Gefangenen Info #347

Embed Size (px)

Citation preview

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    1/20

    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    |mai/juni 2009|preis: 2 |nr. 347 |www.political-prisoners.net

    Inland

    Desinformationskampagnen

    damals und heute

    USA

    Interview zur Situation von

    Mumia und der Solibewegung

    Trkei

    Aus dem Kampf gegen

    die F-Typ Isolationsknste

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    2/20

    Inhaltsverzeichnis

    Das Gefangenen Info ist aus dem Angehrigen Infohervorgegangen, welches im Hungerstreik der poli-tischen Gefangenen 1989 entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr alle poli-tischen Gefangenen und FreundInnen.V.i.S.d.P.: Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info,Stadtteilladen Lunte e.V., Weisestrae 53, 12049 BerlinEigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbe-halt ist die Zeitung solange Eigentum der/des Absen-derIn, bis es den Gefangenen ausgehndigt worden ist.Zur-Habe-Nahme ist keine Aushndigung im Sinnedes Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht

    persnlich ausgehndigt, ist es der/dem AbsenderInmit dem Grund der Nichtaushndigung zurckzuschi-cken.Redaktionsanschrift: Gefangenen Info, c/o Stadtteil-laden Lunte e.V., Weisestrae 53, 12049 BerlinE-Mail: [email protected]: Einzelpreis: 2 . Ein Jahresabonne-ment kostet 29,90 (Frderabo 33,20), Buchlden,Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten beiBestellungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungenerhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf dasKonto des Gefangenen Info zu berweisen ist.

    2 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Liebe Leserinnen und Leser,

    zunchst mchten wir uns fr die vielen Zusendungen, die wir von sozialen wiepolitischen Gefangenen bekommen haben, bedanken. Wir freuen uns, dass wir mitunserem Beitrag Solidaritt muss praktisch werden einen ersten Ansto fr einenotwendige Diskussion geben konnten. Von daher fgen wir die Gefangenenbriefe,die wir zu diesem Thema erhalten haben, der dazugehrigen Rubrik zu und hoffen,dass die Beitrge positive Impulse fr unsere Antirepressions- und Solidarittsarbeitliefern. Auszge aus einem Brief von Werner Braeuner mchten wir allerdings be-

    reits hier im Vorwort zitieren. In seinem Brief vom 19. April schrieb er: Das zweitenun neue GI ist vor kurzem angekommen, mitsamt einem Plakat zum 18.Mrz;das ich nun im Haftraum hngen habe. Tag der politischen Gefangenen heit estraditionsgem; heutzutage, da das ideologische 20.Jahrhundert mit seinemexpliziertem politischen Orientierungen vorber ist, knnte es gut auch Tag derpolitischen und widerstndigen Gefangenen heien. ber die hinten aufs Plakatgeschriebenen Gre von Konferenzteilnehmern habe ich mich sehr gefreut, dasmacht gute Laune. Dir und den Berliner GI-Versendern einen lieben Dank!... Hoffe,du bist guter Dinge und nun um so kampfeslustiger, da der Erhalt des GI gesichertsein wird. Gut, dass die RH Berlin eingesprungen ist! Das GI lese ich Seite fr Seiteund Buchstabe fr Buchstabe, ist Manna in der Knastwste! Ich schliee nun mitherzlichen solidarischen Gren an Dich und die GenossInnen um Dich her sowiemit einem FREIHEIT FR MUSTAFA ATALAY

    Wir freuen uns, dass nun eine weitere Initiative fr Mustafa Atalay mit solidarischerUntersttzung der Roten Hilfe angelaufen ist und wnschen den AktivistInnen derneugegrndeten Plattform fr die Freiheit fr Mustafa Atalay viel Kraft und Aus-dauer. Wir hoffen, dass diese Initiative die Freilassung von Mustafa Atalay erwirkenkann und senden ihm und allen anderen Angeklagten der politischen 129-Pro-zesse unsere herzlichsten, solidarischen und kmpferischen Gre.

    Die 345. Ausgabe des Gefangenen Infos und insbesondere die Parole Freiheit fralle politischen und sozialen Gefangenen bzw. der Artikel zum 18. Mrz Unter-drckung durch Ausbeutung hat sowohl bei uns innerhalb als auch auerhalb derRedaktion fr reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Im Schwerpunkt dieser Ausgabemchten wir diese Diskussion mit einem weiteren Artikel, in dem wir uns tieferge-hend mit dem Thema soziale Gefangene befassen, sttzen und voranbringen.Angesichts der Tatsache, dass im aktuell laufenden mg-Prozess in Berlin-Moabit

    vom BKA eingestanden werden musste, dass sie mindestens zwei Beitrge zur ge-fhrten Militanzdebatte selbst geschrieben hat, um einerseits Reaktionen auf dieTexte zu erwirken und andererseits gezielte Desinformation zu betreiben, liegt einweiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe auf der Kontinuitt der bewussten Desinfor-mation seitens des Staates. In unserem Artikel Desinformationskampagnen damalsund heute mchten wir dieses Thema vertiefen und aufzeigen, dass Desinformationals Mittel der Klassenjustiz eine Geschichte hat (welche auf die Mlldeponie befr-dert gehrt) und keine Ausnahmeerscheinung darstellt.

    Ich mchte betonen, da wir alle aufstehen sollten fr die Freiheit von Mumia Abu-Jamal, nicht nur, weil er ein Opfer der Todesstrafe werden knnte, sondern auch,weil er einer der einussreichsten intellektuellen Fhrer der Bewegung gegen die

    Todesstrafe in den USA und weltweit ist! Das waren die Worte von Angela Davis

    auf der X. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2005. Aufgrundder zugespitzten Situation in Mumia Abu-Jamals Fall, zu dem wir ein Interview mitdem Berliner Mumia-Bndnis gefhrt haben, mchten wir uns diesen Worten an-schlieen.

    Gegen das Knastregime - Fr die Freiheit!Die Redaktion

    E-Mail: [email protected] | www.political-prisoners.net

    Vorwort

    Nurhan Erdem zur Diskussionsoziale und politischeGefangene

    Gnther Finneisen zum Arti-kel Solidaritt muss praktischwerden

    Devrim Gler zu StammheimerHaftbedingungen

    Jan T. zu den Haftbedingungenund zur Situation

    Cengiz Oban zu seiner Situation

    Weshalb wir fr die Freiheitaller sozialen und politischenGefangenen kmpfen

    Leserbrief von Dr. Heinz-JrgenSchneider an den Spiegel

    Neue Kampagne fr dieFreilassung von Mustafa Atalay

    Soliaktionen fr den immer nochinhaftierten Christian S.

    Desinformationskampagnendamals und heute

    Interview mit demBerliner Mumia-Bndnis

    Kampagne fr die 12 politischenGefangenen von Atenco

    ai: Folter in Mexiko

    Repression inChile gegen die Mapuche

    Aus dem Kampf gegen dieF-Typ Isolationsknste

    Noch immer keine Entscheidungfr Georges Cipriani

    Vierte internationaleProzessdelegation in Mailand

    Gefangene Maoisten beginnenmit der Agitation

    Neuerscheinungen/ Kunst aus den Knsten

    Gefangene/ Briefe aus den Knsten

    Inland

    International

    Feuilleton

    2

    3

    3

    4

    4

    5

    6

    8

    8

    9

    10

    12

    14

    14

    15

    16

    17

    18

    18

    19

    Schwerpunkt

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    3/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 3

    Nurhan Erdem: Diskussionsoziale und politischeGefangene vom Mrz 2009

    (...) Ob alle Gefangenen gleich sind, oderob man da Unterschiede machen sollte, da-rber habe ich bis Du es geschrieben hast,nie nachgedacht. Obwohl ich drauen auchsehr viele Sachen fr die politischen Gefan-genen gemacht habe. Es ist eine schwereFrage - ich habe mich lange damit beschf-tigt aber zu einer Antwort bin ich immernoch nicht gekommen.Eins ist sicher, niemand, egal was der oderdiejenige getan hat, sollte in Iso-Haft sein!Das ist eine unmenschliche Folter. Ich habefrher so gedacht und jetzt, wo ich es auchselber erlebe und erleide, sind meine Ge-danken noch schrfer geworden.Wenn man es selber erlebt ist der Wahn-sinn pltzlich real. Alles was man darbergeschrieben hat prasselt auf einen ein, manerlebt es am eigenen Leib. Und so eine Me-

    thode gut zu heien ist unmglich! DeineBeispiele sind auch sehr wichtig fr mich.Weil ich erstens dadurch viel Kraft hole undmerke, dass viele Menschen genau die Ge-fhle erleben wie ich - und zweitens, weilmir auch dadurch einmal mehr die Augengeffnet werden und ich sehen kann, in wasfr einer Demokratie wir leben.Lnder wie die Trkei sind ja fr ihre Folter-methoden bekannt und dort wird seit 9 Jah-ren versucht die Iso-Haft durchzusetzen.Es wurden neue Gefngnisse gebaut wel-che verniedlichend als moderne Hafthu-ser bezeichnet wurden. Viele sagen immer

    noch, dass das europischer Standardwre. Auch sprechen viele in Europa bervielen gesellschaftliche Bereiche in derTrkei von einem demokratischem Gebilde.Die Angehrigen der Gefangenen habenversucht den Begriff des europischenStandards zu erklren. Ebenso was Isola-tion heit, und was die Ursachen und dieFolgen davon sind.Doch auch in den deutschen Gefngnis-sen sind die Verhltnisse sehr schlecht. Ichsehe es z.B. direkt in meiner eigenen Zelle.Die Toilette ist offen, es ist kalt und schmut-zig. Viele andere gefangene Frauen hier

    mssen in ebenso kleinen Zellen zu zweitsein. Normalerweise hat jeder MenschRecht auf eine Einzelzelle. Doch dafr istviel zu wenig Platz vorhanden.(...) Doch ich mchte Dich auch was fragen.Es gibt Menschen, die ihre Kinder tten etc.

    Was soll man mit solchen Menschen tun?Rehabilitieren in Gefngnissen ist nichtmglich weil man darunter etwas ganz an-deres versteht. Rehabilitieren, oder reso-zialisieren heit in der gngigen Praxis inden Gefngnissen, die Menschen auf sichalleine zu stellen. Viele haben nicht einmaldie Mglichkeit an irgendeinem Projekt teil-zunehmen.Es sind z.B. sehr viele Frauen die wegenDrogensachen hierher kommen und paarMonate bleiben dann raus sind und nach einpaar Monaten wieder kommen. Ist das dieSchuld dieser Frauen? Ihre eigene Schuld,dass sie es nicht alleine schaffen von denDrogen weg zu kommen? Ich denke NEIN!Niemand kmmert sich um diese Frauenund es ist mehr als traurig das man sie dannirgendwann tot auf der Strasse ndet. Es ist

    beschmend fr diese Gesellschaft!Ich habe letzte Woche in einer Zeitung ge-lesen, dass in Bayern 274 Frauen im Jah-re 2008 gestorben sind wegen Drogen.

    Die Zahlen werden jedes Jahr mehr. Kannman die Frauen fr ihren Tod verantwortlichmachen? Es wre natrlich sehr leicht (einwenig zu leicht!) zu sagen, dass sie keineDrogen nehmen sollten... Freiheit ist einRecht fr jeden Mensch. Gefngnisse, ein-gesperrt zu sein, ist gegen die menschlicheNatur. Die Frage warum hat dieser Menschdas getan, stellt sich die deutsche Justiznicht sehr oft. Es wird sich damit begngt,den Menschen zu verurteilen und hinter Git-ter zu bringen. Warum hat dieser Menschdas getan? Wenn man eine ehrliche Ant-wort sucht, dann muss man auch mal an-

    fangen ber andere Probleme, ber dieeigentlichen Grnde und Ursachen nachzu-denken. Und die eigentlichen, gesellschaft-lichen Probleme sind sehr gro.Denn das ganze System ist daran schuld!Natrlich ist es einfacher, wenn man sicheinzelne Personen herauspickt, diese dannauch so darstellt, dass jeder Betrachtendegar nichts anderes denken kann, als dasdie Schuld ganz allein bei jedem Einzel-nen liegt. So gert das Gesellschaftsmodellerst gar nicht in ein falsches Licht, denn dieSchuldigen sind bereits ermittelt. Das Rechtzu verurteilen ist eine subjektive Sache. Es

    gibt zwar Gesetze, aber diese sind ja langenicht fr alle gleich! Ich hatte mal irgendwogelesen (kann mich jetzt leider nicht mehrerinnern wo), dass jeder zweite Deutschemit einem Fu im Gefngnis ist. Weil manauch durch nicht bezahlte Bussgelder usw.

    ins Gefngnis kommen kann. So kenne ichBeispiele von Menschen, die wegen 150Euro wochenlang in Haft waren. Die, dieaber die Gesellschaft um Millionen schdi-gen kommen eigentlich nie, oder nur sehrselten in Haft. Da wackelt das Schwert derGerechtigkeit...Es kommt wohl immer darauf an, von woaus man be- und verurteilt.Ich sage Freiheit fr alle! - aber was sollman mit bestimmten Personen machen?Wie kann man die Gesellschaft lehren, wieAlternativen bauen?Das sind Fragen die bei mir momentannoch offen sind. Aber ich werde weiter da-rber nachdenken, ob der Knast fr dieFalschen gut (oder die einzige Lsung) ist.Solidarische GreNurhan.

    Nurhan Erdem ist zeitgleich mit AhmetIstanbullu und Cengiz Oban am 5.11.2008verhaftet worden. Vorgeworfen wird ihr die

    Mitgliedschaft in der DHKP-C, einer in derTrkei aktiven kommunistischen Organi-sation. Alle 3 sitzen unter Isolationsbedin-gungen in U-Haft! Ihnen wird nach 129bdie Mitgliedschaft in einer auslndischenterroristischen Vereinigung vorgeworfen.Nhrere Infos: www.political-prisoners.net

    Gnther Finneisen: ArtikelSolidaritt muss praktischwerden vom 20. April 2009

    Ist im Prinzip nicht falsch. Was ich persn-lich dazu vermisse, ist die Klarstellung, inFrageform: ist fr Euch der Kampf zu Ende,wenn es eine/n von Euch erwischt hat under/sie eingesperrt ist?Wenn mensch eingesperrt ist, was ist dasfr den/die Eingesperrten: Hast du dannverloren? Ich gebe auf! Oder warte ich abmit dem Kmpfen, bis ich wieder vor derTre bin?

    So in diesem Stil. Weil: auch wenn ich hiernicht wirklich viel mitkriege, so spre undhre ich, das gerade wieder mal von Eini-gen, die von den Verhaftungen whrendder Nato-Proteste betroffen sind, wie siewie aufgescheuchte Hhner hin- und her

    Briefe aus den KnstenWir verffentlichen aktuelle Briefevon Gefangenen zu ihren Situationenund zu aktuell laufenden Diskussionen

    GEFANGENE

    Nurham ErdemJVA Kln, Rochusstrae 35050827 Kln

    Schreibt Nurhan Erdem

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    4/20

    4 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    gefangenerennen, weil es ein paar eben in Strassburgerwischt hat und sie per Schnellverfahren

    weggeschlossen wurden.Gut, das wird an bestimmen Stellen Akti-on und Bewegung entstehen lassen, dochmssen erst welche aus den Zusammen-hngen verhaftet werden, bis sich wastut...? Denn es sitzen doch immer mehrarme SchluckerInnen wegen irgendwel-chem Bagatellenscheiss wie z.B Schwarz-fahren im Bau, denn es ist leichter dennje, einzufahren. Und dann sitzen sie selbstund wundern sich, dass es so still bleibt. Istdas den Leuten nicht bewusst? Das mal beidenen mal zu hinterfragen, das fehlt mir indem Artikel. (...)

    Michel von der Gefangenenzeitung Mauer-fall schrieb in einem Artikel ber GntherFinneisen, dass er einen erschtternden,unmenschlichen Rekord halte. Finneisensei Deutschlands Gefangener, der sicham lngsten in unausgesetzter, totaler Iso-lation bendet! Seit nun fast 14 Jahren(!!!)

    ist Gnther in der JVA Celle unter strengenIsolationshaftbedingungen inhaftiert. Vor14 Jahren brach Finneisen zusammen miteinem Mitgefangenen aus der JVA Celleaus. Kurz nach der Flucht aus dem CellerKnast wurde er wieder inhaftiert und in denTrakt gesteckt. Gnther komme aus derantifaschistischen, linksalternativen Bewe-gung und sei in den 70er/80er Jahren unteranderem in der Anti-AKW-Bewegung aktivgewesen. Er sei bei/nach einem Bankraubverhaftet und zu 12 Jahren Haft verurteiltworden. In dem Text von Michel heit esweiter: Im Jahr 2006 gab es im Rahmen

    der von Mnchener Antiknast-Aktivistenmit dem Autonomen-Knastprojekt Kln(AKP) veranstaltete Knast-Info-Tour eineWanderausstellung mit Gnthers Karrika-turen. 2007 wurden 12 seiner Karrikaturenals Postkartenserie verffentlicht. Diese istber das AKP Kln, Kalk-Mlheimer Str.210 51103 Kln, erhltlich.

    Devrim Gler: Haftbedin-gungen vom 22. April 2009

    Lieber ,deinen Brief vom 2. April habe ich am 20.04erhalten. Hat mich gefreut, dich - wennauch nur drftig - etwas nher kennenge-lernt zu haben. Verbunden mit der neu-lichen Kenntnis ber dein ueres am ges-trigen Tag, wird es mir nun einfacher fallen,dir zu schreiben. Nicht, da ich Problemedamit htte, auf Briefe von FreundInnen, die

    mir unbekannt sind, zu antworten. Dennochist der Schriftwechsel mit FreundInnen,von denen man eine gewisse Vorstellunghat, einfacher. ber den Besuch des fort-schrittlichen Schrifstellers Peter O. Chotje-witz wei ich Bescheid.* Habe auch seine

    Zeitungsinterviews von einem Genossenaus Hamburg erhalten. Es erfllt uns mitStolz, solche wertvollen Menschen an un-serer Seite zu wissen oder an deren Seitezu sein...Zur Ausstellung von Paolo Neri habe ichauch Zeitungausschnitte erhalten; auch dasFlugblatt zur Ausstellung in HH und Bremenhabe ich gelesen. Wie du siehst, bin ich frmeine Verhltnisse ziemlich gut auf demlaufenden...Ohne deine Zeit noch lnger in Anspruchzu nehmen, will ich dir noch ber unsereHaftbedingungen schreiben, um deine dies-bezgliche Frage bantwortet zu haben...Auer Ilhan benden wir uns alle in Einzel-haft. Ilhan ist aufgrund seiner Psychose mit2 weiteren Gefangenen auf der Zelle. Dawir uns alle auf verschiedenen Stockwer-ken benden, haben wir keinerlei Kontakt

    zueinander. Ahmet bendet sich auf dem

    3. - Ilhan auf dem 4. - Ich auf dem 5. undHasan auf dem 6. Stockwerk des auch vondrauen gut sichtbaren Gebudes. Musta-fa bendet sich in einem anderen Gebu-de auf der Krankenstation. Auer der ge-meinsamen Hofstunde mit den Hftlingendesselben Stockwerks, sind wir 23h einge-schlossen.An den tglich stattndenden diversen Kur-sangeboten, wie z.B. Zeichenkurs, Schach-kurs, Sprachkurse usw. und den Konzert-veranstaltungen, die einmal die Woche vonMusikgruppen jenseits der Mauern gege-ben werden, drfen wir nicht teilnehmen, dafr uns besondere Sicherheitsmanahmen(!) gelten. Diese Manahmen beinhaltenauch, da wir tglich vor und nach den Hof-

    gngen durchsucht werden.An den Verhandlungstagen mssen wiruns vor und nach den Verhandlungen zu-stzlich fast ganz ausziehen, um uns einerunwrdigen Leibesvisitation unterziehen zulassen. Die Privat- und Verteidigerbesuchenden hinter der Trennscheibe statt. Bei

    den Privatbesuchen sind neuerdings LKA-Beamte anwesend; bis vor einigen Monatenwaren es noch BKA-Beamte aus Mecken-heim bei Bonn. Dusche ndet zweimal w-chentlich statt, wir knnen jedoch aufgrundder Verhandlungen dreimal duschen.Die oben erwhnten Sicherheitsma-

    nahmen gelten unter den ca. 1000 Gefan-genen lediglich fr 6-8 Gefangene, d.h.Auer uns noch fr 2-3 andere Gefangene,welche islamistischen Organisationen an-gehren sollen. Nur, da diese zustzlichEinzelhof haben und keine Privatkleidungtragen drfen...Ich hoffe, deine Fragen bzgl. unserer Haft-bedingungen hiermit beantwortet zu haben.Danke der Nachfrage, aber ich bin wirklichmit allem relativ gut versorgt. Ich denke, dasgilt auch fr die anderen Freunde - sie drf-ten auch gut versorgt sein.Danke auch fr die Briefmarken, in Zukunft

    brauchst du keine mehr schicken, da ich ge-nug Vorrat habe. Die Fotos der dt. Knstlervon Che habe ich nicht erhalten. Ich habelediglich einen kleinen Fotostreifen erhal-ten.Die Postkarte von den Ausstellungsteilneh-

    mern habe ich vor einigen Wochen erhalten.Gre auch diese FreundInnen von mir...Ich gre dich und alle FreundInnen ganzherzlich.Devrim

    Devrim Gler ist einer der 5 Angeklagtenim Stammheimer DHKP-C Prozess, derseit dem 17.03.2008 luft. Die DHKP-C isteine in der Trkei aktive kommunistischeOrganisation. In dem Pilotprozess wird den5 Linken nach 129b die Mitgliedschaft ineiner auslndischen terroristischen Organi-sation vorgeworfen. Nhere Infos zum Pro-zess: www.no129.info

    Anmerkungen:* Peter O. Chotjewitz ist Schriftsteller undwar als Anwalt fr Andreas Baader ttig.Er besuchte den herzkranken GefangenenMustafa Atalay und setzt sich fr seine Frei-lassung ein. Mustafa Atalay ist einer der 5Angeklagten im Stammheimer DHKP-CProzess.

    Jan T.: Haftbedingungen undSituation vom 27. April 2009

    hallo rote hilfe & untersttzer_innenhier mal ein paar zeilen von mir. ich denkeich werde euch erst ein wenig mit organisa-

    torischen sachen nerven und dann etwaszum knastalltag schreibe.D. aus karlsruhe hat mir geschrieben, dasser euch gesagt hat, ich wre im hunger-streik. erstmal muss ich das dementieren.phillip und ich hatten uns das vor der ver-handlung berlegt und auch nach der ur-teilsverkndung so gesagt. im knast habenwir dann noch einmal darber gesprochenund uns darauf geeinigt vorerst nicht in denhungerstreik zu gehen, da es unserer mei-nung nach zu wenig politischen druck gibtund wir auch kein klares ziel mit dieser ak-tion vor augen hatten. es war vielmehr eine

    uerung die aus sehr viel wut, hilosigkeitund enttuschung entstanden ist. fr unswrde es nur eine weitere psyschische undkrperliche belastung bedeuten evtl. auchunsere haftbedingungen verschlechtern.bitte kommuniziert das auch nach auen.Nicht, dass sich die leute unntig sorgenmachen. nach ca. 2 wochen habe ich end-lich saubere klamotten bekommen. bei haft-antritt gab es nur eine unterhose und einpaar socken. auerdem bekam ich nocheine franzsiches grammatik- und ein wr-terbuch, sowie drei romane. irgendjemandmuss mir den ganzen kram vorbeigebracht

    haben. danke dafr!!! jetzt fhle ich mich wieder ein stck mehrals mensch denn als hftling. diese un-terscheidung bekommt man hier ja immerwieder zu spren. leider ist es euch nichtmglich dinge direkt in den knast zu schi-

    Gnther FinneisenTrift 1429221 Celle

    Schreibt Gnther Finneisen

    Devrim GlerJVA Stuttgart-StammheimAsperger Str. 60, 70439 Stuttgart

    Schreibt Devrim Gler

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    5/20

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    6/20

    6 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Weshalb wirfr die Freiheit allersozialen und politischen

    Gefangenen kmpfenden Morgen an deiner 1 Euro Sklaven-ttigkeit erscheinen musst. Da werdenganz alltgliche Dinge zu einem Poker-spiel zwischen berleben sichern undder Gefahr von den Htern des Kapitalserwischt zu werden. Mit einem mitt-lerweile unbersichtlichen Stapel vonBugeld- und Mahnbescheiden, Forde-rungseinzgen und Ankndigungen vonGerichtsvollziehern im Nacken machstdu dich auf den Weg. Schnell den Griffins Ladenregal, an der Schlange vor der

    Kasse vorbeidrngeln und ab zur Bahn.1,60 Euro fr eine Stecke? Macht 3,20Euro hin und zurck. Ist gerade nichtdrin. Du gehst rein in die Bahn und er-gatterst dir einen Fensterplatz mit Blickauf die Haltestellen. Niemand ist zu se-hen. Pltzlich ertnt eine Stimme einerPerson in zivil Zeigen sie ihre Fahr-scheine... Scheie, das ist jetzt das 3.Mal...Einige knnen sich wahrscheinlich nichtvorstellen, was fr Konsequenzen diesnach sich ziehen kann. Fr viele von unsbedeutet es fr eine Weile hinter Gittern

    zu verschwinden. Der riesige Schulden-berg wird nicht mehr bezahlbar und das,was mensch als Hilfestellung kriegtist die Scheie abzusitzen. Was einsit-zen wegen Schwarzfahren angeht istBerlin Pltzensee wohl ein Paradebei-

    In unserer Februar/Mrz Ausgabe (Nr.345) widmeten wir uns im Rahmen des18. Mrz dem Kampftag der politischenGefangenen dem Verhltnis von Klas-senkampf und Repression, sowie derRolle und dem Verhltnis der Gefange-nen in den Knsten und der (Soli-) Bewe-gung drauen. Unseren Fokus legten wirhierbei auf Gefangene, die aus unserenKmpfen kommen den politischen Ge-fangenen. Wir streiften nur oberchlichdie allgemeine Funktion von Knast in

    der Klassengesellschaft und unser Ver-hltnis zu sozialen Gefangenen. Mit die-sem Beitrag wollen wir ansatzweise ver-suchen, diese Lcke zu schlieen. DiePropagierung der Parole Freiheit allepolitischen und sozialen Gefangenensetzt natrlich eine inhaltliche Klrungdarber voraus, was wir eigentlich damitmeinen.

    Scheie Kontrolleure...nicht schon wieder Knast

    Wer kennt es nicht: Es ist nicht mal Ende

    des Monats und du hast keine Kohlemehr. Trotzdem musst du irgendwie deinberleben sichern und dabei stehst duerstmal alleine da. Du brauchst was zuessen, zu trinken und irgendwie musstdu dich auch fortbewegen, wenn du je-

    spiel. Dort sitzen circa ein Drittel allerHftlinge wegen kostenloser Nutzungffentlicher Verkehrsmittel ein. Jede/Rvon uns, welche/R schon mal im Knastgesessen hat, wei weswegen da Leu-te einsitzen. Da triffst du Menschen, diewegen dem Diebstahl eines Toastbrotesund einem Glas Wrstchen in Untersu-chungshaft sitzen, weil sie keinen festenWohnsitz haben und auf ihren Prozess

    warten. Unmengen an Gefangenen we-gen Geldschulden, Diebstahl und ande-ren Kleinigkeiten. Doch mchten wir unsan diesen Beispielen nicht festbeissen.Sie zeigen auf wie einfach es ist in denKnast zu kommen und welchen SinnKnast in der kapitalistischen Klassenge-sellschaft tatschlich hat. Verweisen dieHter des Kapitals auf den Zweck derResozialisierung ist es in der Realittein Mittel der Herrschenden uns davonabzuhalten das zu nehmen was uns zu-steht und durch Enteignung uns das zuholen, was unser berleben sichert.

    Die absolute Mehrheit der Gefangenensitzt wegen Eigentumsdelikten ein

    Die Statistik ber diejenigen von uns,welche hinter Gittern sitzen, spricht daeine klare Sprache. Die mit groen Ab-stand grte Gruppe in den Knstenstellen die sozialen Gefangenen.Also jene Gefangene, welche aufgrundvon sogenannten Eigentumsdelikteneingeknastet wurden. Von 62348 Insas-sInnen sitzen laut dem StatistischenBundesamt ber 40000 deswegen ein

    (siehe: Statistisches Bundesamt; Straf-gefangene und Sicherungsverwahrte am31. 3. 2008 nach Art der Straftat, Art desVollzugs und Altersgruppe). Dies sindweit ber 60 %. Uns ist bewusst, dassselbst diese Zahl sicherlich nicht den

    schwerpunkt

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    7/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 7

    tatschlich Zustand darstellt, weil ebenauch viele z.B. aufgrund von sozialenBeschaffungsmanahmen vorbestraftsind und aufgrund einer Schlgerei inden Knast wandern. Hierbei wre essicherlich erforderlich sich durch dieWulst der Statistiken zu kmpfen, je-doch verfolgen wir mit diesem Beitragnicht das Ziel eine absolut genaue sta-tistische Analyse der Strafverfolgungvorzunehmen.Die Schtzungen belegen, welchemZweck Gefngnisse in der brgerlich

    kapitalistischen Gesellschaft dienen.Sie sind der wohl schrfste Ausdruckdes Klassenkampf von oben. Wo Straf-androhungen, Bugeldbescheide undsonstige Vollstreckungsmanahmennichts bringen, dass heit wenn sieunsere Leute nicht zur Unterwerfung un-ter die Schutzgesetze des Kapitals zwin-gen und nicht in den kapitalistischenProduktionsprozess integrieren knnen,wird das Problem von der Strae ge-schafft. Dabei sind alle Manahmen[der Klassenunterdrckung] explizit da-hingehend ausgerichtet, den Prot unddie Herrschaftsverhltnisse zu sichernund auszubauen. (...) So dienen die re-pressiven Mittel dazu, zu verhindern,dass sich die Massen die vom Systemerzeugten Bedrfnisse eigenstndigbefriedigen und sich nehmen, was siebrauchen. In diesem Sinne stellt die Ju-stiz im Kapitalismus ein unverzichtbaresInstrument zur Herrschaftssicherung -also Klassenjustiz - dar. Die Knste die-

    nen allein diesem Zweck. (Zitat aus Ge-fangeneninfo Nr. 345, Unterdrckungdurch Ausbeutung. Ein Beitrag zum 18.Mrz Tag der politischen Gefangenen)Diese Methode der Klassenunterdr-ckung und Herrschaftssicherung hateine historische Kontinuitt, welcheJahrtausende zurckreicht. So wie dieGeschichte eine Geschichte von Klas-senkmpfen ist, so ist sie eben aucheine Geschichte der Klassenrepression.

    Die kapitalistischen Verhltnissezwingen uns illegal zu handeln

    Werfen wir einen Blick auf die Zahlender KnastinsassInnen der letzten Jah-re knnen wir eine deutliche Zunahmeseit Mitte der Neunziger Jahre feststel-len. Zhlte das Statistische Bundesamtim Jahre 1995 noch 46516 Gefangene,sind es jetzt 62348. Diese mit aller Wahr-scheinlichkeit nach auch in den nch-sten Jahren steigende Tendenz deutetden Zusammenhang zwischen Verschr-fung der sozialen Lebensbedingungenund der gleichzeitigen Verschrfung derRepression gegen unsere Klasse an.

    In den nchsten zwei Jahren werdenallein in der BRD nach ofziellen Scht-zungen mindestens 1,35 Millionen vonuns arbeitslos werden. Das bedeutetnatrlich, dass immer mehr Menschendazu gezwungen werden sich auerhalb

    des Produktionsprozesses das Ntigezum berleben zu sichern. Und auch diesozialen Spannungen werden deutlichzunehmen (mssen). Die niemals zu be-friedigende Gier des Kapitals, die auchzur aktuellen Krise fhrte, wird nochweitere Angriffe auf die Lebensverhlt-nisse unserer Klasse zur Folge haben.Die Herrschenden kennen sehr wohl dieKonsequenzen ihrer Politik und berei-ten sich seit Jahren auf die kommendeexplosive Situation vor. Einige Ausdr-cke davon sind beispielsweise sowohldie permanenten Verschrfungen derGesetzeslage (hhere Mindeststrafen,Einfhrung der Sicherungsverwahrung,Schaffung neuer Terrorparagraphenwie 129 b und so weiter) zur Siche-rung des Eigentums, ihrer Macht undHerrschaft, als auch die Privatisierungvon Knsten, um an denen frs Kapitalberssigen auch noch krftig zuverdienen, wie in den USA bereits seitJahrzehnten praktiziert.

    Freiheit fr alle sozialenund politischen Gefangenen

    Die Freiheit aller sozialen und poli-tischen Gefangenen zu erkmpfen istinnerhalb des Kapitalismus nicht mg-lich. Notwendig ist eine starke revolu-tionre Bewegung, welche im Prozessder Zerschlagung des Kapitals die Ge-fangenen freikmpft. In diesem Kontextist die Parole Freiheit fr alle sozialenund politischen Gefangenen eine revo-lutionre Losung, die erst mit dem re-

    volutionren Prozess eingelst werdenkann. Denn dieses System braucht dierepressiven Mittel wie Knast, wie wir dieLuft zum Atmen, es knnte ohne diesegar nicht berleben. Diese Feststellungsoll nun aber nicht heien, dass wir denKampf fr unsere Leute hinter Gittern(sowohl aus unserer Klasse, als auchaus unseren Bewegungen) auf einenfortgeschrittenen Zeitpunkt im revolutio-nren Prozess vertagen sollten. Sondernvielmehr, dass wir einen langen Atembrauchen und der Kampf fr die Freiheitaller sozialen und politischen Gefange-

    nen unweigerlich mit der Organisierungdes revolutionren Klassenkampfes ver-bunden werden muss. Auch der Knast istein soziales Kampfterrain, in welchem inPermanenz Klassenkmpfe stattnden.Nirgends ist unsere Klasse so konzen-triert wie in den Gefngnissen.Wir mssen eine gemeinsame Grundla-ge schaffen, durch welche es zum einenmglich wird die Klassenkmpfe inner-halb und auerhalb der Knste miteinan-der zu verbinden. Zum anderen mssendiese Grundlagen uns dazu befhigeneine tatschliche Verbesserung unserer

    Lebensbedingungen gemeinsam zu er-zwingen.Der erste Schritt ist sicherlich sich mitder Situation und den Problemen inner-halb der Knste auseinanderzusetzenund grundstzlich die Thematik erstmal

    zur Kenntnis zu nehmen. Dies richtetsich vor allem an die Linke im Allgemei-

    nen, wobei wir davon ausgehen, dass jener Teil der Linken, welcher aus un-serer Klasse kommt, mit der ProblematikKnast vertraut sein drfte.Es stellen sich jedoch Fragen ganzgrundstzlicher Natur: Wie knnen wirdie Kmpfe der Gefangenen im Knastum besserer Lebensbedingungen undihre Freiheit untersttzen? Wie knnendie Gefangenen die Klassenkmpfedrauen untersttzen? Wie mssen wirunsere Strukturen aufbauen, dass siezum einen die unterschiedlichen Aus-gangsbedingungen innerhalb und au-

    erhalb der Knste bercksichtigen undzum anderen einen gemeinsamen Orga-nisierungsprozess ermglichen?Das sind Fragen, die fr uns offen stehenund die wir nur gemeinsam mit euch, diein den Knsten sitzen, klren knnen.Wir hoffen auf eine lngerfristige Dis-kussion, welche erstmal die Basis dafrist die verschiedenen berlegungen undAnsprche zusammen zutragen.

    Revolutionre und kmpferischeGre in die Kerker des Kapitals!Zusammen kmpfen gegen

    Ausbeutung und Unterdrckung!Freiheit fr alle sozialen undpolitischen Gefangenen weltweit!Organisieren wir uns!

    Redaktion

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    8/20

    8 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Wir drucken den Leserbrief des Rechtsan-waltes Dr. Heinz-Jrgen Schneider ab, wel-cher Stellung nimmt zu einem Artikel ausdem Spiegel, aber nicht im Spiegel verf-fentlicht wurde.

    Jrgen Schneider ist der Verteidiger Musta-fa Atalays im 129b Prozess in StuttgartStammheim.In dem Spiegel-Artikel geht es um die Fra-gen: Darf sich das deutsche Rechtssystemfr dubiose Quellen aus Lndern wie Paki-stan oder Usbekistan ffnen, in denen Fol-ter und Unrecht an der Tagesordnung sind?Wie zuverlssig sind Aussagen, die durchGewalt erzwungen wurden? Und darf aus-gerechnet Deutschland, das wie kaum einanderes Land die Menschenrechtsverlet-zungen der USA im Krieg gegen den Ter-ror kritisiert hat, nun selbst auf Aussagen

    aus Folterkellern zurckgreifen? (Quelle:Spiegel)Dass die Diskussion ber die Verwendungvon Foltergestndnissen als rechtsgl-tige Beweise zwischen Bundestagsabge-ordneten und dem absoluten BefrworterRainer Griesbaum (Leiter der Abteilung frTerrorismusbekmpfung bei der Bundesan-waltschaft) schon gngige Praxis ist, zeigtsich unter anderem auch in den Prozessenin Stuttgart-Stammheim und dem Prozessin Dsseldorf gegen Faruk Ereren. Erst zwi-schen dem 27. April und dem 1. Mai diesenJahres og so die Bundesanwaltschaft Ds-

    seldorfs nach Istanbul um sich dort mit derfr Folterungen bekannten Anti Terror Ab-teilung zu treffen und einen Zeugen zu ver-nehmen. Die Ergebnisse dieses Besucheswerden neben anderen wieder als Beweis-mittel in den Prozess einieen.

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die rechtsstaatlich wichtige Frage desRaushaltens von Folter aus deutschen Ge-richtsslen stellt sich nicht nur bei Folter-gestndnissen erlangt von auslndischenGeheimdiensten.Im noch andauernden Verfahren vor demOLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft ineiner auslndischen terroristischen Verei-nigung gegen fnf Trken, die der DHKP-C (Revolutionre Volksbefreiungspartei-Front) angehren sollen, geht es auch umFolterer als Zeugen.Im Oktober 2008 war ein Leiter der Terror-abteilung der Istanbuler Polizei geladen undhatte erste Aussagen gemacht. Nachdemdie Verteidiger mit Aktenzeichen nachwei-sen konnten, dass gegen ihn Ermittlungenwegen Foltervorwrfen laufen, wurde seineAussage unterbrochen. Dem zur Informa-tionsbeschaffung herangezogenen Ver-bindungsbeamten des BKA in der Trkeibesttigte das Istanbuler Polizeiprsidiumdie Verfahren und fgte zynisch hinzu, An-zeigeerstattung sei gngige Praxis bei deneinschlgigen Anwlten. bergriffe kmenseit 10 Jahren nicht mehr vor. Vielmehrgbe es inzwischen ein spezielles Konikt-

    training, das die Beamten zur Besonnenheiterziehen soll.Berichte von Menschenrechtsorganisati-onen gehen von einer anderen Realitt inder Trkei aus.

    Mit freundlichen Gren

    i

    nland

    Leserbrief von

    Rechtsanwalt Dr. Heinz-JrgenSchneider an den Spiegel

    Zum Artikel Unter Freunden in Nr. 15/2009

    Der mittlerweile dritte Antrag auf Haftent-lassung, der von Mustafa Atalays Verteidi-gung im letzten halben Jahr gestellt wurde,ist nun ebenfalls vom Staatsschutzsenatabgelehnt worden. Mustafa Atalay bendet

    sich nun trotz seiner ernsthaften Herzleidenununterbrochen seit ber 31 Monaten inIsolationshaft!Da die bisher unternommenen Bem-hungen seitens Menschenrechtsorganisa-tionen und Antirepressionsgruppen auereinigen kleineren Teilerfolgen wie die Ver-legung Mustafa Atalays 2007 in ein Gefng-niskrankenhaus keine positiven Ergebnisse

    erzielen konnten, formierte sich im Mai diePlattform fr die Freiheit von Mustafa Ata-lay. Die Plattform mchte mit einem wei-teren Anlauf eine ffentlichkeitswirksameKampagne anstoen, die den notwendigenDruck aufbauen soll, damit Mustafa Atalay

    umgehend und lebend das StammheimerIsolationsgefngnis verlassen kann, umeine angemessene medizinische Behand-lung zu erhalten.Deswegen ruft die Plattform die fortschritt-liche ffentlichkeit dazu auf, sich zunchstan einer Prozessbeobachtungsdelegationin Stuttgart-Stammheim am 7. Juli 2008 zubeteiligen. Es werde geplant, daran einePressekonferenz anzuschlieen und de-zentrale Aktionen fr seine sofortige Frei-lassung durchzufhren.Mustafa Atalay wurde am 15. November2006 im Rahmen einer bundesweiten Re-

    pressionswelle festgenommen und an-schlieend verhaftet. Seine Festnahmeereignete sich in einer Rehaklinik im nord-deutschen Bad Bevensen, in die er Tagenach einer komplizierten Bypass-Operationverlegt worden war. Die Polizeibeamten,

    die den rzten Mustafa Atalays versicher-ten, dass er nach seiner Festnahme wei-terhin behandelt werde, lieferten ihn in derJVA Hannover ab, wo er umgehend in eineEinzelzelle geworfen wurde. Fr Musta-fa Atalay begann damit eine Zeit, die wo-mglich mit seiner annhernd 20-jhrigenHaftzeit in der Trkei zu vergleichen ist. Diemedizinische Fakultt von Hannover dia-gnostizierte seine Haftunfhigkeit, welchevon Anstaltsrzten negiert wurde und erin Haft blieb. Nachdem ffentlicher Druckaufgebaut worden war, folgte seine Verle-gung in das Gefngniskrankenhaus Lingen,

    wo er allerdings nicht behandelt wurde.Anschlieend wurde er in die JVA Frei-burg gebracht und dann schlielich nachStuttgart-Stammheim. Whrend er in derTrkei aufgrund seines politischen Engage-ments jahrzehntelanger Folter ausgesetztwar, konfrontiert die BRD ihn aufgrund sei-ner politischen identitt und Bettigung mitmassiver Isolationshaft und der Beraubungseines elementarsten Rechtes: seinemRecht auf Leben. Denn die BRD, die ihmwegen politischer Verfolgung in der TrkeiAsyl in Deutschland gewhrte, bestraft ihnnun selber mit politischer Motivitation unter

    Anwendung der neuen deutschen Anti-Ter-ror-Gesetze.

    Fr Infos:www.freemustafa.blogspot.com

    www.no129.info

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    9/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 9

    Wir sind heute am 16. April um 14.30 Uhrmit ungefhr 30 Leuten in die Berliner Se-natsverwaltung fr Justiz eingedrungen.Ohne Probleme gelangten wir in den Sitzder Justizsenatorin, der Wache am Eingang

    blieb nur hektisches Telefonieren.Leider war Gisela von der Aue nicht zueinem Gesprch mit uns bereit, ob sie inden Panic Room chtete ist nicht berlie-fert.Wir begannen deshalb unsere Flugblttermit den Forderungen in menschenleerenKorridoren zu verteilen, alle Mitarbeite-rInnen schlossen sich in ihren Bros ein...Text unseres Flugblatts:Wir sind hier um Justizsenatorin von derAue unseren rger ber Probleme mitzu-teilen, die in ihrem Verantwortungsbereichliegen.

    - der Antifaschist Christian S. ist noch im-mer in der JVA Pltzensee inhaftiert. Vonseiner Anwltin wurde vor drei Monatenein Reststrafengesuch gestellt. Dieses wirdvom Landgericht verschleppt. Bei einer An-hrung im Mrz wurde keine Entscheidunggetroffen und der angekndigte Beschlusszur Erstellung eines kriminalprognostischenGutachtens nicht ausgefertigt. Der zustn-dige Richter ist inzwischen von dem Fall ab-gezogen. Die Justiz hofft den Fall aussitzenzu knnen.Wir fordern seine sofortige Freilassung!- beim NATO Treffen in Straburg wurden

    zahlreiche Menschen festgenommen. Dasgeschah mit tatkrftiger Untersttzung vonBerliner Behrden, u.a. durch Datenber-mittlung von personenbezogenen (Fehl)in-formationenen. Wir erwarten von der Justiz-senatorin, dass sie bei ihren franzsischenAmtskollegen fr die sofortige Freilassungdieser Menschen interveniert!- Wir fordern von der Justizsenatorin, dasssie die Staatsanwaltschaft anweist, in Be-zug auf den diesjhrigen 1. Mai auf die

    blichen massenhaften Haftantrge zu ver-zichten. Das politisch motivierte Ausstellenvon Haftbefehlen am 1. Mai gefhrdet densozialen Frieden in unserer Stadt!Wir erwarten eine Stellungnahme der Ju-

    stizsenatorin zu unseren Forderungen.Wir waren etwas enttuscht, dass die Ber-liner Justiz zu feige ist, ihre Dezite und

    Entgleisungen mit Brgern zu diskutieren.Deshalb besuchten wir abends die Justizse-natorin an ihrer Privatadresse Schluchsee-str. 42c um nochmal die Probleme mit ihrzu besprechen. Sie versteckte sich in ihremHaus, so dass wir nur ein mitgebrachtesGeschenk vor der Haustr liegen lieen.Staatliche Geiselnahmen von politischmissliebigen Personen werden auch in Zu-kunft weiter Widerstand hervorrufen.Antirepressionsgruppen.

    Reaktionen:Zumindest im Fall von Christian S. hat dieJustiz auf die Aktion reagiert. Wenige Stun-den nachdem die Senatsverwaltung ber-raschenden Besuch bekam, wurde demGefangenen in der JVA Pltzensee derBeschluss, der den Gutachter bestellt, aus-gehndigt. Dieser Beschluss ist auf den 3.April datiert und noch vom inzwischen ab-gelsten Richter Schwanitz unterschrieben.Den Beschluss gibt es zu lesen bei:www.freechristian.gulli.toAuch Der Tagesspiegel und die Berliner

    Zeitung berichteten am 18. April von die-sen Aktionen samt der Forderungen aus-fhrlich und damit konnte das Schweigender Presse endlich mal wieder durchbro-chen werden. Bei dem Geschenk fr dieJustizsenatorin soll es sich um ein Paket mitHundekot handeln.Der Staatsschutz ermittelt gegen die Antire-pressionsgruppen.

    Redaktion

    Kurzmeldungen:

    Karlsruhe: Journalisten,rzte und Anwlte habenam 23. April 2009 Be-schwerde vor dem Bun-desverfassungsgerichtgegen das im Dezember2008 novellierte BKA-Ge-setz eingelegt. BKA-Be-

    amte drfen knftig auch ohne konkretenVerdacht Wohnrume mit Kameras ber-wachen, Telefongesprche abhren, denE-Mail-Verkehr aufzeichnen und auf dieKommunikationsdaten der letzten 6 Monatezugreifen. Die Anwlte, rzte und Journa-listen befrchten bei Inkrafttreten des Ge-setzes unzumutbare Einschrnkungen beider Ausbung ihrer Berufe.

    Berlin: Der AllgemeineStudierendenausschuss(AStA) der Freien Univer-

    sitt Berlin wurde von derBerliner Polizei bespitzelt.In einer am 24. April 2009verffentlichten Stellung-nahme kritisieren die Stu-

    dierenden, dass die Polizei Tonaufnahmeneiner Vollversammlung anfertigen lie. Inder Veranstaltung ging es um Bildungs-streiks, die im Juni bundesweit geplantsind. Etwa 400 Studierende hatten sich inder FU versammelt. Es sei aus Polizeikrei-sen durchgesickert, dass die Versammlungzu berwachungszwecken mitgeschnittenwurde.

    Dsseldorf: Vor dem OLGDsseldorf begann am 27.April 2009 der Prozessgegen den mutmalichenDeutschlandchef der ver-botenen Areiterpartei Kur-distans (PKK). Angeklagtist der 48-jhrige kur-

    dischstmmige Trke Hseyin A., dem dieBundesanwaltschaft Rdelsfhrerschaft ineiner kriminellen Vereinigung vorwirft. Frden Prozess sind zunchst 20 Verhand-lungstage bis Mitte August angesetzt.

    Berlin: Die Staatsanwalt-schaft Berlin wirft einem24-jhrigen Polizisten vor,bei den Ausschreitungenwhrend der revolutio-nren Maidemonstrationdrei Steine in Richtung sei-ner Kollegen geworfen zu

    haben. Der Polizist soll wegen schwerenLandfriedenbruchs und gefhrlicher Kr-perverletzung angeklagt werden. An sei-ner Dienststelle bei der Bundespolizei amFlughafen Frankfurt/Main wurden die Vor-

    wrfe besttigt. Man glaube nicht, dass derPolizist als sogenannter Agent provocateureingesetzt gewesen sei. Ein Mitarbeiter derBundespolizei sagte zu diesem Fall: Frsolche Aufgaben gibt es andere Dienste inder Bundesrepublik.

    Soliaktionen fr den immer nochinhaftierten Christian S.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    10/20

    10 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Desinformationskampagnendamals und heute

    Zum Artikel in Der Spiegel 16/2009 Krieg der Lgen

    Die deutschen Sicherheitsbehrden wol-lten die RAF in den 70er Jahren offenbarauch mit einer gezielten Desinformations-kampagne bekmpfen schrieb der Spiegelam 11. April 2009. Nach 2 Jahren war esdem Hamburger Magazin gelungen, Doku-mente aus dem Innenminsterium Baden-Wrttembergs aus den siebziger Jahren zuerhalten. So hat im Oktober 1975 (der da-malige Chef des Bundeskriminalamts [BKA]Horst Herold) ... Grundstze der Desinfor-

    mation zur Terrorismusbekmpfung ausar-beiten lassen... Um neue entscheidendeSchlge gegen die Terroristenszene fhrenzu knnen... werden verstrkt nachrich-tendienstliche Mittel notwendig sein... DieBekmpfungsinstrumente mssen kreativentwickelt werden. (Spiegelartikel 16/2009Krieg der Lgen)Was meinte Herold damit? Desinformationist ein neu zu schaffendes Kampfmittel, dasneben der Formung der bisherigen Kampf-mittel.... tritt. Geflschte Nachrichten (soHerold weiter) sollten durch Einschleusungin Rundfunk, Fernsehen oder in das RAF-

    Umfeld platziert werden. Dienen sollten dieManahmen (laut Herold) dem Eindringenin gegnerische Gruppen mit dem Ziel derStrung unter anderem durch Entheroisie-rung der Terroristen. (ebenda)Die Stuttgarter Staatschtzer schlugen vor,ihre Plne zusammen mit Spezialisten an-derer Behrden (BFV, BND, Bundeswehr -Gruppe Psychologische Kriegsfhrung) zuerrtern und zu vertiefen.Die AutorInnen des Artikels Bchel undDemmler spielen das ganze Ganze he-runter und zitierten den Staatsschutz mitden Worten: Mgliche negative Auswir-

    kungen... seien erheblicher Vertrauen-schwund in den Staat ..., falls Desinforma-tionen als solche erkannt werden. Wenndieses Organ, was auch als Leitmediumder herrschenden 4.Gewalt bezeichnetwird, das nur als Planung bezeichnet, ist

    das der Versuch einer Relativierung bzw.Vertuschung der begangenen Aktionen vorallem gegen die RAF und alle, die mit ihrpolitisch verbunden waren.

    Ein kleiner historischer Einschub

    Mehrere Mitglieder der RAF waren 1972verhaftet worden und drei Jahre sptermisslang die Botschaftsbesetzung 1975durch das Kommando Holger Meins der

    RAF, mit dem Ziel 26 Gefangene zu befrei-en. Bis zu dieser Zeit hatten vier Gefangeneaus der RAF die Haft nicht berlebt: HolgerMeins, Siegfried Hausner, Katharinna Ham-merschmidt und Ulrike Meinhof. Die ber-lebenden Gefangenen aus der RAF warenstark isoliert und in Stuttgart-Stammheimbegann im Frhjahr 1975 der Prozess ge-gen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, UlrikeMeinhof und Jan-Carl Raspe. Die Illegalenaus der RAF organisierten sich wieder.

    Psychologische Kriegsfhrunggegen die RAF

    Um die RAF-Leute in der ffentlichkeit alsgewhnliche Kriminelle und miese Typendarzustellen, die sich nicht scheuen, An-schlge gegen Unbeteiligte... zu verben,schlagen die Staatschtzer gar die Planungvon Anschlgen auf die Trinkwasserversor-gung Berlin vor - und auf das HamburgerElektrizittswerk. Dies vor dem Hinter-grund, dass es vor 40 Jahren berall aufder Welt bewaffnete Gruppen gab und dasdie RAF viele Sympathien auch in der hie-sigen Bevlkerung besa. 1972 erklrtennach (ofziellen) Meinungsumfragen fast

    20 Prozent der Erwachsenen, sie wrdenstrafrechtliche Verfolgung in Kauf nehmen,um einen von uns fr eine Nacht bei sichzu verstecken. 1973 ergab eine Schlerum-frage, dass 15 Prozent der Schler sich mitden Aktionen der RAF identizieren. ( Die

    RAF-Gefangenen aus dem StammheimerVerfahren im Spiegel vom 20.1.75)Das war bestimmt auch ein Grund fr dieDesinformationskampagne und die Pla-nungen waren aber lngst schon Realitt- sptestens seit 1970:Weg von den Straen und in die KellerBaader-Bande droht Stuttgart fr Freitagdrei Bomben an schrieben die Stuttgar-ter Nachrichten am 29.5.1972. Es solltenangeblich an drei Stellen der Stadt ziellos

    Bomben gegen die Bevlkerung gezndetwerden. Das war zu der Zeit, als die RAFihre Mai-Offensive gestartet hatte undu.a. die US-Headquarter in Heidelberg undFrankfurt angegriffen hatte. Es wurden dortdie zentralen Computer, die die Bombenan-griffe auf Vietnam koodinierten, zerstrt undteilweise ausser Kraft gesetzt und somitkonnten die mrderischen US-Bombarde-ments mit deutscher logistischer Hilfe nichtfortgefhrt werden.Die RAF dementierte umgehend am selbenTag diese Desinformationskamagne. DieAktionen der Stadtguerilla sind gegen die

    Institutionen des Klassenstaates, des Impe-rialismus, des Kapitals gerichtet. Sie werdenniemals gegen die arbeitende Bevlkerunggerichtet sein, gegen die Menschen, die mitden Verbrechen des Imperialismus nichtszu tun haben. Sie sind gegen die gerichtet,die so malose Anschlge gegen die Bevl-kerung planen, wie sie in den geflschtenErklrungen angekndigt worden sind, wiesie jetzt tglich von US-lmperialisnus gegendas vietnamesische Volk begangen wer-den... (labourhistory.net/raf)

    Wer setzte Bomben

    gegen die Bevlkerung in Bremen ein?Doch blieb es nicht nur bei Drohungen, son-dern Bomben wurden tatschlich gezndet,wie in Bremen im Dezember 1974. Die Ge-fangenen aus der RAF erklrten dazu: Ak-

    i

    nland

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    11/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 11

    tionen der RAF richten sich niemals gegendas Volk. Die Bombe, die am Samstag imBremer Hauptbahnhof explodierte, erweistsich durch die Wahl des Ziels als Fortset-zung der Praxis der Staatsschutzpolizei.Die Gefangenen erklrten auerdem, dassnun zur Einschchterung und Disziplinie-rung des Volkes ... nicht mehr allein dasfaschistische Mittel der Drohungen genutztwerde wie bereits mit Bomben wie im Juni1972 gegen Stuttgart, mit Raketen wie imMrz 1974 gegen Millionen Zuschauer derFuballweltmeisterschaft, mit Trinkwasser-verseuchung wie im August 1974 gegendie Bevlkerung Baden-Wrttembergs,sondern die Staatsschutzpolizei dazu ber-gegangen sei ihre Provokationen in dieTat umzusetzen, mit dem Risiko, unter derBevlkerung ein Blutbad anzurichten. (DieGefangenen aus der RAF, 9. Dezember1974)In einem Spiegelinterview vom 20.1.75 ge-hen die Gefangenen aus der RAF noch ein-mal genauer auf den Bombenanschlag inBremen ein: ... wo in einem Gepckschlie-fach kurz nach Absage eines Fuballspielseine Bombe explodierte, die ... nicht gegeneinen Angehrigen der herrschenden Klas-se, sondern gezielt gegen das Volk gelegtwar, eine Faschistenaktion nach dem Mu-ster von CIA-Aktionen, ... Denn wie erkl-ren Sie, da die Bremer Bahnpolizei schonam Morgen des 7. Dezember - dem Tag,an dem die Bombe nachmittags um 16.15Uhr hochging - in Alarmbereitschaft ver-setzt war, weil sie vom LandeskriminalamtHessen eine Warnung erhalten hatte, daman mit Anschlgen auf Bahnhfe und

    Zge rechnet; da der KatastrophenschutzBremen-Nord schon um 15.30 Uhr den Ein-satzbefehl bekam, fnf Krankenwagen zumHauptbahnhof zu schicken, weil dort eineBombe explodieren wrde, die Polizei aberunmittelbar nach der Explosion schon mitder Behauptung zur Hand war, sie habe erstum 15.56 Uhr eine Bombenwarnung be-kommen, und die auch nur in bezug auf einKaufhaus in der Innenstadt? Also die Bre-mer Behrden nicht nur ber Zeit und Ortrechtzeitig gewarnt waren, sondern auchsofort nach der Explosion eine Meldung pa-rat hatten, die den tatschlichen Ablauf ihrer

    eigenen Manahmen verschweigt, manipu-liert und von ihm ablenkt?

    Der inszenierte Tod von Ulrike Meinhof

    Nach dem Tode von Ulrike Meinhof am8.5.76 wurde sofort vom Staatsschutz lan-ciert, es htte Spannungen unter denGefangenen gegeben. Ebenso wie die Un-abhngige Untersuchungskomission zumTode von Ulrike Meinhof gingen auch ihreGenossInen davon aus, dass Ulrike sichnicht selbst umgebracht hatte: ... wir wis-sen nicht, wie, aber wir wissen, von wem,

    und wir knnen das kalkl der methodebestimmen. ich erinnere an herolds satz:aktionen gegen die raf mssen immer soabgewickelt werden, dass sympathisanten-positionen abgedrngt werden. und (dergeneralbundesanwalt) buback: der staats-

    schutz lebt davon, dass sich leute fr ihnengagieren. leute wie herold und ich nden

    immer einen weg.... So Jan-Carl Ras-pe, Gefangener aus der RAF, am 11.5. imStammheimer Prozessbunker. Was Heroldim besagten Artikel mit Entherorisierungmeinte, wird dort noch weiter ausgefhrtdurch die Frderung bandeninterner Kon-ikte. Solche geflschten Nachrichten

    sollten in die Medien oder RAF-Umfeld plat-ziert werden, um den Tod von Ulrike besserals Selbstmord darstellen zu knnen. Ent-fremdung (von) der revolutionren Basiswar auch ein Ziel beim Krieg der Lgen.

    Die Rolle der Medien

    Der Spiegel in seinem Bericht: ...vor derBlostellung durch Offenlegungen wrde-loser Reaktionen wollte man nicht zurck-schrecken: zum Beispiel Weinen, Urinierenbei FestnahmenErinnert werdem soll nur kurz daran, dassbei Festnahmen von Mitgliedern der Gue-rilla flschlich verkndet wurde, die Fest-genommenen lieen sich widerstandlosfestnehmen, wren erleichert, oder warenin schlechtem krperlichen Zustand und eswurde auch oft das Ende der Organisationverkndet. Dem Terrorismus Einhalt zu ge-bieten war fr den Spiegel eine nachvoll-ziehbare Position. Nur einige Mittel lehntedas Blatt ab.tatsache ist, dass der staatsschutz seinnetz von journalisten, das innerhalb derreaktionren struktur der institutionalisier-ten ffentlichkeit operiert, benutzt, um dierezeption des anschlags (Bombenanschlag

    im Hamburger Hauptbahnhof) gezielt ge-gen die stadtguerilla zu steuern. prolierte

    guren in diesem netz, das an die pres-

    sestelle des bka und die pressekonferenzder bundesanwaltschaft angeschlossenist, sind krumm in der fr, busche in der faz,leicht und kuehnert in der sz und rieber undzimmermann, die in mehreren berregio-nalen zeitungen publizieren. der artikel vonzimmermann, .... ist ausser in der sprin-gerpresse parallel in acht berregionalentageszeitungen erschienen... (Erklrungder Gefangenen aus der RAF zur Bombeim Hamburger Hauptbahnhof vom 23.9.75)

    Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Ge-heimdienst und den Medien besteht auchweiterhin.

    Celler Loch

    Das Eindringen in gegnerische Gruppenmit dem Ziel der Strung und Zerstrung(Spiegel 16/2009) wurde spter sehr an-schaulich beim Celler Loch praktiziert. Vorbald 31 Jahren gab es am 25. Juli 1978 ei-nen Anschlag auf die Knastmauern der JVACelle. Geheimdienste, Polizei und hoheStellen der damaligen Bundesregierung

    von Helmut Schmidt versuchten mit dieserAktion die Schaffung brauchbarer Zugngezu terroristischen Kreisen. V-Leute solltenin den harten Kern eindringen. Intentionwar, vor allem die RAF zu inltrieren und

    somit zu zerschlagen, was aber misslang.

    Warum diese Manahmen?

    In dem 1971 erschienen Buch Im Vorfelddes Krieges schreibt Frank Kitson, der da-malige Kommandant der 2. Rheinarmee inder BRD, dass Subversion und Aufruhr ge-genwrtige Formen der Kriegsfhrung sind,auf die sich die Streitkrfte einstellen ms-sen. Kitson verfgte ber Erfahrungen inder Unterdrckung von Befreiungskmpfenim Trikont sowie auch in Nordirland. UnterSubversion verstand er nicht nur Aktionenvon bewaffneten Gruppen, sondern auchlegale Aktionen von der unbewaffneten Be-vlkerung, die Regierung zu strzen oderdiese gegen ihren Willen zu bestimmtenHandlungen zu zwingen. (Zitiert aus Bak-ker Shut, Stammheim, Seite 181/182)Auch heute gibt es noch gesteuerte Des-informationskampagnen. Jngstes Beispielist das Berliner 129 Verfahren gegen Axel,Florian und Oliver. BKA-Beamte verfasstenzwei Beitrge zur Millitanzdebatte fr dasBerliner Szeneblatt Interim, neben derVerunsicherung und Desorientierung derLinken sollten auch die Militante Gruppe(mg) zu unvorsichtigen Reaktionen provo-ziert werden, um sie somit leichter erfassenund zu verhaften knnen.Natrlich agieren die Sicherheitsbehrdenauf einem hohen Niveau und entwickelnsich kontinuierlich weiter, doch soll hierkein Horror, Angst vor totaler Erfassungbzw. Omnipotenz vor dem und durch denApparat entstehen. Das wiedererstarkteDeutschland fhrt Krieg, denn jetzt sindber 8 000 deutsche Soldaten in allen Kri-senregionen der Welt wie in Europa, Afrika

    und Asien stationiert. Gleichzeitig verschrftsind die Lage auch nach innen, um dieseaufwendigen Auslandseinstze zu garantie-ren und abzusichern:Das soziale Elend groer Teile der Bevl-kerung verschrft sich (Agenda 2010) unddie Repression nimmt zu. Setzen wir unse-re Ziele konsequent um, so knnen wir unsleichter vor Inltration und Diffamierung von

    der Gegenseite schtzen. Wir streben einefreie und emanzipatorische Gesellschaftauf kommunistischer Basis an. Diese Prin-zipien knnen die diversen Sicherheitsap-parate nicht wirklich in allen ihren Facetten

    erfassen und begreifen, das bleibt ihnenfremd, denn sie sind zu stark von den ka-pitalistischen Werten, wie Konkurrenz, Hi-erarchie, Unaufrichtigkeit, Kuichkeit usw.

    behaftet.Wenn wir unsere Prinzipien immer ge-nau anwenden, bleiben Widerstandspro-gramme, V-Leute, Spitzel etc. draussen,d.h. sie kriegen keinen Fu in unsere Zu-sammenhnge rein! Das war in der Ver-gangenheit so und wird auch zuknftig sobleiben!

    Redaktion

    Quellen:www.labourhistory.net/rafBakker Shut: StammheimGefangenen Infos 339 und 342

    Warum diese Manahmen?

    e o e er e en

    er nszen erte o von r e e n oe er oc

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    12/20

    12 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Seit dem 6. April 2009 ist deutlich, was dieUS-Justiz mit Mumia vorhat. In nicht maleinem Arbeitstag entschieden sie, ihm keinneues Verfahren zu geben und ihn bis ansein Lebensende im Knast zu behalten.Dafr gingen sie auch ohne weiteres berbestehendes Recht hinweg. Die quasimonarchistischen Richter_innen am USSupreme Court besttigten smtliche Ver-fassungsbrche vorangegangener Institu-tionen. Mumia soll nach ihrem Willen niewieder freikommen. Ihre juristische Begrn-

    dung umfasste ganze zwei Worte: Antragabgelehnt.Zwar hat Mumias Verteidigungsteam dieMglichkeit eines Antrages auf nochmaligeAnhrung, welchen sie dieser Tage einrei-chen werden. Diese Mglichkeit wird aberlediglich als Formalitt betrachtet, welchedie rechtliche Gltigkeit dieser Entschei-dung lediglich etwas nach hinten verschiebt.Dass das hchste Gericht aber noch wei-tere Plne mit Mumia hat, wurde im Aprilebenfalls deutlich. Am 20. Mrz berieten siebereits ber den Antrag der Staatsanwalt-schaft auf sofortige Wiedereinsetzung des

    Todesurteils gegen Mumia. Da es sich beidiesem Antrag um eine sogenannte CrossPetition zu Mumias Antrag gehandelt hat,wre das bliche Szenario gewesen, sie zu-sammen zu beantworten. Das tat das Ge-richt jedoch nicht. Mgliche Grnde habenwir bereits im letzten Rundbrief angedeutet.Eines ist jedoch vllig klar: sie ziehen dieErmordung von Mumia Abu-Jamal ernsthaftin Betracht.Wann die Entscheidung kommen wird, istvllig unklar. Theoretisch kann sie jedenTag erfolgen. Es gibt aber (zumindest un-serer Kenntnis nach) keine Frist, bis wann

    es erfolgt sein muss.Fr Mumias Untersttzungsbewegung er-geben sich daraus folgende Schlsse:Wir mssen ab jetzt einem mglichen Hin-richtungsbefehl entgegenarbeiten. Es giltjetzt erneut, Mumias Leben zu retten.(aus dem Newsletter Mai 09 des Mumia-Bndnisses)

    Interview mit einem Genossen des BerlinerBndnis Freiheit fr Mumia Abu-Jamal.

    Diese Gruppe organisiert seit Herbst 2006auf verschiedenste Weise Solidaritt fr

    Mumia. Seit der Entscheidung des SupremeCourt in den USA, berquillt das Bro derGruppe mit Anfragen und Wnschen frdie ffentlichkeitsarbeit. Der Genosse hattrotzdem ein paar Minuten Zeit fr ein Inter-view zur momentanen Situation gefunden.

    Gefangenen Info: Ihr seid im Moment sehrstark mit Presseanfragen und anderen not-wendigen Dingen fr die ffentlichkeitsar-beit zu Mumia beschftigt. Wie sieht diese

    Arbeit im Moment aus?

    Genosse des Mumia-Bndnisses: Beinahetglich geben wir kurze Interviews, in denenwir versuchen, das Juristenkauderwelschder letzten zwei Jahre in eine verstndlicheRealitt zu bersetzen. Eigentlich ist dieSachlage in Mumias krzlich gescheiterten

    juristischen Bemhungen sehr einfach: ob-wohl Rassismus bei seiner Juryauswahl1982 eine wesentliche Rolle gespielt hat,die das gesamte nachfolgende Verfahrenbeeinusst hat, interessiert sich kein juri-

    stisches Gremium in den USA dafr. Dasist im Wesentlichen die Bedeutung der Ab-lehnung des neuen Verfahrens von AnfangApril 2009. Sie wollen Mumia nie wiederaus dem Knast lassen.Aber das hchste Gericht der USA gehtnoch einen bedrohlichen Schritt weiter: dasTodesurteil gegen Mumia war 2001 auf-grund von falschen Instruktionen des dama-

    ligen Richters an die Jury zurckgenommenworden. Es reichte nach juristischen Ma-stben nicht aus, um jemand zum Tode zuverurteilen. Trotzdem verlangt die Staats-anwaltschaft von Pennsylvania ebenfallsin hchster Instanz, diese Zurcknahme zuignorieren und das Todesurteil ohne weitereVerhandlung wieder in Kraft zu setzen. Am20. Mrz hat der US Supreme Court dar-ber beraten und bis heute keine Entschei-dung darber mitgeteilt. Eines ist damit klar:sie erwgen ernsthaft, Mumia umzubringen.Wenn wir uns vor Augen fhren, dass seit1982 jedes geltende US-Recht gebrochen

    oder gebeugt wurde, nur um Mumia sei-ne Rechte zu verweigern, lsst das nichtsGutes erwarten. In den USA hat sich bri-gens dazu der Begriff Mumia exeption (dieMumia Ausnahme) etabliert.

    GI: Ihr habt einen guten berblick berdie internationale Solidarittsbewegung zuMumia. Wie schtzt ihr das Interesse derffentlichkeit und den momentanen Standder Bewegung, in Anbetracht von MumiasSituation ein?

    MB: Das ffentliche Interesse ist noch deut-lich kleiner als z.B. 1999. Damals war es zumzweiten Mal gelungen, Mumia vor einer Hin-richtung zu retten. Als 2001 zunchst dasTodesurteil kassiert wurde, dachten vieleschon flschlicherweise, Mumia sei so gut

    wie frei. Macht- und Fraktionierungskmpfeinnerhalb der weltweiten Bewegung tatenihr briges, Aktivist_innen zu verjagen. Seitletztem Jahr ndert sich diese Tendenz aberzum Glck. Es gibt neue Anstze und jn-gere Aktivist_innen, sowohl in den USA alsauch in Europa. Mediale Beachtung wurdesogar in den USA whrend der Bush-raerreicht. Presseagenturen wie Reuters undAFP berichteten z.B. auch in den USA aus-giebig ber die polizeilichen Manipulationenan dem Tatort, wo Ofcer Faulkner 1981

    starb. Die Polakoff-Fotos sowie etliche wei-tere Verffentlichungen zeigten Wirkung.Heute verfolgen bereits wieder Tausende inden USA, Mexico, Kanada, Frankreich, UK,Schweiz, Spanien und auch der BRD, wiees um Mumia Abu-Jamal steht. Leider den-ken viele der solidarischen Menschen, dasses ausreiche, Untersttzung lediglich inOnline-Petitionen auszudrcken. Das wirdnicht reichen, um Mumia vor der drohendenHinrichtung zu retten.

    GI: Habt ihr eine Einschtzung, wie schnell

    in den USA eine Entscheidung ber eineneventuellen neuen Hinrichtungstermin fal-len kann?

    MB: Sie kann tglich kommen, muss abernicht zwingend vor Jahresende fallen. Esgibt verschiedene mgliche juristische Sze-narien, die wir den Leser_innen hier aberersparen wollen. Letztendlich sind es allesSpekulationen, die nicht weiterhelfen. Die-ser Proze war von Tag 1 ein politischer.Da Mumias Rechtsmittel bis auf einen we-nig erfolgsversprechenden Antrag erschpftsind, macht es keinen Sinn, auf Entschei-

    dungen zu warten. Wenn es den Unterstt-zer_innen von Mumia gelingt, noch vor derSommerpause dem Gerichts in aller Strkedeutlich zu machen, dass sie ihn nicht hin-richten drfen, ist das die berzeugendsteberlebensstrategie.

    GI: Gibt es schon Ideen und Vorschlge ausder internationalen Solidarittsbewegungfr einen eventuellen Tag X?

    MB: Ich denke, dass die meisten Gruppen jetzt alles daran setzen, dass es gar nicht

    zum Tag X, sprich der Todesstrafenbest-tigung kommt. So werden in den USA z.B.Abgeordnete durch Kundgebungen vorihren Bros aufgefordert, Stellung gegenden Rassismus in der Justiz und fr MumiaAbu-Jamal zu beziehen. Es laufen auch

    internat

    ional

    Gesetz ist Politik mit anderen Mitteln und die Verfassung bedeutet gar nichts.(Mumia in einem Radiointerview am Tag der Entscheidung des Supreme Courts)

    www.freedom-now.de | www.mumia-hoerbuch.de

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    13/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 13

    Versuche, die Obama-Administration zueiner Untersuchung ber den Rassismusin der Justiz zu bewegen. Auch die jngsteVerffentlichung von Mumias Buch wird imenglischsprachigen Raum genutzt, um f-fentlichkeit ber ihn, die Todestrakte sowieden Widerstand von Gefangenen sichtbarzu machen. berhaupt scheint ffentlich-keit (wie immer) der strkste Schutz fr po-litische Gefangene zu sein.Aber natrlich sollten alle jetzt konkreteSchritte vorbereiten und auch ankndigen,damit sie andere miteinbeziehen als auchden politisch Verantwortlichen klarmachenknnen, was bei einem Hinrichtungsbefehlgegen Mumia zu erwarten ist. In Berlin hu-fen sich die Stimmen, die in so einem Falledie US-Botschaft blockieren oder schlieenwollen. So beeindruckend wir die Idee auchnden, sagen uns die Erfahrungen, dass so

    etwas lediglich erfolgreich verlaufen kann,wenn sehr viele Menschen sich an einerVorbereitung beteiligen. Die Aktionsformenbedrften einer Vielfltigkeit, wie wir sie beizahlreichen Mobilisierungen der Anti-Glo-balisierungsbeweung erlebt haben. Das isteine Aufgabe fr viele und hier sind groeZusammenhnge gefragt.Politisch wre es ein starkes Signal, wasin den Tagen vor einem Hinrichtungster-min groes Aufsehen erregen knnte. Ichbin mir auch sicher, dass so eine BlockadeMumia-Untersttzer_innen in den USA sehrmotivieren wrde.

    GI: Wie knnen politische Gruppen, aberauch Einzelpersonen Mumia untersttzen.

    Was knnt ihr an Untersttzung leisten?

    MB: Es gibt verschiedene Mglichkeiten.Die einfachste und direkteste ist es, Mumiain den Knast zu schreiben. Natrlich gilt esauch, die ganzen Online Petitionen mit zuuntersttzen. Gerade im Fall von Troy Da-vis haben wir 2008 gesehen, dass sowasin Kombination mit Aktionen und Demosauch erfolgreich sein kann. Wobei Troy Da-vis nun hnlich wie Mumia erneut von derTodesstrafe bedroht wird. Allerdings hat er

    Kurzmeldungen:

    Trkei: Am 21. April 2009ging die trkische Polizeimit Grorazzien in 13 Pro-vinzen der Trkei gegendie legale linke Partei freine demokratische Ge-sellschaft (DTP) vor. An-titerroreinheiten strmten

    unter anderem die Parteizentrale und denDTP-nahen Lokalfernsehsender Gn TV.Es wurden 70 Personen unter Terrorver-dacht verhaftet. Seit Ende 2007 luft inder Trkei ein Verbotsverfahren gegen dieDTP, der Verbindungen zur ArbeiterparteiKurdistans PKK nachgesagt wird. Die kur-dischsprachigen Zeitungen Azadiya Welatund zgr Mezopotamya wurden wegenangeblicher PKK-Propaganda verboten.

    Libanon: Gegen denStaatsbesuch der franz-

    sischen JustizministerinRachida Dati fand in Beiruteine Protestdemonstrationfr den seit 1984 in Fran-kreich inhaftierten GeorgesIbrahim Abdallah statt.

    Die TeilnehmerInnen der Demonstration,welche von der demokratischen JugendLibanons organisiert wurde, forderten diesofortige Freilassung Abdallahs und riefenantizionistische Parolen und gegen die Mi-nisterin Sie sind der Terrorist.

    Frankreich: Am 18. April

    2009 wurde Jurdan ArlasMartitegi als mutmalicherMilitrchef der baskischenBefreiungsorganisationETA (Baskenland und Frei-heit) in dem Ort Perpignanverhaftet. Die Operation

    wurde gemeinsam durch die franzsischenAnti-Terror-Krfte SDAT und die National-polizei Spaniens durchgefhrt. Im selbenZeitraum kam es zu zwei weiteren Verhaf-tungen, von denen ebenfalls angenommenwird, ranghohe Mitglieder der ETA zu sein.

    Israel: Aktuellen Berichtenzufolge seien palstinen-sische Gefangene zwi-schen den Jahren 2001und 2006 in dem geheimenHaft- und VerhrzentrumEinrichtung 1392 vonIsrael brutal gefoltert wor-

    den. Zu den Foltermethoden gehrten dem-nach Schlge, Schlafentzug und Sitzen inschmerzhaften Stellungen. Den insgesamt600 Aussagen von palstinensischen Ge-fangen sei das Anti-Folter-Komitee der UNin Genf nachgegangen und es seien erst-

    mals israelische Regierungsvertreter dazubefragt worden. Whrend der Befragungsei erklrt worden, dass den zwischen 2001und 2006 eingegangenen Beschwerdenber Folter in Israel bis heute nicht nachge-gangen worden sei.

    Mumia Abu-JamalAM 8335, SCI Greene Prison, 175 ProgressDrive, Waynesburg, PA 15370, USA

    Schreibt Mumia Abu-Jamal

    Online-Proteste:

    - Mumias Verteidigungsteam kndigt seit einigerZeit an, eine Petition an Barack Obama zu ver-ffentlichen. Ziel ist es, die Regierung der USAzum ffentlichen Eintreten gegen Rassismus inder US-Justiz am Fall von Mumia Abu-Jamal zubewegen. Sobald diese ffentlich ist, werden wirsie auch an dieser Stelle verffentlichen.- Das New Yorker FREE MUMIA Bndnis hat vorwenigen Tagen eine Online Petition an US-Pr-sidenten Obama und verschiedene andere Mini-ster im Weien Haus gestartet. Ziel ist es, eineUntersuchung der Rechtsbrche und besondersdes Rassismus in der Justiz gegen Mumia Abu-Jamal zu erreichen.http://www.iacenter.org/mumiapetition- Immer noch luft die Online Petition an den Su-preme Court der USA. ber 4000 Unterschriftenwurden dort bereits eingeschickt. In dieser Peti-tion wird das Gericht aufgefordert, Mumia end-lich ein neues Verfahren zu geben.http://www.zmag.de/nachrichten/mumia-abu-

    jamal-online-petition

    noch ein Rechtsmittel vor dem US SupremeCourt. Am 19. Mai 2009 ist weltweiter Akti-onstag fr seine Freiheit, welcher auch vonMumia-Solidarittsgruppen mitgetragenwird.

    GI: Auf der Berliner Revolutionren 1.Mai-Demo gab es einen Mumia-Block. Knnt ihrkurz schildern wie die Beteiligung und dieStimmung bei der Demo war?

    MB: Beteiligung und Stimmung zu Beginnder Demo waren hervorragend. Ich denke,dass es im FREE MUMIA Block am Anfangca. 1000 Menschen mitliefen. Aber auch imRest der Demo waren berall Statementsber Mumia zu sehen. Leider eskalierte dieBerliner Polizei die Demonstration jedochso schnell, dass die inhaltlichen Beitrgeber Mumia, politische Gefangene, die To-desstrafe oder auch den Gefngnis Indus-triellen Komplex zu kurz kamen. Auch dervon Mumia selbst geschriebene Beitragfr die Abschlukundgebung war fr groeTeile der Demonstration aufgrund der Poli-zeibergriffe nicht zu hren.Auf jeden Fall ist Mumias Kampf um Frei-heit und gegen die Todesstrafe inzwischenviel mehr jngeren Menschen ein Begriff,als noch vor einigen Jahren. Zahlreiche In-foveranstaltungen in den nchsten Tagenund Wochen sind bereits angekndigt, dasInteresse an der Kampagne ist eindeutiggestiegen.

    GI: Danke fr das kurze Interview. Habt ihraus eurer Sicht noch was hinzuzufgen?

    MB: Mumia lebt und arbeitet aus der Todes-zelle gegen Rassismus, Ausbeutung undKrieg. Nach dem Willen der Herrschendensollte er seit 1995 bereits tot sein - aberheute kennen ihn und seine Arbeit viele Mil-lionen Menschen auf der ganzen Welt. Essieht momentan sehr schwierig aus, aberdas war es 1995 und 1999 auch. Wir kn-nen Mumias Leben retten und ihn irgend-wann auch befreien, wir mssen uns nuralle zusammennden und uns bewegen.

    Spenden:

    Spendet an Mumias Verteidigung, damit sie indieser schweren Phase nanziell untersttzt

    werden. Sie arbeiten ohnehin seit 2003 ohneHonorar. Aber allein die Antragsgebhren undReisekosten zu Mandantengesprchen undGerichtsterminen sowie die Korrespondenz ver-langen Summen, die in der Vergangenheit nichtber Spenden abgedeckt werden konnten.Spendenkonto fr BR Deutschland und umlie-gendes europisches Ausland:Archiv 92/Sonderkonto JamalS.E.B. Bank BremenKonto-Nr. 100 8738 701 (BLZ 290 101 11)Stichwort Verteidigung(berweisungen aus EU-Lndern: IBAN DE782901 0111 1008 7387 01 /BIC: ESSEDE5F290)

    aktive solidaritt

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    14/20

    14 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    In San Salvador Atenco kommt es in immerwieder zu heftigen Auseinandersetzungenzwischen der Polizei und der Bevlkerung,da diese gegen die Politik der Regierung,gegen geplante Grobauprojekte demons-triert und fr ihre Interessen auf die Straegeht. Sptestens seitdem vor einigen Jah-ren ein Flughafenprojekt am Widerstandder Bevlkerung scheiterte gilt Atenco inMexico als Hochburg des Widerstands.Am 04. Mai 2006 strmte die Polizei dasDorf und ging mit uerster Brutalitt undKonsequenz gegen die Bevlkerung in SanSalvador Atenco vor: Prgelorgien, Miss-handlungen, Vergewaltigungen, dutzendeVerletzte, 300 Verhaftete und ein Toter (derdazu noch gerade mal 14 Jahre alt war)sind die Bilanz des Vorgehens seitens derRegierung. Als Begrndung des Angriffes

    wurde genannt, dass bei der Aktion 11 Po-lizisten befreit werden sollten, die am Tagzuvor bei Auseinandersetzungen zwischender Polizei und Bevlkerung festgesetztwurden.Durch dieses brutale Vorgehen wollte dieRegierung ein Zeichen setzen und den Wi-derstand der Bevlkerung von Atenco bre-chen. Es zeigt einmal mehr den Charakterder mexikanischen Justiz und Polizei auf.Dass es ihnen bis heute ber 3 Jahre da-nach nicht gelungen ist den Widerstandder Bevlkerung zu brechen zeigt sich nichtzuletzt an der breiten Solidaritt, die die 12

    Gefangenen erfahren.Wir dokumentieren aus einem Aufruf desKomitee Freiheit und Gerechtigkeit fr Aten-co:

    Einladung an die internationale Gemeindezur Beteiligung an der Kampagne Freiheitund Gerechtigkeit fr Atenco

    Wir gren Sie herzlich aber voller Sorge.Wie Sie alle wissen, haben die Menschenvon San Salvador Atenco vor fast drei Jah-ren eine starke Repression und Gewalterlitten. Bis heute verbleiben 12 Personen

    weiterhin im Gefngnis, einige von ihnenwurden zu schweren Haftstrafen verurteilt,die sich auf mehr als 100 Jahre Gefngnisaddieren. Die Gerichtsprozesse gegen di-ese Personen waren voller Ordnungswid-rigkeiten und von zahlreichen Menschen-

    rechtsverletzungen geprgt. Seit diesenbedauerlichen Ereignissen im Mai 2006sind zahlreiche Aktionen und Initiativenausgetragen worden, um die Freilassungder zu Unrecht verhafteten Menschen zuerwirken. Mit groer Sorge mssen wir je-doch feststellen, dass ihre schrecklichenGefngnisstrafen weiterhin andauern.Die nationale und internationale KampagneFreiheit und Gerechtigkeit fr Atenco isteine Initiative der mexikanischen Zivilge-sellschaft, um zu versuchen die Freilassungder 12 politischen Gefangenen zu erwirken,die whrend der Regierungsrepression inMai 2006 in San Salvador Atenco verhaftetworden sind.Die Forderungen dieser Kampagne lauten:Freiheit fr die 12 politischen Gefangenenvon Atenco.Die Widerrufung und Abweisung ihrer Ge-fngnisstrafen.Respekt der Menschenrechte der Gefange-nen.Das Ende der Kriminalisierung der sozialenBewegungen.Die Bestrafung der Verantwortlichen fr dieverbten schweren Menschenrechtsverlet-zungen.

    Aus diesen Grnden laden wir alle Organi-sationen und Kollektive der internationalenGemeinde dazu ein, sich an dieser poli-tischen und sozialen Kampagne zu beteili-gen, um unsere Stimmen zu vereinen unddas Ende der Kriminalisierung des sozialenProtestes zu fordern: die Freiheit unserer12 gefangenen Compaeros, und die Be-strafung derjenigen, die fr die Repression

    und die Gewalt verantwortlich sind, die vonden Staats- und Bundesregierungen Mexi-kos verfgt wurde.

    Wie knnen Sie Ihre Solidaritt zeigen?Durch den Anschluss an die Kampagnedurch eine Registrierung auf unserer Web-seite:http://www.atencolibertadyjusticia.com

    Sie knnen sich sowohl als Kollektiv, Ko-mitee oder Einzelperson registrieren unduntersttzen. Solidarittsbriefe an die po-litischen Gefangenen von berall auf der

    Welt senden.() Diese Initiative wird von keinen Re-gierungsinstanzen oder Stiftungen nan-

    ziert. Unsere Aktivitten nanzieren sich

    ausschlielich durch die Spenden aller, dieauf diese Weise ihre Untersttzung zei-gen mchten. Wenn Sie uns nanziell un-

    tersttzen mchten, kontaktieren Sie unsbitte. Alle Geldmittel die wir erhalten, wer-den ausschlielich fr die Untersttzungunserer Bemhungen in dieser Kampagneverwendet. Wenn Sie Zweifel hegen oderVorschlge fr Aktionen haben, schreibenSie eine Email an:

    [email protected]

    Hochachtungsvoll

    Komitee Freiheit

    und Gerechtigkeit fr Atenco

    Laut Meldungen wurden am 30. April 200912 indigene Mitglieder von MOCRI-CNPA-MN und der indigenen Gemeinschaft vonTzeltal nach Folterungen freigelassen. Wirdokumentieren eine Meldung von AmnestyInternational:

    (...) Von den Mnnern, die in zwei ge-trennten Polizeieinstzen in Tuxtla Gutir-rez und Ocosingo im mexikanischen Bun-desstaat Chiapas festgenommen wordenwaren, wurden alle entweder freigelassenoder ofziell angeklagt. Vier der fnf Mit-

    glieder einer basisdemokratischen Organi-sation von Bauern namens MOCRI-CNPA-MN, die am 7. April 2009 in Tuxtla Gutirrezfestgenommen worden waren, wurden am30. April ohne Anklageerhebung aus der in-ofziellen Haftanstalt Quinta Pitiquito ent-

    lassen. Der fnfte Mann, Eric Bautista G-mez, wurde am 1. Mai ofziell des Mordes,

    Betrugs und Angehrens einer kriminellerVereinigung angeklagt und in das staatlicheGefngnis El Amate in Tuxtla Gutirrezberstellt.Bei seiner Festnahme wurde Eric Bauti-sta Gmez verprgelt, und auch whrendseiner Inhaftierung in der inofziellen Haft-

    einrichtung Quinta Pitiquito wurde er ge-schlagen und bedroht. Er macht geltend,dass er ein politischer Gefangener sei undweigerte sich gegenber Beamten derStaatsanwaltschaft, eine vorluge Aussa-

    ge zu machen. Eric Bautista gab an, dass erseit seiner berstellung in das staatlichen

    Gefngnis von anderen Hftlingen verpr-gelt worden sei. MOCRI-CNPA-MN ist derberzeugung, dass die Hftlinge mit demEinverstndnis der Mitarbeiter der Haftan-stalt gehandelt haben. Als er im Gefng-nis ankam, sagten Beamte zu ihm, dassdie anderen Insassen aufgefordert wordenseien, ihn besonders liebevoll willkommenzu heien, und dass er eine ganze WeileSchmerzen haben werde.Die sechs Mnner der indigenen Gemein-schaft der Tzeltal aus San Sebastin Bacha-jn im Verwaltungsbezirk Chiln, die am 13.April 2009 festgenommen worden waren,

    sowie zwei weitere Mnner, die am 17. und18. April festgenommen worden waren undvermeintliche Sympathisanten der bewaff-neten Oppositionsgruppe Ejrcito Zapati-sta de Liberacin Nacional EZLN sind,

    wurden ofziell des gewaltsamen Raubs

    und organisierten Verbrechens angeklagt.Auch sie wurden am 1. Mai in das staatlicheGefngnis El Amate berstellt und erwar-ten ihr Gerichtsverfahren.Laut Angaben einer rtlichen Menschen-rechtsorganisation wurden die acht Mn-ner bei ihrer Festnahme verprgelt und inder inofziellen Hafteinrichtung gefoltert.

    Danach zwang man sie, gegenber denBeamten der Staatsanwaltschaft eine vor-luge Aussage zu machen. Die Mnner

    hatten keinen Zugang zu einer angemes-senen rechtlichen Vertretung oder zu einemDolmetscher ihrer indigenen Sprache. (...)

    ai: Folter in Mexiko

    internat

    ional

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    15/20

    Mai/Juni 2009 | Gefangenen Info | 15

    Kurzmeldungen:

    Sri Lanka: ber 100.000Personen sind immer nochin den ehemals von denBefreiungstigern um TamilEelam (LTTE) dominiertenGebieten durch das sri-lan-kische Militr eingeschlos-sen. Allein in den letzten

    drei Monaten wurden 7000 Menschendurch die Armee gettet; ber 14.000 wur-den verletzt. Aus Solidaritt mit den Men-schen in Sri Lanka gab es in Deutschland,Grobritannien und der Schweiz Demons-trationen, Kundgebungen und Mahnwa-chen. In Berlin gab es am 08. April 2009einen Brandanschlag auf die sri-lankischeBotschaft und eine Demo mit ber 3000TeilnehmerInnen vor dem Aussenministeri-um. Vor dem Dsseldorfer Landtag fhren13 AktivistInnen seit dem 11. April 2009 ei-nen unbefristeten Hungerstreik.

    Spanien: Der katalanischeLinke Enric Duran (33) sitztseit Mitte Mrz 2009 wegenBetruges und Flschungin spanischer Haft. Duran(Robin Hood der Banken)hatte 39 Banken um eine1/2 Mio. Euro erleichtert,

    indem er durch falsche biograsche Anga-

    ben Kredite erhielt. Damit nanzierte er lin-

    ke Projekte. In dieser Methode sieht er eineSynthese des zivilen Ungehorsams undden bewaffneten Enteignungen spanischer

    Anarchisten der 30er Jahre. Durans Credolautet: Wer sich vom System befreien will,muss Kredite aufnehmen und sie nie zu-rckzahlen.Fr Infos: www.enricduran.cat

    Israel: Der am 27. April2009 angesetzte Prozessgegen den palstinen-sischen Film- und Theater-regisseur Samieh Jabbarinwurde auf den 09. Sep-tember 2009 verlegt. AlsGrund gab die Staatsan-

    waltschaft das Auftauchen neuer Beweisean, ohne sie allerdings vorzulegen. Jabba-rin wurde am 10. Februar 2009 festgenom-men. Nach drei Wochen Haft wurde er miteiner elektronischen Fufessel entlassen.

    Belgien: Am 27. April2009 beendeten die SansPapiers nach 60 Tagenihren unbefristeten Hun-gerstreik in Brssel. Die280 Personen, die in einerHalle der freien UniversittBrssel (ULB) streikten, er-

    wirkten damit eine Aufenthaltserlaubnis vondrei Monaten und eine befristete Arbeits-genehmigung. Am 15. April 2009 stelltenbereits 103 Sans Papiers nach 59 Tagenihren Hungerstreik ein.

    Die Repression durch den chilenischenStaat gegen die Kmpfe fr eine gerechtereGesellschaft wird immer heftiger. Die Re-pressionsmethoden und die Gesetze, diesie benutzen um die Volksbewegung zuvernichten, sind dieselben wie in der Dikta-tur von Augusto Pinochet.Die Unterdrckung durch den Staat und dieRepressionsorgane luft durch die Krima-nalisierung und Diffamierung der Volksbe-wegung und wird ebenso auch gegen dieBewegung des Volkes der Mapuche ange-wandt.Angesichts ihrer letzten Erfolge in der Kon-iktzone der Mapuches, in dessen Folge

    elf Mapuche-Gemeindemitglieder verhaftetwurden, gibt die CAM (Coordinadora Arau-co Malleco Koordination Arauco Malleco)unserem Mapuche Volk, sowie der chile-nischen und internationalen ffentlichkeitFolgendes bekannt:

    1. Am Samstag, den 11. April fhrten Be-amte der Ermittlungsbehrde (PDI) in denGemeinden von Choque und San Ramn

    in der Zone von Lleu Lleu Hausdurchsu-chungen durch. Nachdem sie extrem ge-waltttig und brutal gegen unsere Leutevorgingen und zwei Fhrer (weichafe) un-serer Organisation sowie untersttzendeGemeindemitglieder verhafteten, geben wirffentlich bekannt, dass sich darunter auchlangjhrig aktive und bedeutende Anfhrerder Zone der Mapuches und damit auchvon unserer Organisation benden.

    2. Dieser neuerliche - juristisch durch dasffentlichkeitsministerium und die chile-nische Regierung abgesegnete - polizei-

    liche Angriff gegen die aktiven und in denKonikt involvierten Gemeinden im All-

    gemeinen und besonders die CAM reihtsich nahtlos in die repressive Politik deschilenischen Staates gegen das Volk derMapuche ein.Damit hat der chilenische Staat durch sei-ne Regierung erneut offen seine Unterstt-zung fr die Konzerne gezeigt, in dem diekapitalistischen Investitionen in der Zonefavorisiert werden. Dazu gehrt nicht nurdie konstante aktuelle Repression gegendie aktiven Gemeinden sondern auch derstarke Eingriff zur Verteidigung der Interes-

    sen der Herrschenden, der sowohl geheimeund verdeckte Aufstandsbekmpfungsma-nahmen in der Zone beinhaltet, als auch dieErrichtung von Militrsttzpunkten mit Poli-zei-Spezialkrften in den Wldern.

    3. Die wahren Ziele der politischen Unter-drckung durch den chilenischen Staat be-stehen darin, die politischen Prozesse derGebietswiederaneignung aufzuhalten, derdurch die Gemeinden im Kampf und dieCoordinadora Arauco Malleco (CAM) vo-rangetrieben wird, um so den Angriff durchdie Konzerne in den Koniktzonen zu festi-

    gen, die in den Abholzungen und dem Mine-ralienabbau in der Zone von Lleu Llleu zumAusdruck kommen. In diesem Zusammen-hang bekrftigen wir, dass die Gemeindenvon Choque Landwiederaneignungen ge-gen die Holzunternehmen wie Mininco undVolterra vorantreiben, welche in der ZoneNiederlassungen errichtet haben, die sichnicht gerade durch produktive Aktivittenwie Wiederaufforstung oder Waldschutzhervortun. Dagegen und gegen die Struk-turen der aktiven Gemeinden waren dieVerhaftungen gerichtet.

    4. Fr uns ist vllig klar, dass dieser repres-sive Angriff den Weg fr das Vorantreibender Waldzerstrung und die Errichtung von

    Minen am See Lleu Lleu ebnen soll; wo-bei vllig auer Frage steht, welche mas-siven Auswirkungen das langfristig fr dieMapuche Gemeinden in dieser Zone habenwird.

    5. Daher rufen wir alle Mapuche Gemeindendazu auf, gegenber zuknftigen Auswir-kungen dieser Konfrontation zwischen demchilenischen Staat und dem Mapuche Volkwachsam zu sein, zumal es unsere Picht

    als Coordinadora Arauco Malleco (CAM) ist,ohne Unterlass diese transnationalen Ein-griffe in dieser Zone zu bekmpfen.

    Die CAM wird weiter fortbestehen, auchwenn die kapitalistischen Angriffe durch dieKonzerne weitergehen, welche unser Landund das Leben der Mapuche bedrohen, undauch wenn Armut und Verelendung weiterbestehen, als Folge des Fehlens von Landaufgrund von Landenteignungen, welchedurch den Staat politisch legitimiert werden.Land und Autonomie fr die Mapuche !

    Freiheit fr allepolitischen Mapuche Gefangenen!

    W E W A I !!

    COORDINADORA MAPUCHE ARAUCO

    MALLECO

    C. A. M.

    Repression inChile gegen die Mapuche

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #347

    16/20

    16 | Gefangenen Info | Mai/Juni 2009

    Aus dem Kampf gegendie F-Typ Isolationsknste

    ber zwei Jahre liegen nun seit dem Endedes lngsten Gefngniswiderstandes derdokumentierten Geschichte zurck. NachEinlenken des Justizministeriums unterbra-chen die Todesfastenden in der Trkei am22. Januar 2007 ihre Aktion, die sie am 20.Oktober 2000 begonnen hatten. Das Justiz-ministerium gestand den politischen Gefan-genen im Erlass 45/1 die Zusammenlegungder Gefangenen bis zu 10 Stunden proWoche und die Aufhebung des Treatment-Modells zu, welche die Gefangenen im Fal-le von Ungehorsam Disziplinarstrafen wiez.B. der Isolationshaft unterzog. 122 Men-

    schen verloren in diesem Kampf, der gegendie Isolationsfolter in den F-Typ Gefng-nissen gefhrt wurde, ihr Leben. ber 500Menschen erlitten aufgrund von Zwangser-nhrungsmanahmen bleibende Schden.Da der vom Justizministerium angeordneteErlass bis heute nicht in die Praxis umge-setzt wurde und sich die Bedingungen inden F-Typ Gefngnissen nicht wahrnehm-bar verndert hatten, trafen Mitglieder derTAYAD (Angehrigenorganisation von po-litische Gefangenen) am 23. Mai 2009 imAbdi-Ipekci-Park von Ankara ein, um dasJustizministerium dazu zu bewegen, den

    am 22. Januar 2007 zugestandenen Erlassin den F-Typ Gefngnissen umzusetzen.Der Abdi-Ipekci-Park war allerdings keinewahllos getroffene Entscheidung. In demlangen Kampf hatten die Angehrigen derpolitischen Gefangenen eine wichtige Rol-le eingenommen. Allein 10 Mitglieder derAngehrigenorganisation TAYAD verlorenwhrend der Hungerstreiks auerhalb derMauern ihr Leben. Aber es war nicht nurihre aktive Beteiligung an den Hungerstreiksselber, sondern auch die eigenstndige In-itiative, die von der TAYAD zur Unterstt-zung der Forderungen nach Beendigung

    der Isolationshaft ausging. Exemplarischfr den Einsatz der Angehrigen war mit Si-cherheit die 4-jhrige Hungerstreikaktion imAbdi-Ipekci-Park von Ankara. Von 2003 anbis zum 27. Januar 2007 hatte die TAYADihre Zelte in der Parkanlage von Abdi-Ipekci

    Familien der TAYAD im Abdi-Ipekci-Park

    stehen. Erst fnf Tage nach Verkndungdes Erlasses brach die TAYAD ihre Abdi-Ipekci-Aktion damals ab.Rechtsanwalt Behic Asci, der 2006/2007durch seine Teilnahme am Todesfastendem Widerstand gegen die F-Typen die ent-scheidende Wendung gab und heute Vor-sitzender von TAYAD ist, erklrte bei einerAnsprache am 27. Mai im Abdi-Ipekci Park,dass der Vorsitzende des Generaldirektori-ats der Gefngnisse bei verschiedenen Ge-sprchen mit der TAYAD beteuert habe, frdie Umsetzung des Erlasses zu sorgen. Bisheute seien diesen Beteuerungen jedoch

    keine Taten gefolgt. Er fgte an: Morgenhaben wir einen weiteren Termin mit demDirektoriat. Aus unserer Sicht ist es einwichtiges Treffen. Dort werden wir dann se-hen, ob er uns einen neuen Vorwand nenntoder ob er seine gewohnten Vorwnde wie-derholt.Die TAYAD-Angehrigen, die im Laufe deraktuellen Abdi-Ipekci-Aktion ein gezieltesProgramm umsetzen, treffen sich tglichmit Abgeordneten, Gewerkschafts- undMedienvertreterInnen, VertreterInnen vonNGOs und demokratischen Massenver-bnden. In ihrer Erklrung dazu betont die

    TAYAD, dass Folter und Repression inden F-Typen andauerten, die medizinischeBehandlung der Gefangenen unterbundenwerde, Rechtsverste andauerten, Isolati-on innerhalb der Isolation praktiziert werdeund dass das 10-stndige Dialogrecht seitzwei Jahren nicht umgesetzt werde. DieErklrung endet mit der Warnung; Stelltunseren Willen nicht auf die Probe, waseine Anspielung auf den 22. Januar 2007sein drfte, wonach das Todesfasten vonden Hungerstreikenden nicht fr beendet,sondern lediglich fr unterbrochen erklrtwurde. Die TAYAD zhlt bei ihren Aktionen

    auch auf die Untersttzung der Gewerk-schaften und der Anwaltskammern und -Or-ganisationen, welche ebenfalls dazu beige-tragen hatten, dass das Justizministerium2007 den Erlass 45/1 anordnen musste.Dazu erklrt die TAYAD: Das Justizministe-

    rium ist von sich aus nicht gewillt, konkreteSchritte einzuleiten. Deshalb werden wirdas Justizministerium dazu drngen. DieDISK (Revolutionre Gewerkschaftskonf-deration der ArbeiterInnen), KESK (Konf-deration der ArbeiterInnen des ffentlichenDienstes), TTB (Trkischer rztInnenver-band), TMMOB (Vereinigung der Ingeni-eurs- und ArchitektInnenkammern), CHD(Fortschrittlicher JuristInnenverband), An-waltskammern, Intellektuelle und Knstle-rInnen werden darauf hindrngen. Mit demDruck, der von diesen Organisationen auf-gebaut wird, kann das Dialogrecht durchge-setzt werden.Dass die TAYAD nach 28 Monaten wiederden Abdi-Ipekci-Park als Aktionsort whlt,hngt neben den nicht eingehaltenen Ver-sprechen natrlich auch mit der generellenSituation in den Gefngnissen, der Folterund der Repression im Allgemeinen zusam-men. Die TAYAD spricht z.B. von Isolationinnerhalb der Isolation. Gemeint sei damit,dass die Isolationshaft in den F-Typ Ge-fngnissen dadurch erschwert werde, dassGefangene, die sich den willkrlichen Auf-lagen nicht beugen, mit Bestrafungen wieBesuchs-, Brief-, Telefonverbot, etc. kon-frontiert seien. Medizinische Behandlungenin den Gefngnissen wrden bewusst un-terbunden. So verlor erst vor kurzem einweiterer Gefangener namens Mustafa De-mir im Tekirdag F-Typ Gefngnis Nr. 2 dasLeben, weil seine Verlegung in ein Kran-kenhaus unterbunden wurde. Am 18. Mai2009 verstarb Mustafa Elelci, der nach denNewroz-Feiern festgenommen und zu 10Monaten Haft verurteilt worden war, bereits

    am ersten Tag im Mersin E-Typ Gefngnis,weil er keinen Zugang zu seinen Medika-menten erhielt.Whrend die TAYAD versucht, das Problemder Isolatiosnhaft in den F-Typ Gefng-nissen wieder strker zu thematisieren,stellt das Thema der Folter einen anderenSchwerpunkt ihrer Aktivitten dar. Es istmitunter der Fall von Engin Ceber, der am10. Oktober 2008 zu Tode gefoltert wurde,welcher seit dem 23. Januar 2009 vor tr-kischen Gerichten behandelt