Gefangenen Info #327

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    Gefangenen InfoC 10190 31.7.2007 Preis: 1,55 327

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Eva Haules Freilassung noch offenFrankfurter Richter lassen Eva Haule hngen

    Frankfurt/Main. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Mainlsst die frhere RAF-Aktivistin Eva Haule darber im Un-klaren, ob sie am 20. August aus der Haft entlassen wird.Nach einer mndlichen Anhrung der seit 21 Jahren Inhaf-tierten am Montag setzte das Gericht berraschend einenzweiten Anhrungstermin fr Mitte August an. Dann sollnoch eine Sachverstndige gehrt werden. Erst danach kn-ne ber den Antrag Haules entschieden werden, den Rest ih-rer Haftstrafe zur Bewhrung auszusetzen, berichtete die

    Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf das FrankfurterOLG.

    Eva Haule war 1986 verhaftet und wegen RAF-Mitglied-schaft zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sie sitzt der-zeit in Berlin ein, wo sie als Freigngerin eine Ausbildungzur Fotografin macht. junge Welt, 5.7.2007

    Nach ber 20 Jahren Haft hat Natha-lie Mnigon ab 2.8.Freigngerstatus!

    Am 19. Juli hat das Berufungsgericht in Paris entschieden,Nathalie Mnigons Haft, nach ber 20 Jahren umzuwandeln.

    Das ehemalige Mitglied der franzsischen StadtguerillaAction Directe wird das Gefngnis von Bapaume in Nord-frankreich am 2. August verlassen. Zuvor war Mnigon, dienach zwei Schlaganfllen halbseitig gelhmt ist, mit meh-reren Antrgen auf Haftverschonung gescheitert.

    ber zwei Jahre nach dem Ende der Mindesthaftzeit wirdihr diese Hafterleichterung zugesprochen.

    Sie wird in ein Gefngnis der Nhe ihres Arbeitsortes ver-legt werden. Jeden Morgen verlsst sie das Gefngnis, umzur Arbeit zu gehen, und muss abends zurckkehren.

    Die Wochenenden soll sie, nach bisherigem Kenntnisstand,im Gefngnis verbringen und auf Antrag Freigang bekom-men knnen.

    Ihr wird auferlegt, dass sie sich weder in Wort, noch inSchrift uern darf. Das bedeutet: Keine Interviews, keineArtikel etc. mehr. Eine Einschrnkung, die sie in der bishe-rigen Haft nicht hatte.

    Der Freigngerstatus fr Nathalie ist eine Vorstufe fr ei-ne Freilassung auf Bewhrung. Um die Freilassung auf Be-whrung kmpfen Nathalie und die anderen Genossen aus

    AD, seitdem ihre Mindesthaftstrafen von 18 Jahren vorbersind.

    Nathalie war gemeinsam mit Joelle Aubron, Georges Ci-priani und Jean-Marc Rouillan im Februar 1987 auf einemBauernhof in der Nhe von Orlans nach einer riesigen Fahn-dungswelle festgenommen und zu lebenslnglicher Haft ver-urteilt worden. Aubron starb im Mrz 2006 im Alter von 46

    Jahren an Lungenkrebs. Sie war im Juni 2004 aufgrund ih-rer tdlichen Erkrankung als bislang einziges der vier AD-Grndungsmitglieder auf freien Fu. Ebenfalls ist das frhe-re AD-Mitglied Regis Schleicher seit 1984 inhaftiert.

    Kopfgeld auf Assata ShakurZum sechzigsten Geburtstag der schwarzenUS-Revolutionrin, die auf Kuba im Exil lebt

    Der Krieg gegen den Terrorismus, den die US-Regierung der Welt2001 erklrt hat, richtet sich auch gegen einzelne Personen. Im Mai2005 setzte das US-Justizministerium eine Belohnung von 850000US-Dollar fr die Ergreifung von Assata Shakur aus, des frheren Mit-glieds der Black Panther Party und der Black Liberation Army. Damitwollte man dem Auslieferungsersuchen fr die im kubanischen Exillebende Freiheitskmpferin Nachdruck verleihen. Grundlage des auf

    hchster Regierungsebene angeordneten Schritts war ein erneuterFahndungsaufruf der Behrden des US-Bundesstaates New Jersey, diedie Gesuchte mit dem zeitgemen Etikett Terroristin versahen. Sosollte gerechtfertigt werden, dass gegen Assata Shakur ein Kopfgeldausgesetzt wurde. Wie es frher gegen entflohene Sklaven blich war,wenn auch die Summen damals nicht so hoch waren.Warum steht Assata Shakur immer noch ganz oben auf der Fahn-

    dungsliste des FBI? 1973 wurde die als JoAnne Chesimard Gebore-ne zusammen mit ihrem Lebensgefhrten Zayd Malik Shakur undihrem Genossen Sundiata Acoli auf einem Highway in New Jersey voneiner Polizeistreife angehalten. Dieser Vorfall wurde spter als Fahn-dungserfolg dargestellt, war aber in Wirklichkeit eine der blichenterroristischen Kontrollen gegen schwarze Insassen eines Autos. Diedrei Black Panthers wehrten sich gegen ihre Verhaftung, die Polizi-sten sorgten fr einen wahren Kugelhagel. Zayd Shakur war soforttot, Assata Shakur wurde durch zwei Schsse in die Brust schwer ver-letzt. Sundiata Acoli gelang zunchst die Flucht, doch kurze Zeit sp-ter wurde auch er verhaftet. Ein Uniformierter starb, und zynischer-weise wurde Assata, obwohl sie nachweislich unbewaffnet war, nichtnur wegen Mordes an dem Polizisten, sondern auch wegen Mordes anihrem Mann angeklagt

    In den folgenden Jahren musste Assata eine Vielzahl von Gerichts-verfahren in verschiedenen US-Bundesstaaten ber sich ergehen las-sen. Dabei sah sie sich immer weien Geschworenenjurys und verur-teilungswtigen Richtern gegenber, die nicht einmal versuchten, denEindruck von Fairness zu erwecken. Trotz dieser schlechten Voraus-setzungen wurde sie von jenen Anklagen freigesprochen, bei denen

    es um die Delikte rund um ihre Mitgliedschaft in der Black PantherParty ging, fr die das FBI sie auf die Liste der Meistgesuchten ge-setzt hatte. Als sie schlielich im letzten Verfahren 1977 wegen der

    Verhaftungssituation in New Jersey zu lebenslanger Haft verurteilt

    AssataShakur amStand desAtlantik-Verlagsauf derBuchmesseHavanna2004.

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    wurde, war vllig eindeutig, dass es nichtmehr um die Umstnde ihrer Festnahme -und vor allem nicht den Kugelhagel der Po-lizei - ging, sondern um ihre politische Ge-sinnung

    Diese Frau als Terroristin zu brand-marken, ist ein starkes Stck. Vielmehr wares Assata, die von den Staatsorganen desweien Amerika terrorisiert wurde: sowohlwhrend ihrer Jahre als junge politische

    Aktivistin, die sie in ihrer auch in deutscherSprache verffentlichten Autobiographiesehr anschaulich schildert, als auch nachihrer Verhaftung, in einer Lynchjustizat-mosphre, in der Isolationshaft. Sie sollteexemplarisch dafr bestraft werden, dasssie es gewagt hatte, sich als Schwarze undals Frau gegen die Verhltnisse aufzuleh-nen.

    2005 reagierte Kubas Staatsprsident Fi-del Castro unmittelbar auf den neuen Fahn-dungsaufruf und das ausgesetzte hoheKopfgeld und erklrte, warum die soziali-stische Republik Kuba Assata Shakur nicht

    ausliefern werde. Er nannte sie ffentlicheine politische Gefangene und erinnertedaran, dass sie bis zu ihrer Flucht als ein-zige Frau in einem Mnnergefngnis iso-liert gefangen gehalten worden war.

    Seit Jahrhunderten hat das weie Ame-rika nichts so sehr in Rage versetzt wie diegeglckte Flucht schwarzer Sklaven. Dochbleibt die lange Geschichte des Kampfes derSchwarzen um Befreiung bis heute hoch-aktuell. Assata Shakur war es am 2. No-

    vember 1979 gelungen, dem Gefngnis mitHilfe eines aus schwarzen und weien Re-

    volutionren bestehenden Kommandos zuentfliehen. Diese Aktion war dermaen gutund listreich geplant, dass dabei keine Ge-walt angewendet werden musste. Weil es

    Assata Shakur gelungen ist, ihre Ketten ab-zustreifen, drckte das US-Imperium ihrden Stempel Terroristin auf. Denn kaumetwas terrorisiert die Herrschenden mehr,als dass sich jemand ihrer Willkr entzieht.Wenn die Justiz in den USA darauf aus

    ist, Terroristen dingfest zu machen, dannbraucht sie eigentlich nicht lange zu su-chen. Ein Blick ins Weie Haus knnte dieSuche von Erfolg krnen. Die Tter, die fr

    die Kriege gegen die ZivilbevlkerungenIraks und Afghanistans verantwortlichsind, sitzen dort in Amt und Wrden. ImGegensatz zu ihnen lebt und arbeitet Assa-ta Shakur als geachtete Reprsentantin desanderen Amerika in Kuba und wird von dortaus hoffentlich noch lange fr die Befrei-ung der Schwarzen wirken knnen. Am 16.Juli wird Assata Shakur 60 Jahre alt.Mumia Abu-Jamalbersetzung: Jrgen Heiser

    Info: freedom-now.de

    Assata Shakur: Assata. Eine Autobiogra-phie aus den schwarzen Widerstand inden USA, Bremen 2003

    aus junge Welt 14. Juli 2007

    Die letzten Aktionen frBinali in Galizien wurden am letzten Dienstag fortgesetzt,als die Unterschriftenlisten an die spani-schen Behrden in La Corua bergebenworden sind, mit denen die Freiheit Bina-lis eingefordert wird. Es haben Menschenaus allen Teilen der Gesellschaft die Forde-rung unterzeichnet, unter ihnen auch meh-rere Gewerkschafter und Politiker wie Ma-nuel Monge (BNG) und Suso Diaz (CC.OO.)und Schriftsteller wie Manolo Rivas. Vorund nach der bergabe haben die beteilig-ten Organisationen ihre Pressemitteilungan die Bevlkerung verteilt, um weiterhinauf die drohende Abschiebung aufmerksamzu machen.

    Im Anschluss wurde beim RadiosenderSER/Radio Corua in einem Interview die

    momentane Situation im Verfahren vonBinali dargelegt und ber den allgemeinenUmgang mit Migrant_innen und politi-schen Verfolgten informiert. Und auchwenn die lokale spanische und galizischePresse weiterhin den Fall und den Umgangmit Binali verschweigt, werden die Men-schen durch Plakate, deren Zahl beachtlichzunimmt, immer wieder auf das anhalten-de Unrecht hingewiesen.

    Schickt Binali eine Postkarte!

    ... egal ob aus dem Urlaub oder von zu Hau-se:

    Binali YILDIRIMModulo 6, Centro penitenciario Madrid III

    Carretera san Martin de la vega,Km 528340 Valdemoro, Madrid,SPANIENPostkarten aus Deutschland mssen mit 65Cent frankiert werden.

    Freiheit fr Binali Soydan!Der aus der Trkei stammende Regimegeg-ner Binali Soydan ging am 19. Juni. 2007zum Auslnderamt in Kln-Kalk, um seine

    Aufenthaltserlaubnis verlngern zu kn-nen. Statt die Verlngerung zu bekommen,wurde er in Haft genommen. Er befindetsich derzeit in der Strafvollzugsanstalt inKln-Ossendorf. Jetzt droht ihm eine Ab-schiebung.

    Der Rechtsanwalt, welcher sich mit die-ser Angelegenheit auseinandersetzt hat,gab an, dass Binali Soydan aufgrund einer

    unehrlichen Beschuldigung als Terroristvom trkischen Staat angeklagt wird. Dertrkische Staat verlangt jetzt vom deut-schen Staat die Auslieferung von BinaliSoydan. Daraufhin ist er in Untersu-chungshaft genommen worden.

    Binali Soydan ist fr die wchentlich er-scheinende Zeitung Kizil Bayrak ttig. Auf-grund seiner journalistischen bzw. politi-schen Ttigkeiten wurde er schon in derTrkei verurteilt. Durch seine politischen

    Aktivitten ist er mehrmals verhaftet undmisshandelt worden. Im Falle einer Ab-schiebung drohen ihm wieder schlimmste

    Misshandlungen, Folter und Haftstrafen.Aufruf von: ATIK, ATIF; BIR- KAR; ILPSEuropa, ADHK, ADHF, AGIF, AveG-Kon,

    Anatolische Fderation, Yasanacak DnyaGazetesi

    Wandzeitung in Harburg fr die Freilassung des Hamburgers Binali Yildirim, der seit dem19.5. in Spanien inhaftiert ist und dem die Auslieferung in die Trkei droht.Laufende Informationen unter: http://www.freebinali.tk/

    Am Samstag, den 8. September, wird in Hamburg eine groe Demonstration unter Lo-

    sung stattfinden: Freiheit fr Binali Yildirim und alle politischen Gefangenen!Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof/Kirchenallee 12 Uhr. Sie fhrt zur Auslnder-

    behrde, danach durch die Innenstadt und endet vor dem spanischen Generalkonsulat,Mittelweg 36. Weitere Infos: www.freebinali.tk

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    FREIHEIT FR BINALI SOYDAN!Protestiert gegen die drohenden Abschie-bung und wendet Euch an:

    Innenministerium NRWPostanschrift40190 DsseldorfTelefon: 0 211- 871- 01Telefax: 0 211 - 871 - 3355E-mail: [email protected]

    Seit Kurzem befindet sich Binali Soydan im

    Hungerstreik gegen seine drohende Ab-schiebung und um fr seine sofortige Frei-lassung zu protestieren.

    Mustafa Atalay istam 25. Juli endlichverlegt wordenEndlich ist Mustafa Atalay nach Lingen in

    das dortige Justizvollzugskrankenhaus ver-legt worden und wir hoffen, dass sich sichseine lebensbedrohliche Situation jetztbessert.

    Mustafa ist ein linker Journalist, wurde we-gen seiner Gesinnung fast 20 Jahre in tr-kischen Gefngnissen weggesperrt.Mustafa wurde whrend dieser Zeit unzh-lige Male gefoltert und leidet heute auf-grund dieser Folter an ernsthaften gesund-heitlichen Problemen wie einer kaputten

    Wirbelsule und posttraumatischenStrungen.Am 15. November 2006 veranlasste die

    Bundesanwaltschaft die Festnahme vonMustafa Atalay whrend seiner Behand-lung im Rehabilitationszentrum in Bad Be-

    vensen. Festgenommen wurden insgesamt5 weitere Mnner. Vorgeworfen wird ihnenMitgliedschaft in einer auslndischen ter-roristischen Vereinigung ( 129a und des 129b). Die Verhaftungen basieren auf

    Aussagen eines Polizeispitzels, welcher so-wohl im Auftrag des trkischen Geheim-dienstes MIT als auch im Auftrag des Bun-desnachrichtendienstes BND gearbeitet hat.

    In der Bundesrepublik Deutschland warMustafa Atalay polizeilich gemeldet undwar unter anderem wegen Aufenthaltsan-gelegenheiten den zustndigen mternwohlbekannt. Er hatte einen festen Wohn-sitz und aufgrund seines Gesundheitszu-standes war er immer wieder in Behand-lung.

    Mustafa Atalay ist 50 Jahre alt, er befandsich wegen einer schwierigen Bypassope-ration im Krankenhaus in Bad Bevensen.Etwa zwei Wochen nach seiner Operation,noch in der notwendigen Rehabilitations-und Behandlungszeit, wurde er von Beam-

    ten des Bundeskriminalamt verhaftet.Nach seiner Verhaftung wurde MustafaAtalay in eine Einzelzelle der JVA Hanno-ver gesperrt und befand sich auf der Si-cherheitsstation in Isolationshaft, d.h. 23

    Stunden am Tag allein in seiner Zelle. Erhatte folglich keinen Kontakt zu anderenGefangenen. Verstndigen kann sich nurauf Trkisch und in gebrochenen Englisch.Innerhalb von 8 Monaten konnte Mustafanur 4 Besuche empfangen. Gegen 2 Men-schen wurde ein Besuchsverbot verhngt.

    Inzwischen verschrfte sich Mustafas Ge-sundheitszustand drastisch, zwei seinerdreier Bypsse verstopften und es bestand

    zustzlich unter den Isolationshaftbedin-gungen Lebensgefahr. Einer seiner Rechts-anwlte, Jrgen Schneider, meinte: Gera-de bei Herzkrankheiten zhlt jede Sekundeund entscheidet ber Leben und Tod. Selbstder zustndige Knastarzt beantragte Haft-

    verschonung.Erst am 12.Juli war die verantwortliche

    Behrde, die Generalbundesanwaltschaft,bereit, Mustafa zu verlegen, was erst dannam 25.Juli erfolgte.Wie war das mglich?- Die Nachrichtensperre konnte immer-

    hin durchbrochen werden. Die Knastkund-

    gebung , die am 31.Mrz fr Mustafa vorder JVA Hannover stattfand, wurde von denMedien noch ignoriert, obwohl 2 Pressefo-tografInnen Aufnahmen machten. AuchBesucherInnen dieses Gefngnisses wurdenam diesen Tage umgeleitet, so dass sienichts von der Kundgebung mitbekamen.

    Jetzt erschienen seit Juni mehrere Artikelim Neuen Deutschland, zgur Politika undin der Jungen Welt. Zustzlich berichtetenauch verschiedene trkische und deutschelinke und radikale Medien.

    - Mehrere Organisationen, linke wie hu-manistische, und Rechtsanwlte starten In-itiativen fr eine Haftverschonung oder

    Verlegung in ein Krankenhaus Mustafas.Obwohl das auch die Bundestagsabgeord-nete Ulla Jelpke von der Linksfraktion for-derte, lehnte das die Generalbundesanwl-tin Monika Harms kategorisch ab.

    Mustafa Atalay wandte sich in einen Briefin englischer Sprache u.a. an das Antifol-terkomitee des Europarates, das nieder-schsische Justizministerium, Bundesju-stizministerin Zypies und die Bundeskanz-lerin:

    Werte Damen und Herren,ich bin ein Gefangener in Hannover.In der Trkei wurde ich Folterzentren (Po-

    lizeiprsidien) durch Polizisten und Solda-ten gefoltert. Deswegen leide ich an ge-sundheitlichen Problemen.

    Ich muss 5 Tabletten (fr mein Herz, Cho-lesterin, Bluthochdruck) pro Tag zu mirnehmen. Vor 7 Monaten haben mir rztein einem Krankenhaus Bypsse in meinemHerz gelegt. Nur 26 Tage nach dieser Ope-ration wurde ich im Krankenhaus festge-nommen. Ich kann nur 3 Minuten gehen.

    Whrend des Tages vergesse ich eine Men-

    ge. Ich habe Schmerzen in meinem Herzund am Krper.Wo sind die Menschenrechte?Ist das Gerechtigkeit?Das ist undemokratisch!

    Ich befinde mich in Isolationshaft imHannover Gefngnis. Isolationshaft bedeu-tet Folter. Ich kann hier zu niemandem spre-chen. Ich befinde mich ausschlielich in derIsolationszelle. In dieser Zelle gibt es keinSonnenlicht und keine Luft.

    Dies ist Folter!Die Isolationsfolter muss enden!Ich fordere Menschenrechte und Gerech-

    tigkeit!

    Beendet die Isolationshaft!Ich fordere die Verlegung in ein Kran-kenhaus!

    Ich lade Sie ein, mich hier zu besuchenund meine Isolationszelle zu sehen. Sehensie selber, dass es ein Versto gegen dieMenschenrechte darstellt.

    Ich fordere Gerechtigkeit!Ist das Gerechtigkeit?Sind das Menschenrechte?

    Auf Grund dieses Briefes erkundigten sichder zustndigen Arzt und der Psychologeder JVA Hannover im Auftrag von Merkel

    nach Mustafas Gesundheitszustandes. Am12.Juli veranlasste die Harms-Behrde end-lich die Verlegung.

    Ende Mrz wunderte sich ein Redakteurder hannoverschen Neuen Presse ber dieharte Haltung des deutschen Staates ge-genber Mustafa . Das ist natrlich eine po-litische Entscheidung, dass Mustafa isoliertwird, wurde ihm entgegnet. Das Blattdruckte bekanntlich nichts ab.

    Gefangene, die wegen 129a und 129 b in-haftiert sind, unterliegen einen drakoni-schen Haftprogramm, wie bei Mustafadeutlich wurde. Auch gegen BesucherInnenund RechtsanwltInnen gibt es spezielleBeschrnkungen und Besuchsverbote, wieauch ich Mustafa nicht besuchen darf.Weiterhin dienen diese Paragrafen neben

    Kriminalisierung und Abschreckung auchzur Ausforschung und Erfassung linker Zu-sammenhnge, wie z.B, anlsslich dieHausdurchsuchungen gegen Zusammen-hnge der Anti-G8 Proteste im Mai und Ju-ni deutlich wurde. Das sind alles Grnde,hier noch mal die Abschaffung der Para-grafen 129,129a und 129b zu fordern.

    Selbst eine so humanistische Forderung

    wie Aufhebung der Isolation von Mustafabedarf vielfltiger politischer Anstrengun-gen , um sie diesen mchtigsten europi-schen Nato-Staat abzuringen. Mustafas Be-dingungen und aller zu ndern, die von denFolgen dieser Paragrafen betroffen sind, istaber auch eine generelle politische Forde-rung.

    Seine neue Adresse:Mustafa AtalayJustizvollzugskrankenhaus LingenKaiserstr.549809 Lingen

    Wolfgang

    berarbeiteter Artikel aus der Roten HilfeZeitung 3/2007

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    Kurdenverfolgungund kein Ende Wegmit dem PKK-Verbot !Erneut Razzien in kurdischem VereinDie Repressionswelle des deutschen Staa-tes gegen Kurden reit nicht am. Am Don-

    nerstag Morgen (26. Juli) wurden das kur-dische Kulturzentrum in Gieen sowie zweiWohnungen durchsucht. Der Vereinsvorsit-zende Ali Aktas und das VereinsmitgliedEkrem Esiyok wurden festgenommen. Beiden Durchsuchungen wurden die Trenaufgebrochen und mehrere Gegenstndebeschlagnahmt. Seit Januar gab es fnfgro angelegte Razzien gegen Kurden undkurdische Einrichtungen. Dabei wurden132 Verein, Wohnungen und Arbeitspltzedurchsucht und Dutzende Personen festge-nommen. Die letzte Durchsuchungswellefand am 5. Juli zeitgleich in Mnchen, Kln

    und Baden-Wrttemberg statt. ISKU

    GEW Bayern protestiert gegen dieVerhaftung Haydar Isiks

    Am 5.7.2007 durchsuchten 186 Polizisten dieWohnungen und Bros von 22 Mnnern undFrauen aus der kurdischen Befreiungsbewe-gung und der deutschen Linken. Schwer-punkt des Kriminalisierungsschlages mit al-lein 23 (!) Wohnungen war Mnchen, hier ka-men USK-Kommandos zum Einsatz. DerSchriftsteller Dr. Haydar Isik, GEW-Mitgliedaus Mnchen, wurde inhaftiert. Oskar Brck-ner, Vorsitzender der GEW Bayern: Ich hal-te die Verhaftung unseres Mitglieds und ehe-maligen Lehrers Haydar Isiks fr einen un-glaublichen Vorgang. Der 69-Jhrige wurdeum 6 Uhr frh von 12 Einsatzkrften, z.T. inKampfanzgen berfallen, alle Computer,Handys und Papiere beschlagnahmt, obwohloffensichtlich keine Beweise fr Straftaten

    vorlagen. Die offizielle Begrndung hie:Verste gegen das Vereinsgesetz! Selbst derLeiter des Staatsschutzdezernats, Jrg Beyse,bezeichnete die Verhaftung als repressiveManahme. Dieses Vorgehen passt zu Dikta-

    turen, aber nicht zu einem demokratischenRechtsstaat. Der Hintergrund ist wohl, dassHaydar Isik ein Kulturfestival zum kurdi-schen Neujahrsfest Newroz organisiert unddamit die PKK finanziert haben soll. Aller-dings ist dieses Fest vom Mnchner Kultur-referat bezuschusst worden. Stehen jetzt auch

    Verhaftungen in der Stadtverwaltung bevor?Der GEW ist seit langem bekannt, dass sich

    ihr Mitglied Isik fr die kulturelle Autonomieder Kurden eingesetzt, aber Gewalt immer ab-gelehnt hat. 1995 hat Haydar Isik entschei-dend dazu beigetragen, dass die damalige Be-setzung des kurdischen Elternvereins, bei der

    die Besetzer mit Selbstmord gedroht hatten,friedlich beendet werden konnte. Sehr merk-wrdig mutet auch der Umstand an, dass be-reits am Donnerstagabend in allen Nach-richten in der Trkei ber die Verhaftung mit

    Namensangabe berichtet wurde. Die GEW be-frchtet, dass die zunehmenden Verletzun-gen von Persnlichkeitsrechten Teil eines Ab-baus des Rechtsstaates und der Aushhlungdes Grundgesetzes darstellen. Am Samstag,den 7.7.07 fand dagegen eine Protestkund-gebung in Mnchen statt.www.gew-bayern.de

    Berufsverbotsverfahren erneute Anhrung MichaelCsaszkczys vor dem Regie-rungsprsidium Karlsruhe

    Am 13.7.2007 fand die erneute Anhrung desHeidelberger Realschullehrers MichaelCsaszkczy vor dem RegierungsprsidiumKarlsruhe statt. Csazkczy wird seit dreiein-halb Jahren von den Bundeslndern Hessenund Baden-Wrttemberg aus politischen

    Grnden die Ausbung seines Berufes ver-wehrt. Als Grund fhren die Ministerien sei-ne Mitgliedschaft in der AntifaschistischenInitiative Heidelberg (AIHD) an (Informatio-nen unter www.gegen-berufsverbote.de).

    Der Verwaltungsgerichtshof Mannheimhatte im Mrz diesen Jahres klargestellt, dasskeiner der vom Kultusministerium angefhr-ten Grnde im Mindesten geeignet sei, Csasz-kczys Verfassungstreue in Zweifel zu zie-hen. Das Urteil ist rechtskrftig. Anstatt sich

    jedoch fr die vllig unbegrndete Diffamie-rung des Realschullehrers als Staatsfeind unddie versuchte Zerstrung seiner beruflichenExistenz zu entschuldigen und ihn unver-zglich einzustellen, hatte das Regierungs-prsidium ihn erneut zu einem ergebnisof-fenen vertiefenden Einstellungsgesprchbezglich nach wie vor offener Fragen zuseiner politischen Treuepflicht geladen.

    Irgendwelche neue Indizien fr Csasz-kczys angebliche Verfassungsfeindlichkeitwusste die Kommission auch heute nicht vor-zubringen. Whrend der mehr als andert-halbstndigen Anhrung, die nach Angaben

    von Csaszkczy und seinem Anwalt in ei-ner ausgesprochen unfreundlichen Atmos-

    phre verlief, verhielt sich die Kommission,als habe es das Urteil des Verwaltungsge-richtshofs nie gegeben. Csaszkczy sollte zudenselben Tatsachen und Positionen Stellungnehmen wie vor drei Jahren. Eine Distanzie-rung lehnte er auch diesmal ab.

    Das Solidarittskomitee gegen das Berufs- verbot fordert das Kultusministerium auf,endlich von der Wiederbelebung der grund-rechtswidrigen und antidemokratischen Be-rufsverbotspraxis Abstand zu nehmen. Dar-ber hinaus fordern wir die Streichung dergesetzlichen Grundlagen der Berufsverboteund die Rehabilitierung und Entschdigung

    aller Betroffenen. Die Entscheidung des Kul-tusministeriums wird im Lauf der nchstensechs Wochen erwartet.Stefan Riedelfr das Solidarittskomitee

    Antifa Christian S.wird in JVA Tegel mitMord gedrohtGestern frh wurde der durch die Medienbekannte Berliner Antifaschist Christian S.,ohne dass Angehrige oder seine Anwltin

    davon informiert wurden, berraschendvon der JVA Berlin-Hakenfeld mit offenemVollzug (wo er eine zehnmonatige Haftstra-fe wegen Landfriedensbruch absitzt) in diegeschlossene JVA Tegel verlegt worden ist.

    Gestern Mittag erschien in dem Internet-portal indymedia ein Artikel von Neonazis.Darin wird verkndet, er sitze in der Ab-schusszelle(Bunker).Er werde in der JVATegel auf viele politische Gegner treffen undder Landsersnger Regner habe eine ganzeGefolgschaft um sich. Er solle sich selbererhngen, das werde ihm viel Schmerz er-sparen. Den Kameraden wird dann noch

    viel Spa gewnscht.Christian S. befindet sich demnach in der

    JVA Tegel in akuter Lebensgefahr, dieRechtsextremen drohen ihm in ihrer Inter-netverffentlichung offen mit dem Tod,wenn er sich nicht selbst umbringt, also inden Tod getrieben wird.

    In der JVA Tegel kann seine Unversehrt-heit nicht gewhrleistet werden, es sei denner wrde in totaler Isolation und stndigerberwachung untergebracht werden, waswiederum dem Ziel des Strafvollzugs wi-derspricht.

    Den Zielen des Strafvollzuges wider-spricht im brigen auch die Tatsache, dassfr Herrn S., obwohl er bereits am 14. Ju-ni 2007 seine Haftstrafe in der JVA Berlin-Hakenfelde angetreten hat, bis zum heuti-gen Tage keinen Vollzugsplan erstellt bzw.ihm nicht bekannt gemacht wurde. Dies

    verunmglicht ihm, seine Schulausbildungzum Abitur fortzusetzen, was ebenfalls alsoberstes Vollzugsziel im Sinne der Reso-zialisierung im Vollzugsgesetz propagiertwird.

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    Die JVA Tegel ist in den Berliner Medienseit Monaten wegen der katastrophalenHaftbedingungen, berbelegung, Drogen,Gewalt in den Schlagzeilen (siehe Tages-spiegel vom 18.7.)

    Fr Nachfragen steht seine Rechtsanwl-tin Frau Silke Studzinsky zur Verfgungunter 030/ 695 79 96. Informationen zuChristian und dem Strafverfahren gegenihn unter freechristian.gulli.to

    21.07.2007 Pressemitteilung der Soligrup-pe Christian S.

    Christians Haftbedingungen

    Statt Christian wieder zurck in die JVA-Hakenfelde zu verlegen und sich um seinenoffenen Vollzug zu kmmern, wurde ernach dem Artikel aus dem ND vom 24.7.(Morddrohung gegen NPD-Gegner) inIsohaft in der JVA Tegel verbracht. EinenTag spter, am 25.7., kam er in eine Ein-zelzelle. Noch immer werden ihm sein Geldund seine Klamotten vorenthalten. Immer-hin seit nunmehr einer Woche zwischen den

    JVAs in Berlin auf Reisen. Das Personal inHakenfelde verwies Christians Angehrigewegen der scheinbar verloren gegangenenSachen darauf, sich direkt an die politisch

    Verantwortliche, Justizsenatorin Gieselavon der Aue, zu wenden, damit es schnel-ler gehen soll.

    In Tegel gehen die Schikanen weiter - keinWunder, gibt es gerade keinen Anstaltslei-ter, geht alles drunter und drber in dem

    vllig berbelegten Knast. Die gestelltenBesuchsantrge werden nicht bearbeitet.Christian war einen Tag vor einem geplan-ten Besuch von FreundInnen aus Haken-feld nach Tegel verlegt worden. Wahr-scheinlich muss er nun aufgrund internerJVA-Pannen weitere zwei Wochen auf sei-nen Besuch warten. Die ohnehin sehr knappbemessene Besuchszeit von insgesamt 1Stunde pro Monat wird dadurch noch ein-mal empfindlich beschnitten.Was kann getan werden, damit sich Chri-

    stians Situation sich ndert?Wendet Euch z.B. schriftlich an die Ju-

    stizsenatorin, z.H. Giesela von der Aue, Se-natsverwaltung fr Justiz, Salzburgerstr.21-25, 10825 Berlin

    Ihr knnt auch den Protestbrief der So-ligruppe Christian S.verwenden:

    Sehr geehrte Frau von der Aue,ich mchte Sie bitten, sich dem Gnaden-

    gesuch der Anwltin des gegenwrtig in derJVA Hakenfelde inhaftierten Herrn Christi-an Smmermann, Frau Silke Studzinskyanzuschlieen.Warum sollten Sie in diesem Fall eine

    Gnade erteilen? Diese Frage stelle ich mirauch und mglicherweise Sie sich sogar sel-ber: Mitunter neigen Menschen und Insti-tutionen dazu, sich gottgleich zu verhalten

    und ber Gnade und Nichtgnade zu ent-scheiden. Glcklicherweise wird keinMensch zum Gott, nicht einmal diejenigenMenschen, die Gnade erteilen drfen. ZurGewhrung von Gnade bedarf es vor allem

    rationalen Begrndungen, um dem Lebenunserer inhaftierten Mitmenschen wiedereinen Wert zu geben.Also komme ich auf diesen Punkt zu spre-

    chen:Christian S. ist Hepatitis C erkrankt. Zwi-

    schen dem 13. Februar 2005 und dem 11.Januar 2006 hat er sich gezwungenerma-en in der Untersuchungshaftanstalt Moa-bit aufgehalten. Im November 2004 hatte er

    eine erfolgreiche Therapie mit Interferonund Ribavirin angefangen, in der Untersu-chungshaft wurde ihm eine Therapiefort-setzung in dieser Form jedoch verwehrt. Er

    versuchte vergeblich, diese Therapie auch inder Haft fortsetzen zu knnen, wofr sichsogar das Komitee fr Grundrecht und De-mokratie und die zustndige rztekammereinsetzte. Das Haftkrankenhaus wurde zwarum eine Begrndung oder Stellungnahmedazu gebeten, jedoch waren die zustndi-gen rzte um Herr Rainer Rex in dieser Sa-che nicht kooperativ. Die Zustnde bezg-lich der medizinischen Versorgung kennen

    Sie ja schon recht gut und glcklicherwei-se wurde diese ffentlich thematisiert. Obsich die Zustnde in den Berliner Haftkran-kenhusern verbessern werden, kann ichnicht beurteilen. Ich wnsche mir nur, dassChristian S. die JVA lebendig und im best-mglichen Gesundheitszustand verlsst.

    Die zweite Begrndung, die ich erwh-nen will, betrifft die Art und Weise, mit derChristian S. seine Haftverschonung nach 11Monate Untersuchungshaft und 7 Prozess-tagen erhalten hat. In dem Prozess tratencodierte und verkleidete Polizeizeugen auf,welche sich gegenseitig und auch etlichen

    Videoaufnahmen widersprachen. Auf-grund dieser und etlicher weiterer Unge-reimtheiten drohte der Prozess zu platzen.Die Lsung des Dilemmas war dann so un-seris wie unkompliziert: Christian wurdeangeboten, noch am selben Tag frei zu kom-men, wenn er sein Recht auf eine Berufungin einem Verfahren zum 1. Mai 2004zurcknimmt. Weil er, wie schon oben er-whnt, dringend seine Medikamentebentigte, musste er dieses Deal anneh-men und auf sein Recht gegen ein Urteil ei-ne Berufung einlegen zu drfen verzichten.

    Ich bin so frei, das als Erpressung zu be-zeichnen, da hier seine Freiheit, Leib undLeben von der Rcknahme von den ihm zu-stehenden Rechten abhngig gemacht wur-de.

    Mit meinem grten Respekt

    Christians neue Anschrift:Christian SmmermannBNR: 727/07/7JVA TegelSeidelstr. 3913507 Berlin

    Neuer Prozesstag am Freitag, den 3. Au-

    gust. Der 5. Prozesstag der Berufungsver-handlung wegen des Naziaufmarsch am13.02.05 in Dresden gegen Christian undLeila vor dem Berliner Landgericht, Turm-str. 91, 9 Uhr, Saal 820.

    Zur Lage in denBerliner KnstenWie Gefangene umgedreht werden -Vollzugsziel Entsolidarisierung

    In Berlin beginnen die meisten Knastkar-rieren in den Zellen des LKA am Tempel-

    hofer Damm. Enge gekachelte Rume miteinem Betonsockel, ob es nachts eine Ma-tratze gibt, hngt von der Willkr der Be-amten ab, genauso, wie oft jemand zur Toi-lette gelassen wird. Weil das Fenster nichtzu ffnen ist, haben die Gefangenen ent-weder nach kurzer Zeit Kopfschmerzen oderdas Gerusch der Lftung verhindert denSchlaf. Viele Menschen sind von dieser Um-gebung so schockiert, dass, wenn sie nach40 Stunden dem Haftrichter vorgefhrtwerden, schon der beabsichtigte Aussage-druck entsteht. In jedem Berliner Knast gibtes Zellen wie im Polizeigewahrsam, die Leu-

    te wissen das, und so erscheint die Ankunftin der Untersuchungshaftanstalt Moabit alserste Verbesserung, es gibt eine Freistunde,die Fenster lassen sich ffnen und ein TVkann gemietet werden.

    Nach einigen Monaten mit 23 StundenEinschluss am Tag und kaum Kontakt zur

    Auenwelt sind die meisten verhandlungs-reif, fast jedes Urteil wird akzeptiert und aufRechtsmittel verzichtet. Hauptsache wegaus Moabit und ins Paradies nach Tegel.Dort gibt es kein Drahtnetz vorm Fenster,die Gefangenen knnen einige Stunden proTag am Gang rumstehen, bessere Besuchs-mglichkeiten

    Es gibt aber weitere Mglichkeiten sichzu verbessern:Verlegung in den offenen Vollzug nach

    Dppel oder bei Haftverschonung sptereLadung nach Hakenfelde. Der Offene Voll-zug ist fr das Land Berlin eigentlich ameffektivsten; weniger Beamte/ Personal, diemeisten Gefangenen arbeiten und zahlendavon 150.- Euro monatlich Haftkosten.

    Der ausgebte Druck auf die Menschenist in den Anstalten differenziert, bei Wi-derstand wird der Gefangene immer wieder

    in den Zustand wie kurz nach der Festnah-me versetzt: berall gibt es besonders ge-sicherte Haftrume. Wer in Moabit Kon-takt zu anderen aufnimmt, lrmt oder dis-kutiert der Beamte gibt Alarm, Einsatz desKnppelkommandos, Verbringung in denBunker, eventuell mit Anketten. In Tegelentfllt das Problem der illegalen Kontakt-aufnahme, aber die Flut von Drogen unddie Enge fhren zu Auseinandersetzungen,und jede Renitenz wird genauso beantwor-tet.

    In Hakenfelde wird die Hausordnungnoch penibler ausgelegt. Bestimmte Berei-

    che drfen zu bestimmten Zeiten nicht be-treten werden, und Verste, die im Ver-borgenen laufen, werden vom hauseigenenSpitzelsystem gemeldet. Weil es nicht ge-nug Beamte fr ein Knppelkommando gibt

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    und um Zeugen zu vermeiden, laufen dieAngriffe geschickter:

    Der Betroffene wird ber Lautsprecher zur

    Zentrale bestellt, wo er berraschend vonsechs Beamten angefallen wird, dabei wer-den ihm Grtel und Schuhe weggenommen,bevor es in den Bunker geht. Am nchstenTag kommt der Transport nach Tegel. Von den LKA-Zellen bis zum Offenen

    Vollzug wird den Gefangenen ein schein-bar stndig wachsender Entscheidungs-spielraum zugestanden. In Moabit ist kei-ner ohne Beamten unterwegs, der alle paarMeter Tren schliet, in Tegel kann mansich schon auf der Station bewegen und inHakenfelde bis 22 Uhr im Hof aufhalten.Niemand will zurck auf Null, sowie zumBeispiel die Geldstrafer, die ihre Ersatzhaftim Hochsicherheitsbereich Moabit, oder dieRenitenten, die wochenlang im Bunker vonTegel vegetieren.

    Dieses stndige Gewinnen- und Verlie-ren-Knnen bringt viele Gefangene zur Ko-operation mit den Repressionsorganen. Mitder Zurcknahme der Sicherungsmanah-men fllt auch die Solidaritt unter den Ge-fangenen. Auf dem Weg vom LKA nachMoabit gelten noch alle Richter und Bullenals Schweine, whrend in Hakenfelde jedergegen jeden intrigiert. Mehr Eigenver-

    antwortung fhrt bei vielen Gefangenen zueiner Blockwartmentalitt.Warum das so ist? Eine Alternative ist fr

    die Gefangenen nicht sichtbar, Antirepres-sionsgruppen sind unbekannt, genauso wiedie eigenen Rechte. Niemand fngt die Ge-fangenen auf in ihrer Ungewissheit, nie-mand macht ihnen ein Angebot, nur derStaat gibt fr Verrat und Anpassung einStck scheinbare Freiheit. Solange die ra-dikale Linke nur Freundeskreispolitik be-treibt, statt Druck zumindest fr die politi-schen Gefangenen aufzubauen, werden so-ziale Gefangene nicht auf unserer Seite sein.

    Die Zustnde im Berliner Knastsystem wer-den gelegentlich in den brgerlichen Me-dien thematisiert, als Widerstandsbereichfr unsere Zusammenhnge scheint es abernicht wichtig genug zu sein.

    Prozess gegen G8-Gegner endet mitdessen FreilassungDeutliche Richterkritik am Polizeieinsatzwhrend der internationalen Grodemon-stration anlsslich des G8-Gipfel in Rostock

    am 2.6.

    Heute morgen (11.7.) fand vor dem Amts-gericht Rostock der Prozess gegen den sichseit dem 2.Juni in Haft befindlichen G8Gegner Ltf Y. statt. Ihm wurde vorge-worfen das er sich gegen die brutalen An-griffe der Polizei auf die internationaleGrodemonstration am 2.Juni in Rostockzur Wehr gesetzt hatte.

    Haftbefehl fr G8 Gegner aufgeho-ben, Strafma im unteren BereichDer Prozess, der etwa 3 1/2 Stunden dau-

    erte, endete mit einer Haftstrafe von 8 Mo-naten, die jedoch zur Bewhrung ausgesetztwurde. Whrend der Verhandlung sparte

    Amtsrichter Horstmann nicht mit Kritik andem Polizeieinsatz whrend der internatio-nalen Grodemonstration am 2.6. Die Po-lizei ist auf einen bis dahin vllig friedli-chen Teil - den internationalen Block der

    Anti-G8-Demonstration in Rostock- losge-strmt und hat dabei mit einem massivenKnppeleinsatz wahllos auf Demon-stranten eingeschlagen und mehrere

    von ihnen verletzt. Einen Angriff aufPolizisten hat es in dieser Situation da-bei nicht gegeben. Die gab es erst inspterer Folge des Polizeieinsatzes.

    Deutliche Worte der Kritik am Poli-zeieinsatz also von Amtsrichter Horst-mann am Polizeieinsatz anlsslich desProzesses gegen den in den Niederlan-den lebenden G8-Gegners Ltf Y. -den die Polizei seit dem 2.Juni in derJVA Waldeck festhielt. Dem in den Nie-derlanden anerkannten AsylbewerberLtf Y. wurde ein besonders schwererLandfriedensbruch zur Last gelegt. ImLaufe der Verhandlung wurde immer

    deutlicher, dass der Angeklagte in ei-ner Situation psychischer Anspannunghandelte, als Freunde von ihm auf-grund des Polizeiangriffs verletzt wur-den und er sich durch die martialischausgerstete Polizei (so der Richter) anSzenen in seiner trkischen Heimat er-innert fhlte, da dort in einem Poli-zeistaat die Polizei anders handeln darfund anders handelt als in der Bundes-republik (so der Richter) und in der der

    Angeklagte als politischer Hftling ge-foltert wurde. Durch diese Erinnerungsei es in einer spontanen Reaktion zu

    einem Steinwurf in Richtung Polizeigekommen. Das Strafma fr diesenWurf wurde daher und auch aufgrundder unbersichtlichen Situation mit 8Monaten auf Bewhrung ganz am un-

    teren Ende der Strafbarkeit angesiedelt.Anlass zu seiner scharfen Kritik am Poli-

    zeieinsatz war das Polizeivideo, auf demdeutlich zu sehen war, wie eine Polizeiein-heit aus Bayern ohne Vorwarnung auf bisdahin friedliche Demonstranten einknp-pelte und als sie sich wieder zurckzog, 2Personen auf dem Boden lagen. RichterHorstmann mochte den Polizisten lediglichzugute halten, dass sie vor diesem Demon-

    strationsblock Angst hatten, da ihnen vonder Einsatzleitung offensichtlich falsche In-formationen gegeben wurde. Der Richterfand es aufgrund des starken Angstgefhlsnachvollziehbar, dass die Polizisten schonbei waagerecht gehaltenen Fahnenstangender Demonstranten einen Angriff vermu-ten und danach losprgeln.

    Selbst die Staatsanwltin Siek als Vertre-terin der Anklage forderte aufgrund der

    vorgespielten Videos eine Strafzumessungim unteren Bereich. Auch sie titulierte denPolizeieinsatz als Angriff auf eine bis da-hin friedliche Menschenmenge, die zwar

    Fahnenstangen mit sich fhrten, diese abererkennbar zu friedlichen Zwecken nutzenwollte. Auf einen Zuruf aus dem Publikumhin uerte sie, dass die Staatsanwaltschaftauch gegen von der Polizei begangeneStraftaten ermittelt.

    So bedauerlich das Urteil gegen den An-geklagten auch ist, der in dem durch nichtszu rechtfertigenden 5 Wochen U-Haftschon genug Leid erdulden musste und der

    Antikapitalistische Kritik beim G8-Protest

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    darber hinaus bei der Verhaftung mis-shandelt wurde, so bleibt positiv festzu-stellen, dass der Haftbefehl mit diesem Ur-teil aufgehoben wurde und der Genosse denGerichtssaal als freier Mann verlassenkonnte. Absoluter Hhepunkt der Ver-handlung war als Staatsanwltin Siek zumSchluss noch mal fr alle zusammenfasste:(O-Ton): Ich nehme an, dass sie gegen denKapitalismus insbesondere die G8-Staaten

    protestieren wollten, die dieses System jamageblich aufrechterhalten. - worauf derAngeklagte sowie die Mehrzahl der in demGerichtssaal Anwesenden zustimmendnickten. Die Rote Hilfe Rostock stellt nachdiesem Prozess fest, dass das Lgenhaus derKavala, die Polizei htte sich am 2.6. dees-kalierend verhalten, mehr und mehr ein-strzt. Es kommen im Gegenteil immermehr Straftaten von einzelnen PolizistIn-nen ans Licht und auch ein Konzept der Po-lizei, welches darauf setzte, mit falsch in-formierten Einsatzzgen die Gewaltspiraleanzuheizen.

    Die Rote Hilfe Rostock fordert, da auchder letzte noch in Waldeck einsitzende U-Hftling unverzglich freigelassen wird.Die Rote Hilfe geht davon aus das hunder-te von AktivistInnen in den nchsten Mo-naten mit Anklagen bzw. Strafbefehlenrechnen mssen. Daher rufen wir dazu aufdie von staatlicher Repression Betroffenennicht allein zu lassen.Rote Hilfe e.V. OG-Rostock, 11.7.2007

    Polizeirecht versusVerfassungBerliner klagte gegen Ausreiseverbot vordem G-8-Gipfel 2001 in Genua. Er schei-terte nun vor dem Bundesverwaltungsge-richt

    Nach Erkenntnissen der Berliner Polizeigehren Sie zu Personen, die der gewaltbe-reiten linksextremistischen Szene zuzuord-nen sind. Mit dieser Begrndung unter-sagte die Polizei 16 Berlinern im Juli 2001

    die Ausreise aus Deutschland, die gegen denG-8-Gipfel im italienischen Genua demon-strieren wollten. Unter ihnen war auch Fa-bian K., der sich vom 15. bis 22. Juli - derGipfel fand vom 20. bis 22. Juli statt - tg-lich auf einer Berliner Polizeiwache meldenmusste. K. klagte auf nachtrgliche Fest-stellung der Rechtswidrigkeit dieses Ver-fahrens, ihm das Demonstrationsrecht zu

    verweigern. Nachdem das Verwaltungsge-richt Berlin und das Oberverwaltungsge-richt Berlin-Brandenburg seine Klage ab-gewiesen hatten, beschftigte der Fall amMittwoch bis in den spten Abend das Bun-

    desverwaltungsgericht in Leipzig - diehchste Instanz unterhalb des Bundesver-fassungsgerichts.Auch hier wurde die Klage abgewiesen,

    wie das Gericht am Donnerstag mitteilte,

    doch das letzte Wort ist mglicherweisenoch nicht gesprochen. Denn whrend dieMeldeauflage sich lediglich auf die Gene-ralermchtigung der Polizei sttzt, die zurGefahrenabwehr erforderlichen Manah-men zu treffen, hat die Versammlungs-freiheit Verfassungsrang.Von einer langen mndlichen Verhand-

    lung sprach am Donnerstag der Rechtsan-walt des Klgers, Snke Hilbrans, gegen-

    ber jW. Dies lasse darauf schlieen, dassder Senat sich die Sache nicht leicht macht.Nun sei die ausfhrliche Urteilsbegrndungabzuwarten. Hilbrans erwartet, dass sichdas Gericht darin zu einigen rechtlichenFragen uern werde, die ber den indivi-duellen Fall hinaus relevant seien - nichtnur im Hinblick auf die Berufungsverfah-ren anderer Betroffener, die bis zur Ent-scheidung des Bundesverwaltungsgerichtsruht. So sei ungewiss, ob die Bundeslnderberhaupt das Recht htten, jemandem die

    Ausreise zu versagen. Vor allem aber ms-se geklrt werden, wie weit die polizeiliche

    Generalermchtigung in die Versamm-lungsfreiheit eingreifen drfe.

    Pikant ist dabei, dass die Annahme, vonK. gehe eine Gefahr aus, ausschlielich aufEinschtzungen der Polizei beruhte. Wenndas Bundesverwaltungsgericht nun mit-teilt, es sei an die tatschliche Feststel-lung der Vorinstanz gebunden, dass derKlger gefhrlich sei, so enthlt es sich dies-bezglich einer eigenen Beurteilung. Damitlsst es die Mglichkeit offen, dass dieseEinschtzung und somit die Meldeauflagerechtlich auf Sand gebaut waren. Tatsch-lich hatte es Ermittlungsverfahren gegen K.gegeben, etwa wegen Sachbeschdigung,aber keine Verurteilungen. Ein weiteres

    Verfahren wegen Landfriedensbruchs ver-lief im Sande, ohne dass es berhaupt zuErmittlungen gekommen wre.

    dass das Leipziger Gericht nur einge-schrnkt befugt sei, auf Landesrecht beru-hende Entscheidungen zu korrigieren, soHilbrans, schliee nicht aus, dass die bis-herigen Gerichtsentscheidungen verfas-sungswidrig waren. Dies anzunehmenscheint nicht abwegig, nachdem das Ober-

    verwaltungsgericht im Jahr 2001 befand,

    die Meldeauflage fr einen Betroffenen sei ja nur eine kleine Unannehmlichkeit,wobei die Versammlungsfreiheit als Rechts-gut vllig unter den Tisch fiel. hnlich er-ging es dem Grundsatz der Unschuldsver-mutung, als die Richter erklrten, da der Be-troffene ber einen lngeren Zeitraumwiederholt mit schwerwiegenden Vorwr-fen konfrontiert war, knne dem Umstand,dass er bislang nicht verurteilt worden sei,im Rahmen der Interessenabwgung keinentscheidendes Gewicht beigemessen wer-den.

    Ein Weg steht Fabian K. nun noch offen,

    und den will er gegebenenfalls beschreiten.Es sei die Mglichkeit zu prfen, erklrteHilbrans, die Sache zum Bundesverfas-sungsgericht zu bringen.Sebastian Wessels, aus: junge Welt

    Griechenland

    Timo aus HaftentlassenDer Berliner Timo wurde jetzt nach der Zah-lung von 10.000 Euro Kaution, aus dem Ge-fngnis Diavata in Thessaloniki nach 147Tagen Untersuchungshaft entlassen. Vor-

    ausgegangen war ein Haftprfungsterminvor einem Bezirksgericht am 27. Juni. DerTermin wurde durch Timos griechischen

    Verteidiger mit Untersttzung eines Berli-ner Anwalts eingefordert. Die griechischeJustiz sah die ordentliche Haftprfung erstfr Ende August vor.

    Timo wurde am 20. Februar in Thessalo-niki nach einem studentisch organisiertenKonzert festgenommen und zwei Tage sp-ter in ein Untersuchungsgefngnis in Ko-motini (nahe der trkischen Grenze) ver-bracht. Mitte Juni wurde er nach den Re-

    volten in den griechischen Haftanstalten in

    das Gefngnis Diavata nahe Thessaloniki verlegt. Ihm wird vorgeworfen, bei Aus-einandersetzungen mit der Polizei am 20.Februar Brandstze geworfen und sich ge-gen seine Festnahme gewehrt zu haben. Die

    Anklage sttzt sich ausschlielich auf Aus-sagen von Polizeibeamten, die nach erneu-ter Sichtung im Haftprfungsverfahren zu

    viele Ungereimtheiten enthalten, um eineUntersuchungshaft zu rechtfertigen

    Die hohe Kaution wird bis zum eigentli-chen Prozess gegen Timo einbehalten.

    Wann dieser stattfinden soll, ist unbekannt.Timo darf nun aus Griechenland ausreisenund wird Anfang nchster Woche in Berlinerwartet.

    Nach unserer Einschtzung ist TimosFreilassung nicht nur den juristischen Fak-ten geschuldet, sondern auch dem ffent-lichen Druck, der auf dem griechischen Ge-richt lastete. In Griechenland und Berlinfanden mehrere Protestaktionen studenti-scher Initiativen fr Timos Freilassung statt.

    Ein Offener Brief an den griechischenBotschafter von Abgeordneten und die Be-obachtung des Verfahrens durch das deut-sche Generalkonsulat haben durchaus auch

    Einfluss auf die Entscheidung gehabt.Die vorerst letzte Kundgebung vor dergriechischen Botschaft in Berlin-Mitte hatgestern am 4. Juli stattgefunden. Die etwa100 DemonstrantInnen begrten die Frei-lassung von Timo, verwiesen aber auf dieweiteren Gefangenen des Bildungsstreiks inGriechenland, die der griechischen Justizohne angemessene ffentliche Aufmerk-samkeit ausgeliefert sind. Deshalb gab eseine Grubotschaft an den Gefangenen Wa-silis Stergiou, der einen hnlichen Vorwurfwie Timo hat. Auerdem gab es einen grie-chischen Redebeitrag und ein Schild ber-

    setzung: Der Staat macht Gefangene, umdie sozialen Bewegungen einzuschchtern.Doch die Gefangenen sind nicht allein. DieEinschchterung wird nicht gelingen.

    Die Studierendenproteste in Griechen-

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    land, an denen sich Timo als Urlauber be-teiligt hat, halten seit dem Sommer 2006unvermindert an. Hintergrund ist die am 8.Mrz 2007 vom griechischen Parlament be-schlossene Hochschulreform sowie die ver-suchte Aufhebung des Artikel 16 der grie-chischen Verfassung. Der Artikel 16 garan-tiert das Recht auf freie, ffentliche Bildungfr alle griechischen BrgerInnen.

    Die Bildungsreform orientiert sich an den

    umstrittenen EU-Vereinbarungen von Es-sen, Bologna und Lissabon. Die Protestbe-wegung in Griechenland setzt sich aus Stu-dierenden und deren Hochschulen; Sch-lerInnen, LehrerInnen und Gewerkschaftenzusammen. Nahezu alle Hochschulen wa-ren zeitweise besetzt und wchentlicheGrodemonstrationen halten auch nach der

    Verabschiedung des neuen Hochschulrah-mengesetzes an. Die griechischen Behrdenreagieren auf den massenhaften Protest,wie im Fall Timos, mit staatlicher [email protected]

    Abstellkammernfr Seelen

    berbelegung, Willkr, keine rztliche Ver-sorgung und das Fehlen jeglicher Ausstat-tung machen aus Griechenlands Gefng-nissen menschenunwrdige Abstrafanstal-ten.

    Wenn Gefngnisse seit dem Zeitalter derAufklrung dazu dienen sollten, Verurteiltezu ntzlichen Mitgliedern der Gesellschaftzu machen, dann ist diese Entwicklung anGriechenland zumindest spurlos vorberge-gangen. Fehlende Ausstattung und Willkrsorgen dafr, dass Gefngnisse hier reineStrafanstalten sind. Sieht man von den Ge-fngnissen fr Jugendliche ab, dann gibt eskaum die Mglichkeit fr Gefangene, einenSchulabschluss nachzuholen oder einen Be-ruf zu erlernen. Das griechische Gesetz kenntzwar auch Alternativen zum geschlossenenStrafvollzug. Freigngerprogramme oderSozialarbeit statt Freiheitsentzug knnen

    von Richtern anstelle von Gefngnisstrafenverhngt werden. Aus Bequemlichkeit, Un-kenntnis oder weil die notwendigen Sozial-arbeiter fehlen, geschieht dies in der Praxisaber so gut wie nie.

    Dem Gesetz nach darf einem Menschendurch eine Freiheitsstrafe tatschlich nurdie Freiheit entzogen werden. Die Bedin-gungen in griechischen Gefngnissen aberkommen einem Entzug so ziemlich allerMenschenrechte, allen voran der Menschen-wrde gleich. Die mehr als 10.000 Gefange-

    nen sind in Haftanstalten eingesperrt, dienicht einmal fr die Hlfte ihrer Insassen aus-gelegt sind. In Korydallos, dem wohl be-kanntesten Gefngnis des Landes in der Ha-fenstadt Pirus, sind etwa 2000 Menschen in

    Zellen fr 640 Gefangene zusammenge-quetscht. Letztes Jahr wurde der Fall einesUntersuchungsgefangenen aus Nafplion be-kannt, der auf die Reise zu einem in Athenanberaumten Haftprfungstermin verzichte-te, weil er sein erst krzlich errungenes Bettin der Zelle nicht aufgeben wollte. Vorherhatte er im Zellengang nchtigen mssen.Allgemein muss man in den Gefngnis-

    sen jede noch so kleine Erleichterung, die

    ber ein bloes Vegetieren hinausgeht, von

    drauen besorgen. Wer keine Unterstt-zung durch Verwandte oder kein Geld freine Decke hat, muss in so mancher Zelleohne schlafen und kann noch froh sein,wenn er wenigstens eine Matratze auf demkalten Betonboden zur Verfgung hat.

    Oft wird mit den elementaren Bedrfnis-sen der Gefangenen Geld gemacht. Im Ge-fngnis von Domokos beanstanden die Ge-fangenen, dass das ausgegebene Essen zumSattwerden nicht ausreicht. Die Preise frLebensmittel in der Gefngniskantine sinddabei so hoch - fr ein Kilo Tomaten wer-den ber 5 Euro verlangt, whrenddrauen hchstens ein Drittel dieses Prei-ses blich ist -, dass sich viele Gefangeneeine Zusatzkost nicht leisten knnen. Von

    Vorzeigehaftanstalt kann bei dem Gefng-nis insgesamt keine Rede sein. Obwohl neugebaut, ist es bereits derart berbelegt, dass

    viele Gefangene nicht in einem Bett, son-dern auf dem Boden schlafen. Bei Tempe-raturen, die im Sommer schnell auf ber 40

    Grad im Schatten steigen, gibt es in den en-gen Zellen keine Klimaanlage, nicht einmalVentilatoren sorgen fr Erleichterung. Diesanitren Einrichtungen verrotten, weil die

    Wnde nicht gekachelt wurden und den zurAnstalt gehrenden Sportplatz hat bishernoch kein Gefangener betreten drfen.

    Mindestens fahrlssig, wenn nicht krimi-nell ist die durch Nichtvorhandensein ge-kennzeichnete rztliche Versorgung in denGefngnissen. Allein im letzten Jahr star-ben fast 250 Gefangene in griechischen Ge-fngnissen. Viele Gefngnisse haben kei-nen eigenen Arzt, Psychiater, der sich um

    die nicht seltenen Flle von psychischKranken unter den Gefangenen kmmernknnte, sucht man fast berall vergebens.

    Aidskranke werden auf den Krankensta-tionen abgestellt, eine angemessene Be-

    handlung kann nicht geleistet werden.Chronisch Kranke, sogar unheilbar Krebs-kranke werden nur dann aus gesundheitli-chen Grnden aus dem Knast entlassen,wenn sie sich einen Anwalt leisten knnen,der ihre Entlassung durchboxt. Und diegrte Gruppe der Gefangenen gehrt perDefinition eigentlich nicht in den Knast,sondern in eine Therapie: Fast 40 Prozentder Insassen sitzen wegen unmittelbarer

    oder mittelbarer Drogenkriminalitt, die al-lermeisten von ihnen sind keine Dealer son-dern Abhngige. Wegsperren ist trotzdemdie nach wie vor gngigste Methode im Um-gang mit Fixern. Entzugsprogramme imKnast gibt es so gut wie nicht, der Drogen-handel dagegen blht auch hinter Gittern.

    Zu den Menschenrechtsverletzungendurch Geld- und Personalmangel kommtdie ungestrafte Willkr innerhalb des Ge-fngnisapparats. Prgel, Beleidigungen,

    entwrdigende Behandlung und andereDisziplinarstrafen sind an der Tagesord-nung. Wer aufmuckt, bekommt die gesam-te Hrte der Repression zu spren, R-delsfhrer werden von einem Gefngnisins andere verlegt. Trotzdem kommt es im-mer wieder zu Aufstnden. Im April diesesJahres zum Beispiel besetzten Gefangenemehrerer Gefngnisse ber mehrere Tagehinweg die Dachterrassen der Gefngnisseum fr menschenwrdige Haftbedingun-gen zu kmpfen. Auslser war, dass ein Un-tersuchungsgefangener im Gefngnis vonMalandrinon von den Wchtern zusam-mengeschlagen worden war. (Der zusam-mengeschlagene Giannis Dimitrakis, be-kannter Aktivist des anarchistischen Spek-

    trums, htte eigentlich gar nicht in Ma-landrinon sitzen drfen, da dieses Gefng-nis fr verurteilte Schwerverbrecher ge-baut wurde, in das Untersuchungsgefange-ne, fr die unter anderem die Unschulds-

    vermutung zu gelten htte, nicht hin-gehren. Von solcher Behandlung betrof-fen sind in Untersuchungshaft sitzendeMitglieder des antiautoritren und anar-chistischen Spektrums, die bei den Kmp-fen der Gefangenen oft eine fhrende Rol-le spielen, immer wieder.)

    Die Einschtzung, dass die Zustnde inden Gefngnissen durchaus gewollt sind,

    lsst sich durch Beispiele untermauern. Sowurde vor wenigen Monaten eine Sendungvon Rollsthlen, die eine entsprechende In-itiative gesammelt hatte, von der Verwal-tung des Gefngnisses Korydallos mit dem

    Freiheit fr alle, die in den Zellen sitzen- diese Demonstration gegen die Belegung

    des Hochsicherheitstraktes in Larissa, Grie-chenland, liegt allerdings schon ber vierJahre zurck.

    Nein zur Vernichtung der politischen Ge-fangenen

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    Argument abgelehnt, die Krankenstationim Gefngnis verfge ber gengend eige-ne Rollsthle. Was durch Briefe eines Ge-fangenen aus dem gleichen Gefngnis wi-derlegt wird, der ber eine Verurteilung zu

    vlligen Hilflosigkeit klagt, weil ihm einRollstuhl fehlt.Viele der Gefangenen leben lange Jahre,

    wenn nicht gar Jahrzehnte unter solchenBedingungen. Griechenland verhngt im

    EU Vergleich mit die hchsten Gefngnis-strafen. Whrend in Deutschland nur 4 Pro-zent aller Gerichtsverfahren mit Strafen

    von 5 bis 15 Jahren enden, werden in Grie-chenland in der Hlfte aller Verfahren Stra-fen von 5 bis 20 Jahren verhngt. Rechts-anwlte beklagen, dass die Strafen in letz-ter Zeit sogar noch hrter geworden sind.Seit im Lande ein Ring aus einflussreichenRichtern, Staatsanwlten, Rechtsanwltenund Kirchenvertretern aufgeflogen ist, dergegen Zahlung von hohen Bestechungs-geldern Drogenhndlern und Mafiabossenmilde Strafen verschaffte oder gar den Ver-

    bleib hinter Gittern ganz ersparte, berbie-ten sich viele Richter im Verteilen von Ge-fngnisstrafen, um nur ja nicht in den Ver-dacht zu geraten, auch zu diesen Kreisen zugehren.

    In der Regel dringen nur wenige Berich-te ber die Menschenrechtsverletzungen inden Gefngnissen oder den Widerstand da-gegen nach auen. Eine funktionierendeGefangenensolidaritt gibt es nicht. Wennetwas fr Gefangene getan wird, dann gehtes meist entweder um politische Gefange-ne oder um Lobbyarbeit fr persnlicheBekannte oder besonders dringende undausnahmsweise bekannt gewordene Flle.

    Von verschiedenen linken Organisationenoder Einzelpersonen initiierte Kampagnenwie beispielsweise letztes Jahr, als mehrereGefangene bei lebendigen Leib in ihrer Zel-le verbrannten, erlschen ebenso schnellwie das Interesse der Massenmedien an denToten. Wenige politische Gruppierungenengagieren sich, meist mit Hilfe der im Lan-de bekannten politischen Rechtsanwlte,konsequenter fr die Rechte der hinter Git-ter Sitzenden. Von ihnen werden auch Vor-schlge entwickelt, das gesamte fr ana-

    chronistisch gehaltene Strafwesen durchmoderne Resozialisierungsmanahmenwie betreutes Wohnen unter der Aufsicht

    von Sozialarbeitern und soziale Arbeit zuersetzen. Organisationen wie beispielswei-se das Netzwerk fr politische und sozia-le Rechte vertreten darber hinaus denStandpunkt, das ein Gefngnisaufenthaltzur Ausbildung eines jeden Richtersgehren sollte, da nur der gerecht richtenknne, der auch wisse, welche Konsequen-zen sein Urteil habe. Nicht nur in Grie-chenland ist dies wohl noch weit entfernteZukunftsmusik. Als Standard wird hierzu-

    lande zumindest weiterhin weggesperrt undnach Mglichkeit geschwiegen ber dieAbstellkammern fr menschliche Seelen,wie die Gefngnisse von den Gefangenengenannt werden. Heike Schrader, Athen

    Gedenken an CarloAm 20. Juli 2001 traf eine Polizeikugel bei G-8-Protesten denAktivisten Giuliani. Eine Bilanz der laufenden Prozesse

    Am heutigen Freitag um 17.27 Uhr wird aufder Piazza Alimonda in Genua vllige Stil-le sein. An diesem Ort traf vor genau sechs

    Jahren, am 20. Juli 2001, den 23-jhrigenCarlo Giuliani eine Kugel in den Kopf, ab-gefeuert von einem Carabinieri. Heute ge-denken Freunde und Kollegen, Anhngerder Rifondazione Comunista, Antifaschi-sten und Aktivisten verschiedener Gruppen

    von Globalisierungskritikern Carlos. Auchdie Eltern und die Schwester Giulianis wer-den sich an der Kundgebung beteiligen.Zwischen dem 18. und 22. Juli 2001 hattenHunderttausende gegen den G-8-Gipfel inGenua demonstriert, und die martialischausgerstete Polizei, eine Truppe von etwa20000 Mann, probte den Brgerkrieg. Bis

    jetzt sind die in diesem Kontext stehenden juristischen Verfahren nicht beendet, ge-schweige denn die genauen Umstnde desTodes von Carlo Giuliani geklrt.

    Folterungen in U-Haft

    Insgesamt laufen zur Zeit vier Prozesse imZusammenhang mit dem G-8-Gipfel. Dreider Verfahren richten sich gegen Polizeibe-amte, eines gegen 25 Demonstranten. ImPerugini-Prozess sind sechs Angehrigeder politischen Polizei DIGOS angeklagt.Ihnen wird Krperverletzung im Amt,falsche Verdchtigung sowie Falschaussa-ge vorgeworfen. Sie sollen am Nachmittagdes 21. Juli grundlos auf Jugendliche ein-geprgelt haben. Die Beweislage ist ziem-lich eindeutig, weil das brutale Vorgehen

    von mehreren Filmteams aufgenommenwurde. Einer der Polizisten hat bereits sei-ne Schuld eingestanden und wurde zu 20Monaten auf Bewhrung verurteilt. Diebrigen fnf sollen voraussichtlich im De-zember ihr Strafma erfahren.

    Im Bolzaneto-Prozess sind insgesamt45 Personen, darunter Polizeibeamte, Ge-

    fngnisaufseher, rzte und Sanitter, an-geklagt. Ihnen wird eine ganze Liste von

    Vergehen vorgeworfen, darunter Krper- verletzung, unterlassene Hilfeleistung,Falschaussage und Verweigerung vonGrundrechten. Im UntersuchungsgefngnisBolzaneto kam es whrend des G-8-Gipfelsauch zu krperlichen wie psychischen Fol-terungen an den etwa 300 Gefangenen,zum Beispiel in Form von Androhung se-xualisierter Gewalt, von erzwungenem Ste-hen an der Wand, von Schlgen und Trit-ten. Nach der Sommerpause sollen dieSchlusspldoyers gehrt werden. Ob und inwelcher Form die Tter in Uniform verur-teilt werden, ist laut Prozessbeobachternnoch nicht abzusehen.

    Im Diaz-Prozess geht es um die Str-mung der Diaz-Schule am spten Abenddes 21. Juli 2001. Schlafende Gipfelgegnerwurden dabei von Polizeieinheiten berfal-len und brutal zusammengeschlagen. Ins-gesamt wurden 93 Personen festgenommenund 63 von ihnen durch die Beamten ver-letzt, zehn von ihnen schwer. Es sind meh-

    rere Dutzend hohe Funk-

    tionre des Polizei- und Ge-heimdienstapparates ange-klagt. Ihnen werden dieStraftatbestnde Krperver-letzung, falsche Verdchti-gungen sowie Falschaussagezur Last gelegt. Nachdem die93 Opfer des Polizeiangriffssowie rzte und Journalistenfr die Anklageseite ausge-sagt haben, ruft seit Juni die

    Verteidigung ihre Zeugenauf. Es ist nicht klar, wie lan-ge dieses Verfahren noch an-

    dauern und ob es zu einerVerurteilung der teils rang-hchsten PolizeifunktionreItaliens fhren wird. Unab-hngig vom Prozessausgang

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    steht aber schon jetzt fest, dass die konkre-ten Polizeischlger wahrscheinlich niemals

    juristisch zur Rechenschaft gezogen wer-den. Denn wie so oft sind sie unter den ver-mummten Beamten nicht ermittelbar.

    Dagegen richtet sich der Prozess der 25gegen 25 Demonstranten, denen Plnde-rung und Verwstung vorgeworfen wird.Die Staatsanwaltschaft hat dafr extra einaltes Strafgesetz aus Mussolini-Zeiten re-

    aktiviert, das eine besonders hohe Strafe imFalle der Verurteilung garantiert. Dieses Ge-setz verlangt keinen Einzeltatnachweis,sondern geht per Organisationsdelikt voneiner kollektiven Verantwortung aller An-geklagten aus. Das Strafma liegt bei min-destens acht und maximal 15 Jahren Haft.Das Anwaltsteam hatte in den vergange-nen Monaten versucht zu beweisen, dasseinzig die Polizei und die Regierung fr dieZerstrungen und die Verletzung der f-fentlichen Ordnung verantwortlich sind.Dazu hatte die Verteidigung Tausende Film-und Videoaufnahmen ausgewertet und

    chronologisch geordnet, um sie den Aus-sagen der Polizeizeugen vor Gericht ge-genberzustellen. Nach der Sommerpausesollen auch hier die Pldoyers gehaltenwerden, ein Urteil wird fr Oktober erwar-tet.

    Verfahren in Strasbourg

    Die Auseinandersetzung um die ErmordungCarlo Giulianis wird fortgesetzt. Nachdemes bereits am 5. Mai 2003 ein abschlieen-des Urteil vor einem italienischen Gerichtgab, haben Carlos Eltern sowie seineSchwester im Mrz dieses Jahres eine Kla-ge gegen den Staat Italien vor dem Eu-ropischen Gericht fr Menschenrechteeingereicht. Diese Klage wurde von denRichtern in Strasbourg mittlerweile ange-nommen, das Verfahren wird vermutlich imNovember oder Dezember beginnen. Darinsoll geklrt werden, wer fr den Tod des De-monstranten verantwortlich ist.

    Carlo Giuliani wurde durch einen Schussaus einem Carabinieri-Jeep heraus gettet,anschlieend fuhr das Auto zweimal berden reglosen Krper. Im Prozess von 2003waren zwei der drei Jeep-Insassen, allesamt

    Carabinieri, angeklagt worden. Die dama-lige Richterin verkndete in ihrem Urteil,dass der Fahrer, Filippo Cavataio, fr Giu-lianis Tod nicht verantwortlich zu machensei. Er habe wegen des Chaos rund um den

    Wagen nicht erkennen knnen, dass er Gi-uliani berrollt habe. Der zweite Carabi-niere, Mario Placanica, wurde ebenfalls

    vom Tatvorwurf freigesprochen. Placanicahabe, so das italienische Gericht, zwar inNotwehr einen Schuss abgegeben, jedochnicht auf Giuliani, sondern in die Luft ge-zielt. Dort sei die Kugel von einem herum-fliegenden Stein unglcklich abgelenkt

    worden. In die Stirn des Aktivisten.Der Artikel wurde leicht gendert auch inder Jungen Welt vom 20.7.2007 abge-druckt.

    Hayo Plietsch

    Italien

    Zwei weitere Verhaf-tungen in PaduaGestern wurden in Padua zwei Genossen,

    Andrea Tonello und Giampietro Simonet-to, in einer nchtlichen Razzia des Staats-schutzes verhaftet. Diese Verhaftungsakti-

    on steht im Zusammenhang mit den bereitsam 12.2 erfolgten Verhaftungen.Den Genossen wird vorgeworfen, fr ei-

    nen Teil der Waffen der PC p-m, resp. beieinem Transport dabei gewesen zu sein. Be-lastet werden sie von einem der am 12.2

    Verhafteten, der kurz nach der Verhaftungdie Seite wechselte und mit dem B. zusam-menzuarbeiten begann. Das ist der Grund,warum immer nur von 14 und nicht von 15

    verhafteten GenossInnen geredet wird.Die beiden Genossen, der eine hat bereits

    eine lange politische Geschichte, der ande-re ist gerade 19 Jahre alt, wurden in Isola-

    tion gesteckt. und auch sie drfen whrendden ersten 5 Tagen keine Auenkontakte,auch nicht mit Anwlten. aufnehmen.

    Die Medien berichteten gro darber.Auch diesmal konnten sie bei Interviewsmit ehemaligen Schuldirektoren usw. kei-ne ablehnenden Aussagen provozieren.Giampietro Simonetto ist ein sehr hilfsbe-reiter, aktiver und initiativer Mensch, demes darum ging, das Bestehende zu vern-dern, dies die Worte seines ehemaligenSchuldirektors.

    Einzig und allein die Gewerkschaftsspit-zen reagieren wie beim letzten Mal scharfdistanzierend. Andrea, genannt Zebb, wur-de gleich von seiner Gewerkschaft (er war

    Vertrauensmann der ArbeiterInnen), derCISL, rausgeworfen.Solidaritt ist unsere Waffe - nutzen wirsie!Kommission fr eine Rote Hilfe Internatio-nal, www.rhi-sri.org

    Soziales Zentrum Gramigna inPadua gerumtIn den frhen Morgenstunden des 25. Julirumten die B. und Staatsschutzorgane dasseit Jahrzehnten besetzte soziale ZentrumGramigna in Padova. Seit Jahren ent-wickeln die GenossInnen einen revolu-tionren, proletarischen Kampf, Seite anSeite mit den kmpfenden ArbeiterInnen,gegen imperialistische Kriege und in Soli-daritt mit den politischen Gefangenen. Zu-letzt entwickelten sie im Zusammenhangmit den am 12.2 verhafteten Revolution-rInnen, von denen 7 ursprnglich im Zen-trum verkehrt hatten eine Solidarittskam-

    pagne.Die brgerlichen Medien hatten in denletzten Monaten keinen Anlass verpasst,um die Schlieung des Zentrums zu ver-langen, Hand in Hand mit brgerlichen,

    rechten PolitikerInnen.Die Kommission fr eine Rote Hilfe In-

    ternational solidarisiert sich mit den be-troffenen GenossInnen und sichert ihnendie Solidaritt zu.

    Machen wir aus der Solidaritt tatsch-lich eine Waffe - und nutzen wir sie!Kommission fr eine Rote Hilfe Internatio-nal

    2 Briefe aus demGefngnis vonVincenzo SisiVincenzo ist am 12.2. mit 14 weiteren Men-schen in Italien verhaftete worden.

    An die Arbeitenden bei ERGOMR.S.U. ERGOM U.P. BORGARO

    R.S.U. ERGOM U.P. 1, U.P. 2 CHIVASSORA GIUSEPPE PELAZZAFILCEM CGIL TORINO

    Im Gefngnis wurde mir die Kopie desSchreibens mit folgendem Inhalt zugestellt:Hiermit wird der Ausschluss des Arbeiters

    Vincenzo Sisi aus der CGIL und von jegli-chem Amt in der Kategorie und Firma er-klrt.

    Dazu erachte ich es als angebracht, an dieArbeiterinnen und Arbeiter bei ERGOM fol-gende Erklrung zu richten, da es sich umdie Personen handelt, mit denen ich Kmp-fe und Mhen geteilt habe, und sie die ein-zigen sind, denen ich Erklrungen ber meingewerkschaftliches Wirken schulde.

    Die Entscheidung, uns bei CGIL einzu-schreiben, war ein Beschluss, den wir alle zu-sammen als Arbeitende getroffen haben, erwurde notwendig, um eine eigene gewerk-schaftliche Vertretung in der Fabrik aufzu-bauen und unsere Interessen als Arbeitendezu verteidigen. Mein Verhltnis zum Orga-nisationsgebilde und, insbesondere, zu denFabrikgenossInnen ist immer korrekt undloyal gewesen. Ich habe freiwillige Arbeitund meinen Beitrag zur Organisationsdebat-te geleistet, trotz meines offenen Dissensesmit den Gewerkschaftsfhrern und der vondenselben vorangebrachten Linie der Unter-werfung und des Ausverkaufs. Ich habe eif-rig an der Bildung und Verstrkung der Fa-brikvertretung gearbeitet. Das hat der Orga-nisation nur Vorteile erbracht, darunter mehrals 25.000 Euro Einknfte jhrlich. Whrenddie Vorteile der Arbeitenden einzig dieFrchte ihres Kampfes sind. Mit meinem

    Ausschluss erhlt CGIL das Image ihrer Fh-rer als Verteidiger der brgerlichen Legalittund der Regeln der Demokratie der Bankiersund der Patrone, dieselbe Demokratie und

    Legalitt, welche die Tausenden von Totendurch Arbeit ungestraft lsst. Ich rechtferti-ge in keiner Art und Weise das Wirken derGewerkschaftsfhrer bezglich folgenderTatsachen: eine Versammlung zur Erklrung

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    nenseiten der Oberschenkel, die bis heute im-mer mehr werden. Sie schlagen mir auf denKopf, sie schlagen mir mit der Faust auf dieOhren, sie drcken mir die Finger in die Au-gen und wrgen mich, bis ich Erstickungs-anfllen bekomme und starke Schmerzen imHals. Von Zeit zu Zeit ziehen sie mir eine Pla-stiktte ber den Kopf. Sie beleidigen michund schreien mir ins Ohr, dass sie mir eineKugel verpassen werden. Sie fragen mich

    Hunderte Male nach meiner Waffe und womeine Genossen sind. Ich ffne den Mundnur, um Luft zu holen und dem Angriff zuwiderstehen.Wir erreichen ein Gebude, wo sie mich

    ber die Treppen zerren und mich zu Bodenwerfen. Sie stoen mir gegen den Kopf, be-leidigen mich und drcken die Handschellenan den Handgelenken derart fest zu, dass dieZirkulation unterbrochen ist.

    Als ich abschtze, dass diesStunden so weitergeht, setzensie mich auf einen Stuhl undbefreien mir das Gesicht. Ein

    maskierter Guardia Civilfngt an, mir Fragen zu stel-len. Ich antworte nicht. Ermacht weiter, ich antwortenicht. Angesichts dessen be-fiehlt er, mich zu Boden zuwerfen. Drei Guardias ram-men mir ihr Knie gegen dieHandschellen, die Schulter,gegen meinen ganzen Krper.So geht es etwa eine halbeStunde weiter. Es kommt einanderer Guardia und fragtmich, ob mir die Nase wehtut(sie muss schlimm aussehen).Ich antworte nicht, und er un-tersucht mein Gesicht. Ich hre sie, dass siemich ins Krankenhaus fahren werden. Einganzer Haufen Guardias tritt ein und befiehltmir aufzustehen. Da ich mich weigere, bie-gen sie mir die Arme nach hinten und schlei-fen mich raus. Sie setzen mich in einen Wa-gen und mit hoher Geschwindigkeit und nachcirca 15 Minuten kommen wir zu einem Ort,der mir sofort wie ein typisches Krankenhaus

    vorkommt.Also fange ich an, meinen Namen und mei-

    ne Militanz zu rufen. Sie zerren mich in ei-nen Raum und drohen mir, mich zu zerquet-schen, wenn ich ihnen weiterhin Problemebereite. Sie machen Fotos von mir (ich sehedas durch das Hemd) wie von einer Tropheund testen Karateschlge an mir.

    Eine Frau kommt, und sie befehlen ihr, michzu untersuchen, aber ohne mich zu ent-blen, denn er ist gefhrlich, er hat sichschon selbst verletzt. Ich versuche zu rufen,um der rztin die Wahrheit zu sagen, abersie halten mir den Mund zu. Ich rangle mitihnen und lse mich und sage der rztin -die sehr nervs ist und der die Situation un-

    angenehm ist -, dass ich keine Gefahr fr siedarstelle und dass sie mir alle Schlge zuge-fgt haben, als ich schon gefesselt war undmich nicht mehr bewegen konnte. Sehr ner-

    vs untersucht sie mich und bittet mich um

    meinen Namen oder Sozialversicherungs-nummer. Sie werden sehr nervs und sagenihr, dass sie ihr die Daten drauen geben.

    Kurz darauf kommt die rztin zurck undsagt ihnen, dass unter diesem Namen (er-funden, klar) zwei Personen zu finden sind.Der mit der Befehlsgewalt wird sehr nervsund sagt zur rztin, dass sie ihnen irgendeinMedikament geben soll, und zum Rest deranwesenden Guardias, dass sie es lassen sol-

    len, mit den Gerichtswachen im Krankenhauszu reden. Dann bemerken sie, dass ich da bin.Sie zerren mich und drohen mir, mich zu zer-quetschen, wenn ich beim Rausgehen nochmal Stress mache. Ich hre Stimmen und dasKlicken von Kameras, und beim Versuch zurufen, halten sie mir den Mund zu und set-zen mich unter Schlgen ins Auto.

    So haben sie mich in der ffentlichkeit be-

    handelt, und das kann perfekt bezeugt wer-den - wenn man das mindeste Interesse ht-te, das Foltern zu denunzieren, klar - indemman die vielen Studenten der Bibliothekfragt, die rzte, das Krankenhauspersonalund die brigen Patienten, die Journalisten,die dort mit ihren Kameras waren ...

    Der Rest der Tage? Besser diese Anklagenicht unendlich zu machen, auch wenn klarist, dass die Politik die Guardias besser unterKontrolle halten msste, nun, die Behand-

    lung wechselte von weniger physischer hinzu mehr psychologischer Folter (meine Vor-fhrung vor die Audiencia Nazional rcktenher), so die stndige Drohung, die Mili-tanten und Sympathisanten der PCE(r) zu

    verhaften, der Internationalen Roten Hilfeund die Angehrigen, auerdem sagten sie,deren Wohnungen zerstren zu gehen unterdem Vorwand, nach Waffen zu suchen.

    Mehr als 20 Tage spter, hier in der Isola-tion von Soto del Real, habe ich Narben anbeiden Handgelenken von den Handschellen,beide Daumen sind taub, Hmatome und Nar-ben an Armen und Beinen, starke Schmerzen

    in der Schulter, Rippen und die Nase gebro-chen. In den fnf Tagen in ihren Hnden ga-ben sie mir fortwhrend groe Mengen ent-zndungshemmende Mittel und die Schwel-lung in Gesicht und der Lippen ging zurck,

    die am Rest des Krpers aber nicht. Dieses hatbei mir (sie gaben mir auch etwas in Wasser

    Aufgelstes) eine sehr starke Verstopfung undBlasenschmerzen verursacht.Internationale Rote Hilfe

    Anm.: Am 6. Juli 2007 oder exakt einenMonat nach seiner Verhaftung befindetsich Jorge Garca Vidal im Isolationstraktdes Gefngnisses Soto.

    Gefngnisberichtdes Menschenrechts-vereins IHDDie Ankara-Filiale des Menschenrechtsver-eins IHD hat am 14. Juli 2007 ihren Gefng-nisbericht fr Januar-Juli 2007 mit einer Er-klrung verffentlicht, die sie in ihrem Ver-

    einshaus abgegeben hat.Elif Zavar, die die Erklrung verlas und da-

    bei verlesen auf den Erlass des Justizmini-sterius einging, betonte, dass dieser Erlassnicht umgesetzt werde.

    Zavar erklrte, dass dieser Bericht aus denin der IHD-Zentrale und den Filialen einge-reichten persnlichen Antrgen und ausPresseberichten bestnde und dass 125 Brie-fe aus dem F-Typ Gefngnis von Sincan, demgeschlossenen Frauengefngnis von Sincan,dem F-Typ-Gefngnis von Edirne, dem F-Typ-Gefngnis von Bolu und dem F-Typ-Ge-fngnis Nr.2 von Izmir Buca bercksichtigtworden seien. Der Bericht umfasse aber ge-nerell das Gebiet Mittelanatolien.

    Zavar erklrte:Hinsichtlich Folter und Misshandlungen

    wurde festgestellt, dass erkrankte Gefangenewhrend ihrer Transporte angegriffen wur-den und am Gang zur Toilette gehindert wur-den; dass Gefangene angegriffen wurden,weil sie eine(n) Gefangene(n) aus einer an-deren Zelle gegrt haben; dass Gefangenesplitternackt ausgezogen wurden whrendihrer Transporte, dass sie angegriffen wur-den, dass sie aus diversen Grnden ber den

    Boden geschleift wurden, dass sie mit Was-ser bespritzt wurden, dass sie Schikanen aus-gesetzt waren und darber hinaus die Ge-fangenenangehrigen, die zum Besuch er-schienen, zum Ausziehen gezwungen wur-den und dass im Falle von Protest gegen die-se Praktiken die Besuche willkrlich unter-bunden wurden.

    Hinsichtlich der Gesundheitsproblemewurde festgestellt, dass im Falle von be-handlungsbedrftigen Krankheiten wie Wer-nicke Korsakoff, Krebs, Schizophrenie oderHepatitis B die Isolationsbedingungen ver-schrft wurden; dass darber hinaus jenen

    Gefangenen, die gegen videoberwachte Ge-fangenentransporter, Durchsuchung derSchuhsohlen oder medizinische Untersu-chung mit Handschellen protestierten, dasRecht auf medizinische Behandlung unter-

    Dieses Dokument von Folter durch die Guardia Civil ent-nahmen wir der Website http://www.stoptortura.com

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    bunden wurde.Auerdem wurden bei Gefangenen unter

    Isolationsbedingungen Beschwerden wie Mi-grne, chronische Stirnhhlenvereiterung,chronische Bronchitis, Verdauungs- und

    Ausscheidungsprobleme, Augenprobleme,Tinnitus, Schlafstrungen, Anpassungspro-bleme, Reaktionsschwche und Ungeduldfestgestellt.

    Informationsfreiheit: bedingte Aushndi-

    gung oder Nichtaushndigung von Briefenund anderen Kommunikationsmitteln; will-krliche Nichtversendung von Faxen undBriefen oder deren versptete Versendung.

    Es wurde festgestellt, dass das Rufen vonParolen, Widerstand gegen willkrlicheDurchsuchungen, Begrungen oder dasSingen von Liedern mit Disziplinarbestra-fungen wie Besuchsverbot, Briefverbot, Un-terbindung von medizinischen Behandlun-gen, Zellenstrafe oder Hofgangsverbot ge-ahndet wurden.

    Es wurde willkrliche Manahmen festge-halten; so bleiben schriftliche Antrge unbe-

    antwortet, wird stndig das warme und kal-te Wasser abgestellt, werden Bcher willkr-lich nicht ausgehndigt.

    Die IHD Abteilung Ankara betonte, dass siedie Rechtsverste in den Gefngnissen wei-terhin beobachten werde, und rief das Ju-stizministerium dazu auf, den Erlass unver-zglich umzusetzen.www.tayad-committee.info

    Gefngnisstrafe fr

    Grup Yorum MitgliedMuharrem Cengiz21.7.07. Muharrem Cengiz, Gitarrist derpolitischen Musikband Gruo Yorum wurde

    vom Istanbuler Schwurgericht Nr. 11 we-gen Hilfeleistung einer verbotenen Orga-nisation zu 4 Jahren und 6 Monaten Haft

    verurteilt.Muharrem Cengiz war bereits 2004 in Ist-

    anbul als Zeuge in einem DHKP-C Prozessvernommen und beim Verlassen des Ge-richtssaals verhaftet worden. Deswegen

    war er 18 Monate ohne Schuldspruch will-krlich inhaftiert, da er ohne Begrndun-gen bis zu seiner Freilassung 2006 nicht zuden Gerichtsverhandlungen zugelassenwurde. Obwohl die Staatsanwaltschaft aufFreispruch pldierte, sprach das Gerichtnun eine Gefngnisstrafe in Hhe von 4Jahren und 6 Monaten aus. Es wurde Be-rufung eingelegt.

    Muharrem Cengiz ist nun nach Ihsan Ci-belik das zweite Grup-Yorum-Mitglied, dassich in Haft befindet. Ihsan Cibelik, Saz-Spieler der Band, hatte sich bereits 2000whrend seiner Haftzeit am Gefngniswid-

    erstand beteiligt und war ins Todesfastengetreten. 2001 wurde er wegen der Wer-nicke-Korsakoff-Krankheit freigelassen.Obwohl diese Krankheit nicht heilbar, wur-de er 2004 mit ber 300 weiteren Personen

    wieder eingesperrt. Die Begrndung hie,sie seien geheilt.

    Grup Yorum ist seit dem Bestehen 1985stndiger Repression ausgesetzt. Die Mit-glieder wurden etliche Male festgenommenund zu hohen Haftstrafen verurteilt. Sie wa-ren Verfolgung und Folter ausgesetzt. Trotzder Repression hat es die Band geschafft,seit ihrer Grndung ber 20 Alben heraus-zubringen.

    Link zur deutschsprachigen Website vonGrup Yorum: htp: www-grupyorum.net/de/index.php

    Hilferuf fr kurdischeJournalistenDie Organisation Journalisten ohne Gren-zen hat die internationale Gemeinschaft zusofortigem Handeln fr die beiden kurdi-schen Journalisten Adnan Hasanpur und Hi-wa Botimar aufgerufen. Gegen beide hatte

    der Iran am 16. Juli unter dem Vorwurf derSpionage die Todesstrafe verhngt. Hasanpurund Hiwa wurden mittlerweile ins GefngnisSine verlegt wo weitere kurdische Journali-sten inhaftiert sind. Im Anschluss an das Ur-teil gegen die Beiden kam es zu anhaltendenProtesten in der Stadt Merivan, ber die mitt-lerweile die Ausgangssperre verhngt wurde.Quelle: ANF, 26.07.2007, ISKU

    Am 7.8. Prozess in IstanbulNach der ersten Gerichtsverhandlung der Ge-werkschafter, Journalisten und Aktivisten derESP am 13. April, die bei Polizeirazzien in de-mokratischen Organisationen vom 21. Sep-tember 2006 verhaftet worden waren, wirdnun am 7. August die zweite Verhandlung inIstanbul-Besiktas stattfinden. Zur Erinne-rung: 10 von 23 Personen (von den 23 wa-ren 17 in Haft gewesen) sind nach der ersten

    Anhrung am 13. April auf freien Fu ge-setzt worden.

    Das Gericht hatte entschieden, die Vertre-terin der ESP Figen Yksekdag, Yusuf Demir,Gnes Senyuz, Erdal Demirhan, die Vorsit-zende der Gewerkschaft Tekstil-Sen Ayse

    Yumli Yeter, den Herausgeber der ZeitschriftDayanisma Emin Orhan und Ali Haydar Ke-les weiterhin in Haft zu belassen.

    ber 60 Rechtsanwlte und viele Intellek-tuelle, Knstler, Menschenrechtler, Vertreter

    von demokratischen Organisationen und ei-ne breite internationale Delegation hatten ander Gerichtsverhandlung am 13. April teil-genommen und die Gefangenen untersttzt.Die Rechtsanwlte betonten, dass die Vorfl-le an die Rechtspraxis des Militrputsches

    vom 12. September erinnern. Die inhaftier-ten Journalisten, Gewerkschafter und Vertre-ter von demokratischen Einrichtungen ver-

    teidigten jedoch die Legitimitt ihrer Ein-richtungen und erklrten, dass die Mrdervon Hrant Dink, Sleyman Yeter und KemalTrkler verurteilt werden mssten, nicht sie.()

    Interviewmit AntonioLizardo... aus einem Hochsicherheits-

    gefngnis in Peru

    Wie ist die aktuelle Situation der politischenGefangenen?

    Unsere Situation ist geprgt vom Wider-stand gegen die permanente Aggression derRegierung. Die Genossen Vctor Polay (Bildunten), Miguel Rincn und Peter Cardenaswerden weiterhin auf der Militrbasis vonEl Callao gefangen gehalten, in vlliger Iso-lation. Die Besuche ihrer Familienan-gehrigen finden noch immer durch die

    Trennscheibe statt, so dass jede Berhrung,geschweige denn eine Umarmung ausge-schlossen ist.

    Der Anwalt von Vctor Polay wies bei derVerhandlung darauf hin, dass Peru das trau-rige Privileg hat, das zweite Land zu sein,in dem zivile Gefangene in Militrgefng-nissen gefangen gehalten werden, das er-ste Land sind die USA mit Guantnamo. Diebrutalen Haftbedingungen verschlechternden Gesundheitszustand der Gefangenen,die unmenschliche Isolation sind eineschwere psychische Belastung.

    Es gibt viel Ungewissheit, z.B. im neu ver-handelten Fall von Vctor Polay vor demObersten Gerichtshof. Der Oberstaatsan-walt hat fr Vctor Polay, Miguel Rincnund Lucero Cumpa eine lebenslangeHaftstrafe beantragt, so als ob die 15 Jah-re unter brutalsten Haftbedingungen nichtgereicht htten.

    Ich mchte darauf hinweisen, dass dieHaftstrafen, die den politischen Gefange-nen der MRTA (Revolutionre BewegungTpac Amar) auferlegt wurden, die lng-

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    sten und vielleicht die hrtesten in derganzen Geschichte unseres Landes sind.Kein politischer Gefangener unter frherenRegierungen, ja selbst unter der Diktaturwar so viele Jahre im Gefngnis.

    Die Ungewissheit wchst noch, wenn wirerfahren, dass das Parlament schndlicher-weise darauf verzichtet hat, zum Thema desTerrorismus selber gesetzgeberisch aktiv zuwerden, was eigentlich seine Aufgabe w-

    re, sondern dieses Thema an den Minister-rat delegiert hat. Mitglieder einer Kommis-sion, die nun die Gesetzesprojekte ausar-beitet, haben bereits angekndigt, dass siedie Hafterleichterungen, auf die auch diepolitischen Gefangenen gem der Verfas-sung ein Recht haben, streichen wollen.Dies wrde bedeuten, das die Gefangenennicht mehr nach Verbung von drei Vier-teln der Haftzeit frei kommen. Das trifft vorallem diejenigen, die zu 15, 20 odermehr Jahren verurteilt wurden undnun normalerweise nach und nachentlassen worden wren. In einigen

    Gefngnissen (nicht in der Militr-basis von El Callao) bestehen dieHafterleichterungen darin, dass wirRume haben, in denen wir uns mitunseren Familienangehrigen tref-fen knnen, wir knnen arbeiten,studieren, lernen. Man muss aberwissen, dass wir uns diese Erleich-terungen sehr hart erkmpft haben.

    Auch unsere Familien, die uns nachwie vor begleiten, mussten dafrschwere Opfer bringen.

    Vor 10 Jahren besetzte das MRTA-Kommando Edgard Snchez die

    japanische Botschaft in Peru. Wiewar die Situation der politischenGefangenen whrend der Monateder Botschaftsbesetzung? Hattet ihrdie Mglichkeit, euch als Gefange-ne dazu zu uern?Wir wurden vllig isoliert, selbst der Kon-

    takt zu unseren Familien wurde unterbun-den, da die Besuche gestrichen wurden. ImGefngnis von Yanamayo wurden die MR-TA-Gefangenen ber das ganze Gefngnis

    verteilt und total isoliert. Es gab keine Mg-

    lichkeit, uns in irgend einer Weise zu derAktion zu uern.

    Wie beurteilt ihr die Konsequenzen dieserAktion?

    Wir sind sicher, dass einmal die wirklicheGeschichte dieser neunziger Jahre ge-schrieben wird. Dann wird sich die enormeBedeutung zeigen, welche die Botschafts-besetzung fr die Wiederbelebung des Be-freiungskampfes des peruanischen Volkeshatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war die ma-fise Diktatur von Fujimori (Prsident) und

    Montesinos (Geheimdienstchef) bermch-tig, unberwindbar, jedoch nach der Bot-schaftsbesetzung und trotz des Massakers

    vom 22. April 1997 war die Diktatur nichtmehr dieselbe. Sie hatte einen schweren

    Schlag erlitten, von dem sie sich nicht mehrerholen sollte. Die Gruppe von Guerilleros.welche diese Aktion ausfhrte, hatte be-wiesen, dass das Monster der Diktatur nichtso mchtig, dass es nicht unbesiegbar war.Denn bereits wenige Wochen nach der blu-tigen Strmung der Botschaft durch das pe-ruanische Militr, nmlich am 4. Juni des-selben Jahres, gab es die erste Demonstra-tion von ArbeiterInnn und StudentInnen

    mit dem Ruf Aqu, all, el miedo se acab,d.h. Schau hierhin, schau dorthin, wir ha-ben keine Angst mehr. Nach und nach ent-wickelte sich aus den Provinzen des Lan-desinneren jener Sturm, welcher die Mafiahinweg fegte, die unser Land regiert hatte.Krzlich, anlsslich einer Feier zum 10. Jah-restag der Botschaftsbesetzung, verglich ei-ner der Hauptredner jene Aktion des Kom-mandos Edgard Snchez mit der Aktion

    von Leonidas und seiner 300 Spartakisten,welche ihr Leben gaben, um die Offensiveder Perser zu stoppen. So gaben unsere Ge-nossen ihr Leben, um die Offensive der Dik-tatur zu stoppen, die bis dahin unbesiegbar

    schien.Diese Aktion ermglichte es auch, dassdie Realitt des Landes bekannt wurde. Fu-

    jimori beschrieb beinahe paradiesische Zu-stnde, dass die Armut und die Ungerech-tigkeit auf dem Rckzug seien. Nestor Cer-pa, der Anfhrer der Botschaftsbesetzer,sagte in aller Offenheit, dass das nichtstimmte, dass nmlich jenes Wirtschafts-modell mehr Armut und mehr Ungerech-tigkeit produzierte. Er konfrontierte die f-fentlichkeit auch mit der Existenz des Ge-fngnisse der Militrbasis El Callao, ge-nannt carcel tumba = Grabgefngnis,

    und dass es im Land mehr als 5000 politi-sche Gefangene gab, die unter Haftbedin-gungen gehalten wurden, die auf ihre phy-sische Auslschung abzielten.

    Darber hinaus ergab sich in der Bot-

    schaft jenseits der rein militrischen Kon-frontation auch eine moralisch-ethische.

    Auf der einen Seite der Diktator mit seinerkorrupten und mrderischen Moral, ohneSkrupel und ohne Ehre, auf der anderen Sei-te die Moral der MRTA, eine Moral von Sau-berkeit, Ehre und Menschlichkeit bis zu demPunkt, wo die Mitglieder des Kommandosihr Leben opferten, um das Leben der Gei-seln zu schtzen, fr die sie sich verant-

    wortlich fhlten. In dieser Konfrontationwaren unsere Guerilleros die Sieger.Die Geschichte wird die Dinge nach und

    nach an die richtige Stelle rcken. NestorCerpa und seine Gefhrten genieen mehrund mehr Anerkennung fr ihre mutige Tat,sowohl hierzulande als auch in anderenLndern Lateinamerikas. Die Verantwortli-chen jener diktatorischen Mafia hingegenmssen sich fr ihre Verbrechen vor Ge-

    richt verantworten. Her-moza Ros und Montesinossind im Gefngnis, Fujimo-ri, feige wie immer, ver-

    sucht dem Zugriff der Ju-stiz zu entkommen und hatnicht den Mut, nach Peruzurck zu kehren und sichfr seine schweren Verbre-chen zu verantworten.

    Whrend der Diktatur wur-den die politischen Gefan-genen durch Militrgerich-te abgeurteilt, ohne ange-messene juristische Vertei-digung. Sie wurden zu lan-gen Haftstrafen in Hochsi-cherheitsgefngnissen ver-urteilt. Nach dem Fall derDiktatur erhielten die poli-tischen Gefangenen dieMglichkeit einer Neuver-handlung ihrer Flle. Wieseht Ihr diese neuen Pro-

    zesse.Einige fundamentale Aspekte wurden

    weder annulliert noch gendert: Das Dekret25475, welches von der Fujimori-Diktaturgeschaffen wurde und welches im Wider-spruch zur Verfassung und dem Strafrecht

    steht, ist nach wie vor in Kraft und wirdauch bei den neuen Verfahren angewendet.Darum sind die neuen Strafen extrem hoch,einfach unverhltnismig. Natrlichkonnten dennoch viele politische Gefange-ne frei kommen, einfach weil sie bereits 15Jahre abgesessen hatten. Man muss sich daseinmal psychologisch vorstellen: Sie habenes geschafft, dass wir uns ber ein Urteil

    von 15 Jahren freuten, einfach weil wir sieschon abgesessen hatten und wir dennochfrei kamen. Das ndert aber nichts an derUnverhltnismigkeit der Strafen.Wenn wir sagen, dass das Dekret 25475

    verfassungswidrig ist, dann darum, weil esnicht das verfassungsmige Recht auf Un-schuldsvermutung respektiert, weil es nichtdie Mglichkeit vorsieht, in Einzelfllen ei-ne geringere Strafe zu verhngen, und weil

    Chile: Solidarittsdemonstration fr die politischen Gefangenen in Pe-ru

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #327

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    es selbst dann eine Verurteilung zulsst,wenn die Beweise nicht ausreichen. Nochimmer wird der Inhalt von Polizeiprotokol-len voll als Beweismittel anerkannt, auchwenn ein Militrstaatsanwalt inkognito anden Verhren beteiligt war. Es wurde auchdas Recht beibehalten, eine lebenslangeHaftstrafe zu verhngen, was verfassungs-widrig ist. Auerdem sind auch Strafen von25 Jahren und mehr in vielen Fllen, wenn

    der Gefangene schon lter ist, wie lebens-lnglich. Wie bereits gesagt, hat der Ministerrat

    den Auftrag erhalten, diesbezglich Geset-ze zu erlassen. Er ist zur Zeit daran, ein Ge-setzespaket vorzubereiten, darunter die An-nullierung der Hafterleichterungen. Dashtte fr uns fatale Auswirkungen, weildann die politischen Gefangenen ihre volleStrafe absitzen mssten ohne die Mglich-keit einer vorzeitigen Entlassung z.B. bei ei-ner positiven Sozialprognose oder bei gut-er Fhrung. Jedenfalls rechnen wir damit,dass dieses Gesetz kommt, und wir kndi-

    gen schon jetzt an, dass wir uns auch da-durch nicht entmutigen lassen, dass sie wei-terhin unsere Rechte als Gefangene und un-ser Recht auf Freilassung mit Fen treten.

    Wie ist die Lage der ehemaligen Guerilleros?Die MRTA entstand als ein Ausdruck un-

    seres Volkes im gerechten Kampf um Ge-rechtigkeit und Wohlstand. Die groeMehrheit der MRTA-KmpferInnen stehtnach wie vor zu diesen Anliegen. Wir ha-ben die Hoffnung nicht aufgegeben, ein an-deres, besseres Peru zu bauen, ein Land, indem unsere Kinder und Jungen wirklich einRecht auf Gesundheit, Glck und Bildunghaben. Die neuen Erfahrungen in einigenNachbarlnder wie Venezuela, Bolivien,Ecuador zeigen uns, dass die Wege zu ei-ner Vernderung