei oder sie wird sterben.Die jngste Einlieferung ins Hospital ist be-reits die sechste in weniger als einem Jahr.

    Fina Garca Aranburu hat als GRAPO-Ge-fangene mehr als 24 Jahre im Gefngnis ver-bracht. In dieser langen Zeit hat sie ber 16Hungerstreiks ausgefhrt.

    Mehrere Hundert Karten, mit denen ihreFreilassung gefordert wird, sind bisher an dieGefngnisinstitutionen des spanischenStaats gesandt worden. Die Solidaritt, so dieInternationale Rote Hilfe (RHI), hat Ideologi-en, Grenzen und Ozeane berquert. Von den

    vielen politischen, sozialen und kulturellenOrganisationen, die sich dem weiterhin gel-tenden Solidarittsaufruf angeschlossen ha-ben, nennt die RHI:

    NETZWERK fr die Freilassung aller poli-tischen Gefangenen; Kommunistische Arbei-terInnenpartei Spaniens (PCOE); ChilenischeKommunistische Partei [Accin Proletaria](PC-AP); Antifaschistische KoordinationMadrid; Ateneo Libertario Crdoba; BOLT-XE, baskische kommunistische Zeitschrift;Colectivo Feminista Trece Rosas (Madrid);Rote Hilfe Deutschland, Schweiz, Belgien,Italien, Frankreich und Staat Spanien; IrischeRepublikanische Sozialistische Partei (IRSP);Kimetz EHAKI (Baskische RevolutionreKommunistische Partei); KommunistischePartei der ArbeiterInnen (PCT Argentina); In-ternationales Komitee gegen Verschwinden-lassen und Folter; Marxistisch-LeninistischePartei der Trkei und Nordkurdistans (PCMLT/K); Euskal Herriko Sozialistak (BaskischeSozialistInnen); Verschiedene ArbeiterIn-nenkollektive Italiens Varias (Roma undMiln); DHKP-C der Trkei; El Diario Inter-nacional (Per); Agence Presse Associative(APA Frankreich); Antifaschistische Gruppen

    von Len, Guadalajara und Barcelona; Part-ido de la Liberacin (Argentina);Kollektiv der Trinxeres (Lleida); Solidarische Individuen

    verschiedener Lnder

    Fr die kommenden Wochen ist es wich-tig, dass noch mehr Forderungen fr die Frei-lassung von Fina Garca Aranburu eingehen;diese sollten gesandt werden an:

    [email protected]

    Socorro Rojo Internacional (Rote Hilfe In-ternational)28. September 2007

    Erklrung der Baskischen Linken Un-abhngigkeitsbewegung an die inter-

    nationale ffentlichkeit

    Joseba Alvarezfestgenommen

    Fr die PSOE-Re-gierung ist die L-sung des Konflik-tes mehr Repres-sion und mehr

    Ablehnung.Joseba Alvarez,

    Internationale Vertreter der Lin-ken Unabhngig-keitsbewegung,wurde gestern im

    Auftrag Baltasar Garzns, Richter am Mad-rider Sondergerichtshof Audiencia Nacio-nal, festgenommen. Gleichzeitig wurdeauch Oihane Agirre, Sprecherin von Aska-tasuna, verhaftet. Beiden wird vorgewor-fen, auf einer Demo beteiligt gewesen zusein.

    Die Antwort der PSOE-Regierung auf denpolitischen Konflikt, den wir im Baskenlanderleben, ist mehr Repression und mehr spanische Verfassung. Eine spanische

    Verfassung, die 1978 von einer groenMehrheit der baskischen Bevlkerung ab-gelehnt wurde, weil das Recht des Bas-kenlandes zur Selbstentscheidung ber sei-ne politische Zukunft nicht anerkannt wur-de. Eine spanische Verfassung, die nicht al-le politischen Ideen ermglicht und dasProjekt fr die Unabhngigkeit und den So-zialismus unmglich macht.

    Das ist das einzige Angebot und einedeutliche Antwort der PSOE zur Lsung despolitischen Konfliktes: Mehr spanische Ver-fassung und mehr Repression.

    Joseba Alvarezs Verhaftung bedeutetauch einen Angriff gegen die Arbeit der lin-

    ken Unabhngigkeitsbewegung auf inter-nationaler Ebene, auf den Versuch, dieGrnde des politischen Konfliktes zu er-klren und Untersttzung fr eine demo-kratische und politische Lsung zu finden.

    Die baskische Linke Unabhngigkeitsbe-wegung kritisiert scharf diese Verhaftungenund die Handlung der spanischen Regie-rung. Wir erklren, dass diese Festnahmenunser Engagement fr einen demokrati-schen Rahmen im Baskenland, in dem alleProjekte machbar und mglich sind, sowiedas Recht des Baskenlandes, ber seine Zu-kunft demokratisch und frei zu entschei-

    den, nicht verhindern werden.Euskal Herria - Baskenland3. Oktober 2007P.S. Inzwischen ist die gesamte Fhrung vonBatasuna verhaftet worden

    Frankreich: Erhlt Jean-MarcRoullain Freigang?Das Sondergericht in Paris hat am 26. Sep-tember entschieden, dass nun auch Jean-Marc Rouillan Freigngerstatus erhaltenwird! Jean-Marc gehrte der franzsischenStadtguerilla Action Directe an und ist seitber 20 Jahren inhaftiert.

    Die Staatsanwaltschaft hat Berufung ein-gelegt, das bedeutet fr Jean-Marc, dass er erst einmal keinen Freigngerstatus erhlt.

    Nathalie Mnigon ist seit dem 2. AugustFreigngerin. Sie hat erst nach einer Beru-fungsverhandlung diese Erleichterung ih-rer Bedingungen erhalten.

    In dem jetzigen Gerichtsbeschluss ist vor-gesehen, dass Jean- Marc Rouillan EndeOktober nach Marseille verlegt wird, tags-ber in einem Verlag arbeitet und abends insGefngnis zurckkehrt.

    30% seines Gehaltes sollen gepfndetwerden, um eine Entschdigung der Opfer,wie es heit, zu finanzieren.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    Seit dem 21. 10. ist der totale kriegst-dienstverweigerer Moritz Kagelmann in derBarnim-Kaserne in Strausberg in arrest. derArrest ist seit inzwischen vom Gericht be-sttigt.Am Freitag, 26.10., wird es um 11 Uhr vorder Barnim-kaserne in Strausberg (Umge-hungsstrae 1) eine Kundgebung geben.

    TotalverweigerungErklrung von MoritzDie Bundeswehr als Instrument einer umfas-send angelegten, vorausschauenden Sicher-heits- und Verteidigungspolitik sichert dieauenpolitische Handlungsfhigkeit, leisteteinen Beitrag zur Stabilitt im europischenund globalen Rahmen, sorgt fr die nationa-le Sicherheit und Verteidigung und frdertmultinationale Zusammenarbeit und Integra-tion. (Zitat)

    Das Militr zieht mich ein und ich geh nichthin.

    Einen Ersatz fr meine Kriegsdienstverwei-gerung werd ich nicht leisten, weil ich michlieber fr eine ersatzlose berwindung vonMassenmord und sozialer Verstmmelungdurch militrischen Drill entscheide.

    Ersatzdienst fr den Kriegsdienst zu leisten,hiee fr mich, die Wehrpflicht unds Militr grundstzlich zu akzeptieren bzw. nicht f-fentlich zu brandmarken. Aber genau das willich.

    Eingefhrt wurde die Wehrpflicht imPreuen des 19ten Jahrhunderts und hat inDeutschland lediglich zwei (leider nur kurz-fristige) Unterbrechungen aufzuweisen: Den

    von Auen auferlegten Zwang, nach jedem Weltkrieg nicht sofort ein neues Massenmor-den inszenieren zu knnen.

    Preuen bernahm die Wehrpflicht damals vom Anschauungsbeispiel der franzsischen Volksarmee, denn Menschen, deren Verbin-dung mit der Armee durch familire Bandeoder eigene Vergangenheit hergestellt ist, ak-zeptieren sie eher. Soldaten, die wissen, wofr sie kmpfen, kmpfen besessener.

    Neben angebildetem Kanonenfutter hattedie Armee dadurch auch die Mglichkeit er-halten, alle ihnen anvertrauten Mnner durchDisziplinierung zu formen.

    149 Jahre spter wurden mit der Wieder-einfhrung der Wehrpflicht, 1956 in der BRD,hnliche Ziele bezweckt: Die Frderung der

    AkzepTanz von Militr in der Bevlkerung, eingroes antikommunistisches Heer und die Er-ziehung der Mnner.

    Heute 2007 ist die Armee akzeptiert und der Kommunismus ist besiegt.

    brig bleibt die Erziehung zum Gehorsambei der Bundeswehr:

    Die wehrpflichtigen Rekruten kommen zur Kaserne und werden eingekleidet. Von nun an beschftigen sie sich mit Put-

    zen, Salutieren, Marschieren, Putzen, Salutie-ren und Schieen. Unterordnung und Aner-

    kennung der Befehlsstruktur machen diese 9-monatige Zeit der Rekruten aus. Jeder alltg-liche Furz ist strukturiert und kontrolliert. Esgeht ums Prinzip.

    Gehorchen. Befehlen. Whrend dieser Grundausbildung lsst

    Teamtraining, gemeinsames Aussehen undUnten-Sein die Rekruten zusammen-schweien. Diese Kameradschaft soll ber ih-re tgliche Unterordnung hinwegtuschen

    bzw. sie ertrglich gestalten.

    Noch Jahre spter schwrmen tausendedeutsche Bundis von der groartigen Kame-radschaft, nicht aber von dem durchgeraster-ten Tagesablauf.

    Nicht davon, dass der Vorgesetzte 5 Tage die Woche das eigene Leben

    kontrolliert:04:20 Wecken durch den Zugdienst 05:00

    Antreten auf dem Flur 05:10 Frhsport 05:20 Antreten vor dem Gelnde 05:30 Einlass in dieKantine, bis 05:50 Frhstck einnehmen06:00 bis 06:40 Stuben- und Revierreinigen06:50 Empfangen der G36 an der Waffen-kammer im Gefechtsanzug 07:00 Marsch zumTruppenbungsplatz 12:00 Verpflegung imGelnde 12:30 Waffenausbildung: Zerlegen und Zusam-

    mensetzen der G36 15:00 Abmarsch RichtungKaserne 15:30 Reinigen der Waffe 16:00 Ab-gabe der Waffe in der Waffenkammer 16:10

    Verpflegungsbereitschaft herstellen 16:20 An-treten Richtung Truppenkche 16:30 Abend-brot bis 16:50 17:00 vorlufiger Dienstschluss21:00 Stuben und Revierreinigen 21:40 Ab-nahme der Stuben und Reviere 22:15-22:50Reinigung des Soldaten 23:00 Zapfenstreich(Zitat) ... Wie she das auch aus, wenn der all-morgendliche Verzicht auf den 2ten Kaffee dasBeispiel fr die Bundeswehrzeit wre. Das gehtnicht. Das hrt sich einfach nur scheie an. Aber ganz genau dieser persnliche Verzicht

    auf eigene Bedrfnisse macht die Zeit der Grundausbildung aus. Die Rekruten lernen da-durch, sich und ihre Bedrfnisse hinter die Be-fehle zu stellen. Tun sie das nicht, gibt es fr die Offiziersriege gengend Mittel, Befehls-

    verweigerungen, Schlusig- und Respektlo-sigkeiten zu bestrafen: bspw. durch Aus-gangsbeschrnkungen, Geldbue, Wach-dienst am Wochenende, Arrest und nicht inGesetze gegossene Demtigungen.

    Das lsst die Wehrpflichtigen wissen: Str-ke, Durchhaltevermgen, Pflichtgefhl undSalutieren stehen ganz oben auf dem Ein-kaufszettel. Faulenzen und Lust am ausge-dehnten Frhstcken hingegen werden aus

    dem Einkaufswagen heraus gelegt. Aber Strafe (oder Angst vor Strafe) allein

    hlt ein System nicht auf lange Zeit aufrecht.Jeder Soldat muss wissen und verstehen,

    wofr er ausgebildet und gegebenenfalls ein-gesetzt wird. Er soll berzeugt sein, dass sein

    Auftrag politisch notwendig, militrisch sinn- voll und moralisch begrndet ist. (Zitat)

    Um gelt zu funktionieren, mssen deutscheSoldaten auch an St. Bundeswehr glauben.

    Fr die Ausstellung seines Heiligenscheinsist im Wesentlichen dieideologische Veranke-rung militrischer Not-wendigkeit in der Ge-sellschaft verantwort-lich.

    Wrter werden verdrehtund Angst vor uerenGefahren geschrt.

    Einstze der Bundes-wehr sollen nicht lnger Besatzung und Krieg

    heien, sondern friedenserhaltende Manah-men und internationale Konfliktverhtungsein. Nicht die Menschenbefehler hier sollendie Feinde sein, sondern religise Terroristen,Kofferbomber, Selbstmordattentter, Kinder-fresser und Flugzeugentfhrer, die es auf al-les und jedeN der westlichen Welt abgese-hen haben. Alle sollen sich stndig bedrohtfhlen und deswegen den militrischen Schl-gen gegen uere Feinde und einer inne-ren Sicherheitsfanatik wohlwollend gegen-ber stehen.

    Die Angst muss geschrt und der Krieg mussumgelogen werden, nicht nur um den Glau-ben der Soldaten ans Gute zu erhalten, son-dern auch, um die eigene Bevlkerung nichtgegen sich aufzubringen, sich weiterhinKriegsdienstleistende warmzuhalten und sa-botierende Unruhe auszuschlieen.

    Die Bundeswehr selbst organisiert deswegenInfostnde auf Messen, Auftritte in Schulenund Arbeitsmtern und gibt sich so modernwie mglich, um vom Image der Pickelhaubefreizukommen. Die Regierung erwhnt bei je-der neuen Geiselnahme in Afghanistan, siewrde sich von Kriminellen nicht erpressenlassen, der Einsatz ist gerechtfertigt und deut-sche Medien blasen ins gleiche Horn: Freiheit

    verteidigen, Frieden bringen, Krieg gut.Momentan wird der Einsatz deutscher Sol-

    daten z.B. in Afghanistan als Aufbauhilfe undSchutzeinsatz angepriesen. Dieselbe Propa-gandamaschine kann allerdings auch anders:

    Bei der Bombardierung Serbiens 1999 durchdie NATO wurden Kriegsgrund und -feind soaufgemacht, als sei es ein moralischer Grundgegen persnliche Feinde von Jedermensch.

    Die Rot-Grne Regierung malte das Bild vonNazi-Serben an die Wand, die man stoppenmsste, bevor es zu einem neuen Auschwitzkommen wrde. Diese Argumentation der

    Herrschenden verhinderte greren Protestoder Widerstand gegen diesen Jugoslawien-krieg.

    Hingegen rief die US-Propaganda zum Ir-akkrieg 2003 auch in Deutschland groen Pro-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #330

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    test hervor, obwohl auch sie viele Feindbilder zu bieten hatte. Wenn die eigene Regierungdie eigene Sicherheit und Freiheit schtzt undaufbaut, ist anscheinend alles anders, dannsind die Lgen der Kriegstreiber auf einmal

    Wahrheit. Alle Kriegstreiber aber haben nach wie vor

    ihre ganz eigenen Interessen und ihre ganzspezielle Moral. Ruinieren sie eine Wirtschaft,ist das schade, aber freier Wettbewerb. Geht es

    um ihre Wirtschaft, ist das Piraterie gefhrli-cher Heuschrecken. Wenn ihnen der Rohstoffzugang verwehrt

    wird, ist das gemein und ungerecht und klautihnen gar jemand die Vormachtstellung, istdas hinterhltiger Diebstahl. Werden sie an-gegriffen, ist das Terrorismus. Wenn sie Bom-ben werfen, dann ist das furchtbar, aber ge-recht und treffen sie dabei ZivilistInnen, istdas schrecklich, aber ein unglckliches Verse-hen. Wenn sie sich fr ihre Kriegsbegrndung

    krumm und schief lgen mssen, ist das egal.Das Beschissene ist nur, dass massenhafter

    Wid