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Zeitschrift Spruchverfahren aktuell
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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 28
Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,
Organverträgen und Fusionen
Nr. 2 vom 19. Dezember 2012 ISSN 2195-7274
Inhaltsübersicht
Eilmeldung:
Bundesjustizministerium plant massive Einschränkung des Spruchverfahrens, S. 30
Kommentar:
Dreier, Lobbyisten versuchen das Spruchverfahren zu beschneiden, S. 33
Entscheidungen zu Spruchverfahren:
Bundesverfassungsgericht kritisiert überlange Dauer von Spruchverfahren, S. 35
Bundesgerichtshof: Kosten des Antragsgegners können in Spruchverfahren nicht den
Antragstellern auferlegt werden, S. 35
Anstehende und laufende Spruchverfahren:
MCS Modulare Computer und Software Aktiengesellschaft (Squeeze-out), S. 37
ANZAG (Squeeze-out), IBS AG (Beherrschungsvertrag), S. 38,
SHIGO ASIA AG (Squeeze-out), S. 39
Ankündigungen von Strukturmaßnahmen:
Heiler Software (Squeeze-out), S. 40, AIRE GmbH & Co. KGaA
(verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out), Reply Deutschland AG
(verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out), S. 41
Studien & Seminare:
„Endspiel-Studie“ der Solventis Wertpapierhandelsbank, S. 42
Spruchverfahren aktuell
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 29
Vorwort
Liebe Leser,
eigentlich wollten wir nur die üblichen Weihnachtsgrüße übermitteln, bevor uns ein Hinweis auf eine geplante, allerdings recht versteckte Änderung des Spruchverfahrensrechts erreichte. Wie der nachfolgenden Dokumentation zu entnehmen ist (S. 31 f.), wird überlegt, die Oberlandesgerichte als erste und einzige Instanz zu bestimmen. Dies würde eine massive Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten bei Spruchverfahren bedeuten. Wir danken Herrn Rechtanwalt Dr. Dreier, der uns das Rundschreiben des Justizministeriums und heute einen kurzen (und ver-nichtenden) Kommentar hat zukommen lassen. Trotz alledem wünschen wir Ihnen natürlich frohe und friedliche Weihnachtsfeiertage und ein glückliches neues Jahr 2013. Die Redaktion
Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und
online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint
jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen
wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: Verteiler@SpruchZ.de
Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie
kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 30
Bundesjustizministerium plant massive Einschränkung des Spruchverfahrens
Unter dem Betreff "Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen
anlässlich der Aktienrechtsnovelle 2012" hat das deutsche Bundesministerium der
Justiz ein Rundschreiben an die "am Gesellschaftrecht interessierten Verbände"
geschickt (siehe die Dokumentation auf den folgenden Seiten). Nach den Plänen
des Justizministeriums soll ein Nachteilsausgleich gemäß § 15 UmwG auch durch die
Gewährung zusätzlicher Aktien ermöglicht werden.
Darüber hinaus wurde ein alter, längst in der Mottenkiste verschwundener Vorschlag
wieder hervorgeholt (der sich etwas versteckt in den Plänen wiederfindet). So wird
erwogen, die Rechtsschutzmöglichkeiten bei Spruchverfahren massiv einzu-
schränken (siehe S. 32). Die Verfahren sollen ohne Korrekturmöglichkeit in nur einer
Instanz beendet werden. Das dafür als erste und einzige Instanz vorgesehene
Oberlandesgericht - eine völlig unsystematische Ausnahmeregelung - dürfte dafür
allerdings ungeeignet sein. Auch ist eine weitere Zersplitterung der bereits jetzt
regional uneinheitlichen Rechtsprechung zu Spruchverfahren zu erwarten (die bereits
zu ersten Fällen von forum shopping geführt haben).
Zu den Vorschlägen kann (und sollte von möglichst vielen an Spruchverfahren
beteiligten und Interessierten) bis zum 15. Januar 2013 Stellung genommen werden:
Bundesministerium der Justiz, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Fax-Nr. 030 / 18 580 - 95 25
Aktenzeichen: III A 1 - 3501/24
Zuständig beim Ministerium ist Herr Ministerialrat Dr. Hans-Werner Neye.
________
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 31
Dokumentation:
Der Text des Rundschreibens vom 30. November 2012 lautet:
"Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der
Aktienrechtsnovelle 2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen der Beratungen über die Aktienrechtsnovelle 2012 im Rechtsausschuss
des Deutschen Bundestages wird derzeit von Seiten der Rechtspolitiker der
Regierungskoalition erwogen, auch einige grundlegende Änderungen im Um-
wandlungsgesetz und in weiteren gesellschaftsrechtlichen Gesetzen einzuführen.
Dazu hat auf Wunsch der Rechtspolitiker der Vorsitzende des Handels-
rechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins einen Regelungsvorschlag für eine
alternative Abfindung in Aktien bei der Verschmelzung auf eine Aktiengesellschaft
unterbreitet, der einen früheren Vorschlag des DAV aus dem Jahr 2007
fortentwickelt. In diesem Zusammenhang werden ferner Erleichterungen für die
Ausgliederung vorgeschlagen.
1. Zur Verschmelzung ist vorgesehen, den Nachteilsausgleich gemäß § 15 UmwG an
Stelle der bisher lediglich möglichen baren Zuzahlung auch durch die Gewährung
von zusätzlichen Aktien zu ermöglichen. Die abfindungsberechtigten Aktionäre sollen
nicht selbst entscheiden, ob sie davon Gebrauch machen, sondern der
übernehmenden Aktiengesellschaft soll eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt werden.
Sofern die Gesellschaft zur Abfindung nicht eigene Aktien zur Verfügung hat, müssen
neue Aktien geschaffen werden. Dafür kommen grundsätzlich zwei Wege in
Betracht: Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gemäß §§ 207 ff. AktG oder
eine Sachkapitalerhöhung. Der Vorschlag spricht sich für den zweiten Weg aus.
Sacheinlagegegenstand soll der Anspruch der berechtigten Aktionäre auf
Ausgleichsleistung in bar sein. Die zahlreichen Abweichungen von den §§ 182 ff.
AktG sollen im Wesentlichen nicht in das AktG, sondern in einen komplex
ausgestalteten neuen § 72a UmwG eingestellt werden. Um die Zahl der zu
gewährenden Aktien zu ermitteln, sollen unterschiedliche Methoden zur Anwendung
kommen. Wenn die übernehmende Aktiengesellschaft börsennotiert ist, soll die
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 32
Umrechnung des im Spruchverfahren bestimmten Barausgleichsbetrages zzgl. Zinsen
nach Maßgabe des aktuellen Börsenkurses erfolgen. Bei einer nichtbörsennotierten
Gesellschaft soll die Ermittlung anhand des vom Gericht im Spruchverfahren
korrigierten Umtauschverhältnisses vorgenommen werden. Entgangene Dividenden
und Bezugsrechtserlöse sollen pauschal durch einen Barbetrag in Höhe der
aufgelaufenen Zinsen auf den gerichtlich festgestellten Zuzahlungsanspruch
ausgeglichen werden. Die Abwicklung der Aktienübertragung auf die
ausgleichsberechtigten Aktionäre soll durch einen Treuhänder erfolgen.
Über die vorstehend erläuterten Regelungen hinaus wird zusätzlich vorgeschlagen,
zur Beschleunigung für alle Spruchverfahren künftig die Entscheidung durch das
Oberlandesgericht als erste und einzige Instanz vorzusehen. Dieser Vorschlag war
bereits im Rahmen der Reform des Spruchverfahrensrechts 2003 unterbreitet worden,
er wurde damals aber von den Ländern abgelehnt.
2. Des Weiteren wird die Einführung einer sog. Konzernausgliederung vorschlagen.
Wenn eine Aktiengesellschaft mit mindestens 90% an einer anderen Gesellschaft
beteiligt ist, soll sie Aktivvermögen von nicht mehr als fünf Prozent der Bilanzsumme
ihrer Schlussbilanz auf diese Gesellschaft übertragen können, ohne dass es dazu
eines Ausgliederungsbeschlusses bedarf. Der jetzt vorgelegte Text stellt mit den
genannten Voraussetzungen eine Alternative zu einem unlängst in einer
Fachzeitschrift publizierten Regelungsvorschlag für eine „Mini-Ausgliederung“ dar
(vgl. Die Aktiengesellschaft 2012, 324ff.).
Sie haben die Möglichkeit, zu den vorerwähnten Vorschlägen Stellung zu nehmen.
Im Hinblick auf den engen Zeitplan für die parlamentarischen Beratungen sollte Ihre
Stellungnahme
spätestens bis zum 15. Januar 2013
hier eingehen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
(Dr. Weis)"
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 33
Kommentar
Lobbyisten versuchen das Spruchverfahren zu
beschneiden
von Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier1
Unter dem Decknamen „Änderungen im Umwandlungsrecht mit Folgeänderungen
anlässlich der Aktienrechtsnovelle 2012“ wird derzeit ein weiterer Versuch
unternommen, die Rechte von Aktionären massiv zu verkürzen. Auf „Wunsch“ von
Rechtspolitikern der Regierungskoalition wurde der Vorsitzende des
Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins gebeten, einen Regelungs-
vorschlag für eine alternative Abfindung in Aktien bei Verschmelzungen zu
unterbreiten. Der von dem Vorsitzenden nunmehr vorgelegte Vorschlag geht weit
über die Anfrage hinaus und hat es in sich, da er zusätzlich eine Änderung des
Spruchverfahrensgesetzes vorsieht: Für alle Spruchverfahren soll zukünftig die
Entscheidung durch das Oberlandesgericht als erste und einzige Instanz etabliert
werden.
Kurzanmerkung: Der Vorschlag ist absurd. Durch die Hintertür wird der Versuch
unternommen, noch vor Ablauf der Legislaturperiode lediglich eine Instanz in
Spruchverfahren zu etablieren. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts wäre dann
unanfechtbar, so dass den betroffenen Aktionären jegliche weitere
Prüfungsmöglichkeit genommen werden würde. Die fehlende Prüfungskontrolle einer
derartigen richterlichen Entscheidung ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen
schlichtweg unvereinbar. Es muss Möglichkeiten geben, richterliche Entscheidungen
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüfen zu lassen.
1 Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier ist Partner bei Dreier Riedel Rechtsanwälte,
Düsseldorf.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 34
Dies gilt insbesondere auch für die Spruchverfahren, die mit Blick auf die
vermögensrechtliche Kompensation in Abfindungsfällen die einzige Prüfungs-
möglichkeit bieten. Früher ebenfalls mögliche Anfechtungsrügen, die im
Hauptverfahren auch im Instanzenzug verfolgt werden können, greifen hier wegen
der ausschließlichen Anwendbarkeit des Spruchverfahrens nicht.
Ebenfalls ist die Konzentration auf die ohnehin überlasteten Oberlandesgerichte
unpraktikabel; in tatsächlicher Hinsicht wohl auch undurchführbar, da die zeitlichen
Ressourcen, die für die Bearbeitung derart umfangreicher Fälle erforderlich ist,
schlichtweg fehlen. Es steht dann zu befürchten, dass die mit der Angelegenheit
ausschließlich beschäftigten Oberlandesgerichte aus bloßen Vereinfachungsründen
- soweit irgendwie noch begründbar - allein auf den Börsenkurs abstellen, um
umfangreiche und oftmals zeitintensive Auseinandersetzungen mit den
einschlägigen Bewertungsverfahren zu vermeiden. Die wirtschaftlich volle
Entschädigung der Aktionäre dürfte dann oftmals auf der Strecke bleiben.
Wahrscheinlich ist dies auch das ungeschriebene Ziel des Entwurfs. Es geht nicht um
die propagierte Beschleunigung der Verfahren sondern darum, die Anreize der mit
der Sache beschäftigten Gerichte zu erhöhen, von einer umfassenden Prüfung
abzusehen und allein auf den Börsenkurs abzustellen.
Fazit: Der Entwurf zielt darauf ab, rechtliche Prüfungsmöglichkeiten mit Blick auf
Abfindungsmaßnahmen faktisch komplett auszuschalten. Dies ist mit
rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Der Entwurf ist offensichtlich
ausschließlich von der Industrie und einschlägig bekannten Großkanzleien initiiert
worden, die versuchen, als verlängerter Arm der Industrie im Interesse ihrer
Mandanten Einfluss auf die Gesetzgebung auszuüben. Hier wird der Bock zum
Gärtner gemacht. Dass die Beteiligten einen derart interessengesteuerten Vorschlag
dem Bundesjustizministerium als ernstgemeinten Entwurf vorlegen, verwundert doch
sehr.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 35
Entscheidungen zu Spruchverfahren
Bundesverfassungsgericht kritisiert überlange Dauer von Spruchverfahren
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei Entscheidungen die überlange Dauer von
Spruchverfahren deutlich kritisiert, da damit der verfassungsrechtlich garantierte
Rechtsschutz der Minderheitsaktionäre unzulässig eingeschränkt werde. Das Recht
der Antragsteller auf effektiven Rechtsschutz werde verletzt, wenn das Verfahren
bereits in der ersten Instanz 18 Jahre dauere (Beschluss vom 17. November 2011, Az. 1
BvR 3155/09, AG 2012, 86). In dem zweiten Beschluss vom 2. Dezember 2011, Az. 1
BvR 314/11, dauerte das erstinstanzliche Verfahren sogar 22 Jahre.
Verfassungsrechtlich müsse ein "wirkungsvoller Rechtsschutz im materiellen Sinne"
gewährleistet sein. Daraus ergebe sich auch die Verpflichtung der Fachgerichte,
Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen. Nach
Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts haben sich die Gerichte mit
zunehmender Verfahrensdauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens
zu bemühen. Bei einem bereits zahlreiche Jahre dauernden Verfahren sei ein
Verfahrensstillstand von zwei Jahren "ersichtlich nicht vertretbar".
______________
Bundesgerichtshof: Kosten des Antragsgegners können in Spruchverfahren
nicht den Antragstellern auferlegt werden
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die vorher streitige Frage klargestellt, dass bei
Spruchverfahren außergerichtliche Kosten des Antragsgegners nicht den
Antragstellern auferlegt werden können (Beschluss vom 13. Dezember 2011, Az. II ZB
12/11).
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 36
Der BGH begründet seine Entscheidung mit dem Wortlaut und dem Sinn der
gesetzlichen Regelung. Eine Erstattung der Kosten des Antragsgegners sei in § 15
SpruchG nicht vorgesehen. § 15 Abs. 4 SpruchG regele die Kostenerstattung für die
außergerichtlichen Kosten abschließend. Für eine abschließende Regelung spreche
schon, dass zwischen der Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, und den
außergerichtlichen Kosten der Antragsteller unterschieden werde, ohne die
außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu erwähnen. Hätten die
außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (wie die außergerichtlichen Kosten
des Antragstellers) nach Billigkeit verteilt werden sollen, hätte es nahegelegen, dies
ausdrücklich aufzunehmen oder auf eine Regelung der Erstattung für
außergerichtliche Kosten zugunsten des Verweises über § 17 Abs. 1 SpruchG auf §
13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu verzichten.
Diese Kostenverteilung entspricht nach Ansicht des BGH auch dem Zweck der
ausdifferenzierten Kostenregelung in § 15 SpruchG. Sie sei ein Ausgleich dafür, dass
die Antragsberechtigten die Erfolgsaussichten des Verfahrens nicht notwendig im
Voraus abschätzen könnten. Sie sind nach der Konzeption des
Spruchverfahrensgesetzes hinsichtlich der Informationen auf den in § 7 Abs. 3 Satz 1
SpruchG genannten Bericht und den Prüfungsbericht des sachverständigen Prüfers
beschränkt, während der Antragsgegner regelmäßig weitergehende Informationen
über die zur Bewertung der Angemessenheit der Kompensation heranzuziehenden
Umstände besitzt. Dieses informationelle Ungleichgewicht rechtfertige es, die
Antragsberechtigten nur mit einem beschränkten, berechenbaren Kostenrisiko zu
belasten.
Diese Klarstellung durch den BGH ist erfreulich, da vorher mehrere
Oberlandesgerichte die nicht unerheblichen Kosten des Antragsgegners auf die
Antragsteller überzuwälzen versucht hatten. Diese Kostenüberwälzung entspricht
insbesondere angesichts des Informationsungleichgewichts, auf das der BGH
zutreffend verweist, nicht einem fairen Verfahren.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 37
Anstehende und laufende Spruchverfahren
Squeeze-out bei MCS Modulare Computer und Software Systeme
Aktiengesellschaft eingetragen
Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre der MCS Modulare Computer und Software
Systeme Aktiengesellschaft, Eltville am Rhein, ist am 11. Dezember 2012 in
Handelsregister (Amtsgericht Wiesbaden) eingetragen und am 14. Dezember 2012
bekannt gemacht worden. Die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre erhalten EUR
139,30 je Stückaktie. Die Angemessenheit dieses Betrags wird in einem
Spruchverfahren überprüft werden.
* * *
ANZAG Andreae-Noris Zahn AG: ANZAG Hauptversammlung beschließt
Squeeze-out
Pressemeldung vom 18. Dezember 2012
Frankfurt am Main - Die außerordentliche Hauptversammlung der Andreae-Noris
Zahn AG (ANZAG) hat heute den Squeeze-out der Minderheitsaktionäre
beschlossen. Die Börsennotierung endet nach Eintragung des Übertragungs-
beschlusses im Handelsregister.
Die Aktionäre der ANZAG haben auf der außerordentlichen Hauptversammlung in
Frankfurt am Main der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die
Hauptaktionärin Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH, ein
Unternehmen der Alliance Boots Gruppe, zugestimmt.
Das so genannte Squeeze-out-Verfahren erlaubt es Mehrheitsaktionären, die Anteile
der Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Barabfindung zu
übernehmen. Voraussetzung ist nach Paragraph 327a des Aktiengesetzes, dass der
Mehrheitsaktionär über mindestens 95 Prozent der Aktien verfügt. Alliance
Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH hält seit dem 22. Juni diesen Jahres
unmittelbar und mittelbar Aktien, die etwa 96 Prozent des Grundkapitals der ANZAG
darstellen.
Mit Eintragung des nun von den Aktionären beschlossenen Squeeze-out im
Handelsregister werden die restlichen Aktien gegen eine Barabfindung in Höhe von
29,02 Euro je Aktie auf die Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH
übertragen. Danach wird die Notierung der ANZAG Aktie an den Börsen und im
Freiverkehr eingestellt und die Börsenzulassung widerrufen. "Wenn jetzt nach 90
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 38
Jahren das Ende der Börsennotierung der ANZAG bevorsteht, wird die neue
Gesellschafterstruktur das Unternehmen angesichts der wettbewerbsintensiven
Marktsituation stabilisieren und darüber hinaus zahlreiche Impulse für eine
erfolgreiche Zukunft geben", unterstrich Dr. Thomas Trümper, Vorstandsvorsitzender
der ANZAG
* * *
IBS AG excellence, collaboration, manufacturing: Beherrschungsvertrag in
das Handelsregister der IBS AG eingetragen
- Beherrschungsvertrag zwischen der Siemens Beteiligungen Inland GmbH als
herrschendem Unternehmen und der IBS AG als abhängiger Gesellschaft wird mit
Eintragung in das Handelsregister der IBS AG wirksam
- Der Beherrschungsvertrag und die damit verbundenen Chancen und Perspektiven
Höhr-Grenzhausen, den 17. Dezember 2012 - Der Beherrschungsvertrag zwischen der
Siemens Beteiligungen Inland GmbH als herrschendem Unternehmen und der IBS AG
(ISIN DE0006228406) als abhängiger Gesellschaft ist mit der am 17. Dezember 2012
erfolgten Eintragung ins Handelsregister der IBS AG wirksam geworden. Die Aktionäre
der IBS AG haben am 29. November 2012 auf der außerordentlichen
Hauptversammlung dem Beherrschungsvertrag vom 10./11. Oktober 2012
zugestimmt. Die Gesellschafterversammlung der Siemens Beteiligungen Inland GmbH
hat dem Beherrschungsvertrag am 10. Oktober 2012 zugestimmt.
Gegenstand des Beherrschungsvertrags ist unter anderem eine Barabfindung gemäß
§ 305 AktG in Höhe von EUR 6,90 je Stückaktie der IBS AG und eine Ausgleichszahlung
gemäß § 304 AktG in Höhe von brutto EUR 0,26 (netto, nach Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag: EUR 0,23) für jedes volle Geschäftsjahr je Stückaktie der IBS AG.
Zudem ist die Siemens Beteiligungen Inland GmbH zum Ausgleich der Verluste der IBS
AG entsprechend allen Regelungen des § 302 AktG in seiner jeweils geltenden
Fassung verpflichtet. Die Verpflichtung zum Verlustausgleich besteht erstmals für das
gesamte Geschäftsjahr, in dem der Beherrschungsvertrag wirksam wird. Der
gerichtlich bestellte Vertragsprüfer Warth + Klein Grant Thornton AG Wirtschafts-
prüfungsgesellschaft, Düsseldorf, erachtet in seinem Prüfungsbericht die
Barabfindung gemäß § 305 AktG sowie die Ausgleichszahlung gemäß § 304 AktG als
angemessen.
Durch den Abschluss des Beherrschungsvertrages erwartet die IBS AG, auf das
zukünftige Marktgeschehen flexibler und schneller zu reagieren und Synergien in den
Bereichen Entwicklung, Technologie und Vertrieb zu realisieren. Gerade Großkunden
wollen zunehmend größere Partner für die zum Teil produktionskritische
Geschäftsbeziehung als Sicherheit für ihre Investitionsentscheidung.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 39
Zahlreiche wechselseitige Synergien mit Siemens werden unter anderem in den
Bereichen des Marketings und des Vertriebs erwartet. Ausgehend von den bisher
unterschiedlichen Zielmärkten, Lösungsangeboten und Kundenstrukturen ist eine
deutliche Reichweitenerhöhung, nebst damit verbundenen Umsatz- und
Erlössteigerungen angestrebt. Zudem können neue Märkte sowohl räumlich als auch
hinsichtlich strategischer und technologischer Zielgruppen erschlossen werden.
Positiv wird sich hier auch die enge Kooperation der gemeinsamen Vertriebskanäle
auswirken. Durch eine Aufnahme der IBS Produkte in den Marktauftritt des Siemens-
Konzerns ergeben sich weitere Chancen durch die gemeinsame Nutzung und
Gestaltung von WEB-Präsenzen, Messeauftritten, Broschüren, Medien, Design-
Ressourcen und Kampagnen.
Synergien betreffen weiterhin die Bündelung von Forschungs- und
Entwicklungsaktivitäten. In Zukunft sollen die Produkte der IBS-Gruppe sowohl in der
Siemens-Umgebung in Form von integrierten Lösungen in den Bereichen
Produktionsmanagement (MES - Manufacturing Execution Systems) und PLM
(Product Lifecycle Management) harmonisiert als auch wie bisher in der
herkömmlichen Umgebung Stand-Alone zum Einsatz kommen. Technologisch
können beispielsweise wechselseitig Ressourcenzugriffe auf Entwickler und
Ingenieure genutzt werden. Nicht zuletzt für die Themen Mitarbeiterakquise und
Mitarbeiterbindung werden Vorteile im Hinblick auf den Siemens-Konzern erwartet.
Gleiches gilt für die Nutzung günstigerer Einkaufskonditionen und Rahmenverträge
mit Lieferanten und Partnern.
* * *
Squeeze-out bei SHIGO ASIA AG eingetragen
Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre der SHIGO ASIA AG, Hamburg, ist am 23.
November 2012 im Handelsregister (Amtsgericht Hamburg) eingetragen und am 26.
November 2012 bekannt gemacht worden. Alleinige Aktionärin ist damit nunmehr
die bisherige Hauptaktionärin, die Crown Eminence Investment Limited, Hongkong.
Die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung wird in einem Spruchverfahren
überprüft werden.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 40
Ankündigungen von Strukturmaßnahmen
Heiler Software AG: Einleitung Squeeze-out Verfahren durch Informatica
Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG
Stuttgart, 29. November 2012 - Die Informatica Deutschland AG, Frankfurt am Main,
hat dem Vorstand der Heiler Software AG heute das förmliche Verlangen nach §
327a Abs. 1 AktG übermittelt, die Hauptversammlung der Heiler Software AG möge
die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der Heiler
Software AG auf die Informatica Deutschland AG als Hauptaktionärin gegen
Gewährung einer angemessenen Abfindung beschließen (sog. Squeeze-out).
Die Informatica Deutschland AG hält eine unmittelbare Beteiligung von mehr als 95%
am Grundkapital der Heiler Software AG (ohne eigene Aktien) und ist damit
Hauptaktionärin im Sinne des § 327a Abs. 1 AktG.
Heiler Software AG
Der Vorstand
* * *
AIRE GmbH & Co. KGaA: Konkretisierung des Übertragungsverlangens und
Festlegung der Barabfindung
Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG vom 7. November 2012
Die AIG Century GmbH & Co. KGaA mit dem Sitz in Frankfurt am Main, die insgesamt
rund 93,79% der Aktien der AIRE GmbH & Co. KGaA hält, hatte der AIRE GmbH & Co.
KGaA am 17. September 2012 mitgeteilt, dass sie im Rahmen einer beabsichtigten
Verschmelzung der AIRE GmbH & Co. KGaA auf die AIG Century GmbH & Co. KGaA
nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes verlangt, die Übertragung der
Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen
Barabfindung durch die Hauptversammlung der AIRE GmbH & Co. KGaA
beschließen zu lassen. Der Verschmelzungsvertrag zwischen der AIG Century GmbH
& Co. KGaA und der AIRE GmbH & Co. KGaA soll am 9. November 2012 in notarieller
Form abgeschlossen werden.
Die AIG Century GmbH & Co. KGaA hat dieses Verlangen heute bestätigt und
konkretisiert. Mit Schreiben vom heutigen Tag richtete sie an die AIRE GmbH & Co.
KGaA das Verlangen, die Hauptversammlung der AIRE GmbH & Co. KGaA im
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 41
Zusammenhang mit einer Verschmelzung der AIRE GmbH & Co. KGaA auf die AIG
Century GmbH & Co. KGaA nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes über
die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die AIG Century GmbH &
Co. KGaA gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von EUR 19,75 pro
Stückaktie der AIRE GmbH & Co. KGaA beschließen zu lassen.
* * *
Die Reply Deutschland AG soll auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen
werden
Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG
Gütersloh, 14. Dezember 2012 - Am 14. Dezember 2012 haben der Vorstand und der
Aufsichtsrat von Reply Deutschland AG die Reorganisation der Reply Deutschland
AG beschlossen. Im Rahmen der Reorganisation wird die Reply Deutschland AG auf
ihre Mehrheitsaktionärin, die Reply S.p.A., eine im Star-Segment der italienischen
Börse gelistete Aktiengesellschaft, verschmolzen. Zur Vorbereitung wird die Tool Reply
GmbH an die Reply Services S.R.L., Turin, Italien veräußert, während alle anderen
Vermögenswerte der Reply Deutschland AG einschließlich ihrer Beteiligungen in eine
im Alleinbesitz befindliche Tochtergesellschaft der Reply Deutschland AG übertragen
werden. Anschließend wird die Reply Deutschland AG auf die Reply S.p.A.
verschmolzen.
Der Vorstand wird alle notwendigen Maßnahmen einleiten, um diese Reorganisation
innerhalb des Jahres 2013 durchzuführen.
Reply Deutschland AG
Der Vorstand
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 42
Studien & Seminare
„Endspiel-Studie" der Solventis Wertpapierhandelsbank
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Die Solventis Wertpapierhandelsbank GmbH stellt auch in diesem Jahr ihre
traditionelle "Endspiel-Studie" vor. Unter „Endspiele“ versteht sie dabei Unternehmen,
bei denen Strukturmaßnahmen, wie Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag,
Delisting oder Squeeze-out bereits angekündigt oder durchgeführt wurden oder bei
denen eine solche Strukturmaßnahme kommen könnte. Endspiele böten nach wie
vor rentable Chancen bei vergleichsweise geringen Risiken. Die erzielten Renditen
der seit Oktober 2011 abgeschlossenen Endspiele von durchschnittlich 16% werden in
der aktuellen Studie im Detail hergeleitet.
Zentrales Element der Studie sind die von Solventis ausgewählten Endspiel-
Kandidaten: 12 Favoriten, bei denen die Wertpapierhandelsbank ein deutliches
Kurspotential sieht. Abgerundet wird die 50-seitige Studie von dem Anhang, der
wesentliche Eckdaten von 200 Unternehmen übersichtlich zusammenfasst (das sog.
"Endspiel-Universum", im Vorjahr noch 185 Firmen).
Die Studie kostet 795,- EUR zuzüglich Umsatzsteuer und kann wie folgt bestellt werden:
- per E-Mail an info@solventis.de
- per Fax an die Nummer 069 / 71 58 91 19
- telefonisch unter 069 / 71 58 91 10
* * *
Seminar "Squeeze out & Spruchverfahren" am 21. März 2013
Das FORUM Institut veranstaltet am 21. März 2013 in Frankfurt am Main ein Seminar
zum Thema "Squeeze out & Spruchverfahren". Referieren werden Andreas Grün von
PwC und RA/WP/StB Dr. Matthias Schüppen von Graf Kanitz, Schüppen & Partner.
http://www.forum-
institut.de/de/veranstaltungen/recht/veranstaltung/details/1303731-squeeze-out-
spruchverfahren/
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 43
Der Veranstalter schreibt:
"Das Seminar zeigt die Möglichkeiten und Voraussetzungen für einen Squeeze out
auf und vertieft den Einblick in die Praxis, insb. zu den Fragen, welche sich - sowohl
rechtlich als auch hinsichtlich der Unternehmensbewertung - bisher herauskristallisiert
haben. Beispielsfälle zeigen, welche Probleme auftauchen und wie man diesen
effektiv begegnet. Verfahrensschritte und deren Dauer sowie
Handlungsempfehlungen werden systematisch dargestellt. Wesentliche
Bewertungsfragen werden skizziert und der typische Ablauf der Prüfung durch den
gerichtlich zu bestellenden Prüfer erläutert.
Ein Squeeze out endet regelmäßig im Spruchverfahren. Das SpruchG vereinheitlicht
die Verfahren. Das Seminar zeigt, wie Minderheitsaktionäre im Rahmen eines
Squeeze out Abfindungszahlungen gerichtlich überprüfen lassen können und welche
rechtlichen Schritte in der Praxis folgen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2
SpruchZ 2012 Seite 44
Links
Verbraucherzentrale für Kapitalanleger
Die Verbraucherzentrale für Kapitalanleger
e.V. (VzfK), Berlin, unter ihrem Vorsitzenden,
Rechtsanwalt Dr. Martin Weimann,
berichtet seit vielen Jahren über Spruch-
verfahren.
Unter
http://www.vzfk.de/spruchverfahren/anste
hende-spruchverfahren/index.html
sind die anstehenden Spruchverfahren zu
entnehmen (jeweils mit Datum der
Hauptversammlung).
Darüber hinaus wird unter
http://www.vzfk.de/spruchverfahren/laufen
de-spruchverfahren/index.html
auf laufende Verfahren hingewiesen (mit
Angabe des zuständigen Gerichts, aber
leider ohne Aufführung der jeweiligen
Aktenzeichen).
Impressum
______________________
Zeitschrift
Spruchverfahren aktuell
(SpruchZ)
ISSN 2195-7274
Herausgeber:
Interessengemeinschaft
Spruchverfahren (IG
Spruch), c/o
Rechtsanwaltskanzlei
ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
(bei München)
Bestellungen bitte an die E-
Mail-Adresse:
Verteiler@SpruchZ.de
Redaktion/Mitarbeiter: Redaktion@SpruchZ.de
RA Martin Arendts, M.B.L.-
HSG (presserechtlich
verantwortlich), RA Dr.
Peter Dreier, RA/StB Dr.
Theo Schubert, M.C.L. Univ.
Mich., RA Clemens
Schmautzer
c/o ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
© 2012 für eigene Beiträge bei
den Autoren.
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