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Lebensspender Wer entscheidet über unsere Organe? «Ohne die Bad Seeds bin ich nichts» – Nick Cave im Interview Hauptsache gesunde Finanzen: die IV spart Kranke kaputt Nr. 295 | 1. bis 14. März 2013 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

Surprise Strassenmagazin 295/12

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Surprise Strassenmagazin 295/12

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LebensspenderWer entscheidet über unsere Organe?

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Hauptsache gesunde Finanzen: die IV spart Kranke kaputt

Nr. 295 | 1. bis 14. März 2013 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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Macht stark.

www.strassenmagazin.ch ❘ www.strassensport.ch ❘ Spendenkonto PC 12-551455-3Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Tel. 061 564 90 90, Fax 061 564 90 99

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Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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EditorialHerzensangelegenheiten

Eines war für mich immer klar: Wenn ich sterbe, solange meine Organe noch funk-tionieren, dann sollen die jemandem zugutekommen, der sie braucht. Was nützenmir Lunge, Herz und Nieren, wenn ich tot bin? Einem Kranken hingegen könnensie neues Leben schenken, eine Existenz jenseits von Krankenzimmern und Dialy-sestationen. Unsere Titelgeschichte brachte mich nun aber ins Grübeln. Was pas-siert beim Übergang vom Leben zum Tod? Wenn ich hirntot bin und Chirurgen mei-nen Körper aufschneiden, um an meine Organe zu kommen? Im Beitrag ab Seite 10erzählt eine Mutter, wie sie zustimmte, dass ihrem Kind nach einem Unfall Organeentnommen werden. Und welchen Horror sie erlebte, als sie ihren Sohn später auf-gebahrt sah. Sie ist überzeugt, dass er bei der Organentnahme Schmerzen erlebte,dass er unter Qualen sterben musste. Heute sagt sie: «Wir waren nicht in der Lage,unser hilfloses Kind in seinem Sterben zu beschützen.»

In der Schweiz fehlen Spenderorgane. Bei der Spenderquote liegen wir im interna-tionalen Vergleich auf den hintersten Rängen. Das hängt auch mit den gesetzlichen Regelungen zusammen.In manchen Ländern gilt die sogenannte Widerspruchslösung: Wer seine Organe auch im Tod behalten will,muss das schriftlich festlegen. Hierzulande ist es umgekehrt: Wer seine Organe weitergeben möchte, tut diesauf einem Spenderausweis kund und trägt dieses Kärtchen stets auf sich. Doch das tun nur wenige. Und des-halb kommt es immer wieder vor, dass verzweifelte Angehörige von Unfallopfern im Spital nicht nur mit demVerlust eines geliebten Menschen fertigwerden müssen, sondern auch noch vor die Frage gestellt werden, obsie die Organe ihres Sohnes, ihrer Frau, ihres Vaters zur Transplantation freigeben. Im Parlament sind meh-rere Vorstösse hängig, die neue Regeln für die Organtransplantation verlangen. Eines aber ist mir nach derLektüre unserer Titelgeschichte klar geworden: Mit Gesetzen allein können wir die Frage, ob und unter wel-chen Umständen Organe entnommen werden dürfen, nicht klären. Ja, wir brauchen mehr Spenderorgane,denn heute sterben Menschen in der Schweiz, weil sie nicht rechtzeitig ein «Ersatzteil» erhalten. EinenZwang zur Spende darf es aber nicht geben. Jeder Mensch muss selber entscheiden dürfen, wie er sterbenmöchte, was für ihn die richtige Art ist, aus dem Leben zu scheiden. Und dazu gehört auch die Frage, wasmit den eigenen Organen geschieht.

Gesetze können Rahmenbedingungen schaffen. Entscheiden muss aber jeder für sich. Unsere Titelgeschichteliefert Denkanstösse.

Ich wünsche Ihnen spannende LektüreReto Aschwanden

PS: Surprise ist mehr als ein Magazin. Neuigkeiten über den Strassensport, unseren Strassenchor und weitereSurprise-Aktivitäten finden Sie ab dieser Ausgabe auf Seite 31.

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RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

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Inhalt03 Editorial

Herzensangelegenheiten05 Basteln für eine bessere Welt

Solidarisch am Bügelbrett06 Brief aus ...

… Essaouira06 Zugerichtet

Kachelmanns Unwort07 Leserbriefe

Toilettengeflüster07 Starverkäufer

Ghiramai Tesfai08 Porträt

Perfektionistische Geniesserin17 Eurokrise

Die neuen Auswanderer22 Wörter von Pörtner

Jede Menge Beatles23 Ausstellung

Tierisch aufgeladen24 Kultur

Hemdsärmliger Filmemacher26 Ausgehtipps

Burschen ans Bügelbrett!28 Verkäuferinnenporträt

Im Schneegestöber29 Projekt SurPlus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

31 Surprise aktuellDa läuft was!

Im Parlament laufen Diskussionen über das Trans-plantationsgesetz. Was für die Politik graue Theorieist, wurde für die Eltern von Lorenz Meyer grausameRealität. Nach einem Unfall mussten sie über die Frei-gabe seiner Organe entscheiden und erlebten im An-gesicht des Todes den blanken Horror. Auf der anderenSeite warten Menschen wie die herzkranke NicolaHeyser auf ein neues Organ. Die Organtransplantationtrifft den Menschen in seinem Innersten und lässt sichnicht bloss durch Gesetze regeln.

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Die Sanierung der IV hat ihren Preis. Auf Druck derWirtschaft hat ihn das Parlament vollständig auf dieIV-Rentner abgewälzt. Seit der letzten Revision werdensystematisch Menschen für erwerbsfähig erklärt, dieauf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben. Weil be-hindertengerechte Arbeitsplätze fehlen, landen sie alsteilsubventionierte Billiglohnarbeiter in der Privatwirt-schaft. Und selbst in geschützten Werkstätten herrschtmittlerweile Leistungsdruck.

14 Nick Cave«Ich will kein lieber Onkel sein»

Mit seinem neuen Album prüft Nick Cave die Verän-derungsbereitschaft seines Publikums. Gemeinsammit seiner Band The Bad Seeds kleidet er die neuenSongs in unerwartet experimentelle Klänge. Im Inter-view erklärt er, warum seine Mitmusiker ihn als Künst-ler erst ermöglichten, erzählt von seiner Faszination fürWikipedia und sagt, warum er den Strand hasst undtrotzdem an der Küste lebt.

10 OrganspendeZwischen Tod und Leben

20 InvalidenversicherungDruck statt Schutz

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Basteln für eine bessere WeltAm 8. März ist wieder Internationaler Frauentag und aus diesem Anlass werden in Basel die Männer unter dem Stichwort «Iron Men»zu den Bügeleisen gerufen (siehe Seite 26). Eine gute Sache, doch der moderne Mann steckt in einem Dilemma: Hält er Bügeln undCo. für Frauensache, wird er – zu Recht, natürlich – als ewiggestrig verachtet. Ist er darin allzu eifrig, wird ihm vorgeworfen, er verlie-re seinen Sex-Appeal. Doch es gibt einen Ausweg: Wie auf Seite 23 beschrieben, schmücken wir Menschen uns seit jeher gerne mittierischen Eigenschaften. Also Männer: Zum Haushalten unsere Maske aufgesetzt! Sie macht Sie auch beim Bügeln zum wilden Tiger.

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1. Schneiden Sie die Maske aus und kleben Sie

sie auf ein Stück dünnen Karton.

2. Stechen Sie mit einer Ahle oder einer Schere

die Löcher an den bezeichneten Stellen aus und

knoten Sie an den seitlichen Löchern ein Stück

Gummiband dran.

3. Setzen Sie die Maske auf – Sie können nun

gefahrlos bügeln.

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ZugerichtetVerkachelte Plädoyers«Opfer-Abo». Mit dem Begriff wurde der frü-here Wettermoderator Jörg Kachelmann un-längst zum Urheber des Unworts des Jahres2012. Frauen, so meinte er, würden gezieltMänner falsch beschuldigen, um sie fertigzu-machen. Insbesondere mit behaupteten Ver-gewaltigungen, wie in seinem Fall. Der Mannhabe keine Chance. «Frauen sind immer Op-fer, selbst wenn sie Täterinnen wurden.» UndBehörden ergo Komplizen, die ihnen allesfraglos abkaufen und es nicht für nötig er-achten, sauber zu ermitteln. Dabei liessen sieausser Acht, dass «Menschen genuin bösesein können, auch weibliche». Viel hört manvon Kachelmann zum Glück nicht mehr, aberer grüsst öfters aus den Plädoyers von An-wälten, die einen mutmasslichen Vergewalti-ger verteidigen. Gerne an der Stelle, wo dieFrauen als pathologische Lügnerinnen odereiskalte Intrigantinnen dargestellt werden.Dann, nach einer Kunstpause, kommt’s: «Ka-chelmann lässt grüssen.» Eine Falschbeschuldigung ist die feigste undfieseste Waffe in einem Beziehungsstreit.Auch bei einem Freispruch kann es den ge-sellschaftlichen Totalschaden des Beschuldig-ten bedeuten. Kachelmann lässt grüssen.Doch gerade er ist kein idealer Fürsprecherfür Verleumdungsopfer. Im Prozess hat ernachweislich gelogen, der Freispruch warkein überzeugender, und mit seinem über-steigerten Sendungsbewusstsein verspielte erim Nachgang viel Sympathie. Dass er nun vorGericht erwähnt und zitiert wird, ist störend.Weil es eine unerträgliche Taktlosigkeitgegenüber den Klägerinnen sowie ein be-denkliches Frauen-, nein, Menschenbild of-fenbart. Wenn es so wäre, wie die Anwälte

sagen, rennen derzeit böse Frauen zuhauf zuden Behörden und tischen üble Vergewalti-gungsstorys auf, um ihre unliebsamen Män-ner abzutischen. Es mag im Einzelfall diePflicht des Anwalts sein, diese Version insSpiel zu bringen. Dass aber die Lügen-Schieneselbst dann gefahren wird, wenn Zeugen, DNA-Spuren oder Verletzungsbilder eine andere Ge-schichte erzählen, ist eine herzlose Unver-schämtheit. Und kann im Einzelfall tragischenden, wie kürzlich im Fall einer Britin, dienicht mal als Klägerin, sondern als Zeugin vorGericht bestätigte, vom Angeklagten sexuellmisshandelt worden zu sein. «Erstunken underlogen», beschied ihr die Verteidigerin wieder-holt. Der Beschuldigte nannte sie eine Fantas -tin, die ein Fantasieleben führe. «Ich bin nochmal vergewaltigt worden, mit Worten», sagtesie danach zu einer Freundin. Wenig späterbrachte sie sich um.Mit dem angeblichen «Opfer-Abo» lösen vieleKlägerinnen auch das Ticket für einen Horror-trip. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache, diedas Unwort des Jahres kürt, fand klare Worte:«Die pauschale Verdächtigung, wonach Frauenarglistig sexuelle Gewalt erfinden, ist sachlichgrob unangemessen.» Das Wort verstosse ge-gen die Menschenwürde der tatsächlichen Op-fer. Nur geschätzte fünf bis acht Prozent von ih-nen schaltet die Polizei ein, und in nur rundvier Prozent der Fälle folgt ein Prozess. Aus-drücke dieser Art, so die Sprachwissenschaft-ler, drohten, «den zivilgesellschaftlichen undjuristischen Umgang mit sexueller Gewalt inbedenklicher Weise zu beeinflussen». Hoffent-lich nehmen sich die Juristen die Erkenntnisseder Sprachwissenschaft zu Herzen.

YVONNE KUNZ ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

Brief aus EssaouiraDer König und seine KinderVON AMIR ALI

«Wir lieben unseren König. Wir wollen kei-nen Krieg wie in Ägypten.» Das habe ich hiermehr als einmal gehört.Mohammed VI., genannt M6, trifft man inMarokko auf Schritt und Tritt an: Sein Kon-terfei hängt in jedem Kiosk, Restaurant,Bahnhof und so weiter. Wir kennen das:auch Mubarak, Ghadhafi und Ben Ali hin-gen, bevor sie fielen. M6 hat die Zeichen derZeit erkannt. Als vor zwei Jahren Protesteaufkeimten, gab der Monarch etwas Machtab, das Volk gewann ein paar Rechte dazu.M6s Nachbarn stürzten, im Königreich bliebes ruhig. Der gute König von Rabat hat aberzwei Gesichter. Eine Demonstration gegendas Budget des Hofes wurde im vergangenenNovember mit Gewalt aufgelöst. M6 belegtmit seinen 234 Millionen Euro einen interna-tionalen Spitzenplatz – die Queen kostet dieBriten 65 Millionen, Hollande die französi-sche Republik 112 Millionen Euro. Ein königlicher Haushalt sei dem König ge-gönnt. Nur schneidet Marokko in anderenVergleichen schlechter ab. Jeder Zweite kannnicht lesen. Jeder dritte Junge hat keine Ar-beit. Das staatliche Rentensystem geht gera-de pleite.Der Besitzer meines Hotels ist ein tiefgläubi-ger und sehr geschäftstüchtiger Mann. «Wirwollen kein Chaos. Wir lieben unseren Kö-nig», sagt auch er. Besonders schätze er denKampf gegen die Korruption, den sich derKönig auf die Fahne geschrieben hat. Damitkennt sich M6 aus. Er ist oberster Geschäfte-macher in seinem Reich. Die Königsfamiliebesitzt eines der grössten Vermögen der Welt– allein M6 selbst ist 2,5 Milliarden Dollarschwer. Sein Clan soll täglich fast eine Mil-lion Dollar ausgeben, vor allem für Schuhe,Kleider und Autos. Das Undemokratische anM6 ist nicht sein blaues Blut, sondern dieUnverfrorenheit, mit der er sein Volk aus-nimmt. Um das zu ändern, muss man nicht lesenkönnen. Dazu braucht man Mut und Hoff-nung. Vielleicht irre ich mich und es stehengerade jetzt, zum zweiten Jubiläum der zag-haften Februar-Proteste, Zehntausende fürRecht und Gerechtigkeit auf den Strassenvon Rabat und Casablanca. Doch in Ägyp-ten, Tunesien und Libyen fressen die Revolu-tionen gerade ihre Kinder – und damit denMut und die Hoffnung der Marokkaner.

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Starverkäufer Ghiramai TesfaiKatharina Ciabuschi aus Thun nominiertGhiramai Tesfai als Starverkäufer: «MeinSurprise kaufe ich beim Coop Strättligen inThun. Dabei ist mir Herr Ghiramai Tesfaiaufgefallen, weil er stets freundlich und zu-vorkommend seine Zeitschriften verkauftund sich so richtig gentlemanlike mit Ver-beugung und einem Lächeln bedankt; unddas bei jedem Wetter! Er grüsst auch freund-lich, wenn man nichts kauft. Aus all diesenGründen möchte ich ihn als Starverkäufernominieren.»

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GNominieren Sie IhrenStarverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

292: Arbeit los!Fremd für Deutschsprachige: Die FlutUnparfümierte ErinnerungenWie habe ich mich doch beim Lesen dieser Kolumne amüsiert! Ja, es isttatsächlich ein weiter Weg von den Plumpsklos im Hof in Italien zu denWohlfühloasen der heutigen Badezimmer. Und zurück möchte ich imFall nicht. Nicht in der Nacht, wenn wegen der Kälte der Hafen unterdem Bett hervorgeholt wurde, ebenso wenig am Tag, wenn die alte Zei-tung als WC-Papier herhalten musste. Ich gestehe, dass ich heute gerneZeitung lese auf dem Klo, das tat mein Vater übrigens auch schon – denCorriere della Sera im Leintuchformat! Vielleicht bringt uns die fort-schreitende Individualisierung dazu, jeden Raum, den wir nutzen, zumarkieren – ich war hier! und ich komme wieder! –, um uns selbst zuvergewissern, dass es uns gibt?Antonella Martegani, Zürich

CrossdressingTravestie ist PerversionSurprise enthielt in der Vergangenheit recht oft recht gute, lesenwerteArtikel. Leider fehlt uns die Toleranz betreffend den Text «Crossdres-sing». Es geht hier wohl um nichts anderes als Travestie unter anderemNamen, in anderer Verkleidung – eine (Wieder-)Belebung eines jahr-tausendealten Frusts gewisser Männer. Personalchefs werden sich wohlüber das verkleidete Auftreten perverser Mitarbeiter freuen … H. Ganther-Jung, Birsfelden

Surprise 294: AusgesetztMit scharf! – Das grosse FressenÜberforderte oder überbehütete Menschen? Sie schreiben in Ihrem Kommentar, dass man in der Mikroökonomie ler-ne: «More is better.» Da haben Sie etwas nicht ganz verstanden. Erstensist die Mikroökonomie eine beschreibende Wissenschaft. Dort wird ver-sucht, Regeln aufzustellen, die das Verhalten der Menschen erklären undnicht das Verhalten der Menschen zu bestimmen, und zweitens sagt das

LeserbriefeSagen Sie uns Ihre Meinung

«Gesetz des abnehmenden Grenznutzens», eine fundamentale Regel inder Mikroökonomie, genau das Gegenteil von «more is better» aus.Doch darum geht es nicht. Sie sagen, dass die Konsumenten überfordertseien und deswegen zu viel einkaufen – natürlich auch, weil sie mani-puliert werden. Hier stellt sich die grundlegende Frage: Sind die Men-schen wirklich überfordert, dumm, faul und verantwortungslos? Wennja, dann muss der Staat sie – vor sich selber – schützen. Aber wer machtden Staat aus? Doch gerade diese Menschen. Oder ist es so, dass überbehütete Menschen sich überfordert, dumm, faulund verantwortungslos benehmen? Dann sollte man vielleicht lieber dieHilfe zur Selbsthilfe fördern, wie es ja auch der Artikel verlangt, auf denSie sich bei Ihrem Kommentar beziehen: Foodsharing.Rolf Suter, Zürich

Surprise allgemeinNicht «am Rande»Von Surprise könnte sich so manches Sonntagsblatt oder Wochenmaga-zin eine dicke Scheibe abschneiden. Noch etwas fällt mir auf: Ihrschreibt nie über «Randständige», sondern über «Menschen in sozialenSchwierigkeiten». Ich finde das Wort «Randständige» sehr diskriminie-rend. Denn diese Leute stehen nicht «am Rande», sondern sind mitten-drin in unserem Leben. So mancher superreiche CEO dagegen steht mitseinem schwer bewachten Grundstück völlig am Rande unserer Gesell-schaft und nimmt erst recht nicht daran teil.Minie Storm Le Heux, per E-Mail

Anmerkung der Redaktion: Wir verwenden zwar oft Begriffe wie «Menschen in sozialen Schwierig-keiten» oder «Armutsbetroffene»: Ausdrücke, die als politisch korrekt gel-ten. Trotzdem schreiben wir manchmal doch über «Randständige». Wirsind der Ansicht, dass Menschen von der Gesellschaft an den Rand ge-drängt werden, auch wenn sie sich diesen Platz selber nicht ausgesuchthaben. Daher scheint es uns nicht falsch, die Verhältnisse klar zu be-nennen.

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VON ISABELLA SEEMANN (TEXT) UND NANDOR NAGY (BILD)

Die Deckblätter schimmern seidig, fühlen sich an wie Samt. Mit denFingerspitzen hält sie die Zigarre unter ihre feine Nase, atmet gleich-mässig ein und aus, der Tabak erwärmt sich und dehnt sich aus, die Po-ren der Blätter öffnen sich und setzen das Tabak-Öl frei. «Eine schöneZigarre berührt alle unsere Sinne», sagt Eva Bräutigam und zündet miteinem zedernen Streichholz die Cohiba an. Welche Bedeutung Zigarrenim Leben der Eva Bräutigam haben, werden wir im Laufe der nächstenanderthalb Stunden ergründen. So lange dauert es nämlich, eine Dou-ble Corona zu rauchen.

Das Streichholz verglüht im Sand. Der stoische Blick ist nach irgend-wo gerichtet. Eva Bräutigam wirkt abwesend und versunken und ist dochhoch konzentriert. Ein Zustand der Meditation. Ihre ganze Aufmerk-samkeit gilt diesem einen Moment: dem ersten Zug an ihrer Cohiba. Sieatmet tief ein. Sie hält inne. Aufreizend langsam entlässt sie den Rauchaus ihrem Mund. Versonnen blickt sie den Rauchschwaden hinterher.

Frauen und Zigarren – eine Verbindung, die Männerfantasien anregt.Doch Eva Bräutigam wirft sich nicht lasziv mit dem Phallussymbol inPose, sondern tut etwas viel Provozierenderes: Sie raucht zum eigenenVergnügen. Und das seit jungen Jahren. «Nein», sagt sie, «mit ordinäremRauchen hat das nichts zu tun.» Noch nie habe sie eine Zigarette ge-raucht. Wenn sie sich eine ihrer Lieblingszigarren anzünde, dann sei das«wie ein gutes Essen oder ein guter Wein – eine Gaumenfreude».

Bei den Besuchen in ihres Grossvaters Haus am Bodensee sah sie alskleines Mädchen stets eine geheimnisvolle Truhe aus Holz. Instinktivspürte sie, dass da ein Schatz drin sein müsse. Etwas Kostbares, dasman sich zu besonderen Gelegenheiten gönnt. Nicht der Grossvater,aber ein älterer Freund verführte sie dann zum Rauchen. Die Liebe zurZigarre war kein Strohfeuer. Während eines Austauschjahres in Hon-duras besuchte sie auf eigene Faust Tabakplantagen und Fabriken undschaute den Arbeiterinnen zu, wie sie kunstvoll Zigarren rollten. Sietauchte ein in die Welt des Tabaks und wurde eine Aficionada, so nenntman die leidenschaftlichen Kenner und Geniesser des braunen Goldes.

«Bemerken Sie, wie die Aromen sich verän-dern? Frisch zu Anfang, mit Minze, filigran,und jetzt viel dichter, erdig, mineralisch fast.»Das erste Drittel ist aufgeraucht. Jetzt beginntder komplexe Teil der Zigarre. «Es ist wie beimWein: Je mehr man davon versteht, desto besser schmeckt man die ver-schiedenen Nuancen heraus», sagt sie. Noch während ihrer Ausbildungzur Damenschneiderin stellten die Zigarrenproduzenten der Firma Da-vidoff die junge, gut gekleidete Schönheit als Hostess ein. Bis heute be-rät Eva Bräutigam Gäste über Zigarren. Zu Beginn konnte es durchausmal vorkommen, dass ältere Herren ihre Kenntnisse auf die Probe stell-ten, doch schon bald merkten sie, dass sie es mit einer Aficionada zutun haben, die ihnen an Können und Wissen ebenbürtig ist.

Aber vertragen Frauen die Belastungen des Zigarrenrauchens kör-perlich überhaupt? Eva Bräutigam bejaht ohne Einschränkung. Uner-fahrene sollten vielleicht mit Panetelas oder einer kleinen Corona von

PorträtMit Zigarre, Zwirn und SandsackEva Bräutigam war Amateurboxerin, raucht dicke Zigarren, beherrscht das traditionelle Handwerk der Fein-massschneiderei und gibt in brasilianischen Favelas Nähkurse. Porträt einer harten und zarten Lady.

jeweils etwa elf Zentimetern Länge beginnen. Aber Eva Bräutigamschreckt auch nicht vor den rund zwei Zentimeter dicken Robustosoder der 18 Zentimeter langen Churchill zurück. Wie sie überhaupt we-nig schreckt. Sie boxt ja auch seit ihrem 19. Lebensjahr. Ihr Trainer lö-ste ihr eine Lizenz als Amateurboxerin. Doch bereits bei ihrem drittenKampf verletzte sie sich schwer, der Ellbogen war lädiert. Nachdem siedeswegen einen Kampf an der Schweizer Meisterschaft verloren hatte,gab sie das Amateurboxen auf und absolviert heute nur noch das Trai-ning zwei bis drei Mal wöchentlich im Box Club Zürich. «Das braucheich als Ausgleich für meinen Beruf.»

Eva Bräutigam ist Damen- und Herrenschneiderin mit eidgenössi-scher Berufsprüfung und bietet in ihrem Atelier in Zürich Masskonfek-tion an. Als eine der ganz wenigen im Lande beherrscht sie auch dastraditionelle Handwerk des Feinmasses, was sozusagen das Mass allerDinge in der Schneiderzunft ist. «Bespoke tailoring» heisst das Kunst-handwerk in der Fachsprache und wird vor allem von den englischenHerrenschneidern an der Londoner Savile Row gepflegt, wo sie auch ih-re Stoffe bezieht für die Herrenanzüge. In den drei Jahren seit ihrer be-ruflichen Selbständigkeit hat sich die detail- und qualitätsbesesseneEva Bräutigam einen Namen gemacht. Feinmass bedeutet, dass der An-zug genauestens auf die Körperformen des künftigen Trägers abge-stimmt wird. Das Futter des Anzuges näht die Schneiderin von Handein; die verschiedenen Einlagen aus Leinen, Kamel- und Rosshaar pi-kiert sie ebenfalls von Hand. Mit einem sechs Kilogramm schweren Bü-geleisen bearbeitet sie den Stoff und bringt ihn in Form. Wer bei EvaBräutigam einen Feinmass-Anzug bestellt, wartet etwa zwei Monatedarauf: Das ist gar nicht so lange, wenn man bedenkt, dass selbst dieKnopflöcher alle handgestickt sind. Perfektion ist für sie ein Leitmotiv.

Das letzte Drittel der Zigarre hat begonnen, das konzentrierte. Eswirkt wie ein Frequenzverstärker, lässt bestimmte Eigenschaften her-vortreten und maskiert andere.

Eva Bräutigam bildete bis zum vergangenen Sommer auch einenLehrling in ihrem eigenen Atelier aus. An der Berufsschule in Basel istsie Fachlehrerin für Damenschneiderei. Es ist ihr ein Herzenswunsch,

junge Menschen auszubilden. Letzten Sommer war sie für mehrere Wo-chen für die gemeinnützige Organisation Cuisine sans Frontières nachSalvador de Bahia, Brasilien, gereist, hatte morgens in der Gassenkü-che gearbeitet und nachmittags für die Bewohner der Favela Kurse fürDamenschneiderei gegeben. «Damit habe ich mir einen Lebenstraumerfüllt.» Einen nach dem anderen möchte sie verwirklichen. Eva Bräu-tigam nimmt einen letzten Zug und legt die Zigarre sorgfältig in denAschenbecher, wo sie in Ruhe erlischt. ■

Wer bei Eva Bräutigam einen Feinmass-Anzug bestellt, wartetetwa zwei Monate darauf. Perfektion ist für sie ein Leitmotiv.

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VON EVA ROSENFELDER

Gisela Meyer verbrachte 1991 die Skiferien mit ihrem Mann und ih-ren vier Kindern in St.-Luc, im Wallis. Bei einer Abfahrt stürzte der 15-jährige Sohn Lorenz schwer, notfallmässig wurde er ins Spital geflogen.Als die Eltern dort ankamen, wurde er beatmet, doch schien er ihnenzu ihrer grossen Erleichterung unversehrt. «Man klärte uns auf, er ha-be eine schwere Hirnverletzung, es liege alles daran, ob die Schwellungzurückgehe oder nicht», erinnert sich Gisela Meyer. «18 Stunden nachder Einlieferung teilten die Ärzte uns mit, Lorenz sei tot. Das Wort‹hirntot› fiel nicht. Nach Schweizer Richtlinienwürden am nächsten Morgen die Apparate ab-gestellt. Es folgte die Frage nach einer Organ-spende und die Aufzählung der infrage kom-menden Organe.»

Wie in Trance standen sie vor ihrem Sohn. Eine Krankenpflegerinwechselte den Urinbeutel, eine Infusion lief, man sorgte für seineMundhygiene, sein Bein zuckte, als der Vater darüberstrich. «Es war ei-ne Folter. Unser Kind sollte sterben? Sollte tot sein? Verweigerten wirdie Organspende, trugen wir auch noch die Schuld am Tod andererMenschen – so schien man uns subtil mitzuteilen.» Unter moralischemDruck und völlig am Ende gaben die Eltern die Nieren ihres Sohnes frei.Noch nie hatten sie sich bisher konkret Gedanken gemacht zur Organ-spende. Die Wehrlosigkeit des Patienten und seiner sich im Schock be-

findenden Angehörigen wird ihrer Meinung nach schamlos miss-braucht: «Die Frage nach Organen darf in einem solchen Moment nichtgestellt werden. Sie ist eine unmenschliche Zumutung. Wir waren nichtin der Lage, Partei für unser hilfloses Kind zu ergreifen, es in seinemSterben zu beschützen.»

Trotz des Versprechens, ihren Sohn nach der Organentnahme zumAbschied in der Station aufzubahren, sahen sie ihn erst im Leichenkel-ler wieder. «Mein erster Impuls war: Das ist nicht mein Kind, das ist einIrrtum!», sagt Gisela Meyer. Dann: «Er hat Schmerzen gehabt! Die Haaresind nass gewesen, seine vollen Lippen waren zusammengepresst, das

Gesicht klein geworden. Die Augen waren grossflächig verklebt, obwohlwir sie ausdrücklich und mehrfach nicht freigegeben hatten.» Ohne Ab-schied, voller Entsetzen seien sie vor ihrem eigenen Kind geflohen.

Wenn Hirnrinde und Hirnstamm tot sind, ist der Körper noch nichtam Ende. Das liegt daran, dass viele nervliche Funktionen nicht übersGehirn, sondern beispielsweise übers Rückenmark laufen. Es zeigt,dass das Gehirn eben nur ein Teil des Körpers ist, dass es längst nichtdie herausragende Funktion für die Organisation des ganzen Orga-nismus besitzt, von der man gemeinhin ausgeht.

OrganspendeWenn nur das Herznoch schlägt

Wann ist ein Mensch tot? Von welchem Zeitpunkt an darf ein Sterbender für eine möglicheOrganspende präpariert werden? Die Möglichkeiten der Hightech-Medizin werfen ethischeFragen auf. Ein Blick in die Grauzone zwischen Leben und Tod.

Bei «Hirntoten» gibt es klar feststellbare Schmerzreaktionen. Deshalbsind bei Organentnahmen Schmerzmittel obligatorisch.

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Bei «Hirntoten» gibt es klar feststellbare Schmerzreaktionen wieSchwitzen, Zucken, Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz und Rö-tung des Gesichts. Sie können zum Beispiel ausgelöst werden, wennder Bauchraum zur Entnahme der Organe geöffnet wird. Darum sindbei Organentnahmen in der Schweiz heute Schmerz- und Beruhi-gungsmittel obligatorisch – meist werden dieSpender auch narkotisiert, um Verunsiche-rung und psychische Belastung des Pflegeper-sonals zu verhindern, so heisst es.

Gisela Meyer lebt mit der Gewissheit, dassihrem Kind in seinem Sterben Schreckliches widerfahren ist. Langekonnte sie nicht darüber sprechen, über Jahre hatte sie Suizidgedan-ken. Das Ehepaar rief mit anderen Betroffenen die Initiative «KritischeAufklärung über Organtransplantation KAO» ins Leben, stürzte sich indiese Aktivitäten. Ehemann Jürgen sagte an einem seiner Vorträge: «Ichhabe versagt, ich habe dem Druck der Ärzte nicht widerstanden, ummeinem Kind beizustehen. Ich schäme mich.»

Ist ein Sterben in Würde möglich angesichts der drängenden Tatsa-che, dass nur einem durchbluteten Körper mit schlagendem Herzenauch lebende Organe entnommen werden können? Der moralische Sta-tus des Hirntodes sei sehr umstritten, sagt Ruth Baumann-Hölzle, In-stitutsleiterin von Dialog Ethik Zürich. «Warum sollten Hirntod und Todeins sein? Der Hirntod ist ein irreversibler Zustand, auf den der Tod un-weigerlich folgen wird. Sind deshalb Hirntote Sterbende oder bereitsTote? Sterben ist letztlich ein Geheimnis, das von der Wissenschaftnicht ergründet werden kann. Ob man Hirntote als tot oder sterbendbeurteilt, ist daher ein moralischer Entscheid», erklärt die Theologin.

Galt bisher der Hirntod (siehe Box) als Todeskriterium, wird der po-tenzielle Spenderkreis durch neue «Präzisierungen» im Schweizer

Transplantationsgesetz inzwischen auf eine vom Hirntod unabhängigePatientengruppe erweitert: auf Patienten mit schweren Hirnschädigun-gen oder Koma, die aber noch nicht hirntot sind. Bei ihnen wird auf-grund ihrer «aussichtslosen» Prognose durch Therapieabbruch – durchdas Ausschalten der Herz-Lungen-Maschine – ein «kontrollierter» und

somit «planbarer» Herzstillstand ausgelöst. Die fehlende Blutzufuhrführt nach einigen Minuten zum Hirntod. So werden sie zu Non-heart-beating-donors, zu «Spendern mit nicht schlagendem Herzen».

Körperverletzung zugunsten DritterNach zehn Minuten Wartezeit – soviel ist in der Schweiz vorge-

schrieben – wird der Körper erneut an die Herz-Lungen-Maschine an-geschlossen, damit die Organe durchblutet und gekühlt werden kön-nen. Organerhaltende Massnahmen sind bei dieser Patientengruppedeshalb schon vor dem Tod erlaubt, denn je länger man wartet, destoschlechter sind die Organe für eine allfällige Spende. Zu diesen Mass-nahmen gehören beispielsweise Medikamente, um die Gefässe zu er-weitern und die Blutgerinnung zu verhindern, aber auch Operationen,bei denen in der Leistengegend dicke Schläuche angebracht werden,durch die Nähr- und Konservierungslösungen zugeführt werden, dieden Verwesungsprozess der Organe stoppen.

Laut Margrith Kessler, Nationalrätin und Präsidentin der StiftungSPO Patientenschutz, handelt es sich dabei um «Körperverletzung zu-gunsten Dritter». Aus ihrer Sicht können über ein solches Vorgehen nur

«Wir waren nicht in der Lage, unser hilfloses Kind inseinem Sterben zu beschützen.»

Jede Minute zählt: Zwei Herzchirurgen übernehmen auf dem Dach des Berner Inselspitals vom Rega-Piloten die Box mit dem Spenderorgan.

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Betroffene zu Lebzeiten entscheiden. Hier bekomme der Tod plötzlicheinen Zweck: nämlich Organe entnehmen zu können. Ethisch äusserstheikel daran findet Ruth Baumann-Hölzle die organerhaltenden Mass-nahmen beim noch nicht hirntoten, lebenden Menschen mit aussichts-loser Prognose zugunsten eines Dritten – und dass dies unter Umstän-den ohne das Wissen geschieht, ob der Betrof-fene überhaupt seine Organe spenden möchte.Der Sterbeprozess dürfe nicht dem Spendepro-zess unterstellt werden.

Gemäss den Zahlen der Stiftung Swisstran-splant spenden die Schweizer viel zu wenigOrgane. Die Diskrepanz zwischen benötigten Organen und erfolgtenTransplantationen ist frappant. Auf der Warteliste für Organspenden(Ende 2012) stehen mit 1165 Personen so viele wie nie zuvor. Hinterdiesen Zahlen versteckt sich viel Leid: Allfällige Spender stehen an derSchwelle zum Tod, für sie hoffen bis zuletzt ihre Angehörigen. Auf deranderen Seite warten Schwerstkranke, bei denen alle anderen medizi-nischen Massnahmen versagt haben und die nur mithilfe eines ge-spendeten Organs werden überleben können.

Ums Sterben kümmern sich nur Juristen und Ärzte Auf dieser Schwelle kreuzen sich zwei Biografien, prallen Verzweif-

lung, Trauer, Hoffnung und Freude frontal aufeinander. Ebenso zweisich widersprechende ethische Pflichten: die Lebensrettung durch Or-ganspende einerseits, die Frage des guten Sterbens andererseits. Unddamit verbunden eine Tabuüberschreitung, bei der die ganzheitlicheBetrachtung der menschlichen Existenz auf der Strecke bleibt und Ster-ben zu einem rein medizinisch und juristisch fassbaren Vorgang wird.

Auf der anderen Seite der Schwelle leben Menschen wie Nicola Hey-ser. Die Mutter einer achtjährigen Tochter litt jahrelang an schwererHerzinsuffizienz unbekannter Ursache, auch eine Operation konntenicht helfen. Ihren Beruf als Reitlehrerin und Dressurreiterin konnte diegesundheitsbewusste 41-jährige Frau nicht mehr ausüben. Am Null-punkt angekommen, liess sie sich auf die Warteliste von Swisstrans -plant setzen.

Fünf Monate später wurde sie vom Inselspital Bern benachrichtigt,ein Herz sei bereit für sie. Man habe sie wunderbar vorbereitet, ver-ständnisvoll begleitet und im Nachgang hochprofessionell und mensch-lich betreut, erzählt Nicola Heyser. Zwei Jahre ist es nun her, seit siemit diesem Herzen lebt. «Die vielen Medikamente und Immunsuppres-siva, welche die körpereigene Abstossung eines fremden Organs ver-hindern sollten, fordern eine enorme Umstellung des Körpers und ha-ben viele Nebenwirkungen. Es hat gedauert, bis mein Körper mit allemfertig wurde. Doch heute geht es mir wirklich gut.» Dass sie leben darf,ihr Kind grossziehen kann und heute sogar wieder arbeitet, ist für Ni-cola Heyser wie eine zweite Geburt. «Ich bin voller Zuversicht, dassdieses Herz ‹halten› wird. Und es ist mir bewusst, dass ich wahnsinni-

ges Glück hatte, dieses Geschenk zu bekommen.» Ihre eigenen Organemöchte sie nach ihrem Tod spenden – auch die ihres Kindes würde siefreigeben.

In unserer Gesellschaft ist der Tod nach wie vor ein Tabuthema. De-tailfragen zur Organspende werden meist Medizinern und Juristen

überlassen – es sei denn, man ist persönlich betroffen. Wer Organespenden möchte, sollte sich unbedingt informieren, wie eine Organ-entnahme genau vor sich geht und was es im Detail bedeutet. Nebendem altruistischen Argument, Leben zu retten, existiert auch die Tatsa-che, dass Pharmaindustrie und Spitzenmedizin an Transplantationenund Medikamenten sehr gut verdienen. Eine Spende aber ist ein Ge-schenk. Für Ruth Baumann-Hölzle ist die Voraussetzung für eine Or-ganspende die absolute Freiwilligkeit. «Dieses ‹Opfer› kann unmöglichvon der Gesellschaft ‹gefordert› werden, etwa durch eine Wider-spruchslösung.» (siehe Box)

Anhand von Paragraphen gibt es kaum eine Lösung, die für Men-schen unterschiedlicher Weltanschauung stimmen kann. Nach einerkritischen Auseinandersetzung aber sein persönliches Ja oder Neinschriftlich in einem Organspende-Ausweis festzuhalten, ist Teil einesselbstbestimmten Lebens. ■

Weiterführende Links

www.dialog-ethik.ch (Patienten-Verfügung zum Herunterladen)

www.samw.ch (Richtlinien Schweizerische Akademie der Medizinischen

Wissenschaften)

www.swisstransplant.ch (Spende-Ausweis zum Herunterladen)

Zehn Minuten nach dem Hirntod wird der Körper erneut andie Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, damit die Organedurchblutet und gekühlt werden können.

Gesetzliche Bestimmungen in der Schweiz

Erweiterte ZustimmungslösungDiese in der Schweiz gängige Praxis zur Entnahme von Organen, Ge-weben oder Zellen sieht in einer fehlenden Spende-Erklärung der ver-storbenen Person lediglich eine Nichterklärung. In diesem Fall werdendeshalb die nächsten Angehörigen für eine Organentnahme angefragt,stimmen diese zu, ist die Explantation zulässig. Der Wille des Ver-storbenen hat aber in jedem Fall Vorrang gegenüber dem der Angehö-rigen.

WiderspruchslösungDie in vielen Nachbarländern gängige Praxis (gilt auch für Touristen)wertet ein Schweigen als Einverständnis und erfordert für die Nicht-entnahme den expliziten Widerspruch. Auch hier gibt es eine er-weiterte Lösung, bei der Angehörige den Willen des Verstorbenen ver-treten können. Widersprechen diese nicht innert einer bestimmtenFrist, dürfen Organe, Gewebe und Zellen entnommen werden.

Aktuell gibt es vier parlamentarische Vorstösse sowie Bestrebungen(zum Beispiel von Swisstransplant), in der Schweiz die Wider-spruchslösung einzuführen.

Was heisst hirntot? Gemäss schweizerischem Transplantationsgesetz (2007) gilt derMensch als tot, wenn die Funktionen seines Gehirns einschliesslichdes Stammhirns irreversibel ausgefallen sind. In den USA läuft seitLängerem eine Kontroverse über das Hirntod-Konzept. Mit neuentechnischen Verfahren liessen sich bei sogenannt Hirntoten Aktivitä-ten im Gehirn nachweisen. Die Presidents Commission on Bioethicswar 2008 zum Schluss gekommen, die biologischen Gründe für dieDefinition des Hirntods hätten sich als irrtümlich erwiesen, da mandabei davon ausging, dass der Körper nach Ausfall der Hirnfunktionsofort aufhöre, als Ganzes zu funktionieren, was heute umstritten ist.

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VON HANSPETER KÜNZLER

Wie gehen Sie nach all den Jahren ein neues Album an? Gibt es ei-nen grossen Plan?

Ich nehme jedes Album, wie es kommt und versuche, die anderenAlben, die ich gemacht habe, zu vergessen. Allerdings soll das neue auftextlicher und musikalischer Ebene anders sein als das letzte. Es musseinen Schritt vorwärts gehen, sonst würde die Band in der Stagnationstecken bleiben und sehr schnell absterben. In meinen Augen erreichtdas neue Album das gleiche, was andere Alben von mir, die für wich-tig gehalten werden, erreicht haben: Das Publikum muss sich von Neu-em überlegen, ob ihm die Bad Seeds überhaupt gefallen.

Genau das ist doch eine der grossen Freuden der Bad Seeds –dass man nie weiss, was als Nächstes passiert!

So möchte ich das auch sehen – aber schauen Sie sich einmal dieDis kussionen im Internet an! (lacht) Viele wünschten sich, wir würdenewig bei «Henry’s Dream» stehen bleiben.Meine ganze Karriere lang bin ich gegen Men-schen ohne Fantasie angerannt.

Wie durchbrechen Sie die kreative Routi-ne, sodass tatsächlich eine Entwicklungausgelöst wird?

Warren Ellis (der Geiger, Multi-Instrumentalist und Loops-Zaubererin der Band) ist seit langer Zeit sehr wichtig für mich. Ich habe immereinen starken musikalischen Partner gebraucht, früher etwa Mick Har-vey mit seiner Gitarre. Ich selber habe ja nie ein Instrument gespielt.Ich musste meine Ideen vorsingen, auch die Riffs, und hoffen, dass derandere einen Weg findet, sie umzusetzen.

Aber Sie spielen doch Klavier.Schon, aber auf einem bescheidenen Niveau. Die schweren, presby-

terianischen Balladen, die dabei herauskamen, wurden von den Gren-zen meiner Fähigkeiten bestimmt. Ich war nicht imstande, auch nurden Hauch von Groove oder Funk vorzutäuschen. Nun ist aber zwi-

schen Warren und mir eine echte Partnerschaft herangewachsen. DieLieder entstehen, weil wir beide unsere Köpfe zusammenstecken. It’sfucking great! Dieses Album trägt die Früchte eines Arbeitsprozesses,in dem wir von der ersten Idee an gemeinsam an einem Lied arbeiten.Wir sind quasi die neuen Simon & Garfunkel. Wobei, nein – die habenja keine Songs zusammen geschrieben. (lacht)

Also hat Mick Harvey bei seinem Ausstieg vor einigen Jahren wiein einer Staffette den künstlerischen Stab an Warren Ellis weiter-gereicht?

Nein. Mick hatte keinen Stab, den er hätte weitergeben können.Mick hatte einen gewaltigen Einfluss auf die Bad Seeds, aber er war Ar-rangeur und Organisator, nicht ein Partner beim Songschreiben. Vielevon unseren frühen Platten wären nie entstanden, wenn er uns nichtam Schopf gepackt hätte, so viel ist sicher. Aber eigentlich ist es miregal, wie die Dynamik innerhalb der Band von aussen wahrgenommenwird. Das Einzige, was für mich zählt ist, dass die Bad Seeds weiterhin

Platten machen. In letzter Zeit ist meine Überzeugung immer grössergeworden, dass es eine Art Pflicht ist für mich, diese unglaubliche Bandam Leben zu erhalten, und zwar mit allen Mitteln. Die Band ist wich-tiger als die Einzelteile.

Jetzt klingen Sie wie Keith Richards, der in seinen Memoirenschrieb, eine Band wie die Rolling Stones, in der eine Gruppe vonMenschen zu einem Organismus zusammengewachsen ist, inwelchem jedes Mitglied über sich selbst hinauswachsen kann,sei so rar, dass es an ein Verbrechen grenze, sie aufzulösen.

Ich bin der gleichen Meinung. Auf die Bad Seeds trifft das auf jedenFall zu. Durch die Band bin ich über mich selber hinausgewachsen. Oh-

Der kreative Höhenflug von Nick Cave hält an. Nach seinem krachenden Seitensprung mit Grinderman kehrtder australische Songwriter für seinen neuesten Wurf zu den Bad Seeds zurück. Als Künstler vollzieht er mit«Push the Sky Away» erneut einen Wandel. Die Geigen, Flöten und verrückten Loops von Multi-Instrumenta-list Warren Ellis spielen diesmal ebenso eine grössere – aber nicht lautere – Rolle wie das feine Schlagzeug-spiel von Thomas Wydler, dem unterdessen dienstältesten Bad Seed aus Zürich. Zum Interview bittet ein gut-gelaunter Cave in ein gediegenes Gastro-Pub in der Nähe seines Hauses in Brighton.

Nick Cave«Es ist meine Pflicht, diese unglaubliche Band am Leben zu erhalten»

«Meine Klavierballaden wurden von den Grenzen meinerFähigkeiten bestimmt. Ich war nicht imstande, auch nurden Hauch von Groove vorzutäuschen.»

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ne sie würde ich als Künstler nicht existieren, jedenfalls nicht als Mu-siker. Das ist Tatsache. Auf einer fundamentalen, praktischen Ebenehätte ich es damals niemals geschafft, sowas auf die Reihe zu kriegen.Und als Musiker hänge ich davon ab, dass sie meine Texte auf span-nende Weise zu interpretieren vermögen.

Zuletzt waren Sie mit einer schlanken Version der Bad Seedsunterwegs, die Sie Grinderman nannten und mit der sie krachen-den, wilden und oft dissonanten Rock kredenzten. Wie hat sichder Ausflug auf Sie und die Bad Seeds ausgewirkt?

Grinderman änderte alles. Mag sein, dass ich mit der Meinung alleindastehe, aber ich glaube, dass Grinderman die Bad Seeds gerettet hat.Dass Thommy (Wydler, Schlagzeuger/Perkus-sionist) für «Push the Sky Away» zurückkeh-ren konnte und so spielen, wie er es tat – mansah das nun in einem ganz anderen Licht. AlsGrinderman durchs Land zog – die Band hatimmerhin zwei Alben aufgenommen – musste er ja vom Rand aus zu-schauen. Dadurch hat er eine andere Perspektive bekommen, und wirauch. Er trat an die neue Platte nicht heran als Schlagzeuger mit derRoutine seines fünfzehnten Albums. Und so hat er uns dann alle voll-kommen überwältigt mit dem, was er gespielt hat. Impulse dieser Artsind es, welche die Bad Seeds vorwärtstreiben. Klar, es gibt Bands, dieauch ich mag, einfach darum, weil jedes Album gleich tönt. So waskann tatsächlich Tröstung und Frieden bringen. Wie ein lieber alter On-kel, den man alle Weihnachten wieder trifft. Ich möchte allerdingsnicht dieser Onkel sein.

Thomas Wydler wurde im Herbst von einem Auto angefahren. Hater sich von den Folgen erholt, um an der Tournee teilnehmen zukönnen?

Leider nein. Wir sind darüber alle untröstlich. Es ist wirklich in gros-sem Mass sein Album. Der Sound des Albums, das ist er. Es ist un-glaublich schade.

Können Sie auch bei den Texten des neuen Albums eine Entwick-lung erkennen?

Ich glaube, es ist mir tatsächlich gelungen, einen für mich neuen Stilzu finden. Meine Texte hatten immer einen erzählerischen roten Faden.Neuerdings ist es mir gelungen, meine ich, gleichzeitig atmosphärischzu schreiben, sodass der Zuhörer nicht mehr an eine Geschichte ge-bunden wird. Er muss sich keine Mühe mehr geben, der Geschichte zufolgen – in der Tat wäre es da und dort reine Zeitverschwendung, ra-tional verstehen zu wollen, was geschieht.

Im Song «We Real Cool» beschreiben sie Wikipedia als «Himmel».Ein interessantes Konzept – ein Himmel, wo alles und nichts zufinden ist.

Ich liebe Wikipedia. Das Ding ist mir regelrecht ans Herz gewach-sen. Es ist sowas wie ein kollektives Gedächtnis. Genau wie beim Ge-dächtnis kann man sich nicht wirklich drauf verlassen, es ist voller Un-sinn und Mythen, dazu vollgepackt mit einer Flut von unnützen De-tails, wie unser eigenes Gedächtnis halt. Manchmal habe ich das Ge-fühl, dass ich selber mein Gedächtnis gar nicht mehr brauche, und dadieses eh aus dem letzten Loch pfeift, ist das kein schlechtes Gefühl.

Wir werden halt alle älter.Pfft! Allerdings. Ehrlich gesagt hat’s bei mir nicht unbedingt mit

dem Alter zu tun. Ich habe mein Gehirn in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren mit anderen Dingen ziemlich übel zugerichtet. Was ich bei Wi-kipedia immer wieder höchst vergnüglich finde, ist diese irre Massevon Details. Ab und zu lese ich meinen eigenen Eintrag – und zwarmeist dann, wenn mir die Journalisten immer wieder die gleiche irre-

levante Frage stellen, die auf einer kompletten Fehlinformation beruht,die sie bei Wikipedia gefunden haben. So viele Fehler, und ich bin nocham Leben! Wie ist das nur beim Eintrag über einen Martin Luther King,der sich nicht mehr wehren kann?

Sie haben bei anderer Gelegenheit erklärt, dass Sie für Ihre krea-tive Arbeit einen ganz geregelten Tagesablauf brauchen. Sie be-geben sich ins Büro und arbeiten, bis es Zeit für Feierabend ist.Wie können Sie während der Arbeit der Versuchung widerstehen,in der Wikipedia oder sonst in der virtuellen Welt abzutauchen?

Das ist kein Problem – so wahnsinning interessieren mich diese Din-ge auch wieder nicht. Hingegen verspüre ich ein dringendes Bedürfnis,

Lieder zu schreiben. Dieses Bedürfnis, dieser Drang, ist immer da. (DiePR-Dame betritt den Raum, um das Interview abzubrechen.) Nein,nein! Ich bin richtig in Fahrt, wir machen weiter.

Sie haben sich in der Vergangenheit mehrfach schwärmerischüber die Zeit geäussert, als Sie als Kind in Australien an einemFluss gewohnt haben. Die Lieder auf dem neuen Album drehensich oft um Wasser. Sehen Sie darin einen Bezug zu einem ge-wissen Gefühl aus der Kindheit?

Alle grossen Momente in meiner Kindheit haben sich unten am Flussereignet. Momente, in denen man sich beweisen musste. Ein Mädchenküssen oder von der Eisenbahnbrücke springen. Ich habe den Flussund sein Ufer geliebt, und das Meer und den Strand gehasst …

Warum mochten Sie das Meer nicht?Ich hasste vor allem den Strand als «Erlebnis». Wir lebten auf dem

Land und fuhren nach Melbourne in die Ferien. Dort ging man als Fa-milie an den Strand. Also, eigentlich war das ja ganz nett, ich liebe mei-ne Familie und so. Aber der Strand, das war eine Menge Sand (ange-widerte Grimasse), ausgebrannt von der Sonne, völlig seelenlos, undbis zum Rand gefüllt mit schreienden und quietschenden Menschen.Zudem hatte ich Angst vor dem Wasser, nicht weil ich wasserscheu ge-wesen wäre, nein, sondern wohl darum, weil ich «Der weisse Hai» ge-sehen hatte. Am Abend hat man sich zum Wagen geschleppt und istschwitzend und miserabel gelaunt zurückgefahren. Das war meineStranderfahrung australischen Stils.

Und jetzt wohnen Sie im südenglischen Brighton in einer tollenVilla mit Meerblick.

Ich hatte die grössten Bedenken, hierher zu ziehen. Aber es war derWunsch meiner Frau, und ihr würde ich überall hin folgen, selbst wenndas nun hiess, dass ich verdammt noch mal am Meer leben musste.Aber über die Jahre hinweg – es sind nun zehn Jahre – habe ich dasMeer lieben gelernt. Denn das englische Stranderlebnis ist ein anderes.Es gibt keinen Sand, sondern Steine und Schotter, und darüber hinwegerstreckt sich ein wunderbarer Himmel. Mein Haus blickt über dasWasser hinaus. Ich sehe aus dem Fenster und das Wetter stürzt aufmich zu. Es ist ein unglaublich schöner, aufregender Ort zum Leben. Ingewisser Weise habe ich die geheime Welt unten am Fluss meiner Kind-heit hier am Meer wiedergefunden. (Die PR-Dame lässt sich nicht mehrabwimmeln und Cave steht auf.)

Ich kann reden, was? Da haben Sie aber mächtig viel Material ange-sammelt! Ich muss wohl einen Kaffee zu viel getrunken haben. «Prolix,prolix – nothing a pair of scissors can’t fix!» ■

«Ich liebe Wikipedia. Es ist wie ein kollektives Gedächtnis. VollerUnsinn und Mythen, wie unser eigenes Gedächtnis halt.»

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EurokriseWirtschaftsflüchtlinge ausdem Herzen EuropasAufgrund der Wirtschaftskrise verlassen immer mehr Menschen ihre europäische Heimat.Sie suchen nach einem besseren Leben in Schwellenländern auf der ganzen Welt. Drei Aus-wanderer erzählen.

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VON HOMA KHALEELI, HELENA SMITH UND DAVID SMITH

Seit Jahren beschäftigt die Zuwanderung die Europäer. Sie sorgensich um nationale Identität und die Ressourcen. Doch nun lässt sich ei-ne Veränderung feststellen. Von Irland bis Griechenland suchen jungeEuropäer nach Möglichkeiten, um ihre Heimat zu verlassen, derenMärkte sich im freien Fall befinden. Gleichzeitig werben Schwellen-märkte wie Brasilien oder Länder mit Bedarf an qualifizierten Arbeits-kräften wie Australien mit Kampagnen um Arbeitnehmer aus der altenWelt. Doch wie sieht das Leben derjenigen aus, die dem Geld folgenund im Ausland nach Arbeit suchen?

Von Griechenland nach AustralienSeit die Wirtschaftskrise Griechenland getroffen hat, ist Australien

zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten für die geworden, die vorden Geldsorgen und den sozialen Unruhen inihrem Heimatland fliehen. Als sich die Situa-tion in Europa letztes Jahr verschärfte, erlebteAustralien einen Zuwachs griechischer Immi-granten von 65 Prozent – und angesichts einerArbeitslosenrate von 26,8 Prozent in Hellas (die höchste, die in der EUje verzeichnet wurde) wird diese Quote aller Wahrscheinlichkeit nachweiter steigen.

Schon unter der Besetzung durch Nazi-Deutschland wanderten vie-le Griechen nach Australien aus. Melbourne hat mehr griechisch spre-chende Einwohner als jede andere Stadt weltweit ausser Athen undThessaloniki. Darum haben viele neue Einwanderer Verwandte in der

neuen Welt. Litsa Georgiou, 49, die mit ihrem Ehemann Vlassis und derfünfjährigen Tochter Iliana von Griechenland nach Australien auswan-derte, ist keine Ausnahme. Aber auch das hat den Aufbruch nicht ein-facher gemacht.

Litsa Georgiou erzählt: «Wir haben den grossen Umzug vor zweiJahren gewagt, und es war kräfteraubend für Körper und Seele. Die Kri-se ist an allem schuld. Wenn es nach mir ginge, würde ich noch immerin Griechenland leben. Daran denke ich jeden Tag, und mit Freundenspreche ich mindestens einmal in der Woche darüber. Ich vermisse denLebensstil, der ist sehr viel entspannter als in Australien – und natür-lich die Atmosphäre und Traditionen. Mir fällt kein einziger hässlicherOrt in Griechenland ein. In Australien tue ich mich schwer, obwohl ichhier für eine Zeitlang aufgewachsen bin. Wir mussten ein Jahr lang beimeinen Eltern leben, die schon vor der Krise hierher zurückgezogensind. Jetzt mieten wir eine eigene 3-Zimmer-Wohnung in Kingsgrove,einem Vorort von Sydney. Unsere Tochter Iliana hat sich schnell einge-lebt. Kinder passen sich an – den Erwachsenen fällt das oft schwerer.Wir haben noch immer Heimweh. Oft schauen wir uns DVDs und Vi-deos an, die wir daheim in Griechenland aufgenommen haben, und anunserem Kühlschrank hängen viele Fotos von Familie und Freunden.

Wir bekommen sehr viel mit, weil wir über Satellit griechische Sen-der schauen, und es sieht nicht gut aus. Wenn ich mir die Situation dortanschaue, weiss ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe,vor allem für die Kleine. Immerhin müssen wir hier nicht so rumkreb-sen. Wir haben Glück und zahlen nur 300 australische Dollar (etwa 286Franken) Miete pro Woche und können unsere Rechnungen bezahlen –wir kommen über die Runden.

Der australische Lebensstil und die Kultur hier sind sehr verschiedenvon Griechenland. Und alles ist ganz genau geregelt. Hier kommt manmit nichts ungeschoren davon. Aber bezüglich Zukunftsaussichten, Ar-beit und Ilianas Perspektiven und Bildung wird hier sehr viel mehr ge-boten. Es ist immer noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten,auch wenn die Lebenskosten unglaublich hoch sind.

Vor sieben Monaten habe ich einen Arbeitsplatz bei einem Unter-nehmen im Gastgewerbe gefunden. Die Arbeit ist anders als die im Mo-degeschäft, wo ich bisher gearbeitet habe, aber der Verdienst ist nichtschlecht und das Einkommen hilft uns, die Kinderbetreuung sowieTanz- und Schwimmunterricht für die Kleine zu bezahlen. UnserWunsch aber bleibt es, nach Griechenland zurückkehren zu können.Mein Mann Vlassis sagt immer ‹wenn wir› und nicht ‹falls wir› nachGriechenland gehen. Und jede Woche spiele ich Lotto, in der Hoffnung,dass wir eines Tages zurückkehren können.»

Von Irland in die Vereinigten Arabischen Emirate In Irland hat Massenauswanderung eine lange Geschichte. Die der-

zeitige Emigrationswelle ist die grösste seit 25 Jahren: Allein im erstenQuartal 2012 verliessen 87000 Menschen das Land. Irland, noch vor we-nigen Jahren der «keltische Tiger» mit spektakulären Wachstumsraten,hat heute mit 14,6 Prozent die vierthöchste Arbeitslosenrate Europas.

Einige Beobachter bezeichnen die Auswanderung als ein «sozialesSicherheitsventil», das Irland vor noch ernsteren sozialen und politi-

schen Problemen bewahrt, indem durch weniger Arbeitslose der Druckauf die Sozialsysteme verringert wird. Das Magazin Economist vermu-tet, dass Irland aus diesem Grund auch nicht so heftige soziale Unru-hen erlebt hat wie zum Beispiel Griechenland. Doch für Auswandererwie Brendan Doris (62 Jahre) ist das ein schwacher Trost.

«Ich bin aus Verzweiflung in die Vereinigten Arabischen Emirate ge-gangen. Ende September 2012 kam ich hier an und werde noch minde-

«Mein Mann Vlassis sagt immer ‹wenn wir› und nicht ‹fallswir› nach Griechenland gehen.»

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Im Osten geht’s aufwärts: Arbeitslose Iren zieht’s nach Dubai.

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stens vier Jahre bleiben, vielleicht sogar länger. Als selbständiger Archi-tekt habe ich in Irland nicht mehr genug Aufträge bekommen. Alle mei-ne Kunden haben ihre Projekte aufgeschoben. So gab es zwar die Aus-sicht auf Arbeit, aber die Aussicht macht einen schliesslich nicht satt.

Meine Frau und ich haben sämtliche Rücklagen zu Geld gemacht,auch die Ersparnisse für die Ausbildung der Kinder und die Lebensver-sicherung; wir hatten nichts mehr. Wir brauchten all unser Erspartes,um die Hypothek abzuzahlen, und ich wusstenicht mehr, was ich tun sollte. Laut der Be-dürftigkeitsprüfung der Sozialbehörden hätteich Anspruch auf 98 Euro pro Monat – wie solleine Familie davon leben?

Etwa zwei Jahre lang habe ich mich gegenJobangebote im Ausland gesträubt, aberirgendwann blieb uns einfach nichts anderes mehr übrig. Ich wusste,dass ich meine Familie nicht würde mitnehmen können; eine unsererTöchter ist autistisch, und es hat Jahre gedauert, für sie genau dieUnterstützung zu organisieren, die sie braucht. Insgesamt haben wirvier Kinder zwischen zehn und 14 Jahren, sie sind also alle gerade ineinem Alter, wo sie sich ihr eigenes soziales Netz erschliessen. Wirkonnten sie doch nicht aus ihrem Umfeld reissen, nur um sie an eineAsphaltpiste mitten in der Wüste zu verpflanzen – nichts gegen dieEmirate, aber genau das sind sie am Ende.

Ich lebe im Hotel, sodass ich mich nicht um Wäsche, Mahlzeitenund ähnliches kümmern muss. Jeden Abend verbringe ich per Skypeeineinhalb Stunden mit meiner Familie – ich helfe den Kindern bei denHausaufgaben und sehe ihnen beim Abendessen zu. Auf diese Weisesehen wir uns regelmässiger als zu manchen Zeiten, als ich noch dortwar. Aber es ist sehr anstrengend, und immer wieder befallen unsZweifel, ob wir wirklich das Richtige tun. Meine Frau kümmert sich umdie Kinder und versucht, von zu Hause aus ihre kleine Montessori-schule zu leiten.

Ich vermisse meine Familie sehr. Zwischen dem Feierabend gegensechs Uhr und sechs Uhr am nächsten Morgen denke ich praktisch annichts anderes. Oft liege ich nachts wach und schaue einfach nur in denHimmel. Ich will hier nicht auf Dauer leben, denn man kann sich nichteinbürgern lassen, und ich fühle mich meinem Heimatland stark ver-bunden.

Bei der Arbeit haben wir gerade eine sehr intensive Phase – das Pro-jekt steht am Anfang und alles soll am besten schon seit zwei Wochenfertig sein. Aber gestern Abend habe ich mich zum ersten Mal privatmit einem Kollegen getroffen; er ist gerade aus Kanada hergezogen.Und ich versuche nach und nach, mir hier ein Leben aufzubauen: Ichwill anfangen, Squash zu spielen und Arabisch zu lernen und endlichdas Klavierspielen in Angriff zu nehmen.»

Von Portugal nach MosambikFür junge Portugiesen auf der Suche nach Arbeit herrschen schlech-

te Zeiten. Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen liegt in Portugal beifast 40 Prozent. Ein Mitglied der Regierung löste eine Welle der Empö-rung in sozialen Netzwerken aus, als er seine Landsleute aufforderte,eine Auswanderung in Betracht zu ziehen. Genau diesen Schritt hatDiogo Gomes bereits vor zwei Jahren getan. Nach seinem Universitäts-abschluss in Wirtschaft und Marketing wollte er Erfahrung auf dem Ar-beitsmarkt sammeln und sah die besten Chancen dafür im Ausland.

«Die Situation in Portugal ist heikel», sagt Gomes. «In den vergange-nen Jahren hat eine inkompetente Führung das Land tief in die rotenZahlen gebracht. Eine völlig unflexible Wirtschaft und die drastischenSparmassnahmen verhindern das Entstehen neuer Jobs. Ein Umzug insAusland ist so die einzige Möglichkeit, Arbeit zu finden und Erfahrun-gen zu sammeln.»

Gomes, der aus Oporto, einer Stadt in der Nähe von Porto, stammt,wurde in ein Programm der Regierung aufgenommen, das Nachwuchs-

kräfte an portugiesische Unternehmen auf der ganzen Welt vermitteltund subventioniert. «Drei Wochen vor der geplanten Abreise erfuhr ich,dass es mich für die kommenden Monate nach Maputo in Mosambikverschlagen würde.»

Inzwischen geniesst der 25-jährige Gomes sein Singledasein in einerRegion im Süden Afrikas, die für elegante Architektur aus der Kolonial-zeit, ihre Küstenlandschaften und exquisite Meeresfrüchte berühmt ist.

«Eigentlich sehe ich mich selbst als echten Glückspilz. Hier herrscht einerstaunlicher Lebensstil, und es fiel mir sehr leicht, mich anzupassen.»

Gomes ist hier für das Marketing bei TD Hotels verantwortlich; dieKette besitzt neben Häusern in Portugal auch Hotels in Mosambik undAngola. Er ist damit einer von vielen Tausend Portugiesen, die in derHoffnung auf ein besseres Leben ihr Land in Richtung der beiden ehe-maligen Kolonien verlassen haben, die zunehmend aufblühen. DieserTrend wurde bereits als eine Form des «umgekehrten Kolonialismus»beschrieben.

«Mosambik erlebt durch die Erschliessung seiner Kohle- und Gasvor-kommen im Moment einen riesigen Aufschwung und hat die Vorausset-zungen für ein stabiles Wachstum, sobald sich die wirtschaftlichen Er-folge einstellen. Angola ist ein reiches Land mit grossen Vorkommen anÖl und Edelsteinen. Allerdings muss rund um die natürlichen Ressour -cen ein Servicesektor entstehen, und auch die Bauindustrie muss sichnoch weiter entwickeln. Hier bieten sich gute Gelegenheiten für Inves -toren aus dem Ausland.»

Die Besetzung Mosambiks durch die Portugiesen gehört zu dendunk len Kapiteln der Geschichte Afrikas. «Die Menschen in Mosambiksind sehr intelligent. Sie wissen, dass ihr schönes Land Verbesserungenbraucht, und wir sind hier, damit diese Neuerungen schneller Wirk-lichkeit werden. Der Bürgerkrieg hat zu einem Stillstand in der wirt-schaftlichen Entwicklung und bei der Bildung geführt, den das Landnur durch Know-how von aussen überwinden kann.»

Zwar vermisst Gomes gelegentlich sein altes Leben, allerdings nichtallzu sehr. «Trotz der vielen negativen Dinge ist Portugal immer nochmeine Heimat und ein fantastischer Ort zum Leben. Den wahren Wertmancher Dinge erkennt man oft erst, wenn man weit von ihnen wegist. Trotzdem bin ich hier sehr glücklich, und es genügt mir, zweimalpro Jahr meine Familie und Freunde zu besuchen und zu meinen Wur-zeln zurückzukehren.» ■

Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgt gemäss einer Vereinbarung über inhalt-

liche Zusammenarbeit mit dem Guardian development network.

Aus dem Englischen übertragen von Andrea Wieler Goodbrand, Jules Schneider

und Veronica Koehn, Bearbeitung: Surprise.

«Jeden Abend verbringe ich per Skype eineinhalb Stundenmit meiner Familie – ich helfe den Kindern bei den Haus-aufgaben und sehe ihnen beim Abendessen zu.»

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InvalidenversicherungArbeit um jeden Preis

«Arbeit statt Rente» lautet seit Anfang 2012 der politische Auftrag an die hoch verschuldeteInvalidenversicherung (IV). Tausende IV-Rentner sollen zurück an die Arbeit. Die Zahl derNeurenten wird gedrückt. Die Schwächsten der Gesellschaft werden weiter geschwächt.

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VON CHRISTOF MOSER

Da sind diejenigen, die einen abschlägigen Entscheid der Invaliden-versicherung (IV) erhalten – und weiter arbeiten müssen, aber nichtkönnen. Wie zum Beispiel L. M., bis vor Kurzem Wäscherin in einemAltersheim. Ihr Hausarzt hat die Geschichte der alleinerziehenden Mut-ter kürzlich in der Gewerkschaftszeitung Work dargelegt, um den Um-gang der IV mit den Schwächsten der Gesellschaft anzuprangern.

Nach einem Sturz ist L. M. an der Schulter verletzt. Cortison-Injektio-nen und Physiotherapie bringen die Schmerzen nicht weg, die Ursache

dafür ist organisch nicht klar nachweisbar. Weil nach einem wegwei-senden Bundesgerichtsurteil in solchen Fällen seit 2004 kein Anspruchauf eine IV-Rente mehr besteht, wird ihr IV-Gesuch abgelehnt. «Eineklassische Reinigungsarbeit dürfte wahrscheinlich im Rahmen der vor-gegebenen Einschränkungen nicht mehr möglich sein. Leichte körper-liche Tätigkeiten gehend und sitzend sind vollständig zumutbar», stehtin der Verfügung des IV-Gutachters. L. M. verliert ihre Stelle, findet kei-nen neuen Job, wird ausgesteuert und lebt heute von der Sozialhilfe.Aus der Sicht der IV ist L. M. ein Erfolg: Die Zahl der Neurenten ist inden vergangenen zehn Jahren von 28 000 auf 15000 gesunken. Auch

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weil die Invalidenversicherung Kranke und Behinderte in die Sozialhil-fe auslagert, um Kosten zu sparen und die Schulden des Sozialwerks zutilgen. «In IV-Gutachten werden systematisch Menschen für erwerbsfä-hig erklärt, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben, weil eskaum behindertengerechte Arbeitsplätze gibt», sagt David Winizki, derArzt von L. M., in Zürich bekannt als «Doktor der kleinen Leute». Da-zu kommt laut Winizki das Paradoxon, dass die IV laufend Scheiner-werbstätige produziert. Wer einen ablehnenden IV-Entscheid erhält,gilt grundsätzlich als arbeitsfähig. Und wer wie L. M. keine Arbeit fin-det, wird vom Sozialamt in Einsatzprogramme geschickt – für einenLohn von 2000 Franken, auf 100 Prozent gerechnet. Die Ausgesteuer-ten erhalten zum Grundbedarf von 977 Fran-ken einen Freibetrag von 200 bis 300 Franken,den Rest müssen sie abgeben, um die Sozial-hilfekosten tief zu halten. Verweigert sich einSozialhilfebezüger diesen Arbeitsbedingun-gen, muss er mit einer Kürzung des Grundbedarfs auf bis zu 830 Fran-ken rechnen. «Staatliche Nötigung» nennt Winizki dieses Zweiklassen-Sozialsystem: «Wer sich schlecht ausdrücken kann, wird entsorgt undausgebeutet. Ein bildungsprivilegierter Patient, der seine medizinischnicht nachweisbaren Schmerzen differenziert darlegen kann, hat guteChancen, eine Burnout-Diagnose zu erhalten und dem sozialen Abstiegzu entkommen.»

Dass der Vorwurf der gezielten Auslagerung von potenziellen IV-Rentnern in die Sozialhilfe keineswegs aus der Luft gegriffen ist, deckte2010 der Beobachter auf. Er schilderte konkrete Fälle, wie IV-Gutachterunter Druck gesetzt werden, damit die Zahl der Neurenten möglichsttief gehalten werden kann. Wie im Fall von R. S., einem früherenMetallbauarbeiter, den das Basler Zentrum für Medizinische Begutach-tung (ZMB) nach einem schweren Unfall als völlig arbeitsunfähig be-urteilte. Die Aargauer IV-Stelle schrieb dem Gutachter, das Gutachtensei «nicht zufriedenstellend» abgefasst, und verlangte eine neue Beur-teilung. Als der Arzt sich weigerte und auf die umfassende Untersu-chung des Patienten verwies, drohte der Leiter der IV-Stelle, dem Bas-ler Institut keine Aufträge mehr zu erteilen – was dann auch geschah:Im Folgejahr wurden dem ZMB keine Aufträge mehr für IV-Gutachtenerteilt. Die «Rechtsberatungsstelle UP für Unfallopfer und Patienten»,ein Verein spezialisierter Anwälte, äusserte bereits damals die Vermu-tung, dass «Hunderte, wenn nicht Tausende solcher Gutachten in un-gesetzlicher Weise zuungunsten der Versicherten abgeändert werden»,um «IV-Renten zu verweigern oder bereits bestehende zu entziehenoder zu reduzieren». Die Leute sollen arbeiten. Koste es, was es wolle.

Abgeschoben in die SozialhilfeSeit Anfang 2012 ist die IV-Revision 6a in Kraft, der das Prinzip «Ar-

beit statt Rente» zugrunde liegt. 17000 IV-Bezüger sollen nach demWillen der Politik bis 2018 wieder in den Arbeitsmarkt integriert wer-den. Die Zahl ist kein Zufall, sondern knallhart kalkuliert: 17000 Wie -dereingliederungen sind nötig, weil die IV bis 2018 eine ausgeglicheneRechnung präsentieren muss. Bis 2025 muss die IV zudem ihren Schul-denberg von 15 Milliarden Franken abgebaut haben. Ein Ziel, gegen dasnichts einzuwenden ist, würde die IV-Sanierung nicht auf dem Buckelder Beeinträchtigten vollzogen und damit die Idee des Sozial werks, das1960 gegründet wurde, um die sozialen Folgen von Invalidität abzufe-dern, pervertiert. Das Parlament hat die Lasten der IV-Sanierung aufDruck der Wirtschaft vollständig auf die IV-Rentner abgewälzt. Wer zueiner Wiedereingliederung verpflichtet wird, ist auf dem Papier zwardrei Jahre lang abgesichert, falls er oder sie seine Stelle verliert – undkann wieder eine IV-Rente beantragen. Diese Absicherung hat allerdingseinen Haken: Die Kriterien für eine Rente werden parallel dazu ver-schärft. Das Bundesamt für Sozialversicherungen rechnet mit «einigenhundert Härtefällen», die in der Sozialhilfe landen werden. Das gleicheSchicksal droht jenen, die keine Stelle finden. In den Beratungen zur Re-

vision wollte die Ratslinke im Parlament die Wirtschaft zur Integrationvon IV-Bezügern verpflichten. Die bürgerliche Mehrheit hat dies ver-hindert. Studien zeigen, dass kleinere und mittlere Unternehmen ihrerfreiwilligen Verpflichtung zur Integration einigermassen nachkommen,Grossbetriebe jedoch kaum. Eine Untersuchung der «Stiftung Integra-tion für alle» aus dem Jahr 2008 (neuere, verlässliche Studien gibt esnicht) kam zum Schluss, dass Kleinbetriebe (bis 49 Mit ar beiter) eine IV-Wiedereingliederungs-Quote von 4,13 Prozent erreichen, Mittelbetriebe(bis 249 Beschäftigte) eine Quote von 3,8 Prozent und Grossfirmen(über 249 Mitarbeiter) eine Quote von 1,25 Prozent. Das Schlusslicht,mit einem Anteil von gerade mal 0,39 Prozent körperlich oder geistig be-

hinderter Mitarbeiter im Vergleich zur Gesamtbelegschaft, bildet die Fi-nanz- und Versicherungsindustrie. Sie liegt damit sogar deutlich unterdem Bausektor, der trotz hohen körperlichen Anforderungen und er-heblichen Sicherheitsrisiken eine Quote von 2,75 Prozent erreicht. Trotzder Verweigerung der Grossfirmen ist das Prinzip «Eingliederung vorRente», das bereits die 5. IV-Revision prägte, bisher ein Erfolg: Die Zahlder Wiedereingegliederten stieg von 5800 im Jahr 2007 auf über 10 000im Jahr 2011. Damit bis 2018 die vorgesehenen 17000 IV-Rentner denWeg zurück in den Arbeitsmarkt finden, müssen jährlich durchschnitt-lich 2800 IV-Bezüger eine Stelle finden. Das soll nicht zuletzt durch fi-nanzielle Anreize für Firmen erreicht werden: Sie können beantragen,dass Mitarbeiter, die von der IV kommen, zur Probe gratis arbeiten, underhalten Einarbeitungszuschüsse. Die staatlich verordnete Wiederein-gliederung, die für IV-Bezüger schnell zur Lose-lose-Situation werdenkann, ist für Firmen also ein Win-win-Geschäft.

Produktionsdruck in der geschützten WerkstattAuf denjenigen, die einen positiven IV-Entscheid erhalten haben

und trotzdem arbeiten müssen, lastet ein gewaltiger Druck, wie dieSonntagsZeitung kürzlich aufgedeckt hat. Die insgesamt 25000 Behin-derten, die sich in der Schweiz in sogenannten geschützten Werkstät-ten in den Arbeitsmarkt integrieren sollen, geraten durch die Finanz-und Wirtschaftskrise immer mehr an ihre Grenzen. Weil der Frankenstark ist, weichen die Kunden der Werkstätten zunehmend auf osteu-ropäische Firmen aus, die simple Arbeiten wie die Montage elektrischerSchaltkreise ebenfalls zu Dumpingpreisen anbieten. Der deutsche Kon-zern Bosch hat bereits Aufträge gestrichen. Der härtere Wettbewerbführt zu einer Selektion der IV-Bezüger wie auf dem regulären Arbeits-markt. «Um die Produktivität unserer Werkstätte zu steigern, wurdenbei uns gezielt schwach behinderte Personen, die viel leisten, bevor-zugt», berichtet die Mitarbeiterin einer Werkstätte in Fribourg. DieWerkstätten-Leiter werden angehalten, «die Perlen zu finden», damitdie Produktion möglichst hoch und die Kosten tief gehalten werdenkönnen. Wer zu langsam ist, wandert in die Sozialhilfe, wer bleibt, lei-stet Fliessbandarbeit mit vielen Überstunden. Teilweise arbeiten die Be-treuer mit, damit die angepeilte Produktionsquote erreicht werdenkann. «Zuerst werden die Behinderten in ihren bisherigen Firmen ent-lassen, weil sie dem Druck in der Berufswelt nicht mehr standhaltenkönnen. Danach müssen sie sich über Behindertenwerkstätten wiedereingliedern. Und weil der Druck da ebenfalls steigt, wird das Ganze zueinem Teufelskreis», schildert René Knüsel, Professor für Sozialpolitikan der Universität Lausanne, die Situation.

Derweil zieht die Politik die Sparschraube weiter an. Geht es nach derKommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK),sollen mit der IV-Revision 6b volle IV-Renten nur noch Menschen ausge-zahlt werden, die zu 80 Prozent invalid sind. Bisher gab es eine volleRente ab 70 Prozent. Bei den Schwächsten wird weiter gespart. ■

Selbst auf dem Bau arbeiten mehr Menschen mit Behin-derung als in der Finanz- und Versicherungsindustrie.

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Seite einem besser gefällt. Diese grosse sinnli-che Freude wird einzig gestört durch das boh-rende Bewusstsein, dass doch ständig neue,schöne Musik aufgenommen wird, die zu er-stehen und hören sich lohnen würde. Ist es derBeginn der Vergreisung, wenn man nicht mehrgenug von Dingen bekommt, die man schonkennt, anstatt sich am Neuen zu freuen? Dieungebrochene Popularität von Konzerten derRolling Stones stützt diese Vermutung. Werdeich den Rest des Lebens damit zubringen, alldie Platten, die ich schon einmal gekauft habe,noch einmal zu kaufen, in sperrigen, überteu-erten Box-Sets, denen allerlei Bonus-Materialbeigefügt ist, ohne das ich bisher bestens lebenkonnte? Nein, ich werde die Musikindustrie,der ich über lange Lebensabschnitte monatlichmehr abgeliefert habe als der Krankenkasse,nicht am Leben erhalten durch dröges Wieder-kaufen. «We Won’t Get Fooled Again», wie TheWho sangen. Zu hören auf einem ihrer Alben.Das eben als Teil eines 14-LP-Box-Sets wiedererschienen ist. Ich habe es gestern bestellt.

STEPHAN PÖRTNER

([email protected])

ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER

([email protected])

Vor ein paar Tagen erhielt ich ein schweresPaket. Keine Überraschung, ich hatte es eigen-händig bestellt. Es enthielt eine Box mit 14Schallplatten der Beatles. Es war teuer.

Meine erste Beatles-Platte hatte ich im Altervon vier Jahren bekommen. Wie sich auchspäter herausstellte, war es gar keine richtigeBeatles-Platte, sondern bloss die Aufnahmenvon Tony Sheridan, der die Beatles 1961 alsStudiomusiker engagiert hatte, um ein paarRock ’n’ Roll-Standards aufzunehmen (damalsnoch ohne Ringo Starr, dafür noch mit StuartSutcliffe). Doch bei meiner ersten Platte warich noch nicht allzu kritisch und hatte grosseFreude daran. Ich habe sie immer noch. So wieauch weitere über die Jahre dazugekommeneBeatles-Alben, teils die Originalplatten, teilsbillig erworbene und krud zusammengestiefel-te Hitsammlungen aus zweifelhafter Quelle.

Wörter von PörtnerBoxset

Elektronisch lagert der ganze Katalog schonlängst auf meiner Festplatte, und ich habeauch immer wieder reingehört. Grundsätzlichherrschte in meinen Haushalt also kein Mangelan der Musik der Beatles. Der Box war nochein schönes Buch mit vielen Bildern beigelegt,das ich bisher einmal durchgeblättert habeund gewiss irgendwann einmal genauer an-schauen werde. Aber trotzdem. Warum, somusste ich mich selber fragen, war ich bereit,einen Haufen Geld für Musik auszugeben, dieich nicht nur kannte, sondern auswendigkannte? Als Argument hätte mir dienen mö-gen, dass es zur Allgemeinbildung des nochnicht vorhandenen Nachwuchses gehöre, die-se Platten hören und betrachten zu können.Doch wahrscheinlich wird diese Einführung indie Welt der Popmusik dann doch eher aufmeinen alten, abgewetzten und verkratztenScheiben stattfinden, indes das teure Box-Setirgendwo im Schrank lagert.

Bis es aber so weit ist, höre ich fast jedenTag eine oder zwei der Platten und wunderemich darüber, wie unverleidbar sie noch im-mer sind. Wie unschlagbar das LP-Format. Dasvorsichtige Herausziehen aus der Hülle, ausder noch allerlei Plakate, Postkarten und ande-re Gadgets fallen, die man Alben in der Hoch-blüte des Vinylzeitalters beifügte. Das Studie-ren der abgedruckten Fotos und Texte. Diewohlausgewogenen 20 Minuten, ehe es diePlatte umzudrehen gilt. Das Abwägen, welche

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AusstellungVon stolzen Löwen und falschen Schlangen

VON MONIKA BETTSCHEN

Ob als Nahrungsquelle, Transporthilfe, Bedrohung oder treue Be-gleiter: Tiere spielen in unserem Leben eine bedeutende Rolle. Die Na-tur hat zwar dank den Naturwissenschaften einen Grossteil ihresSchreckens verloren. Doch auch wenn wir stolz sind auf unsere ratio-nale, aufgeklärte Weltsicht, ist unser europäisches Kulturgut voller ani -malischer Symbolik, die bis in die Antike zurückreicht. Ein mutiger, gü-tiger Mensch hat im Volksmund ein Löwenherz und eine hinterhältigePerson wird als falsche Schlange bezeichnet. «Obwohl wir nicht mehrso eng mit der Natur leben, treten Tiere auch heute in Religion, Kunstund Literatur auf. Diese Mythen und Legenden haben eine jahrtausen-dealte Geschichte», sagt Luca Tori, Archäologe und Kurator der Aus-stellung «Animali» am Landesmuseum in Zürich.

Der Mensch verband seine Wünsche und Ängste schon immer mitjenen Tieren, die ihn umgaben. Er deutete unbewusst deren Verhaltenund projizierte menschliche Laster und Tugenden in die Fauna. DieseVerknüpfung begünstigte die Vorstellung von Mischwesen und Fabel-tieren mit übernatürlichen Fähigkeiten: Sie ist die Basis der griechi-schen Götterwelt, für Sphinxe und Sirenen. «Heute wissen wir ganzselbstverständlich, dass Wesen wie Drachen, Greife oder Kentauren dermenschlichen Fantasie entspringen. Aber die Welt der Vormoderne be-herbergt neben Menschen und Tieren auch solche Mischwesen. Bis zurAufklärung im 17. Jahrhundert wurde die Existenz von Fabelwesen sel-ten infrage gestellt. Sie gehörten wie Mensch und Tier zur Ordnung derWelt», so Tori. Deshalb habe man für «Animali» bewusst Ausstellungs-objekte ab der Antike bis zur Aufklärung ausgewählt.

Auf engem Raum zeigt zum Beispiel der im 16. Jahrhundert vomSchweizer Mathematiker Jost Bürgi geschaffene Himmelsglobus 49Sternbilder, wovon ein Grossteil Mischwesen darstellen. Sie erzählenantike Mythen, zum Beispiel vom Helden Perseus, der die schöne Prin-zessin Andromeda aus den Fängen des Meeresungeheuers Ketos be-freien musste. Ketos zeigt sich am Nachthimmel seit alters her im Stern-bild Walfisch.

«In ‹Animali› spielen wir mit all diesen überlieferten Geschichten, da-mit ihre Gegenwärtigkeit bis heute verdeutlicht wird», so Luca Tori. InBezug auf die Schweizer Kulturgeschichte verweist er auf eine beson-dere Auffälligkeit. «In der Schweiz finden wir sehr häufig den Löwen aufWappen, Bannern oder Gebäuden, obwohl dieses Tier ungefähr seit En-de des ersten Jahrtausends nach Christus auf europäischem Boden nichtmehr nachgewiesen werden kann.» Das stärkste einheimische Tier wä-re eigentlich der Bär, doch da dieser in vorchristlichen Kulturen, zumBeispiel in germanischen und keltischen Kulten, eine wichtige Rollespielte, war er der katholischen Kirche im Mittelalter suspekt. «So wur-de der Bär von seinem Thron gestürzt und durch den Löwen, der für dieVölker der Bibel und die mediterrane Welt der griechisch-römischen An-tike schon immer der König der Tiere war, ersetzt», erzählt Tori.

Die Ausstellung «Animali» beeindruckt mit 180 Exponaten aus Kunst,Literatur und dem alltäglichen Gebrauch, spürt in Wort und Bild derEntstehung vieler Sinnbilder der einheimischen Kulturgeschichte nachund wirft auch aktuelle Fragen zum Verhältnis zwischen Mensch undTier auf. Neben einem Prolog umfasst die Ausstellung zwölf reich aus-gestaltete Galerien, die jeweils einem Tier und seinen verwandtenMischwesen gewidmet sind; zum Beispiel der Schlange und dem von ihrabgeleiteten Fabelwesen Drache. Neben Geschichten aus den einzelnenEpochen wird der Wandel der Bedeutung eines Tieres im Laufe der Zeitillustriert. «Gerade die Schlange ist Begleiterin von Tod und Teufel, giltgleichzeitig aber auch als Sinnbild für die Heilkunde», so Luca Tori.

«Animali» bietet rund um die Hauptausstellung ein vielseitiges Rah-menprogramm mit einem Referat des ehemaligen Tieranwalts AntoineGötschel, weiteren Vorträgen und Workshops sowie Angeboten für Kin-der und Jugendliche. Psychologische Faktoren werden genauso erörtertwie Aspekte der Animal Studies – eines jungen, transdisziplinären For-schungsfelds, das sich unter anderem mit der kulturell-symbolischenBedeutung von Tieren beschäftigt. ■

Ausstellung «Animali – Tiere und Fabelwesen von der Antike bis zur Neuzeit»,

vom 1. März bis 14. Juli, Landesmuseum Zürich. www.animali.landesmuseum.ch

Zeus meint, als Schwan könne er bei Leda besser punkten als in natura.

Die Ausstellung «Animali» im Zürcher Landesmuseum beleuchtet das Verhältnis des Menschen zum Tier. EineBeziehung voller Faszination, Misstrauen und Bewunderung.

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Kultur

BuchManisch, panisch, genial

In «Blitze» schildert der Prix-Goncourt-Preisträger Jean Echenozdas Leben eines tragisch scheiternden Genies.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Gregor ist manisch: Zwanghaft zählt er alles und klammert sich an Zah-len, die durch drei teilbar sind. Gregor ist panisch: Er hat eine extremeFurcht vor Mikroben, Bazillen und Keimen, wechselt Handschuhe wieandere Papiertaschentücher. Aber Gregor ist auch genial: Ein Erfinder,der seine Apparate bis ins kleinste Detail vor dem inneren Auge siehtund intuitiv bauen kann, wo andere an Plänen kleben.Fast immer haben seine Erfindungen mit Elektrizität zu tun. Als hättedas Gewitter, das bei seiner Geburt (irgendwo auf dem Balkan) tobt, ihnmit gewaltigen Blitzen in diese Laufbahn geschleudert. Eine Laufbahn,die vielversprechend beginnt. Denn trotz seiner Schrullen kann Gregorin Amerika zahlungskräftige Investoren von seinen Ideen überzeugenund den Stromkrieg gegen Edison gewinnen, in dem der Wechselstromüber den Gleichstrom triumphiert. Er wird zum Liebling der High So-ciety, für die einen der grösste Erfinder aller Zeiten, für die anderen einScharlatan. Denn Gregor liebt die grosse Inszenierung, in der er wie einMagier Blitze sprühen und Lampen leuchten lässt und auch schon malbehauptet, mit Marsmenschen in Kontakt zu treten. Nur eines versäumt er: Seine Erfindungen ordentlich patentieren zu las-sen. Es sind andere, die seine Ideen vermarkten und dabei reich werden,während Gregor, der ständig auf Kredit lebt, unaufhaltsam in den Ruintreibt. Als es mit ihm zu Ende geht, redet er mit den Blitzen – und mitden Tauben, die er den Frauen vorzieht. Er stirbt einsam, von seinenhungrigen Schützlingen umgeben.Nach dem Komponisten Maurice Ravel und dem tschechischen Lang-streckenläufer Emil Zapotek widmet sich Jean Echenoz im dritten seinerLebens-Romane dem Erfinder Nikola Tesla (der unter anderem dieGrundlagen für Radar, Röntgen, Funk und Neon schuf) in der Gestaltdes fiktiven Gregor. Dabei hält er sich weitgehend an die historischenFakten, überspitzt diese aber in einer Weise, die den Roman zu einemhollywoodreifen Biopic macht – mit einem atemlosen Beginn, der dieHauptfigur wie einen Blitz im Leben einschlagen lässt, und einem Aus-klang, in dem dieses Leben immer mehr zum Stillstand kommt, als wä-re ihm der Strom ausgegangen. Jean Echenoz: Blitze. Roman. Berlin Verlag 2012. 25.40 CHF.

Ein Jahrhundertgenie schlägt

fiktionale Funken.

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KinoBröckelnde Schule

Nur in einer Szene scheint im packenden Highschool-Drama «De-tachment» die Sonne: Tony Kayes Film ist Pessimismus pur. Aberer fährt extrem ein, weil er subtil anders ist.

VON YVONNE KUNZ

Die Figuren stehen bereits alle am Abgrund. Und Skandalregisseur TonyKaye lässt sie immer tiefer in Lebensangst, Entfremdung und Hoff-nungslosigkeit versinken. Der Rektorin (Marcia Gay Harden) drohtwegen der schlechten Leistungen an ihrer Schule der Rausschmiss. DieBerufsberaterin (Lucy Liu) verliert die Nerven und nennt eine besondersabgelöschte Schülerin eine «oberflächliche, widerliche Kreatur». EinLehrer schluckt im Stundentakt Psychopharmaka, ein anderer ist über-zeugt, unsichtbar zu sein. Und ihre Schüler spucken ihnen schon malins Gesicht. Wenn sie nicht gerade Katzen zu Tode quälen. Mitten in dieses Chaos gerät der Aushilfslehrer Henry Barthes (grandios:Oskarpreisträger «The Pianist» Adrien Brody). Von aussen erscheint ermit seinem warmen Stoizismus wie der rettende Samariter. Nur einenHeiligenschein hat er nicht, vielmehr scheint er eine dunkle Wolke überseinem Kopf zu tragen. Er ringt mit schwersten Belastungen. Sein Gross-vater, dement und sterbend und von Schuld zerfressen, weil er seineTochter missbrauchte, die sich dann umbrachte. Dann sind da noch ei-ne minderjährige Prostituierte, der Henry Obdach gewährte, und baldauch eine suizidale, übergewichtige Schülerin, die seine Nähe sucht. Das Konzentrat der Misere wird durch eine geballte Ladung Kino ver-mittelt: Rückblenden, Animationen auf der Wandtafel und Schnitte inein künftiges Interview-Setting, in dem Henry seine Erlebnisse reflek-tiert. Je schriller die Didaktik, desto überdrehter wird der Film. Aberselbst wenn er ins Alberne zu kippen droht, rettet ihn seine schiere Drei-stigkeit. So endet «Detachment» mit einer Rezitation von Edgar AllanPoes «The Fall of the House of Usher» – eine wenig subtile Metapher fürdas zerfallende Schulsystem. Man fragt sich: Wie viel reisserische Sensationslust verträgt sich mit ed-ler Gesinnung? Wie die früheren Filme des britischen Regisseurs TonyKaye, etwa das Neonazi-Drama «American History X», ist auch «De-tachment» eine Provokation, darauf angelegt, Selbstgefälligkeit undSchönfärberei zu pulverisieren. Es ist das Werk eines hemdsärmligenFilmemachers, der das Publikum aufrütteln will. Und das gelingt ihmhier auf eindrucksvolle Weise. Tony Kaye: «Detachment», USA 2011, 97 Min. Mit Adrien Brody, Marcia Gay Harden,

James Caan. Ab 7. März in den Deutschschweizer Kinos.

Eine minderjährige Prostituierte als Untermieterin macht den Aushilfslehrer ratlos.

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EventAtomkraftvolle Bilder

In gleich drei Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima kam esam 11. März 2011 zur Kernschmelze, das Ereignis jährt sich zumzweiten Mal. Ein Filmevent zum Gedenken.

VON NATALIE GYÖNGYÖSI

In eindringlichen Bildern zeigt der japanische Regisseur Kazu Kurimo-to, wie die Menschen mit dem Alltag in ihrer radioaktiv verpesteten Hei-mat in Fukushima umgehen. Unter die Haut fahren die Szenen, bei de-nen die Filmcrew eine Frau begleitet, welche ihr Haus im ausgesiedel-ten Gebiet besucht. Besonders eindrücklich ist die Stellungnahme desGouverneurs von Fukushima, Eisaku Sato, der als Kritiker der Atom-kraft und auch der politischen Machtverhältnisse in Japan gilt. «Forbid-den Ground, Fukushima» ist die dritte Episode einer Trilogie über dieverheerenden Folgen des Erdbebens an der Pazifik-Küste vor der Toho-ku-Region. Nach dem Unglück im Kernkraftwerk in Japan wurden radioaktive Stof-fe in rauen Mengen freigesetzt. Rund 70 000 Menschen wurden an derjapanischen Nordküste aus den verseuchten Gebieten evakuiert. DieAufräumarbeiten dürften noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. «Halb-wertszeit 2013 – zwei Jahre nach Fukushima» nennt die AG-Film derRoten Fabrik ihre Veranstaltung zum zweijährigen Gedenktag an dieKatastrophe. Der Dokumentarfilm «Forbidden Ground, Fukushima» ausdem Jahr 2012 ist der Hauptbeitrag und wird in Zürich und in Bern ge-spielt. Kurzfilme und Podiumsgespräche begleiten die Vorführungen.Regisseur Kurimoto wird in Zürich persönlich anwesend sein und an derGesprächsrunde zum Thema «Leben mit der Radioaktivität» teilneh-men. Zu den weiteren Diskussionsteilnehmern zählen Florian Kasser,Atomcampaigner von Greenpeace Schweiz, sowie Mitglieder der Ajisai-no-Kai, einer Organisation, die sich in der Schweiz für den Atomausstiegin Japan engagiert. Am Event in Bern läuft eine Diskussion unter demTitel «Mühleberg – Alles im Griff?». Das Werk Mühleberg ist eine derweltweit ältesten Siedwasser-Reaktoren. Pikanterweise entspricht seineBauart derjenigen von Fukushima. Man darf sich fragen: Ist Mühlebergheute noch sicher? Mögliche Antworten gibt’s in Bern.«Halbwertszeit 2013 – zwei Jahre nach Fukushima», Do, 7. März, 19.30 Uhr,

Rote Fabrik Zürich; Mo, 11. März, 20 Uhr, Lichtspiel Bern. Türöffnung jeweils 19 Uhr.

Eintritt frei – Kollekte.

www.rotefabrik.ch / www.lichtspiel.ch

Kaum Blumen: Besuch auf einem verseuchten Friedhof.

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Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

werden?

Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

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Zahlungszweck:

Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag.

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Solvias AG, Basel

Ernst Schweizer AG, Metallbau, Hedingen

confidas Treuhand AG, Zürich

ratatat – freies Kreativteam, Zürich

G.A.T.E.S., Hôteliers & Restaurateurs SA, Basel

Claude Schluep & Patrick Degen, Rechts -

anwälte, Bern

homegate AG, Adliswil

Sprenger & Partner Bauingenieure SIA USIC,

Arlesheim

Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg

Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

IBP – Institut für Integrative Körperpsycho -

therapie, Winterthur

Knackeboul Entertainment

Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Girod Gründisch & Partner, Visuelle Kommu -

nika tion, Baden

Paul & Peter Fritz AG, Literary Agency, Zürich

TYDAC AG, Web-Mapping-Software, Bern

Kaiser Software GmbH, Bern

Balcart AG, Carton, Ideen, Lösungen, Therwil

Lions Club Zürich-Seefeld

Klimaneutrale Druckerei Hürzeler AG,

Regensdorf

Scherrer & Partner GmbH, Basel

Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG)

Locher, Schwittay Gebäudetechnik GmbH, BS

fast4meter, storytelling, Bern

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Ausgehtipps

Dieses Bier lässt man sich gerne munden.

BaselEiserne MännerWährend Heineken mit einem Werbespot Män-ner ansprechen will, die freudig grunzen,wenn sie einen Kühlraum voll Bier erblicken,und die Frauen lieben, welche ins Kreischenkommen, wenn sie einen Raum voller Schuhesehen, wählt Unser Bier aus Basel den umge-kehrten Weg. Die Kleinbrauerei organisiertzum Tag der Frau am 8. März, einen «IronMan»-Event: Zugunsten des Frauenhausessind Männer aufgerufen, gegen Entgelt Hem-den anderer Männern zu bügeln, die sich dazunicht fähig fühlen. Das klingt doch nach einemvernünftigen Angebot: bügelnd gegen über-kommene Rollenbilder ankämpfen, mit einemBierchen in der freien Hand. (fer)«First National Iron Men Charity Event», Fr, 8. März,

17 bis 22 Uhr, Brauerei Unser Bier, Gundeldinger-

strasse 287, Basel. Man kann entweder bügeln oder

seine Hemden zum Bügeln bringen.

Anmeldung unter: [email protected]

Anzeigen:

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Tote Seelen auf dem Weg in die Walliser Gletscher.

ZürichBewegtes IchGerman Jauregui will einen Ort der Ethik undMoral schaffen, und zwar mittels Tanz. Profa-ne Zeit will er in heilige verwandeln, und sorichtet er auf der Bühne «Confession» ein – ei-ne Beichte: Ein Puzzlespiel, dass die Intimitätdes Geständnisses wahrt und uns an einemMoment der äussersten Privatheit teilnehmenlässt. «zürich moves!» heisst die zweite Ausga-be des Festivals für Zeitgenössischen Tanz, dasvom Tanzhaus Zürich und dem Kino Riffraffwortwörtlich auf die Beine gestellt wurde, undThema ist nichts weniger als die Identität. DasIch-Sein. Mit dem Medium Film und auf derBühne getanzt wird ein Blick hinter die Fassa-de der menschlichen Maskerade geworfen. Eswird gehen um: den Weg von toten Seelen hin-auf zu den Walliser Gletschern. Oder um einenFaun, der Nymphen zu verführen gedachteund sich plötzlich nicht mehr sicher ist: War erin einen Traum verliebt? (dif) zürich moves!, Festival für Zeitgenössischen Tanz,

2. bis 10. März, Tanzhaus Zürich, Kino Riffraff, Wäsche-

rei Kunstverein Zürich. www.tanzhaus-zuerich.ch

ZürichMuchas MakkaroniMuchas Makkaroni, so nannte man die üppi-gen Haarlocken, die der tschechische KünstlerAlphonse Mucha um die Jahrhundertwendemalte. Er prägte unser Bild der Belle Epoquemit seiner Handschrift, indem er unzähligeTheater- und Werbeplakate gestaltete: Sinnli-che Frauenfiguren mit verträumtem Blick ver-körperten als Objekte der Begierde förmlichdie aufkommende Kaufkraft um 1900. Sie war-ben im «Style Mucha» für Zigarettenpapier,Champagner und Ferien am Mittelmeer. Daswar schönster Jugendstil. Und der ist heutenicht einfach vorbei. Muchas Stil erlebte inden Sechzigern und Siebzigern nämlich eineRenaissance und fand sich auf Konzertplaka-ten und Hippie-Plattencovers wieder. Undtaucht heute in der Manga-Generation wiederauf. Schliesslich hat Mucha bei den Japanernvor über 100 Jahren auch ein bisschen abge-schaut. (dif)«Mucha Manga Mystery – Alphonse Muchas wegwei-

sende Grafik», 6. März bis 14. Juli, Museum Bellerive,

Zürich. www.museum-bellerive.ch

«Unser Bier»: Männer kämpfen

um die Vorherrschaft am Bügelbrett.B

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Wie wachsen Städte? Die Zürcher Hardbrücke im Bau, 1972.

WinterthurArchitektur im BildWie wachsen Siedlungen zu Städten zusammen? Wieso verschränkensich Leben und Arbeit in Zürich anders als in Shanghai? Welche Ideolo-gien wohnen eigentlich in einem Einfamilienhaus? Und vor allem: Wie-so beeinflusst die Fotografie nicht nur die Wahrnehmung, sondern auchdie Gestaltung von Architektur? Diesen und anderen Fragen geht eineAusstellung im Fotomuseum Winterthur auf den Grund, das dieses Jahrsein 20-jähriges Bestehen feiert. Neben Alltagsarchitektur und Pracht-bauten, Haus und Heim, Utopie, Plan und Wirklichkeit spielt auch dieVergänglichkeit der Architektur und die Anziehungskraft von zerstörtenBauten eine wichtige Rolle. (mek)«Concrete», 2. März bis 20. Mai, Fotomuseum Winterthur. www.fotomuseum.ch

Rockhistoriker: My Name Is George.

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Auf TourVorwärts in die AchtzigerZu den verlässlichsten Tanzkapellen des Landes gehören My Name IsGeorge aus Winterthur. Seit zehn Jahren spielen sie Rockmusik aus denGeschichtsbüchern. Räucherstäbchen und Lavalampen tauchen vordem geistigen Auge auf, sobald das Quintett seine Gitarren einstöpselt.Mit dem neuen Album «This Is Real» machen die Herren nun einenSchritt vorwärts, was in ihrem Fall bedeutet, dass sie nach den Sechzi-gern und Siebzigern nun die Achtziger entdecken. Da fanfart der Syn-thie und die Drums rumpeln im Disco-Rhythmus. Aber keine Bange: Ne-ben Pomp gibt’s auch weiterhin Prog und Psychedelik im Popsongfor-mat. (ash)Fr, 1. März, 20 Uhr, Musikbistro, Bern; Sa, 2. März, 21 Uhr, Kaff, Frauenfeld; Di, 5., 12.,

19. und 26. März, jeweils 21.30 Uhr, La Catrina, Zürich; 8. März, 21 Uhr, Kuppel, Basel.

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G BernOccupy Reitschule17 Jahre alt wird Rabe dieses Jahr und wird immer noch behandelt wieein Halbwüchsiger. Das 1000. Mitglied wollte das Alternativradio letztenHerbst feiern, ein lang ersehnter, weil die Finanzen einigermassen si-chernder Wert, und hatte sich dafür das leerstehende Restaurant Äusse-re Enge ausgesucht. Doch Vater Stadt machte Klein-Rabe einen Strichdurch die Rechnung: Aus versicherungstechnischen Gründen verwei-gerte man der Veranstaltung die Erlaubnis – Polizeistunde schon vorTüröffnung. Jetzt erst Recht!, kann das Motto also nur heissen, wennnun das jährliche, grosse Rabe-Geburifest ansteht. Abgehalten wird estraditionell in der Reitschule, einem Ort also, der seine Kämpfe mit Pa-pa Stadt schon ausgefochten hat und bei dem nicht damit zu rechnenist, dass man ihn plötzlich für unsicher hält. «Occupieren» will Rabe dieReitschule zur Sicherheit denn auch gleich, wie es in der Ausschreibungheisst. Doch dies ist nicht feindselig gemeint, sondern soll ausdrücken,dass Rabe im ganzen Haus, vom Frauenraum bis zum Dachstock, fürkulturelle Darbietungen der Extraklasse sorgen wird. Ein doppeltesHoch auf den Raben! (fer)Rabe Fest 2013, Fr, 8. und Sa, 9. März, Reitschule Bern. Detailliertes Programm auf

www.rabe.ch, frühzeitiger Ticketkauf empfiehlt sich.

Rache für Rabe: The Tarantinos spielen in der Reitschule auf.

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AUFGEZEICHNET VON MANUELA DONATI

«Im Moment habe ich viele Sorgen: Mein Ellbogen schmerzt, ichkann nicht einmal einen nassen Lappen auswringen. Ich war beim Arzt,aber der konnte mir nicht helfen. Zudem geht es meinem jüngsten SohnSascha wieder schlechter. Seit er 22 ist, leidet er an Diabetes und Poly-arthritis. In letzter Zeit hatte er wieder schlimmere Zucker-Schübe undwegen der Polyarthritis Eiterbeulen an Händen und Füssen. Weil er sei-nen Fuss nicht mehr spürte, musste ich mit ihm in die Notfallaufnahme.Ich hatte grosse Angst, dass sie ihm den Fuss amputieren würden, dazuist es dann aber zum Glück nicht gekommen. Auch mein Mann hatte imletzten halben Jahr viele gesundheitliche Probleme. Er wäre fast an ei-ner Lungenentzündung gestorben. Einen Monat lang war er im Spital,eine ganze Woche lang lag er sogar im Koma. Das war eine schwierigeund traurige Zeit für mich. Da mein Mann wegen der Lungenentzün-dung nicht mehr als Gabelstaplerfahrer arbeiten konnte, wurde es auchfinanziell knapp für uns. Ausserdem musste ich meinen Schreibkurs ab-brechen, vor lauter Sorge konnte ich mich nicht mehr auf die Buchsta-ben konzentrieren. Als Kind habe ich nie eine Schule besucht. Weil ichaber alles, was ich erlebt habe, aufschreiben möchte, habe ich vor dreiJahren mit diesem Kurs angefangen. Ein bisschen habe ich schon lesenund schreiben gelernt, kurze Worte gehen schon, längere bereiten miraber noch Schwierigkeiten.

Wenn es dann noch so viel schneit wie in den letzten Wochen undmir die Leute weniger Hefte abkaufen, dann ist es schon schwierig,nicht aufzugeben, gerade wenn man den Kopf so voll hat und sich stän-dig fragt, wie man all die Rechnungen bezahlen soll. Dennoch verkaufeich gerne Surprise, schon seit neun Jahren arbeite ich am Limmatplatzund es gefällt mir hier. Ich habe ein paar Stammkunden und kenne dieVerkäuferinnen der umliegenden Läden. Wenn das Wetter schlecht ist,ziehe ich mich halt einfach doppelt so warm an und rufe lauter. Immerwieder werde ich gefragt: ‹Wie kannst du nur so lange stehen?› Auchwenn ich bald 60 Jahre alt werde, macht es mir überhaupt nichts aus,den ganzen Tag auf den Füssen zu sein. Es gefällt mir, dass ich die Leu-te beobachten und mir dazu meine Gedanken machen kann.

In die Schweiz bin ich 1977 gekommen. Ich bin in der Nähe von Bel-grad in armen Verhältnissen aufgewachsen und wollte eigentlich nur ei-nen Winter als Zimmermädchen in St. Moritz arbeiten. Doch dann ver-liebte ich mich in einen Bündner, der in der Tankstelle neben meinemHotel arbeitete. Ich blieb also hier und drei Jahre später haben wir ge-heiratet. Damals war für mich der grösste Unterschied zwischen meineralten und meiner neuen Heimat, dass es in der Schweiz immer warm istin den Wohnungen. Darüber bin ich noch immer froh, denn in meinerKindheit lebten wir ständig mit der Sorge, ob genug Holz und Kohle fürden Winter da sei. Die Leute in meinem Dorf sind immer noch sehr arm.Wenn ich könnte, würde ich ihnen gerne Geld schicken, aber wie auch?Wir haben ja selber nicht genug. Mir gefällt es zwar in der Schweiz, aber

Verkäuferinnenporträt«An kalten Tagen denke ich an Teneriffa»

meine alte Heimat vermisse ich noch immer. Vor allem meine Familie. Meistens gehe ich so um 18 Uhr nach Hause. Dann koche ich für mei-

nen Sohn und meinen Mann. Früher habe ich häufig jugoslawischeSpeisen gekocht, zum Beispiel Kohlsuppe mit Speck oder gefüllte Papri-ka. Jetzt mache ich meistens etwas, das auch bei vielen Schweizern aufdem Tisch steht: paniertes Schnitzel, Geschnetzeltes oder Fleischvogel.Wenn ich dann noch nicht zu müde bin, putze ich ein bisschen. Manch-mal schaue ich aber einfach fern, wir bekommen jetzt einen jugoslawi-schen Sender rein mit Filmen und Musik aus meiner Heimat.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir wünschen,dass es meinem Sohn wieder besser geht. Als Mutter macht man sicheben immer Gedanken um seine Kinder. Und wenn es mir gelingen wür-de zu sparen, dann würde ich mit Sascha wieder nach Spanien fahren.Vor drei Jahren waren wir eine Woche auf Teneriffa. Die Menschen wa-ren so freundlich und das Wetter war immer gut. Wir sind jeden Tag amStrand spazieren gegangen und mein Sohn hatte überhaupt keineSchmerzen. Es war wunderschön.» ■

Fünf Tage die Woche steht Jela Veraguth am Limmatplatz in Zürich und trotzt dem Wetter. Dabei helfen ihr Er-innerungen an eine glückliche Ferienwoche in Spanien mit ihrem kranken Sohn.

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Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt habenund ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkaufdes Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation.Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialpro-gramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausge-wählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufen-den erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, U-Abonnement) und werden beiProblemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft lei-sten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Ver-dienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise!

Anja UehlingerAargau

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Impressum

HerausgeberVerein Surprise, Postfach, 4003 Baselwww.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden (Nummernverant wort licher), Florian Blumer, Diana Frei, Mena Kost [email protected]ändige MitarbeitAmir Ali, Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel,Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher ZimmerMitarbeitende dieser AusgabeMonika Bettschen, Manuela Donati, Natalie Gyöngyösi,Homa Khaleeli, Hanspeter Künzler, Christof Moser, Nan-dor Nagy, Eva Rosenfelder, David Smith, Helena SmithGestaltung WOMM Werbeagentur AG, BaselDruck AVD GoldachAuflage15000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Christian von Allmen

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected] T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chVereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von derRedaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsen-dungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichneteVerkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträ-ge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder demSpender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozialeInstitution. Die Geschäfte werden vom VereinSurprise geführt. Surprise ist führendes Mit-glied des Internationalen Netzwerkes derStras sen zeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow,Schottland. Derzeit gehören dem Verband über100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

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24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Gönner-Abo für CHF 260.–

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SurpriseDa läuft was B

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StrassenchorAuf in die vierte Saison!«Gemeinsames Singen ist wundervoll – ich bin glücklich, da-bei zu sein!» Nadine Gartmann (Chorsängerin)

Der Surprise Strassenchor mit seinen 18 Mitgliedern hat den Pro-benbetrieb im neuen Jahr wieder aufgenommen. Der Chor ist inter-national zusammengesetzt und gibt seit 2009 Surprise-Verkaufen-den und Mitgliedern anderer sozialer Organisationen eine Möglich-keit zu regelmässiger musikalischer Aktivität. Der Surprise Stras-senchor singt Lieder aus aller Welt und liefert den lebendigen Be-weis, dass Singen und Musik Herz und Gemüt erfreuen und die Ge-meinschaft stärken, auch wenn wenig musikalische Vorkenntnissevorhanden sind. Bei allen Teilnehmenden nimmt die zweistündigeChorprobe einen festen Platz im persönlichen Wochenkalender ein.Für viele von ihnen ist die Probe ein wichtiger Ort, um Spass, Ge-meinschaft und das Gefühl des Angenommenseins zu erleben. DieProben finden jeweils am Dienstag von 17 bis 19 Uhr in der Musik-schule «archemusia» statt. Eingeladen sind alle, die Freude am Sin-gen haben und Lust, sich regelmässig zu treffen.

Anmeldungen und weitere Informationen:

[email protected], 061 564 90 40 oder www.vereinsurprise.ch

Proberaum: Kinder Musikschule «archemusia»,

Aeschenplatz 2, 4052 Basel

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Hier könnte Ihre Werbung stehen.Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse.Investieren Sie es dort.Anzeigenverkauf, T +41 76 325 10 60, [email protected]

Strassenfussball Benefizturnier – jetzt anmelden!Am Samstag, 13. April 2013 findet von 17 bis 23 Uhr unser tradi-tionelles Benefizturnier in der Sporthalle Bäumlihof in Basel statt.Auch in diesem Jahr werden die Spiele dieser intensiven undschnellen Sportart unter anderem von der ehemaligen FIFA-Schieds-richterin Nicole Petignat und zwei aktuellen holländischen FIFA-Schiedsrichtern des Homeless World Cup geleitet. Zur Eröffnungbegrüsst uns alle ein Vertreter aus der Basler Politik.

Rund 150 sozial benachteiligte Menschen aus der Deutschschweizspielen in der Surprise Strassenfussball Liga. Wir benötigen eureHilfe, um dieses Sportprojekt nach vorne zu kicken! Wenn du mit deinem Team beim Benefizturnier am Ball sein willst,informiere dich auf www.strassensport.ch oder sende direkt eine E-Mail an [email protected]. Verpasse nicht die Chance, ge-gen Mannschaften unserer Hauptsponsoren Hyundai und Erdgassowie gegen die Surprise-Nationalmannschaft anzutreten!

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Von Aarbergbis Zuoz.

www.vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3Verein Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99

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