Gefangenen Info #321

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    Gefangenen InfoC 10190 13.2.2007 Preis: 1,55 321

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Freiheit fr die Gefangenen aus der RAF !Schon oft sind an dieser Stelle Artikel zurSituation der Gefangenen aus der RAF er-schienen, deswegen drngt sich die Frageauf, warum jetzt schon wieder?

    Eine Antwort ist, es sind immer noch vier

    ehemalige Mitglieder der RAF inhaftiert, diesofort raus mssen!

    Brigitte Mohnhaupt: Festgenommen1982 und war in den siebziger Jahren ber4 Jahre inhaftiert. Weggeschlossen ist siealso seit insgesamt ber 28 Jahren.

    Christian Klar: Weggeschlossen seit ber24 Jahren.

    Birgit Hogefeld: Weggeschlossen seit

    ber 13 Jahren.Eva Haule, sie wurde festgenommen 1986

    und ist jetzt im halboffen Vollzug, washeien soll, dass sie tagsber eine Ausbil-dung macht und abends wieder in denKnast zurck muss.

    Die Rolle der MedienAnfang Januar erschienen mehrere Artikelin der brgerlichen Presse, die vor allember Christians und Brigittes mgliche Frei-heitsperspektive berichteten.Anfangs erschien am 28.12. erschien ein

    halbseitiger Artikel in der Stuttgarter Zei-tung ber eine mgliche Hafterleichterung von Christian, darauf reagierte WaltraudSchleyer, die Witwe von Hanns-MartinSchleyer in der Bild am 30.12.: Lasst denMrder meines Mannes nicht frei! In die-sem Artikel sprach sie sich gegen die Frei-lassung Christians aus. Dieser war ebensowie Brigitte damals in der RAF organisiert.

    1977 nahm ein Kommando der RAF denehemaligen SS-Wirtschaftsfhrer in der be-setzten Tschechoslowakei und hchstenKapitalistenfunktionr der BRD Schleyergefangenen, um elf Gefangene aus ihrer Or-ganisation zu befreien.

    Brigitte und Christian wurden zu lebens-lnglich verurteilt. In einem Kronzeugen-prozess kam fr Christian ein weiteres Le-benslnglich dazu, und es wurde auch dieSchwere der Schuld festgestellt, d.h. eineEntlassung ist nicht vor 20 Jahren mglich. Willkrlich wurde die Mindesthaftdauer

    Dokumentiert

    Ich hoffe, dass lang-fristig die Diskussionversachlicht undvermenschlicht wird

    Wir dokumentieren ein Interview des Ham-

    burger Abendblattes vom 11.2. mit demSchauspieler und Gewerkschafter RolfBecker.

    ABENDBLATT: Wie haben Sie ChristianKlar kennengelernt?

    ROLF BECKER: Als Gewerkschafter. Aufdem Grndungsgewerkschaftstag der IGMedien 1989 wurde von den Delegierteneine Resolution zu den Haftbedingungender RAF-Gefangenen verabschiedet. ZweiStze daraus: RAF-Gefangene sind auchMenschen. Und, von Klaus Blling, ,DerStaat hat in unserem Land, auch ge-

    schichtlich gesehen, noch allerhand anMitmenschlichkeit nachzuholen. Anfangder 90er-Jahre hat die Jahreshauptver-sammlung der Hamburger IG Medien den Arbeitskreis Politische Gefangene be-

    schlossen, der sich nicht nur mit den inDeutschland Inhaftierten befasst, sondernbeispielsweise auch mit dem amerikani-schen Brgerrechtler Mumia Abu Jamal.Wir haben uns fr die Freilassung von Irm-gard Mller, Christine Kuby und Hanna

    Krabbe eingesetzt. Ende 1999 rief die Ber-liner Volksbhne zur ,Freilassung der letz-ten Gefangenen der RAF auf als ,Gebot desResthumanismus, ohne den auch diese Ge-sellschaft nicht existieren kann. Unser Ar-

    beitskreis hat diesen Aufruf untersttzt undnach lngeren Diskussionen im HamburgerOrtsverein mit Christian Klar Kontakt auf-genommen.

    Warum er?Er war das ,rote Tuch, der am meisten

    Angefeindete. Uns war klar, dass auch dieanderen Inhaftierten freikommen, wenn ereinmal entlassen sein wird.

    Wann begannen die Besuche?

    Am 10. Januar 2001 waren wir zum er-sten Mal und zu dritt bei Christian Klar. Daswar eine groe Ausnahme. Da fr weitereBesuche aber nur ein Besucher zugelassenwurde, habe ich fr den Arbeitskreis denKontakt gehalten. Von April 2003 bis Ja-nuar 2006 war ich auf Vorschlag des Ju-stizministeriums Baden-Wrttemberg undin Vereinbarung mit der Justizvollzugsan-stalt Bruchsal ehrenamtlicher Betreuer vonChristian Klar. Ich konnte ihn dadurch je-derzeit besuchen, die Besuchszeit wurdeihm nicht angerechnet, unsere Briefe wur-den nicht zensiert. Gleichzeitig hatte ich der

    Kontrolle meiner eigenen Person durch dasBundeskriminalamt zugestimmt

    Wie luft so ein Besuch ab?Es gibt mehrere Mglichkeiten. Zum Bei-

    Nach insgesamt 28 Jahren Haft, dar-unter viele Jahre in Isolation, kommt

    Brigitte Mohnhaupt am 27. Mrz frei.

    Alles Gute, Brigitte!ber unsere Freude vergessen wirnicht, dass immer noch drei ehemaligeMitglieder der RAF im Gefngnis sind.

    Freiheit auch frChristian, Eva, Birgit

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    auf 26 Jahre festgelegt. Damit soll er frhe-stens Anfang 2009 freigelassen werden.Derzeit prft das zustndige baden-wrt-tembergische Justizministerium Hafter-leichterungen fr ihn, wie z.B. Freigngeoder Urlaub. 2003 hat er ein Gnadengesuchbeim damaligen Bundesprsidenten Raugestellt.

    In dem besagten Artikel ist auch ein an-gebliches Foto von Christian verffentlicht,

    das aber nicht ihn, sondern Willy Peter Stollzeigt. Dieses RAF-Mitglied wurde 1978 vonder Polizei erschossen. Insgesamt kamen 26Militante ums Leben, davon 9 im Knast.

    Brigitte hat vor ber 2 Jahren einen An-trag auf Haftentlassung gestellt, einen an-deren, angeblich negativ entschiedenengibt es nicht. Statt unverzglich darber zuentscheiden, wurde im Sommer 2006 ersteinmal die Schwere der Schuld festge-stellt und zustzlich die Mindesthaftdauerwillkrlich auf 24 Jahre festgelegt. Dazukommen noch ein paar Monate verbterBeugehaft, obwohl die Beschwerde dage-

    gen bis heute nicht rechtskrftig beschie-den ist.

    Die Sddeutsche Zeitung(SZ) vom 11.1.bezeichnet Brigitte als Chefin der RAF, alsUnbeugsame, die sich nicht distanziert hat.Damals wie heute, immer bezeichnen dieHerrschenden die Strukturen der Guerillaals autoritr, obwohl sich die ehemaligenMitglieder aus der RAF immer gegenteiliggeuert haben. Die Berliner Zeitung vomselben Tag konstatiert bei ihr Ungebro-chenheit und vermisst fehlende Reueund rechtfertigt so die lange Haft. Der Kom-

    mentar der SZ befrwortet den Antrag, weiles keine Sicherheitsbedenken mehr gibt:Mit Sicherheit nicht. Sie wird eine Frem-de sein in der Welt, in die sie entlassen wird,ein Fossil aus vergangener Zeit, unschd-lich wie alle Fossilien. (...) 24 Jahre sind ei-ne sehr lange Zeit, wenn man in einer Zel-le sitzt.Vergegenwrtigen wir uns noch einmal

    die Isolationshaftbedingungen der Gefan-

    genen aus der RAF: sechs bis acht Jahre Iso-lation, danach modifizierte Sonderbehand-lung, das heit Isolation in Kleinstgruppen,verbunden mit strenger Zensur und Kon-trolle bis zum Tag ihrer Entlassung.

    Ich bin noch einmal so genau auf die SZeingegangen, weil zum einen eine be-stimmte politische Linie in diesem Konfliktaufgezeigt wird, zum anderen einige Linkewegen der Befrwortung der Freilassungvon Brigitte den Artikel okay fanden. An-dere Zeitungen wiesen auf das Alter der bei-den hin, sinngem, sie befinden sich imSptherbst ihres Lebens, deshalb sind sie

    ungefhrlich wie ein Fossil und drfen raus.Auch Christian wird mit Attributen ver-

    sehen wie Chef, Symbolfigur oder Hardli-ner. So die Berliner Zeitung oder Frank-furter Rundschau (FR) vom 12.1.

    In der FR vom 19.1. wendet sich Baden- Wrttembergs Justizminister Ulrich Goll(FDP) gegen eine rasche Begnadigung Chri-stians. Er meint, dass Christian frhestensam 3. Januar 2009 entlassen werden kann.

    Gegen seine rasche Begnadigung ausGolls Sicht u.a. spricht, dass Christan dannin Sondersendungen oder als Autor am

    spiel den Dialog per Mikrofon durch eineScheibe. Sicherheitsbeamte berwachendas. Dann gibt es Rume mit einer Spie-gelscheibe, hinter der die Sicherheitsbeam-ten sitzen, Tische und Sthle in dem Zim-mer sind festgeschraubt. Und dann gibt eskleine Besucherrume mit Fenster zum In-nenhof. Seit langem schon treffen wir unsin solchen Rumen und ohne Bewachung.

    Wie oft besuchen sie Christian Klar?Etwa viermal jhrlich. Nchste Tage wer-

    de ich ihn wieder besuchen. Zuletzt war ichEnde September da.

    Was hatten Sie da fr einen Eindruck vonChristian Klar?

    Er wirkte angespannt, sicher auch, weiler wei, dass das Gnadengesuch an denBundesprsidenten in die Entscheidungs-phase geht. Er nimmt sich emotional sehrzurck. ber seine sieben Jahre Isolations-haft klagt und spricht er nicht. Lange hatChristian Klar sich dem Anstaltsleben ver-weigert. Dann hat er angefangen, in derWscherei zu arbeiten, sich am Sport und

    am gemeinsamen Hofgang zu beteiligen. Erspielt auch in einer Basketball-Mannschaftder Anstalt mit. Er hat begonnen, sich aufein anderes Leben vorzubereiten und sichsogar das Rauchen abgewhnt. Er will ar-

    beitsfhig bleiben, teilnehmen, sich ein-bringen und mchte nach seiner Freilas-sung nicht von einer sozialen Einrichtungoder dem Staat ernhrt werden.

    Das wrde doch auch die Niederlage kom- plett machen, wenn Christian Klar sichnach einer Haftentlassung vom Staat, demverhassten, alimentieren lassen msste.

    Deshalb ist das Angebot des Berliner En-sembles, eine Ausbildung im bhnentech-nischen Bereich zu machen, ein groes

    Glck.Warum hat Christian Klar seine Verweige-rung aufgegeben und sich dem Leben zuge-wandt?

    Ich wei es nicht. Vielleicht hngt es mitder Selbstauflsung der RAF zusammen.Aber er wird sich verantwortungsvoll ver-halten. Auch der Gutachter soll ChristianKlar als wahrhaftig und verlsslich be-zeichnet haben.

    Htte es dieses Engagement, auch Ihrerseits,auch gegeben, wenn sich die RAF nicht auf-

    gelst htte?Die Frage stellt sich nicht fr uns. Wir ha-ben ja 1999 durch den Aufruf der BerlinerVolksbhne, unterzeichnet auch von meh-reren Intendanten auch der Hamburger

    Theater den Ansto bekommen, und daexistierte die RAF bereits nicht mehr.

    Wie denkt Christian Klar ber seine Zeit alsTerrorist? Sprechen Sie und er darber?

    Da ist Rcksicht angebracht, weil dieWnde in der Haftanstalt vielleicht dochnicht so dicht sind. Christian Klar musszurckhaltend sein. Wir reden nicht berEinzelheiten aus der damaligen Zeit. Erwei um unsere Position, dass wir aufgrundunserer Zugehrigkeit zur Arbeiter- und

    Gewerkschaftsbewegung ablehnen, was dieRAF damals gemacht hat. Und er akzeptiertdiese Haltung.

    Worber reden Sie dann?ber sein Befinden, meine Familie, die

    anderen im Arbeitskreis - ber alles, was,drauen geschieht. Weniger gefiltert alsdas, was er ber die Medien wahrnimmt.Ich habe aber anfangs nie gewagt, ihm ausdem Urlaub zu schreiben oder davon zu er-zhlen, weil ich dachte, das lst unerfll-bare Sehnschte aus. Falsche Rcksicht. Erfreut sich, wenn er hrt, was wir mit den

    Kindern am Strand gemacht haben und wieder Urlaub sonst war. Er mchte teilneh-men an dem, was andere erleben.

    Sind Sie Freunde?

    1977 wurde von einer breiten ffent-lichkeit die Todesstrafe fr RAF-Mitglie-der gefordert. Hier nur ein Beispiel:

    Die Welt, 29.9.77: Prof. Dr. Wilfried Lan-ge, Dsseldorf: Auch die Wiederein-

    fhrung der Todesstrafe... wre zu dis-kutieren ... bei Erpressungen wie in denFllen Lorenz und Schleyer. Niemandwird bestreiten, da die Todesstrafe hiereinen von der Vernunft bestimmtenZweck erfllt Auch scheidet ein exe-kutierter Verbrecher knftig als Attent-ter aus.Auch die gegenwrtige Debatte ist viel-

    fach von archaischer Rachsucht geprgt.

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    30. Jahrestag des heien Herbstes auf-treten knnte.

    Dieses Jahr wird anlsslich der Aktionender RAF gegen den GeneralbundesanwaltBuback, den Bankier Ponto und Schleyersowie anlsslich der toten Gefangenen inStammheim aus dem Jahre 1977 eine re-gelrechte mediale Offensive der Herrschen-den zelebriert werden. Filme und Bchervon Stefan Aust, Bernd Eichinger, Andreas

    Veiel, Gerd Koenen und Wolfgang Kraus-haar gibt es bzw. wird es geben, die das of-fizielle Bild der angeblichen Selbstmordeder Gefangenen in Stammheim und der au-toritren RAF weiter festschreiben. Nach ei-ner Freilassung knnten Christian und Bri-gitte ebenso wie auch ehemalige Gefange-ne dieser Legendenbildung entgegenzutre-ten.

    Christian hat sich in dem Interview mitGnter Gaus vom 12.12.2001 dafr ausge-sprochen, dass eine Gruppe wie die RAF,die dann irgendwann Geschichte gewordenist, aber durch Fehler und Anste Inspira-

    tion wird fr neue Aufbrche ich fhlmich verantwortlich, da nichts zuschttenoder zu denunzieren. Nicht nur fr die Bild(29.1.)., sondern fr den gesamten Medien-verbund gehren diese Ansichten auf denMllhaufen der Geschichte.

    Das Hamburger Abendblatt vom 2.2.fragt besorgt: Oder gibt es in unseren Landnoch immer Menschen, die ihr ,klamm-heimliches Verstndnis fr die Taten derRAF-Generation weiter kultivieren? Undzieht einen Bogen zur Gegenwart: VonAnschlgen auf Huser und Autos promi-

    nenter Wirtschaftsfhrer, wie wir in dieserTage erleben, bis zum Mord ist es nur einkleiner Schritt. Sachbeschdigung gegenden G8-Gipfel im Juni werden zu Anschl-gen aufgebauscht, um diese Gruppen mit129a-Ermittlungsverfahren durch die Ge-neralbundesanwaltschaft zu kriminalisie-ren und abzuschrecken. Es wird aber auchdie Angst der Herrschenden ersichtlich, diemit all ihrer Macht verhindern wollen, dass

    es zu einem authentischen Austausch berdie Unterschiede, aber auch die Gemein-samkeiten von damals und heute kommenknnte. Das ist ein weiterer Grund, warumdiese Gefangenen weiter weggesperrt wer-den! Die TAZ vom 22.1. verlangt deshalbvon den Gefangenen aus der RAF: Ent-schuldigt Euch! In seinem Kommentarfhrt Rath zynisch aus, dass ehemaligeRAFler ein Musterbeispiel fr gelungeneReintegration von Strafttern sind.

    Rath konstatiert bei Christian zwar hr-tere Haftbedingungen, als Isolationsfolterwill er das aber nicht bezeichnen. Er fhrt

    zwar weiter aus, wre er als normalerStraftter im Ausland so behandelt worden,htte man die entsprechenden Jahre dop-pelt oder dreifach angerechnet.

    Anderseits ist er weder besonders krank. Dazu meint eine Leserbriefschreiberinam 29.1.: Die ... in Anfhrungszeichen ge-setzte Isolationsfolter wird auch weie Fol-ter genannt, weil sie keine sichtbaren phy-sischen Spuren am Krper hinterlsst. Siedient der sensorischen Deprivation und so-zialen Isolation, die auf das Aushungern derSeh-, Hr-, Riech-, Geschmacks- und Tast-

    organe zielt; was zu lebensgefhrlichen Zu-stnden fhren kann. Selbst die UNO hatdie Isolationshaft als Folter gechtet Fol-gen sind z.B. Kopfschmerzen, Schwin-delanflle, Konzentrationsschwierigkeiten,Mdigkeit, Schlafstrungen, chronischerSchnupfen, Gedchtnisverlust ... Diese Son-derhaftbedingungen gehen an keinen derGefangenen spurlos vorbei. Dazu kommenLangzeitfolgen ... Und da behauptet ihr,

    dass Christian Kar nicht besonders krankist? Weiter meint Rath: Noch habe ersich expliziert von seinen RAF-Morden di-stanziert. Haben sich PolizistInnen vonihren Erschieungen distanziert?

    Haben die Fhrungsetagen der DresdnerBank oder von Daimler sich von ihrer Mit-arbeit fr den Nationalsozialismus ent-schuldigt? Oder von ihren Verstrickungenmit dem damaligen Apartheidsregime inSdafrika?

    Oder Schleyer von seiner Teilhabe an derNS-Arisierungspolitik in der besetzten CSRoder spter von den Aussperrungen strei-

    kender Arbeiter?Buback war fr die Sondergerichte und

    die verschrften Isolationshaftbedingun-gen gegen die Gefangenen aus der RAF ver-antwortlich, die 9 Inhaftierte nicht ber-lebten. Hat seine Behrde das jeweils be-dauert? Oder sind die Eliten und ihre Bt-tel fr all ihre Taten angemessen verurteiltworden? Die Bild verlangte laut Tagesspie-gel vom 1.2., dass Christian in ihrem Blatteinen Brief an die Schleyer-Witwe schrei-ben soll.

    Christian selber sagte dazu in einem Ge-

    Ja. Und gleichzeitig zgere ich, weil dieLage, in der er sich befindet, alles berdeckt.Wir tun so, als sen wir bei uns zuhauseam Tisch, aber wissen gleichzeitig, dass wiruns in einer uerst gut bewachten Ein-richtung der Bundesrepublik Deutschlandbefinden. Hinter Mauern. Diese Eindrckebestimmen auch einen Teil meines Alltags.Ich denke sehr viel an Christian Klar, be-sonders in schnen Momenten.

    Aber Sie bekommen kein schlechtes Gewis-

    sen, dass Sie etwas Schnes erleben undChristian Klar nicht dabei ist? Schlielichgibt es einen Grund dafr, dass er geradedieses Leben fhrt.

    Das ist richtig. Aber was man erlebt, gibtman weiter. 25 Jahre Haft davon kannman sich nicht mehr freimachen

    Hat Christian Klar genug gebt?Ich kann da kein Zeitma nennen. Ein-

    gesperrt zu sein ist fr mich etwas Unvor-stellbares, Ausgeschlossen sein von allem,was fr uns Leben ausmacht. Verlust anMenschsein, 25 Jahre nur Befehle ...

    Aber Christian Klar hat sich auch zumHerrn ber Leben und Tod gemacht.

    Ich meine etwas anderes: hier geht es umeine bewusst verhngte Strafe, und im

    Strafvollzugsgesetz steht sinngem, dassder Sinn aller Strafe die Rckfhrung in einLeben in Freiheit ist. Die Inhaftierung dientdem Schutz der Gesellschaft. Ist dieserSchutz im Falle von Klar gewhrleistet? Al-le Ausknfte in seinem Fall gehen in dieRichtung, dass fr die Gesellschaft keineGefahr mehr besteht.

    Was halten Sie von der Debatte, dass Chri-stian Klar Reue zeigen soll?

    Der Bundesprsident befasst sich mit dem

    Gnadengesuch. Dass in der ffentlichen De-batte jetzt mit dem Begriff der Reue ver-sucht wird, auf seine Entscheidung Einflusszu nehmen, finde ich unsglich. Gnade wirdgewhrt, ohne eine Schuld damit zu tilgen,ohne etwas ungeschehen zu machen.

    Seit Richard von Weizscker sind unter je-dem Bundesprsidenten RAF-Gefangenebegnadigt worden. Warum polarisiert jetztder Fall Christian Klar?

    Klar ist nach dem Mord an Hanns Mar-tin Schleyer zu einer negativen Symbolfi-gur worden. Auerdem zeigt die aufgereg-

    te Diskussion, dass die Gesellschaft mit demThema RAF noch nicht abgeschlossen hat.Viele Einzelheiten der damaligen Zeit sindja auch noch nicht bekannt.

    Die RAF-Terroristen knnten fr Auf-klrung sorgen.

    Mglich, dass eines Tages genau berich-tet wird, wer welche Tat begangen hat. Diekonkrete Aufarbeitung der Geschichte istnotwendig. Ich hoffe, dass langfristig dieDiskussion versachlicht und vermensch-licht wird. Das ist von gewerkschaftlicherSeite unser Anliegen. Um zu Christian Klarein Wort von Bertolt Brecht zu zitieren: ,Ertrgt Menschenantlitz wie wir.

    Welche Chancen rumen Sie dem Gnaden-gesuch ein?Ich bin dem Bundesprsidenten dankbar,

    dass er sich mit der Angelegenheit befasst.ffentliche Spekulationen verbieten sich ineinem solchen Zusammenhang.

    Wie werden Sie sich um Christian Klarkmmern, wenn er dann eines Tages dasGefngnis verlassen darf?

    Das hngt von seinen eigenen Wnschenab. Aber das knnen wir jetzt nicht mit ihmdiskutieren, weil damit Hoffnungen ge-weckt werden, die sich vielleicht nicht er-

    fllen. So weit Christian Klar es will und esnotwendig ist, werde ich fr ihn da sein.

    Interview: MARLIES FISCHER, MAIKERTTGER

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    sprch mit Gaus am 12.12.2001, das damalsim Fernsehen ausgestrahlt wurde: Im po-litischen Raum, vor dem Hintergrund un-seres Kampfes sind das keine Begriffe. ... Ichberlasse der anderen Seite ihre Gefhleund respektiere die Gefhle, aber ich ma-che es mir nicht zu eigenen. Das sitzt zu tiefdrin, dass gerade hier in den reichen Ln-dern zu viele Menschenleben nichts zhlen.Vor der Trauer msste sich vieles ndern.

    Belgrad wird bombardiert das bedeutetnichts. In vielen Lndern werden Verhlt-nisse hergestellt, wo ein Menschenlebennicht mal einen Namen hat.

    Rath fordert eine Entschuldigung imEinklang mit fast der gesamten BRD-Jour-naille und mit PolitikerInnen fast aller Par-teien. Wenn nicht, soll er noch weiterezwei Jahre im Knast brummen. Fast al-le schlieen sich der Argumentation des Ge-neralsstaatsanwalts Klaus Pflieger an, dersich in der FR vom 22.1. so uerte. Rathschreibt auch in anderen Zeitungen wie inder Hannoverischen Allgemeinen Zeitung.

    Der Schauspieler und GewerkschafterRolf Becker wurde wegen seines Engage-ments fr Christians Freilassung im Focusvom 5.2. angegriffen. Insgesamt werden inden Medien die Sonderhaftbedingungender Inhaftierten und ihre psychischen undphysischen Auswirkungen tabuisiert, undes herrschen weiter Rache, Vergeltung undSiegerjustiz vor.

    Reaktion der StaatsgewaltKurz erwhnt werden sollte auch, dass esimmer wieder Verfahren gegen Gefangeneund ehemalige Gefangene aus der RAF gibt,bis hin zu Androhung von Beugehaft. (Ge-fangenen Info 309) Weiterhin droht KnutFolkerts nach einer langen Haft von 18 Jah-ren eine Auslieferung nach den Niederlan-den. Auch werden noch mindestens sie-ben mutmaliche RAF-Mitglieder gesucht.(Welt an Sonntag 4.2.) In den Medienschlgt sich die Meinung der herrschendenKlasse nieder, so dass es sich eigentlich er-brigt, das noch gro zu ergnzen. Der Stutt-garter Generalsstaatsanwalt Klaus Pfliegerfordert: Wir mssen die Tter auf das re-duzieren, was sie sind, nmlich Verbrecher.

    Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete derLinkspartei meint dazu: Der Staatsanwaltstellt sich in unselige Tradition des ,Feind-strafrechts Damals wurden die Rechte derVerteidigung massiv beschnitten, die Ge-fangenen wurden in folterhnlicher Isola-tionshaft gehalten, es wurden Sonderge-setze wie der Paragraf 129a verabschiedet.Sie fhrt weiter aus: Dieses ,Feindstraf-recht wird heute weiter fortgefhrt: DieBundesregierung sieht gezielt weg, wenndie CIA-Gefangene kreuz und quer durchEuropa in Geheimnisgefngnisse ver-schleppt, BND und BKA reisen nach Guan-

    tanamo ... um von der Arbeit der dortigen,Verhrspezialisten zu profitieren. Die Wi-derstandsbekmpfung im Innern wird alsoimmer weiter ausgebaut und verschrft, umdie deutschen Kriegseinstze, es sind rund

    9000 Bundeswehrsoldaten derzeit auf demBalkan, in Afrika, im Nahen Osten und inZentralasien im Einsatz, abzusichern. Derzuknftige bayerische MinisterprsidentBeckstein meinte in der Welt vom 24.1.: DieRAF habe Deutschland an den Rand desAusnahmezustandes gebracht. Auch Bun-desjustizministerin Zypries uert sich imSpiegel 6/2007 hnlich: ... dass die Zeit derRAF eine einschneidende Phase fr die Ge-

    schichte der Bundesrepublik war, unter derman keinen Schlussstrich ziehen sollte.Damit gestehen beide unfreiwillig ein, wieverunsichert die herrschende Elite durch dieAktionen der Guerilla war, und rechtfertigtsomit die weitere Hrte gegen diese Gefan-genen.

    Selbst heute bemngeln HrerInnen beiffentlichen Debatten zu dieser Thematikim NDR Info vom 24.1., dass die politischeund selbstlose Motivation der RAF unterden Tisch fllt, und sie ziehen dabei nega-tive Vergleiche zu den egoistischen Mana-gern aus den Vorstandsetagen. Oder deren

    Kollege Schleyer wird nicht als Opfer gese-hen, sondern als ehemaliger Nazi. WalterHerzinger beunruhigt das in der Welt amSonntag vom 28.1., dass der Mythos derRAF als eine Vereinigung zwar irregeleite-ter, aber eigentlich wohlmeinender Ideali-sten bis in die liberale Mitte der Gesellschafthineinstrahlt.

    GeschichtsbewltigungUm diese Entwicklung zurckzudrngenund den Aufbruch von 1968 in die herr-schende Realitt zu integrieren, gibt ein68-Bashing, wie die Verlegerin HannaMittelstdt in der Jungen Welt zum Jahre-sende richtig feststellte. Das hat natrlichauch negative Auswirkungen auf die Ge-fangenen aus der RAF, denn diese kamenaus den weltweiten Aufbrchen der 60erJahre und agierten fr eine klassenlose undbefreite Gesellschaft. Politisch und mi-litrisch bekmpften sie damals unter an-derem die starke US-und NATO-Militrpr-senz hier in der BRD und griffen fhrendePersnlichkeiten aus Politik und Wirtschaft

    des wieder erstarkten Deutschlands an.Federfhrend bei dieser Kampagne ist das

    Institut fr Sozialforschung aus Hamburgmit seinem Leiter Jan-Philipp Reemtsmaund Wolfgang Kraushaar, beides ehemali-ge Linke, und der heutige Spiegelchefre-dakteur Stefan Aust. Gnade fr die Gna-denlosen? titelte diese Blatt in seiner Aus-gabe vom 5.2. Fr seine Denunziationenist Aust vom Staat mit Auszeichnungen be-

    lohnt worden. Als geluterter Alt-68er will besondersKrausshaar heute den Interpreten der Be-wegung spielen. Dass konnte teilweise auchgelingen, weil Teile der Akten der linkenBewegung an das Reemtsma-Institut ge-gangen sind, und Kraushaar Hilfspolizei-forschung, so der Verleger Lutz Schulen-burg, betreibt. Seine Recherchen beste-hen im Wesentlichen aus Akten des Staats-schutzes und er setzt dessen Vorgaben um.

    Die (radikale) Linke.Die Linke hlt sich in dieser Debatte bisher

    zurck. Das hat bestimmt viel damit zu tun,dass sie sich in einer Defensive befindetund, statt eigene politische Vorstellungenzu entwickeln, sich teilweise immer mehrden herrschenden Werten anpasst.

    Deutlich wurde das an den Reaktionen ander Kritik des Jelinek-Stcks Ulrike MariaStuart, das im Gefangenen Info 319 undauf den deutschsprachigen Seiten von In-dymedia verffentlicht wurde. In dieserAuffhrung arbeiten sowohl der RegisseurStemann als auch Jelinek intensiv an derDekonstruktion der Legende RAF. (TAZ-Nord, 27.10.2006). Einige LeserInnen vonIndymedia entgegnen der Kritik an diesemMachwerk, indem sie auf Kraushaar ver-weisen. Dieses unsolidarische Verhalten istkeine Ausnahme, denn in der neusten Aus-gabe der Radikal findet sich so was auchgegenber der RAF wieder. Dort wird dasTrennende herausgestellt, anstatt bei allerUnterschiedlichkeit und Kritik das Gemein-same zu betonen, dass z.B. die restlichenGefangenen immer noch eingeknastet sindund endlich raus kommen mssen!

    Stammheim

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    Zurck zu Indymedia. Dort schreibt eineLeserin: Bezieht sich die Kritik nicht aufdas Stck, sondern auf die Darstellung derRAF. Diese Trennung finde ich falsch, dennForm und Inhalt gehren zusammen unddiese Bhne wird staatlich subventioniertund kontrolliert. Es gab vor allem vor ber30 Jahren oft staatliche und publizistischeInterventionen gegen progressive Stcke,die bis hin zur Zensur und Absetzung reich-

    ten. Erinnert werden soll hier an UlrikeMeinhofs Film Bambule, der ber 20 Jahrenicht im Fernsehen gezeigt werden durfte.Aber es gab auch zustimmende Kritik bei

    Indy: Das Stck war eine Katastrophe!Hier offenbaren sich die tiefen Abgrndebrgerlicher Kunst! und dass sich ber-haupt jemand aus diesem historischen Zu-sammenhang der alten RAF wieder zu Wortmeldet hat.

    Was tun?Es gibt von verschiedenen Seiten endlichdas Bedrfnis, sich zu der Freilassung der

    restlichen Gefangenen aus der RAF zu ver-halten und der ganzen brgerlichen Pro-paganda zum dreiigsten Jahrestag des 18.Oktober, dem Tag, als die 3 Gefangenen ausder RAF, Andreas Baader, Gudrun Ensslinund Jan-Carl Raspe starben, etwas entge-genzusetzen. Die Ereignisse um den 18. Ok-tober 1977 sind bis heute nicht aufgeklrt.Fr den Staat war es Selbstmord, wer aberdas Gegenteil vertritt, hat mit strafrechtli-chen Konsequenzen zu rechnen. Um demzu entgegnen, sollte vom Staat gefordertwerden, dass er seine Geheimschrnke mitseinen Abhrprotokollen ffnet, um end-lich Transparenz ber die Stammheimer To-desnacht zu erhalten.

    Wie viel sind hinter Gittern, die wirdrauen brauchen, sangen damals TonSteine Scherben. Was damals galt, hat heu-te auch noch seine Berechtigung. Aus wel-chen Grnden die Freiheit der letzten vierGefangenen aus der RAF gefordert wird, istda sekundr: ob nun humanistisch oder po-litisch.Weiterhin knnten im Rahmen des 18.

    Mrz, dem Tag fr die Freiheit der politi-schen Gefangenen, die ersten Diskussionen

    und Aktionen beginnen, um etwa durch ei-ne Demonstration zum 18. Oktober nachStuttgart, dem Knast dort oder dem zu-stndigen Justizministerium, zu initiieren,um dem offiziellen Medienspektakel zumDeutschen Herbst was entgegenzusetzen.

    Hier ist die Folter weiter erforscht wor-den, wie am Universittskrankenhaus Ep-pendorf in Hamburg Anfang der siebzigerJahre, exekutiert und in viele Lndern ex-portiert worden. Die restlichen Gefangenenaus der Guerilla mssen ohne Wenn undAber jetzt raus!

    Es muss immer wieder betont werden:

    Schlielich ist die Welt geschichtlich reifdafr, dass die zuknftigen Neugeborenenin ein Leben treten knnen, das die volleFrderung aller ihrer menschlichen Po-tentiale bereithalten kann und die Ge-

    spenster der Entfremdungvon des Menschen gesell-schaftlicher Bestimmungvertrieben sind.(Christian Klar)

    Literaturhinweise:Pieter Bakker Schut: Stamm-

    heim. Neuer Malik VerlagIrmgard Mller: RAF - das

    war fr mich Befreiung!Gudrun Ensslin: Zieht denTrennungsstrich jede Mi-nute

    Beides erschienen im Kon-kret Literatur Verlag

    Wolfgang, Redakteur beim Ge-fangenen InfoDieses Text haben wir der RH-Sonderaus-gabe zum 18. Mrz entnommen.

    RAF-Gefangene

    Zur mglichenFreilassung von Klarund MohnhauptIn den letzten Tagen und Wochen ber-schlagen sich die Zeitungsberichte, aberauch Funk und Fernsehen in der Berichter-stattung ber eine mgliche Freilassungvon Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar(RAF), beide in Haft seit 1982, mithin fast25 Jahre.

    Die Kommentatoren in taz, FrankfurterRundschau, Sddeutsche Zeitung, jungeWelt stehen einer Entlassung durchweg po-sitiv gegenber, befrworten eine Gna-denentscheidung fr Christian Klar sowieeinen Bewhrungsbeschluss des OLG Stutt-gart fr Brigitte Mohnhaupt (letzterer ist ingreifbarer Nhe, da am 22. Januar 2007 dieGeneralbundesanwaltschaft hchstselbsteine Entlassung von Frau Mohnhaupt be-antragte).

    Etwas skurril mutet jedoch der tazKom-mentar auf Seite 1 vom 22.1.2007 an, wodie RAF-Gefangenen ultimativ aufgefor-dert wurden, sich zu entschuldigen. Als Le-ser fragt man sich: Wofr? Fr ihrenKampf? Fr die Wahl ihrer Mittel? Fr dieToten?

    Es ist nicht bekannt, dass sich je einStaatsdiener fr all die Toten die im Rah-men der Polizeifahndungsaktionen in den70ern, 80ern und 90ern gettet wurden,entschuldigt htte, ganz zu schweigen da-von sa keiner dieser Todesschtzen jemalsin Haft.

    Die hier von einer sich selbst als politischlinks einordnenden Tageszeitung verlang-te Unterwerfungsgeste wre, selbst wennsie erfolgte, wenig sinnvoll.

    ber Christian Klar berichtete der SWR-

    Rechtsexperte Michael Reissenberger in ei-nem Interview (23.01.2007), er Klar - ha-be intern Reue gezeigt und seine Tatenbedauert.

    Ob dies nun zutrifft oder nicht, mag da-hinstehen, denn es hindert die Witwe

    Schleyers [nicht], sich unter eifriger Zuhil-fenahme des Intellektuellenblattes BILDdie Verwahrung des Mrder meines Man-nes bis zum Tod zu fordern. Und auch einPolitiker aus der Provinz (bad.wrtt. Ju-stizminister GOLL, FDP) fordert via Frank-furter Rundschau vom 19.01.2007, manmge Klar nicht vor 2009 entlassen, da esschwer ertrglich sei wrde dieser zum 30.Jahrestag des heien Herbstes als Redneroder im Fernsehen auftreten.

    So erfreulich eine baldige Freilassung derbeiden auch ist, und viele der Tausende Mit-gefangenen in Deutschland werden sich mitihm freuen, kommt bei einigen Gefangenen(wenig berraschend) ein Neidgefhl auf: Warum die und nicht auch ich?

    Die Entlassung von zwei der letzten vierinhaftierten RAFGefangenen sollte mei-ner Ansicht nach, gerade im politisch lin-ken Spektrum, nicht dazu fhren das Akti-onsfeld Knast aus dem Blick zu verlieren.Immer noch sitzen ber 80.000 Menschenalleine in Deutschland hinter Gittern! Undviele der Lebenslnglichen (ber 2000)(also jener Inhaftierten mit LebenslangerFreiheitsstrafe), aber auch der anderen Ge-

    fangenen haben keine sozialen Kontakte,geschweige denn politische Frsprecherwie ExInnenminister Baum und Ex-Auen/Justizminister Kinkel, die in Rich-tung Klar und Mohnhaupt davon sprachen,24 Jahre Haft seien genug der Shne.

    Eine Anti-Knastbewegung ist heute, an-gesichts der militrischen und polizeilichenAufrstung in den westlichen Staaten des-halb geradezu lebensnotwendig. Nicht nurfr jene, die schon aktuell in Haft sitzen,sondern auch gerade fr jene, die in denkommenden Kmpfen das Unglck habenwerden, hinter Gittern zu landen.

    Freiheit - jetzt !Thomas Meyer Falk, c/o JVA Z. 3117,Schnbornstrasse 32, 76646 Bruchsalhttp://www.freedom-for-thomas.de

    Besonders gesicherter Haftraum in der JVA Bren

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #321

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    Wir haben gewonnen

    Erdogan ist freiEr wurde am 30.1.07 um 14:00 entlassen.Ein langer, gemeinsamer Kampf hat zu die-sem Sieg gefhrt!

    Hartnckig und kollektiv, drinnen wirdrauen, haben wir den Druck auf der Stras-

    se erhht, bis wir unser Ziel erreicht haben! Vergessen wir beim Feiern und Sich-Freuen nicht, dass Marco Camenisch immernoch im Hungerstreik ist, den er gemein-sam mit Erdogan gegen das WEF, Nato undden G8 fhrt. Wir auf der Strae - sie imKnast: Drinnen und Drauen ein Kampf -und der geht weiter! Weitere Infos wie Er-klrungen folgen in den nchsten Tagen.

    Danke an alle!an alle, die ein Jahr lang gekmpft haben,an alle, die mit uns auf der Strasse waren,an alle, die vor den Knsten standen,an alle, die ihre Unterschrift abgegeben ha-

    ben,an alle, die Direkte Aktionen gemacht haben,an alle, die sich am Internationalen Aktions-

    tag beteiligt haben,an alle, die gespendet haben,an alle, die ihren Beitrag geleistet haben und

    sei es nur mit einem Schriftzug an einerWand.

    Der heutige Entscheid ist nicht ein Geschenkdes Staates, sonder die Folge unseres Kamp-fes. Das war unser aller Kampf und wir ha-ben ihn gewonnen.

    Der Kampf geht jetzt weiter, fr Marco undfr alle anderen ...

    MedienmitteilungHeute, Dienstag, den 30.01.2007, um 14:00Uhr ist Erdogan Elmas aus der Ausliefe-rungshaft in Frauenfeld entlassen worden.

    Das Bundesgericht hat dem Rekurs von Er-dogans Anwalt Marcel Bosonnet stattgege-ben. Erdogan wurde am 21.2.2006 in Biel-Benken verhaftet. Der Grund war ein Auslie-ferungsgesuch der Trkei. In der fast ein-

    jhrigen Haftzeit wurde er ganze fnf Mal verlegt. Von Arlesheim ber Liestal, Bern,Thun, Moutier nach Frauenfeld.

    Erdogans Freilassung ist ein hart erkmpf-ter Sieg und keinesfalls ein Geschenk desschweizerischen Staates. Den Kampf habenwir Drinnen und Drauen gefhrt. Erdoganhat sich aktiv mit diversen Hungerstreiks ge-gen seine Auslieferung gewehrt. Untersttztwurde er dabei vom noch immer inhaftiertenMarco Camenisch, der sich solidarisch an denStreiks beteiligte. Dies und die UntersttzungUnzhliger, die an Aktionen auf der Strasseund mit ihren Unterschriften den Widerstandgetragen haben, ermglichten diesen Etap-pensieg. Es ist ein Etappensieg, weil die Zu-stnde gegen die wir im Zuge dieser Kampa-

    gne gekmpft haben weiterbestehen. Die re-pressive Migrationspolitik welche berhaupterst die Voraussetzung geschaffen hat, Erdo-gan ein Jahr lang unschuldig einzusperrenund zu isolieren, haben wir noch nicht ber-

    wunden. Genauso dauert die Zusammenar-beit Schweiz/Trkei und die Repressionswel-le in der Trkei an. Im Fall von mindestenseinem weiteren von der Auslieferung be-drohten Kurden wissen wir, dass das Auslie-ferungsgesuch gutgeheien wurde.Der Kampf geht weiter, Drinnen undDrauen !Freiheit fr Marco Camenisch und alle po-litischen Gefangenen !

    Brief von Erdogan nach seinerFreilassung:Liebe Freunde ,

    Ich bin am Dienstag, 30.1.07, aus demFrauenfelder Knast entlassen worden.

    Diese Entscheidung kam sehr unerwartet.Es ist schn, wieder mit euch zusammen zusein. Eigentlich gibt es viel ber diese Ge-schichte zu sagen. 11 Monate in Isolationsind fr mich hart und schwierig gewesen,aber eure Solidaritt hat mir die ntige Kraft

    und den Mut gegeben, um weiter zu kmp-fen.

    Jetzt bin ich endlich frei und kann wie-der zusammen mit euch auf der Strassekmpfen. Jetzt kann ich mit euch Lieder derFreiheit singen. Im Knast habe ich lange aufdiesen Moment gewartet. Endlich bin ichwieder bei euch. Das war unser Kampf, wirhaben gekmpft und gewonnen.

    Doch der Kampf geht jetzt weiter.Die letzten Tagen waren fr mich sehr

    schwierig. Ich versuche mich an die Frei-heit zu gewhnen. Einen Teil von mir ha-be ich im Knast gelassen. Ich wei, vieleLeute erwarten eine Erklrung von mir.Doch in dieser Zeit fllt es mir leider sehrschwer, Live-Interviews zu machen.

    Ich mchte aber noch mal betonen: Mei-ne Freilassung war nicht ein Geschenk vomSchweizer Staat, sondern der Erfolg vonunserem Kampf.

    Der Kampf geht jetzt weiter. Noch sindviele GenossInnen von der Auslieferung be-droht. Unser Genosse Marco Camenisch istimmer noch im Hungerstreik. Er ist immernoch im Knast.Wir mssen weiter kmpfen, fr die Frei-

    heit unserer GenossInnen und gegen die ka-pitalistische Zerstrung.Liebe Leute, die ihr mit mir gekmpft

    habt, wir werden uns sicher wieder auf derStrasse sehen, umarmen und weiter gegendie Ungerechtigkeit kmpfen. Ich dankevon Herzen allen, die mich nicht alleine ge-lassen haben. Ohne euch wre ich jetzt nichthier. Ich verdanke euch meine Freiheit! Mitkmpferischem Vertrauen gre ich euch.

    Der Kampf geht weiter, drinnen unddrauen!Freiheit fr Marco Camenisch!Freiheit fr alle revolutionren Gefange-

    nen!Gegen Staat und Kapital fr die sozialeRevolution!Kmpferische GrsseErdogan E.

    SolidarittshungerstreikErklrung vom 16.1.Drinnen mit drinnen, drinnen mit drauen, so-zialrevolutionre Solidaritt auch im Kampfgegen das WEF in Davos, dem NATO- Gipfel inMnchen und dem G8 in Heiligendamm!

    Freiheit und Bleiberecht fr Erdogan, Frei-heit und Asyl fr alle Verfolgten! Freiheit fralle!

    Seite an Seite mit Erdogan, Seite an Seite mitallen, die drinnen und drauen kmpfen, undetwas damit anfangen knnen, nehme ich zumAnfang des WEF 07 und gegen das WEF undalle Bonzentreffen berhaupt, am 24/1/07 biszum 13/2/07 den Hungerstreik wieder auf, undzwar als solidarische, revolutionre und inter-

    nationalistische Initiative, im Kampf fr eineneue Welt ohne Kriege und Zerstrungen, oh-ne Herrschaft und Knste, ohne Unterdr-ckung, ohne Elend und ohne Ausbeutung we-der des Menschen noch der Erde!

    Solidaritt mit Glcan Grolu, Behi As-ci, und Sevgi Saymaz im trkischen Staat undIaki de Juana in spanischen Staat, sie sind amussersten in unserem gemeinsamen interna-tionalen Kampf, drinnen mit drinnen, drinnenmit drauen, gegen Kontrolle, Knast, Folter,Isolation und Terror der mrderischen Repres-sion, die ein Ausdruck des globalen imperiali-stischen Krieges ist!

    Fr diese neue notwendige Welt, fr die Frei-heit, fr echte und schne Leben in Einklangmit Mutter Erde, ()Marco Camenisch, Knast Regensdorf,Erdogan E., Knast von Frauenfeld

    Bart de Geeter ist frei!

    Bart wurde am 9. Januar 2007 aus derJVA Remscheid von einer Stunde zuranderen freigelassen! Er konnte seineEltern anrufen und hat dann 2 Stundenvor dem Knast auf sie gewartet.

    Der zustndige Richter hat der Ent-lassung auf zwei Drittel nicht wider-

    sprochen und der Staatsanwalt hat kei-ne weiteren Rechtsmittel eingelegt. Re-gulr wre Bart allerdings schon am28.Oktober freigekommen, doch hatsich das durch monatelange Hin undHer, Gutachten und Anhrungen ver-zgert.

    Bart war nach den Vorfllen am28.6.2004 in Aachen festgenommen,bei denen auch Gabriel Pombo da Sil-va, Begona Pomba da Silva und JoseDelgado festgenommen wurden. Erwurde zu einer Haftstrafe von 3 Jahrenund 5 Monaten verurteilt

    Jose muss aber weiterhin seine 15Jahre in Rheinbach abbrummen undGabriel seine 14 Jahre in Aachen. Zu-stzlich droht ihn die Auslieferung nachSpanien.Weitere Infos unter:www.escapeintrorebellion.info

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #321

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    Dursun Gner ist frei!Nach acht ein halb Monaten ist der in derSchweiz als Flchtling anerkannte Dur-sun Gner heute (Montag, 12. Februar2007) Vormittag aus der Auslieferungs-haft im deutschen Lrrach entlassen wor-den. Das Oberlandesgericht (OLG) Karls-ruhe hat die Auslieferung fr nicht zuls-sig erklrt. Die Trkei hatte Gner die Be-

    teiligung an drei Morden in den Jahren1979/80 vorgeworfen. Das OLG hlt da-zu fest, dass eine der Straftaten definitivverjhrt ist. Hinsichtlich der beiden an-deren Vorwrfe sieht das Gericht erstenskeine objektiven Belege fr eine Tatbe-teiligung und konstatiert zweitens, dassdie belastenden Zeugenaussagen alle-samt widersprchlich sind. Das Gerichthat damit den trkischen Polizei- und Ju-stizbehrden eine unmissverstndlicheAbsage erteilt!

    Das Solidarittskomitee Dursun Gnererinnert daran, dass das schweizerische

    Bundesamt fr Justiz mitverantwortlichfr die lange Auslieferungshaft dieses inder Schweiz anerkannten trkischenFlchtlings ist. Das Bundesamt hat es wiein anderen Fllen zuvor (Naci ztrk imJahre 2000, Hsseyin Sevin im Jahre2003) unterlassen, Gner vor dem beste-henden internationalen Haftbefehl derTrkei zu warnen. Nach dem krzlich er-gangenen Bundesgerichtsurteil (BGE2A.212/2006 v. 9.10.2006) gibt es fr dasAmt keine Ausrede mehr: Die Schweiz istverpflichtet ihre Flchtlinge vor der Aus-lieferung in Folterstaaten zu schtzen.Das erfordert eine konkrete Warnung voreiner konkreten Gefahr und nicht nur ei-nen allgemein gehaltenen Hinweis.

    Berlin: Interview mit Anwalt vonMatti

    Keine einzige Unter-suchung hat irgend-

    etwas Belastendes zuTage gefrdertDaniel Wlky ist Rechtsanwalt aus Berlinund vertritt Matti in seinem Verfahren. HerrWlky hat regelmigen Kontakt zu Mattiund ist einer der wenigen, den er berhauptsehen kann.In dem Interview knnen bisher offene Fra-gen geklrt werden, es gibt eine aktuellenStand zu der Situation von Matti und zeigteinmal mehr, warum Matti zu Unrecht im

    Knast sitzt. Die Soligruppe sprach mit ihm.

    Herr Wlky, Sie gehren zu den Verteidi-gern des Berliner Antifaschisten Matti. Waswird ihm konkret vorgeworfen?

    Matti wird vorgeworfen, zusammen mitzwei unbekannten Personen, an einer kr-perlichen Auseinandersetzung mit zwei be-kannten Berliner Neonazis P. und Z. betei-ligt gewesen zu sein. Dieses soll sich amAbend des 29.11.2006 am Bahnhof Lich-tenberg ereignet haben. Dabei soll Z. einenSchlag mit einem Gegenstand auf den Kopferhalten haben. Z. erlitt eine oberflchlichePlatzwunde und P. Bindehautreizungen

    durch versprhtes CS-Gas.P. und Z. wurden dann im Krankenhaus

    behandelt. Wegen des Verdachts auf Gehir-nerschtterung blieb Z. dort ber Nacht.

    Staatsanwaltschaft und Polizei stufen dieTat als versuchter Totschlag in Tateinheitmit gefhrlicher Krperverletzung ein.

    Wann wird etwas denn als versuchter Tot-schlag und wann als gefhrliche Krper-verletzung eingestuft?

    Die Unterscheidung erfolgt ber den Vor-satz. Die Frage lautet also: Wollte der Tterdie Person tten oder nur verletzen. Da die-ses ein innerpsychischer Vorgang ist, dernicht sicher feststellbar ist, wird die Fragedes Vorsatzes meist anhand von Indizienbestimmt. Bei solchen Auseinandersetzun-gen wird regelmig nur eine Krper-verletzung angenommen, da es den Betei-ligten ja gerade darauf ankommt, dem An-gegriffenen einen Denkzettel zu erteilen,

    ihn also gerade nicht zu tten. Im brigenentspricht es nicht der antifaschistischenPraxis, politische Gegner tten zu wollen Es drngt sich der Eindruck auf, dass dieStaatsanwaltschaft den angeblichen T-tungsvorsatz als Druckmittel benutzt, umeinerseits die sehr heftigen Ermittlungen(Telefonberwachungen, Observationen,Hausdurchsuchung etc.) und insbesonderedie Untersuchungshaft zu legitimieren.

    Wie lange sitzt Matti jetzt bereits in Unter-suchungshaft?

    Er wurde am 12.12.2006 festgenommen

    und sitzt daher nun bereits seit zwei Mo-naten in der JVA Moabit ein.

    Wieso wurde Matti denn in Untersu-chungshaft genommen?

    Fr die Verhngung von Untersuchungs-haft muss ein dringender Tatverdacht be-stehen und es mssen sog. Haftgrnde vor-liegen. Fr die Untersuchungshaft wurdeursprnglich Flucht- und Verdunklungsge-fahr angenommen, ohne diese jedoch nherzu begrnden.

    Es ist meinem Klner Kollegen und mirmittlerweile gelungen, die angebliche Ver-dunklungsgefahr aus der Welt zu schaffen.

    Allerdings nimmt das Amtsgericht weitereine Fluchtgefahr vor dem Hintergrund derTatschwere an. Auch hierwird deutlich, wie wichtigder Tatvorwurf eines T-tungsdeliktes fr die Er-mittlungsbehrden ist, umberhaupt eine Haft zubegrnden.

    Sie sagten, es muss auchdringender Tatverdacht be-stehen. Wie kommen2 Po-lizei und Staatsanwalt-

    schaft denn auf Matti?Sie kommen auf ihn, weil

    Z. und P. ihn erkannt ha-ben wollen ...

    Aber in der Polizeipresse-meldung direkt nach der Tat

    hie es doch, Z. und P. seien von drei Ver-mummten berfallen worden.

    Ja, das ist richtig. Sie wollen ihn aber trotzder Vermummung erkannt haben. Manmuss dazu aber auch sagen, dass P. der Po-lizei noch in der Tatnacht ein Foto von Mat-ti vorlegte.

    Gibt es denn sonst noch etwas, was gegenMatti spricht?

    Nein. Bis auf die Aussagen von P. und Z.gibt es absolut nichts.

    Aber die Berliner Polizei hat doch mit Hoch-druck ermittelt?

    Das ist richtig. Matti wurde observiert,sein Telefon abgehrt, Verbindungsdatenwurden erhoben. Bei der Durchsuchung sei-ner Wohnung wurden Unmengen von Klei-dungsstcken und eventuellen Schlag-

    werkzeugen beschlagnahmt, die kriminal-technisch untersucht wurden. Keine einzi-ge Untersuchung hat irgendetwas Bela-stendes zu Tage gefrdert! Auer den Aus-sagen von zwei stadtbekannten BerlinerNeonazis gibt es nichts.

    Ist denn klar, wann Anklage erhoben wer-den soll?

    Nein, das steht noch nicht fest. Wir ge-hen allerdings davon aus, dass die Ermitt-lungen so gut wie abgeschlossen sind undmit einer Anklageerhebung bald zu rech-nen ist.

    Mehr Infos zu dem Fall Matti unter:http://[email protected]://www.freiheitfuermatti.com

    Solidaritt mit Matti: Knastkundgebung am 4.2.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #321

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    Neues zum Magdebur-ger 129a-VerfahrenUrteil hat trotz Kritik von Bundesgerichts-hof Bestand BGH wirft Gericht im Mag-deburger 129-a-Verfahren Verschleppungvor. Neue Kriminalisierungswelle be-frchtet. Ein Gesprch mit Silke Bredov

    Interview: Markus BernhardtSilke Bredov ist Sprecherin der SoligruppeMagdeburg, die das 129a-Verfahren (Bil-dung einer terroristischen Vereinigung) ge-gen drei Antifaschisten politisch begleitete

    Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin derLinksfraktion.PDS im Bundestag, hat krz-lich darauf hingewiesen, dass im Jahr 2005insgesamt 53 Ermittlungsverfahren wegendes Verdachts auf terroristische Akti-vitten eingeleitet worden seien. Unter den

    fnf nach Paragraph 129a, also wegen

    Bildung einer terroristischen Vereini-gung, Verurteilten war der Magdeburger

    Antifaschist Daniel Winter. Der Bundesge-richtshof (BGH) hat nun seine Entscheidungim zweiten Revisionsverfahren bekannt ge-geben. Was wurde entschieden?

    Der BGH hat die Prozessfhrung zwardeutlich kritisiert, aber das Urteil hat in-haltlichen Bestand. Es bleibt also bei demStrafma von zwei Jahren. Wir haben esdas erste Mal in der juristischen Ge-schichtsschreibung der Bundesrepublik miteiner Einzelverurteilung nach Paragraph129a des Strafgesetzbuchs zu tun. Winterwurde wegen angeblich begangener Bran-danschlge nach 129a verurteilt, obwohlder Straftatbestand der Bildung einer ter-roristischen Vereinigung normalerweiseerst ab drei Personen angewendet werdenkann. Dieses Urteil ermglicht es den Straf- verfolgungsbehrden, der Bundesanwalt-schaft und dem Bundeskriminalamt, Ein-zelpersonen mit der Terrorismuskeule denProzess zu machen, ohne einen organisier-ten Gruppenzusammenhang nachweisenzu mssen. Das kann dann je nach politi-schem Willen jeden treffen, vom Men-

    schenrechtsaktivisten bis hin zum auf dieBarrikaden gehenden ALG-II- Bezieher.

    Was hat der BGH konkret beanstandet?In der zweiten Revisionsverhandlung kri-

    tisierte der dritte Strafsenat des Bundesge-richtshofes, dass das Urteil des Oberlandes-gerichtes (OLG) Naumburg die persnlicheEntwicklung von Winter seit seiner Haft-verschonung 2003 bis zur Verkndung desUrteils nicht bercksichtigte. Auerdembte der BGH Kritik an der Prozessfhrungdes Gerichtes und sah eine eindeutige Pro-zessverschleppung fr gegeben an.

    Der Bundesgerichtshof hat die Prozes-sfhrung des OLG Naumburg also fr nichtrechtsstaatlich erklrt?

    Der BGH ging sogar noch einen Schritt

    weiter und sprach von eindeutigen Ver-sten gegen die Menschenrechtskonventi-on. Er bezog sich dabei auf die Dauer der

    Verhandlungen, die regelmig nur etwasechs oder zehn Minuten betrug. Das OLGwollte damit die damals verhngte Beuge-haft wegen Aussageverweigerung gegen dieebenfalls angeklagten Marco H. und CarstenS. in die Lnge ziehen. Beide wurden im Ge-gensatz zu Winter nicht nach Paragraph

    129a verurteilt. Offenbar wollte man ihnennach einem Jahr Untersuchung und einerVerurteilung von Marco H. zu zweieinhalbJahren und einem Freispruch von Carsten S.zustzliche Haftzeiten aufdrcken.

    Wie geht es mit diesem Verfahren nun wei-ter?

    Es wird zu einer erneuten Verhandlungkommen, in der geprft werden muss, obdie noch ausstehende Reststrafe Wintersunter Bercksichtigung der persnlichenEntwicklung nicht zur Bewhrung ausge-setzt werden kann.

    Der Paragraph 129a wurde in den vergan-genen Jahren oft genutzt, um die aberwit-zigsten Verfahren gegen Linke zu erffnen.

    Neonazis wurden trotz Wehrsportbungen,Waffenfunden und Anschlgen nur ein ein-ziges Mal nach Paragraph 129 behelligt.Wie erklren Sie sich das?

    Das hat natrlich etwas mit staatlicherHerrschaftssicherung zu tun. Betrachtetman den V-Leute-Skandal im Zusammen-hang mit dem NPD-Verbotsverfahren, wirddas sehr schnell klar. Angestellte des Ver-fassungsschutzes haben im Endeffekt dieHetzprogramme der NPD mitformuliert undgestalteten die Politik der Neonazis anfhrender Stelle. Daran drfte sich auch ak-tuell nichts gendert haben.

    Msste sich die politische Linke angesichtsdieser Entwicklung nicht wieder strker mitdem Thema 129a beschftigen?

    Das ist richtig. In den meisten politischenZusammenhngen wird nicht vorsichtiggenug agiert. Gerade in Vorbereitung derProteste gegen den G-8-Gipfel sollte sichvermehrt mit dem Thema Repression aus-

    einandergesetzt werden.

    Jugendlicher sa 4 Monate inUntersuchungshaftDass die SchlerInnendemo gegen Bildungs-abbau am 13.9.06 fr den Berliner Senat nichtangenehm war, zeigte sich noch am gleichenTag - die Demonstration wurde vor dem Ro-ten Rathaus wegen ihres angeblich unpoli-tischen Charakters aufgelst.

    In der abstrmenden Menge von mehre-

    ren Tausend Leuten fhlte sich eine Grup-penstreife der 23. Ehu an der Weiterfahrtbehindert. Die Beamten verlieen das Fahr-zeug und machten sich mit Tonfas und Pfef-fer ber die SchlerInnen her. Vier Ju-

    gendliche erhielten wegen dieser Sache ei-nen Haftbefehl, bei drei mit Haftverscho-nung, einer war bis Prozessbeginn am30.1.07 in Untersuchungshaft. Den Ju-gendlichen wird Landfriedensbruch etc.vorgeworfen.

    Das Verfahren wurde bis zum 20. Mrzausgesetzt weil anscheinend von der Polizeiein entlastendes Video zurckgehalten wird.Bedrckend an diesem Verfahren ist nicht

    nur die knallharte Repression auf eine harm-lose Konfrontation, sondern auch derschwache Umgang von unserer Seite damit.Die Veranstalter des Schulstreiks kmmer-ten sich nicht um die Verhafteten, der EAwar fr Betroffene anscheinend auch imNachhinein nicht erreichbar, von den An-wlten im Prozess sind zwei Totalausflle.

    Fr Leute, die in Berlin fr unpolitischeSachen verfolgt werden, z.B. in Hundertenvon 1. Mai-Verfahren, gibt es kaum Soli-daritt

    Massive Repressions-welle in MnchenKriminalisierung der Anti-SiKo- und Anti-G8-Aktionen: mindestens neun Bros undPrivatwohnungen durchsucht, sechs Leutevorlufig festgenommen.

    Am Mittwoch, den 17. Januar 2007, gingdas Staatsschutzdezernat der MnchnerPolizei massiv gegen AntimilitaristInnenund AntikapitalistInnen sowie gegen dieunabhngige Presse vor. Von 13 Uhr bis indie Nacht dauerte die Durchsuchungsakti-on, die unter dem Vorwand des Aufrufs zuStraftaten in Zusammenhang mit Prote-stankndigungen zur Sicherheitskonfe-renz und zum G8-Gipfel stattfand.

    Betroffen waren die Basis-Buchhand-lung, die Selbstverwalteten Rume im ehe-maligen Trpferlbad, das Druckwerk Mn-chen nebst angrenzenden Brorumen lin-ker Projekte, der Kulturladen Westend so-wie mehrere Privatwohnungen. Neben

    Druckerzeugnissen werden auch Verffent-lichungen beziehungsweise Dokumenta-tionen im Internet konkret auf den Sei-ten no-nato.de und indynews.net krimi-nalisiert. So wurde etwa gezielt die Redak-tionsadresse von indynews.net im Kultur-laden durchsucht, aber auch die Privat-wohnungen angeblicher Domainverant-wortlicher fr die besagten Internetseiten.Whrend der Polizeiaktion wurden neben

    mehreren Druckerzeugnissen mindestenssieben zum Teil fr das berleben einigerProjekte notwendige Computer beschla-gnahmt. Sechs Personen wurden vorlufig

    ins Polizeiprsidium zur Vernehmung underkennungsdienstlichen Behandlung ge-bracht.

    Der konkrete Vorwurf bezieht sich offen-bar auf einen Aufruf zu Aktionen gegen die

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    Sicherheitskonferenz im Februar und denG8-Gipfel in Heiligendamm, in dem unteranderem zur Blockade des Militrflugha-fens in Rostock-Lage aufgerufen wird. NachAuffassung der Polizei stellt dieser Aufrufeine Aufforderung zur Ntigung dar un-geachtet der Tatsache, dass das Bundesver-fassungsgericht bereits in den 80er Jahren

    friedliche Blockaden lediglich als Ord-nungswidrigkeiten wertete.

    Dass aber die Mnchner Staatsanwalt-schaft und offenbar auch einige Ermitt-lungsrichter auch mit hanebchenen Vor-wrfen Razzien und Durchsuchungen an-ordnen, ist insbesondere aus der Geschich-te der Aktionen gegen die Nato-Konferenz

    hinreichend bekannt.Dass mit indynews.net nun auch gegen

    unabhngige Medien vorgegangen wird,die Mobilisierungen und Protestaktionendokumentieren, drfte entsprechend auchnicht verwundern, stellt aber doch eineneue Qualitt dar.

    Anti-G8-Plattform Mnchen 18. Januar2007

    Schuhe sind keineWaffeAm 24.1.06 entschied das Berliner Land-gericht, dass das Tragen von Stahlkappen-schuhen auf Demonstration nicht strafbarist.

    Zur Vorgeschichte. Im Mrz wurde ein An-tifaschist bei Vorkontrollen zur Demon-stration Den rechten Konsens brechen in

    Berlin festgehalten, kontrolliert und foto-grafiert, weil er Stahlkappenschuhe trug. Ererhielt einen Platzverweis. Auerdem wur-de ihm mitgeteilt, dass er mit einer Anzei-ge zu rechnen habe. Das war keine leereDrohung. Einige Monate erhielt er einenStrafbefehl in Hhe von 600 Euro wegenpassiver Bewaffnung, weil er die Schuhegetragen hatte.

    Der Betroffene legte mit einer AnwltinWiderspruch, so dass es am 24.1. zu einerVerhandlung kam. Die Argumente des alsZeuge geladenen Polizisten lauteten, dassdie Schuhe zur Verstrkung von Tritten ge-eignet seien. Auerdem gehe die Polizei da-von aus, dass die Schuhe gezielt fr Aus-einandersetzungen getragen werden unddeshalb verboten wurden.

    Die Anwltin des Antifaschisten wider-sprach dem in ihrer Einlassung. Ihr Man-dant trage die Schuhe stndig. Es sei ihmnie im Sinn gekommen wre, sie als Waffezu benutzen.

    Dieser Argumentation schloss sich amEnde sogar der Staatsanwalt an und bean-tragte Freispruch. Er konnte nicht bewei-sen, dass die Schuhe zur Anwendung von

    Gewalt getragen worden sind. So mussteder Richter schlielich den Freispruch be-sttigen. In seiner Urteilsbegrndung er-klrte er, dass es keinen Beweis gibt, dassdie Schuhe zur Gewaltanwendung getragenwurden. Allerdings betonte er, dass dieseEinschtzung vom Verhalten des Ange-klagten und dem Ablauf der Demo abhn-ge.

    So gab es in diesem Fall weder uerun-gen des Angeklagten noch Aufrufe und Fly-er, die die Annahme rechtfertigt htten, dassdie Schuhe als Waffe benutzt werden soll-ten. Deshalb gab es den Freispruch erster

    Klasse, so dass smtliche Kosten die Ge-richtskasse trgt.Dieses Urteil hat auch ber Berlin hinaus

    Bedeutung. Denn mittlerweile ist es in vie-len Stdten Praxis, dass schon bei Vorkon-

    G8-Heiligendamm -Auf Repression vorbereiten!HEUTE SCHON AN MORGEN DENKEN!

    Vom 6.-8. Juni 2007 findet in Heiligen-damm bei Rostock der diesjhrige G8-Gipfel statt. Es ist leider notwendig, dassschon jetzt im Vorfeld der Aktionen ge-gen den Gipfel an eine zu erwartende Re-pressionswelle gedacht wird. Anlsslich des bevorstehenden G8-

    Gipfels im Sommer 2007 in Heiligen-damm rechnet die Rote Hilfe mit massi-

    ven Repressionen. Einem hochgerstetenPolizeiapparat werden Zehntausende De-monstrantinnen und Demonstranten ge-genberstehen. Niemand kann im Vor-hinein abschtzen, welche Ausmae dieRepression annehmen wird. Die Erfah-rungen der letzten Jahre zeigen aber, dassdie Solidaritt mit denjenigen, die ver-haftet und angeklagt werden, eine Men-ge Geld kostet. Geld, das die Rote Hilfe imschlimmsten Fall nicht so eben aufbrin-gen kann.

    Um in solchen und anderen Fllen inden Tagen des G8 und darber hinaus

    gengend Geld zu haben, um die Betrof-fenen untersttzen zu knnen, werden imVorfeld unter dem Stichwort Gipfelsoliauf dem Bundeskonto der Roten HilfeSpenden gesammelt.

    Spendenkonto:Rote Hilfe e.V.Konto-Nr.: 191 100 462Stichwort:Gipfel-SoliPostbank DortmundBLZ 440 100 46

    Rechtshilfe braucht Geld!

    Spendenaufruf fr einen Anwaltsnot-

    dienst zum G8-Gipfel Anlsslich des G8 Gipfels in Heiligen-damm wird es voraussichtlich zu erheb-lichen Einschrnkungen von Grund- undFreiheitsrechten kommen. Die Freiheit zurMeinungsuerung und zur Versamm-lung muss verteidigt werden; mitunterauch auf der Strae, auf Veranstaltungen,vor der Einsatzleitung der Polizei und denBereitschaftsgerichten.

    Hier setzt die Arbeit des anwaltlichenNotdienstes an. Der RepublikanischeAnwltinnen- und Anwlteverein und

    die Strafverteidigervereinigung Mecklen-

    burg-Vorpommern schaffen zur ZeitStrukturen, um unrechtmige Masse-ningewahrsamnahmen, Einreiseverbote,Zurckhalten von Bussen mit Demon-

    stranten, Beschlagnahme von Flugbltterund Transparenten u. . zu verhindernbzw. gegen solche Manahmen effekti-

    ven Rechtsschutz zu gewhrleisten. InRostock werden fr die Dauer von etwa3 Wochen Bros eingerichtet, in denenAnwltinnen und Anwlte neben dem Er-mittlungsausschuss arbeiten knnen.

    Fr die Einrichtung der Bros, die An-schaffung von Arbeitsmitteln oder dieAnmietung von Unterknften wird Geldbentigt. Der Anwaltsnotdienst wird fralle da sein. Er kann nur arbeiten, wennsich auch alle an seiner Finanzierung be-teiligen!

    Spenden fr den Anwaltsnotdienst sol-len berwiesen werden auf das Konto des

    RAV:Postbank Hannover, BLZ 250 100 30Konto-Nr. 9004 - 301 Stichwort: An-waltsnotdienst G8-Gipfel 2007

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    trollen vor Demonstrationen Leute wegendes Tragens bestimmter Schuhe festgehal-ten, an der Teilnahme an der Demonstrati-on gehindert und mit Strafbefehlen verse-hen werden. Gerade junge Leute lassen sichdann schnell einschchtern, wenn die ent-sprechende juristische Beratung fehlt.

    Daher zieht der freigesprochene BerlinerAntifaschist aus seinen Fall das Fazit: DieLeute sollen sich in hnlichen Fllen nicht

    einschchtern lassen, die Schuhe ihrerWahl anziehen und bei Strafbefehlen Wi-derspruch eingehen und sich juristisch be-raten lassen. Kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kann das BerlinerUrteil herangezogen werden.Peter Nowak

    Break the SilenceAufklrung, Gerechtigkeit,Entschdigung

    Wie ist es mglich, dass ein Mensch in ei-ner Gefngniszelle im sogenannten Si-cherheitsgewahrsam verbrennt und dieTodesumstnde seit bald 2 Jahren ungeklrtbleiben? Die offenen Fragen zu dem To-desfall Oury Jallohs sind zahlreich und er-schreckend.

    Um so unfassbarer ist die bislang fehlen-de Aufklrung von Seiten der Staatsan-waltschaft und die Behinderungen durchdas Landgericht Dessau.Am 7.1. 2005 wurde Oury Jalloh von der

    Dessauer Polizei in Schutzhaft genom-men, wo er in einer Gewahrsamszelle anHnden und Fen an Wand und Bodenfixiert qualvoll verbrannte.Am 6.5.2005 hat die Staatsanwaltschaft

    Dessau gegen 2 Polizeibeamte Anklage er-hoben, wegen Krperverletzung mit Todes-folge gegen den einen und fahrlssiger T-tung gegen den anderen.

    Im November 2006 lie das Gericht dieAnklage gegen den einen Polizisten fallen.Begrndung: Er sei nicht fr die Durchsu-chung Oury Jallohs zustndig gewesen, beider er angeblich ein Feuerzeug bersehenhaben soll.

    Die Staatsanwaltschaft und die Anwl-tInnen der Nebenklage haben eine Be-schwerde gegen das Fallenlassen der An-klage eingereicht.

    Nach fast 2 Jahren seit dem Tod OuryJallohs und ber eineinhalb Jahre nach derAnklage durch die Staatsanwaltschaft wirddurch Beschluss des Landgerichts Dessauvom 2.1.07 nun die Anklage gegen denDienstgruppenleiter zugelassen. Das Ver-fahren gegen ihn wegen Krperverletzungmit Todesfolge durch Unterlassung wird vordem Landgericht Dessau - Schwurgericht -stattfinden.

    Fr den Prozess sind zur Zeit vier Ver-handlungstage angesetzt:Di.,27.3.2007-Fr.,30.3.2007!Kommt zum Prozess!Am 1.2.2007 wurde nun auch bekannt,

    dass die Beschwerde der Staatsanwaltschaftund der Nebenklage erfolgreich war undsich auch der zweite Polizist vor Gerichtverantworten muss.www.plataforma-berlin.de

    Internetsicherheit frEinsteigerStell dir vor, dass die Polizei unbemerkt indeine Wohnung eindringen und dort deineUnterlagen durchwhlen darf. Diese Hor-rorvorstellung ist schon nahe an der Rea-litt, wenn es um die elektronische Kom-munikation geht. Vorratsdatenspeicherungund Legalisierung sind die aktuellen Stich-worte. Da kommt eine Broschre geraderichtig, die sich der Sicherheit im Internetin einer Sprache widmet, die auch die Men-schen verstehen, fr die ein Computer nureine etwas modernere Schreibmaschine ist.An praktischen Beispielen wird gezeigt,

    wie sich der Internetnutzer schtzen kann.An erster Stelle steht hier die Verschlsse-lung. Sehr detailliert werden die einzelnenSchritte beim Installieren des Verschlsse-lungsprogramms Pretty Good Privacy(PGP) erklrt.

    Problemzone Festplatte ist ein weitererAbschnitt berschrieben, der sich mit der Verschlsselung der gesamten auf demComputer befindlichen Daten befasst. Wasman bei der Computersicherung alles be-achten muss, machen die Herausgeber derBroschre am Beispiel der Passwrter deut-lich. So sollte man als Code nicht einfachsein Geburtsdatum whlen. Das ist zwar im-mer schnell zu erraten. Aber das gilt leiderauch fr Dienste und Beamte, die sich Zu-gang zu den Daten verschaffen wollen. Einsicheres Passwort sollte aus einer Kombi-nation von Zahlen, Buchstaben und son-stigen Zeichen bestehen und aus minde-stens 12 Zeichen umfassen. Solche undhnliche Tipps findet der Leser in der hand-lichen Broschre viele.

    Im Nachwort machen die Herausgebernoch mal ihre Intention deutlich. Es gehtnicht darum, Panik ber den alles berwa-

    chenden Staat zu verbreiten. Allerdingssollten einige einfache Sicherheitsstan-dards eingehalten werden. Davor sollte mansich auch nicht mit dem Argument herum-mogeln, dass man ja nichts zu verbergenhabe. Vielmehr sollte man sein Recht aufseine Daten einfach einfordern und sichnehmen. Die Broschre kann ein kleinerBaustein dazu sein.

    Die Broschre ist kostenlos und wird nachder Vorstellung in Buch- und Infolden zufinden sein. Sie kann auch ab dem 7.2.07 von der Internetseite www.interkomm.tkheruntergeladen werden

    Peter NowakHrg.: Internationale KommunistInnen, Si-cher durchs Netz, Tipps fr den Umgangmit Computersicherheit und Internetber-wachung, 15 Seiten,

    Gefangene aus AD

    Mobilisierung zum 20stenJahrestag der VerhaftungenEnde Februar sind Nathalie Mnigon, Ge-orges Cipriani und Jean-Marc Rouillan, Ge-fangene aus der Action Directe, seit 20 Jah-ren in Haft.

    In Frankreich gibt es eine starke dezen-

    trale Mobilisierung, und am 24. Februarwerden auerdem Kundgebungen vor denGefngnissen von BAPAUME, ENSISHEIMund LANNEMEZAN stattfinden.Kundgebung In EnsisheimTreffen in Strasbourg um gemeinsam zurKundgebung nach Ensisheim zu fahren:24.02. um 13:00 UhrPlace du Marchal de Lattre de Tassigny

    Gegen die Kriminalisierung derkurdischen Bewegung

    Dialog stattRepression!Bei Razzien in Paris sind am Montag 13Personen kurdischer Herkunft festgenom-men worden. Eine weitere Person wurde ander Grenze nach Belgien aufgrund eines eu-ropischen Haftbefehls festgenommen. DieRazzien fanden zeitgleich frh morgens imKurdischen Kulturzentrum Ahmet Kaya, imInformationszentrum Kurdistan sowie inmehreren Privatwohnungen statt. Im Ver-ein und im Informationszentrum wurden inAbwesenheit der Nutzer die Tren aufge-brochen und die Einrichtung verwstet. Be-schlagnahmt wurden mehrere Akten undComputer.Wir verurteilen die polizeilichen Durch-

    suchungsaktionen und Festnahmen aufsSchrfste. Die seit 20 Jahren anhaltendeVerbots- und Kriminalisierungspraxis be-deutet vor dem Hintergrund der grundle-genden Vernderungen der kurdischen Be-wegung und ihrer Bemhungen um poli-tisch-demokratische Konfliktlsungen eine

    inakzeptable Provokation. Eine solch re-pressive Politik hat bisher nicht ein einzi-ges der kurdischen Frage zugrunde liegen-des Problem gelst weder in Europa nochin der Trkei.

    Die Versuche, die Menschen mit dem In-strument des Polizei- und Strafrechts da-von abzuhalten, sich in ihren Vereinen frihre legitimen politischen, sozialen undkulturellen Anliegen und Rechte zu betti-gen, waren und sind ein untaugliches Mit-tel. Aktivitten von kurdischer Seite als po-litischen Extremismus oder gar als Ter-rorismus zu disqualifizieren und zu dis-

    kreditieren, ist nicht nur kurz gedacht. Wirhalten diese Art der Einschchterung undKriminalisierung der politischen Arbeit freine unzulssige und undemokratischeHerangehensweise gegenber der kurdi-

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    schen Bevlkerung, die seit Jahrzehnten ei-nem massiven Verfolgungsdruck ausge-setzt ist.

    Gleichzeitig sind wir uns dessen bewus-st, dass es sich bei dieser jngsten Repres-sionsmanahme um eine politische undnicht um eine strafrechtliche Entscheidunghandelt. Bei den Festgenommenen handeltes sich um politische Reprsentanten derkurdischen Bewegung, die sich seit Jahren

    offen fr die grundlegenden Rechte derKurden einsetzen. Die Anschuldigungengegen sie sind aus der Luft gegriffen unddienen lediglich als Vorwand.

    Die Razzien und Festnahmen haben statt-gefunden, nachdem die so genanntenPKK-Koordinatoren der USA und derTrkei sich zu einer Sitzung in Deutschlandgetroffen und kurz danach franzsische,britische und US-amerikanische Verant-wortliche in Istanbul zusammen gekommensind. Gleichzeitig hat das Sekretariat desMinisterkomitees des Europarats die Emp-fehlung abgegeben, den Prozess Abdullah

    calans nicht erneut aufzurollen. In derTrkei wird unterdessen mit Blick auf dasl in Kerkuk ber eine grenzberschreiten-de Militroperation gegen die PKK auf ira-kischem Territorium in Sdkurdistan de-battiert und die durch die Medien ange-heizte nationalistische Hetze hat einen vor-lufigen tragischen Hhepunkt in der Er-mordung des armenischen JournalistenHrant Dink auf offener Strae in Istanbulgefunden.Wie Tausende andere Kurden und Kurd-

    innen in Europa auch fordern wir hier inHamburg eine Umkehr der herrschendenPolitik und rufen alle demokratischen Krf-te dazu auf, sich dafr einzusetzen, dass dieKriminalisierung beendet wird und sichKurdinnen und Kurden frei und offen arti-kulieren knnen. Das PKK-Verbot mussaufgehoben und ein ernsthafter Dialogpro-zess vonseiten der politisch Verantwortli-chen begonnen werden.

    Es ist die Aufgabe Frankreichs und Euro-pas, einen Friedensprozess in Kurdistan undder Trkei aktiv zu frdern, indem unter-sttzend an der Entwicklung von Rahmen-bedingungen fr den Beginn eines Dialo-

    ges zwischen der kurdischen Bewegungund dem trkischen Staat gearbeitet wird.Das Vorgehen Frankreichs zeigt dagegen,dass kein Interesse an einer Lsung der kur-dischen Frage mit demokratischen Metho-den und damit auch nicht an einer Stabi-litt der Trkei besteht. Im Gegenteil wirdder trkische Staat dadurch nur ermutigt,seine letztendlich selbstzerstrerische Ver-leugnungs- und Vernichtungspolitik fort-zusetzen.Als in Hamburg lebende Kurdinnen und

    Kurden und sich mit ihnen solidarisch er-klrende Organisationen und Menschen

    fordern wir die Regierung Frankreichs da-zu auf, die festgenommenen Kurdinnen undKurden unverzglich freizulassen, die be-schlagnahmten Gegenstnde zurckzuge-ben und eine Stellungnahme zu der Re-

    pressionswelle gegen die kurdische Bewe-gung abzugeben. Gleichzeitig mchten wirbetonen, dass auch diese Repression unsnicht zum Schweigen bringen wird. Es istkein Verbrechen, fr grundlegende Rechteorganisiert zu kmpfen. Diesen Kampf wer-den wir fortfhren. Fr einen demokrati-schen Dialog sind wir als Unterzeichnendejederzeit bereit.Die kurdische Bewegung lsst sich nicht

    verbieten - Dialog statt RepressionSofortige Freilassung der in Frankreichfestgenommenen kurdischen PolitikerIn-nen

    Volkshaus Kurdistan, Verein freier Frauenaus Mesopotamien, ISKU-Informations-stelle Kurdistan

    Proteste gegen Haftbefehle inParisGegen 14 von 15 Personen, die in Frank-

    reich am 5. und 6. Februar bei Razzien fest-genommen worden sind, ist Haftbefehl we-gen Finanzierung von Terrorismus, orga-nisiertem Verbrechen und Geldwsche er-

    lassen worden. Eine Person wurde freige-lassen. Canan Kurtyilmaz, die in Belgienfestgenommen wurde, befindet sich immernoch in Gewahrsam.

    In Kurdistan, Europa und der Trkei pro-testierten Kurden gegen das VorgehenFrankreichs und die Rolle anderer europi-scher Lnder, der Trkei und der USA beidiesem Angriff. Verbunden wurden die Ak-tionen mit den Protesten gegen die Ver-schleppung Abdullah calans in interna-tionaler Zusammenarbeit am 15. Februar1999.

    So reagierten in Marseille kurdische Ju-

    gendliche mit Molotowangriffen auf eineBank und ein Postamt sowie dem Abfackelnmehrerer PKWs und Mllcontainer in denvergangenen Nchten. In Dortmund sperr-te eine Gruppe kurdischer Jugendlicher ei-

    ne Strae mit Molotowcocktails. In Zrichblockierten Jugendliche in einer Spon-tanaktion die Bahnhofstrae und verteiltenFlugbltter: Wir wollen, dass unsere Ge-duld nicht weiter strapaziert wird. Wir ha-ben nicht vergessen, dass Abdullah calanvon Europa aus an die Trkei ausgeliefertworden ist. Wir lassen es nicht zu, dass mitden Kurden gespielt wird, und wir werdenes niemals zulassen, dass sich die Ge-

    schichte wiederholt. Als kurdische Jugend-liche sind wir uns bewusst, dass uns keineandere Alternative als Krieg geboten wird.Wenn es das ist, was von uns gewollt wird,so sind wir bereit, in die Berge zu gehenund zu kmpfen.

    Bei einer Protestaktion in Kobani in Sd-westkurdistan wurden mehrere Personen

    verletzt und es kam zu zwanzig Festnah-men, als die Sicherheitskrfte die Demon-stration angriffen. An einer Kundgebung inHalep beteiligten sich etwa 1200 Personen.

    In London, Brssel und Hamburg fandenKundgebungen vor den franzsischen Kon-sulaten statt, wobei die sofortige Freilas-sung der Festgenommenen und die Ein-stellung der Angriffe gefordert wurden.

    In Diyarbakir protestierten Mitglieder derDemokratischen Freien Frauenbewegungvor dem AKP-Gebude mit einer Kundge-bung und in mehreren Stdten in Kurdistanund der Trkei warfen kurdische Jugendli-che Molotowcocktails.

    Zehntausende in StrabourgIn Strasbourg fanden sich nach Angabender Organisatoren 45.000 Menschen ein,um aus Anlass des Jahrestages vom 15. Fe-bruar 1999 gegen die Verschleppung Ab-dullah calans in die Trkei und die Ver-haftung kurdischer Politiker in Paris zu de-

    monstrieren. ber zwanzig aus sterreichkommende Personen wurden von der deut-schen Polizei wegen fehlenden Aufent-haltsstatus festgenommen.Quelle: ANF, 10.02.2007, ISKU

    Protest auch in Dortmund

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    Trkische Republik

    Todesfastenausgesetzt

    Am vergangenen Montag gab es in mehre-ren Stadtteilen Istanbuls und Ankaras spon-tane Demonstrationen auf der Strae. Damitfeierten trkische Linke das Ende des welt-

    weit lngsten Hungerstreiks politischer Ge-fangener und ihrer Angehrigen. Am 20.Oktober 2000 hatten politische Gefangenemit der Nahrungsverweigerung begonnen.Sie wollten damit ihre Verlegung in isolier-te Einzelzellen verhindern. Als am 19. De-zember 2000 mehrere Gefngnisse in der ge-samten Trkei von der Polizei gestrmt unddie Gefangenen zwangsweise in Isolations-gefngnisse verschleppt wurden, kamen 28Menschen ums Leben. Damals hat wohl nie-mand fr mglich gehalten, dass das Todes-fasten noch 6 Jahre weitergeht. Daran ha-ben sich ab 2001 auch freigelassene Gefan-

    gene sowie Angehrige politischer Gefan-gener beteiligt. Die Polizei ging in mehrerenStadtteilen mit Gewalt gegen die Huser derHungerstreikenden vor.

    Insgesamt haben in den mehr als 6 Jah-ren 122 Gefangene ihr Leben verloren. Noch

    viel mehr tragen lebenslange gesundheitli-che Schden durch das lange Hungern unddie Zwangsernhrung davon. Welche ge-sundheitlichen Folgen der Hungerstreik frden bekannten Istanbuler Rechtsanwalt Be-hic Asci haben wird, ist noch nicht abzuse-

    hen. Er gehrte zur letzten Hungerstreik-gruppe und hatte insgesamt 293 Tage nurgezuckerten Tee, aber keine feste Nahrung,zu sich genommen. Nach dem Abbruch desHungerstreiks wurde er zur medizinischenBehandlung sofort in ein Spezialkranken-haus verlegt. Ebenfalls 293 Tage verweiger-te die Heimarbeiterin Glcan Grroglu inder Stadt Adana jede feste Nahrung. Auchsie beendete die Aktion am 22. Januar wie

    zuvor Asci mit einer Erklrung.Der heute vom trkischen Justizministe-rium verffentlichte Erlass ist ein positiverSchritt und unterbreche deshalb mein To-desfasten.

    Dieses Rundschreiben aus dem Justizmi-nisterium sieht vor, dass Gefangene in Grup-pen bis zu 10 Personen zusammenkommenknnen. In Zukunft wurden sogar Zellen mitbis zu 20 Gefangenen in Aussicht gestellt.Die Todesfastenaktion ist glcklich zu En-de gegangen, erklrte der Vorsitzende dertrkischen rztekammer Censay Grsoy amMontag vor der Presse.

    Die Einigung war mglich geworden, weilsich in den letzten Wochen, nachdem derZustand des hungerstreikenden Rechtsan-walts Behic kritisch wurde, zahlreiche Wis-senschaftler, Intellektuelle und Knstler freine politische Lsung eingesetzt haben.

    Untersttzung bekamen sie auch vonMenschen aus verschiedenen europischenStaaten. Auch in Zukunft drfte diese Hilfenoch eine Rolle spielen. Denn GlcanGrroglu betonte in ihrer Erklrung, dassdie Isolationshaft noch nicht aufgehoben sei.Deshalb sprach sie auch nicht von einem En-de, sondern nur von einer Unterbrechungdes Hungerstreiks.

    Jetzt msse man sehen, wie der Erlass ausdem Justizministerium in der Praxis umge-setzt wird, meinte auch ein Vertreter der tr-kischen Gefangenhilfsorganisation Tayad.Trkische Menschenrechter hoffen auf Un-tersttzung der europischen Zivilgesell-schaft, aber nicht auf die Behrden. Schlie-lich hat die trkische Regierung immer wie-der betont, die Isolationshaft verstoe nichtgegen EU-Standards. Sie verwies gern dar-auf, dass in verschiedenen europischenLndern, darunter auch in Deutschland, Ge-

    fangene isoliert worden sind.Peter Nowak, Neues Deutschland, 25.1.07

    Aufrufzur Beteiligung an denGerichtsverhandlungen inDiyarbakir und IstanbulDas Staatskomplott gegen die im Septem-ber 2006 durch den Staatsterror verhafte-

    ten Vorsitzenden und Mitarbeiter der Ein-richtungen Sozialistische Plattform der Un-terdrckten (ESP), der Zeitungen Atilim undDayanisma, des Radiosenders zgr Radyo,des Vereins der Werkttigen Frauen (EKD),

    des Sozialistischen Jugendvereins (SGD),des Kulturzentrums BEKSAV, der Gewerk-schaften Limter-Is und Tekstil-Sen ist zumTeil ins Leere gelaufen. Bisher sind die inden Stdten Mugla, Manisa, Antep, Adanaund Iskenderun inhaftierten ESPler undSGDler bei ihren ersten Gerichtsverhand-lungen freigelassen worden. Unter den Frei-gelassenen befinden sich auch die Gene-ralsekretrin der Gewerkschaft Tekstil-Sen,

    Sevim Kaptan lcmez, der Antep-Korre-spondent der Zeitung Atilim, Mehmet G-zel, und der Vorsitzende des SGD (Soziali-stischer Jugendverein) von Antep, SinanTanriverdi. Die Freilassungen zeigen auch,dass das Komplott gegen die ESP und an-dere Einrichtungen nicht zu halten ist.Aber diese Freilassungen betreffen nur ei-

    nen kleinen Teil der Verhafteten. Whrenddas Verfahren gegen die 23 Sozialisten der10.September-Gefangenen, unter denensich auch der Chefredakteur und Journalistder Zeitung Atilim, Ibrahim Cicek, der Chef-koordinator der Zeitung Atilim, Sedat Se-

    noglu, die Kolumnisten der Zeitung Atilim,Ziya Ulusoy und Bayram Namaz und dieProduktionsleiterin des Radios zgr Ra-dyo befinden, noch nicht erffnet ist, sinddie Gerichtstermine fr die am 21. Septem-ber Verhafteten bereits bekannt gegebenworden.

    Gerichtstermine in AmedDie in Amed im Zuge der Angriffe im Rah-men des Antiterrorgesetz auf die Einrich-tungen und Wohnungen am 21. Septemberverhafteten ESPler werden am 22. Februarin Diyarbakir vor das 6. Strafgericht ge-stellt. Am 21. September waren bei den An-griffen der Amed-Korrespondent der Zei-tung Atilim, Serdal Isik und 8 weitere ESP-ler festgenommen worden.

    Die am 4. November bei einer Presse-kundgebung im Rahmen der KampagneWir wollen Freiheit und zu dem ThemaFlut in Kurdistan festgenommenen 9 ESP-ler werden am 23. Februar vor Gericht ge-stellt.

    Istanbuler VerfahrenIn Istanbul werden die am 21. September

    durch die Angriffe Verhafteten, unter de-nen sich auch die Vertreterin der ESP, Fi-gen Yksekdag, der Direktor des Radio z-gr Radyo, Halil Dinc, der Vorsitzende derGewerkschaft Limter-Is, Cem Dinc, die Vor-sitzende der Gewerkschaft Tekstil-Sen, Ay-se Yumli Yeter und die Mitarbeiterin derZeitung Atilim, zge Kelekci befinden, am13. April ihren Prozesstag haben.

    Die Kampagne Wir wollen Freiheit ruftalle revolutionren, demokratischen undfortschrittlichen Organisationen und Per-sonen auf, als Beobachter an den Prozes-sen in Amed und Istanbul teilzunehmen.

    ()Kampagne Wir wollen Freiheit - Freiheitfr die 10. September-GefangenenNewsletter Nr. 6, 28. Januar 2007

    Rainer Dittrich zum Abbruch seines Soli-darittshungerstreiks mit den trkischenGefangenen

    ErklrungNach 6 Jahren und 3 Monaten unterbro-chener Hungerstreikkette ist die hrtesteAuseinandersetzung in der Geschichte derGefangenenkmpfe zum Erfolg gefhrtworden.

    Nach Erfllung unserer Forderungendurch die trkische Regierung ist dieserKampf beendet.

    Ich breche mit dem heutigen Tag mei-

    nen seit Oktober 2000 laufenden Hunger-streik hiermit ab.In Gedanken bin ich bei den 122 gefal-

    lenen Genossinnen und Genossen und beiden vielen Menschen, die uns Gefangeneber diese lange Zeit mit Rat und Tat zurSeite gestanden haben.Wir haben den Beweis erbracht, dass Wi-

    derstand mglich ist.Es ist also nicht angebracht, den Mut und

    die Zuversicht zu verlieren.Wenden wir uns also mit aller Strke den

    kommenden Aufgaben zu.Das bedeutet auch, dass wir gemeinsam

    die im Verlauf dieses Kampfes entstande-nen Entfremdungen berbrcken und unsnoch fester zusammenschlieen.Rainer Dittrich Lbeck, 25. Januar 2007

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    Iaki de Juana bleibtim GefngnisGARA, 25. Januar 07. Mit 12 Pro- und vierGegenstimmen hat der Strafgerichtshof desSpanischen Nationalgerichts beschlossen,dass Iaki de Juana weiterhin als Gefange-ner im Hospital 12 de Octubre in Madrid

    bleiben wird und die Anordnung der Zwan-gernhrung besttigt; De Juana befindetsich heute am 80. Tag seines zweiten Hun-gerstreiks.

    Die Sitzung, bei der beschlossen wordenwar, dass die einstweilige Situation und oh-ne eine Freilassung auf Kaution aufrech-terhalten werden wird, hatte nicht lngerals eine Stunde gedauert. Diese einstwei-lige Situation (der bereits zuvor angeord-neten Zwangsernhrung im lebensbedroh-lichen Zustand zweiten Hungerstreiks)wrde durch das Hospital und die ent-sprechend ttigen und adquaten Thera-

    peuten, die mit dem Fall de Juana befasstsind, erfolgen. Da sich die Kammer fr dieEntscheidung ins Justizgericht begebenhatte, kann laut Gerichtsquellen, die vonden Nachrichtenagenturen zitiert werden,gegen den Beschluss das Mittel der Petion/eines Gesuchs eingesetzt werden.

    Vier abweichende Stimmen Von den vier RichterInnen die dagegenstimmten, stellen drei das Entscheidungs-gericht, welches ber den offenen Fall ge-gen de Juana wegen der Publikation drei-er Meinungsartikel in GARA urteilte unddas ihn deshalb zu 12 Jahren und 7 Mona-ten Gefngnis verurteilte: Manuela Fernn-dez Prado, Angel Hurtado und Carmen Pa-loma Gonzlez Pastor, zu denen zudem dieRichterin Clara Bayarre hinzukommt.

    Mit ihrer Stimmabgabe uerten die vierRichterInnen, dass, als de Juana sich imStatus eines Untersuchungshftlings und inder Situation bestehenden Risikos fr seinLeben befand, es die Entscheidung htte ge-wesen sein mssen, eine Manahme vor-lufiger und gemilderter Haft in seinerWohnung anzuordnen, bei der die notwen-

    digen Mittel der Beobachtung und ange-messener, medizinischer Behandlung ein-zusetzen gewesen wren.

    Petitionen der beteiligten Parteien

    Die Verteidigung, reprsentiert von demAnwalt Alvaro Reizabal, hat die Freilassungdes Gefangenen Basken gefordert, whrenddie AVT ( Assoziation der Opfer des Terro-rismus ) dessen Entlassung rundweg ab-lehnte.

    Der Staatsanwalt seinerseits prsentiertegestern eine Schrift, mit der darum ersuchtwird, dass De Juana nach Hause verlegtwird und ihn dort unter stndige, polizeili-che Beobachtung zu stellen. Konkret wirdvon den Richtern reklamiert, die Beob-achtung auerhalb einzusetzen, die als pr-zise erachtet wird und die fr die Be-handlung notwendige, medizinische Assi-stenz des vierten Hospitals, das er ertrgt,sowohl innerhalb als ausserhalb seinerWohnung zu autorisieren.

    Als Argument seines Gesuchs bezog sichder Rechtsanwalt auf den Artikel 508 desStrafprozessgesetzes, welches besagt dassUntersuchungshftlinge - nach seiner Ver-

    urteilung zu 12 Jahren und 7 Monaten we-gen zweier Meinungsartikel, wartet De Jua-na auf eine Entscheidung des Obersten Ge-

    richtshofs - nach Hause ge-bracht werden mssen,wenn ihre Gesundheit in Ge-fahr ist.

    Bereits im August verlorIaki de Juana 90 kg; jetzt,am 80 Tag seines zweitenHungerstreiks wiegt er noch53 kg; damit hat er 41% sei-nes Normalgewichts verlo-ren.

    (Quelle:www.gara.net/azkenak/orriak/01/art198620.php )

    Iakis Leben ist bedroht

    Terroristen imSitzstreikBegleitet von Hunderten Freunden, An-gehrigen und Genossen fhrten 18 Jugend-liche einen Sitzstreik durch. Sie zerschlugen,indem sie sich freiwillig ausgeliefert haben,erneut das politische Konstrukt, die verbote-

    nen Organisationen und die Jugendlichengehrten der ETA an. Krzlich wurden siepltzlich sogar als terroristisch eingestuft undinsgesamt 23 Jugendliche mssen nun erneutzwischen 2 und 6 Jahren in den Knast. DieLondoner Times hat die miserable Lage desHungerstreikenden Juana de Chaos nun nachdem Besuch des Europarats in Madrid auf diepolitische Tagesordnung in Europa gesetzt.

    Es reit schon die Grenze von bewussterDesinformation oder notorischer Dummheit,wenn diverse Medien von einer Verhaf-tungswelle im ETA-Umfeld sprechen oderschreiben, Jugendfunktionre seien gefas-

    st worden. Tatschlich haben sich die Ju-gendlichen am Sonntag zu einem mutigenpolitischen Schritt entschieden. Der drfte fralle denkenden Menschen die Propagandaentlarven, mit der erneut ber sie berichtetwird oder mit der ihre Organisationen pltz-lich zu Terrororganisation gestempelt wur-den. Das geschah schlicht darber, weil eineuferlose Ausweitung des Begriffs Terroris-mus vorgenommen wurde.

    Mit der neuen Definition kann nun jede lin-ke Organisation belegt werden, wenn es eineandere gibt, die hnliche oder gleiche Zielebewaffnet vertritt. Ob es eine Verbindung zuder bewaffneten Organisation gibt, ob jemalsGewalt von den Kriminalisierten selbst ein-gesetzt wurde, ist demnach nun vllig irrele-

    vant. Denn nichts davon wurde den Jugend-lichen nachgewiesen, wie selbst die Richterzugeben.Am Sonntag haben sich 18 betroffene Ju-

    gendliche auf einem Ballspielplatz versam-melt und sich, geschtzt von Hunderten Men-schen, von ihren Freunden, Genossen und

    Angehrigen verabschiedet. Vier waren nachdem Urteil sofort verhaftet worden und einePerson ist weiter unauffindbar. Nach ihrer Er-

    klrung an ausgewhlte Vertreter der Kom-munikationsmedien, die im Vorfeld infor-miert wurden, fhrten sie einen Sitzstreikdurch und warteten darauf, dass die Polizeisie verhaften wrde. Ihr Sprecher Ibon Meni-ka forderte alle auf, dagegen passiven Wi-derstand zu leisten. Er forderte ebenfalls, dasses endlich zu einem Dialog und einem Frie-densprozess kommt, um der Gewalt ein En-de zu machen und an deren Ende das Rechtder Basken, ber sich selbst zu entscheiden,respektiert wird.

    Dass sich ETA-Mitglieder, denn das sollensie ja nun sein, der Polizei in einem Sitzstreik

    ausliefern, wre neu. So machten die Ju-gendlichen mit der Aktion noch einmal deut-lich, dass es sich hier nur um ein juristischesKonstrukt zur Kriminalisierung von politi-schen Gesinnungen handelt. Sie traten den

    Letzte Meldung:Iakis Revision abgelehntDer Prsident der Strafkammer desObersten Gerichtshofs, Juan Saavedra,und zwlf Richter haben am gestrigenMontag (12.2.) bei geschlossenen Trenden Revisionsantrag gegen das Urteil

    des Nationalen Gerichtshofs von 12Jahren und 6 Monaten wegen der Pu-blikation zweier Meinungsartikel gegenIaki de Juana abgelehnt. Der baski-sche, politische Gefangene befindet sichheute am 96. Tag seines zweiten Hun-gerstreikes gegen dieses Urteil. Das Mi-nisterio Fiscal ( Rechts,-oder Gerichts-ministerium ? ) verlautbarte, dass "eineRevision nur dann in Frage kme, wennsie von allen Teilen gefordert wrde."Eine Anhrung ist nach Ansicht des Mi-nisteriums ebenso wenig ntig wie ei-ne andere Verfgung der Strafprozes-

    sordnung, deren Anweisungen gegen-teilig sind. (Indymedia 13.2.)

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    Einschtzungen der selbsternannten Spe-zialisten kollektiv entgegen, welche sieschon im Untergrund in Frankreich sahen,

    von wo aus sie demnchst in Kommandos derETA auftauchen wrden. Angesichts der an-haltenden Repression und eines blockiertenFriedensprozesses drfte sicher der eine oderdie andere dies angesichts von bis zu sechsJahren bevorstehender Knaststrafe auchberlegt haben.

    Sie htten die Mglichkeit dazu gehabt,doch ihre Form, fr ein unabhngiges undsozialistisches Baskenland einzutreten, istnicht der bewaffnete Kampf. Sie haben kol-lektiv die Verantwortung fr die Geschichteund den Kampf ihrer Jungendorganisationenbernommen. Sie haben in den zwei Wochen,in denen sie unauffindbar waren, gezeigt,dass es im Baskenland auch fr 20 Personenleicht ist, sich der Verhaftung zu entziehen.Sie haben ihren trotz der dauernden Repres-sion und der Verbote ihren Organisationsgradunter Beweis gestellt. Denn es war fr sie so-gar leicht mglich, in der Zone mit der hch-sten Polizeidichte in Europa, den Kontakt un-tereinander zu halten, um eine derartige Ak-tion zu diskutieren und vorzubereiten ohnedass dies von den zahlreichen Polizeieinhei-ten verhindert werden konnte.

    Sie haben alle diese Einheiten so vorge-fhrt, wie es kaum besser geschehen kann,und konnten nicht einzeln und isoliert ver-haftet werden. Das htte es den Desinfor-manten leichter gemacht, so zu tun, als ha-be man wieder einmal gefhrlichste ETA-Mit-glieder verhaftet. Dass dies einige Medientrotz allem tun, zeigen entweder deren

    Dummheit oder ihre Absichten. Sie habenauch gezeigt, dass trotz massiver Repressionsich Hunderte nicht in die Defensive drngenlassen und sich den kollektiven ffentlichen

    Abschied nicht nehmen zu lassen. Die 18 ge-hen mit der Gewissheit in den Knast, dass vie-le andere die Arbeit fortsetzen und sie nichtallein gelassen werden.

    Dieser emotionale und kmpferische Ab-schied wird allen Beteiligten lange im Ge-dchtnis bleiben. Anstatt die Verhaftungenin aller Ruhe durchzufhren, musste die Po-lizei eine Art Antiterroreinsatz zelebrieren.Dass die erneut bereit war, auch erhebliche

    Gewalt gegen Jugendliche auszuben, dienur mit Ruckscken bewaffnet waren, in de-nen sie einige Habseeligkeiten fr den kom-menden Knastaufenthalt verstaut hatten,zeigte sich daran, dass man alle Pressever-

    treter und Gewalt aus der Zone verfrachtete,aus der eine Gewaltanwendung noch doku-mentiert htte werden knnen.

    Es war den Fhrern der Partei Batasuna zu verdanken, die sich in nervenaufreibendenVerhandlungen mhten, die Polizeikrfte vonihren Gewaltttigkeiten abzuhalten, die sichebenfalls schtzend vor die Jugendlichenstellten. Nach und nach wurden sie dann ab-gefhrt und in auerhalb des Ballspielplatzes

    bereitstehende Gefngnistransporter ver-frachtet. Hier wurden sie erneut von zahllo-sen Personen verabschiedet, die noch herbei-geeilt kamen. Vereinbart worden war in den Verhand-

    lungen auch, dass Hunderte menschlicheSchutzschilder einen freien Abzug erhielten.In der Logik der Repression, die nun wiederin der ganzen Schrfe angewandt wird, ht-te man alle Anwesenden zu Untersttzern ei-ner terroristischen Organisation deklarierenknnen. Doch auch so wurde die lange Listeder politischen Gefangenen nun um weitere18 Personen angefllt, womit man mit groen

    Schritten auf die Zahl 800 zuschreitet. ()Ralf Str