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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015 SpruchZ 2015 Seite 279 Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten Nr. 13/2015 vom 3. September 2015 ISSN 2195-7274 Inhaltsübersicht Gesetzgebung: Gesetzesvorschlag der Regierungskoalition zur Neuregelung des Delistings, S. 280 Stellungnahme von Dreier Riedel Rechtsanwälte, S. 285 Laufende Spruchverfahren S. 286 Squeeze-out bei der ADC African Development Corporation AG Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen S. 287 Jetter AG, Impreglon SE Delisting-Fälle S. 289 Mercurius AG Bemerkenswerte Befundevon Prof. Knoll Fall 4: Marktrisikoprämie und implizite Ausschüttungsquote, S. 290 Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ ). Sie erscheint jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected] Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine umfassende rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen. Spruchverfahren aktuell

Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015

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Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015, Delisting

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

SpruchZ 2015 Seite 279

Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten

Nr. 13/2015 vom 3. September 2015 ISSN 2195-7274

Inhaltsübersicht

Gesetzgebung: Gesetzesvorschlag der Regierungskoalition zur Neuregelung des Delistings, S. 280 Stellungnahme von Dreier Riedel Rechtsanwälte, S. 285

Laufende Spruchverfahren S. 286

Squeeze-out bei der ADC African Development Corporation AG

Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen S. 287

Jetter AG, Impreglon SE

Delisting-Fälle S. 289

Mercurius AG

„Bemerkenswerte Befunde“ von Prof. Knoll Fall 4: Marktrisikoprämie und implizite Ausschüttungsquote, S. 290

Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt

und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint jeweils

nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an

den Herausgeber: [email protected]

Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine

umfassende rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen.

Spruchverfahren aktuell

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Neuregelung des Delistings

Nachfolgend dokumentieren wir den am letzten Montag, den 31. August 2015, über den

Finanzausschuss des Deutschen Bundestages eingebrachten Gesetzesentwurf der Re-

gierungskoalition aus CDU/CSU und SPD. Dieser Entwurf soll Beratungsgegenstand der

öffentlichen Anhörung am Montag, den 7. September 2015, sein („aber noch nicht als offiziell

eingebracht“ gelten, so das Begleitschreiben).

_______________

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie

- Bundestags-Drs. 18/5010 -

Stichwort: Delisting

I. Änderung

1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu Artikel XX folgende Angaben eingefügt:

„Artikel XX Änderung des Börsengesetzes

Artikel XX Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung“.

2. Nach Artikel XX wird folgender Artikel XX eingefügt:

‚Artikel XX

Änderung des Börsengesetzes

Nach § 39 Absatz 2 Satz 2 des Börsengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2007

(BGBl. I S. 1330, 1351), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 15. Juli 2014 (BGBl. I S. 934)

geändert worden ist, wird folgender Satz eingefügt:

„Bei Wertpapieren im Sinne des § 2 Absatz 2 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes ist

ein Widerruf nur zulässig, wenn

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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1. bei Antragstellung unter Hinweis auf den Antrag eine Unterlage über ein Angebot zum Erwerb

aller Wertpapiere, die Gegenstand des Antrags sind, nach den Vorschriften des

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes veröffentlicht wurde; das Angebot darf nicht von

Bedingungen abhängig gemacht werden, auf das Angebot ist § 31 des Wertpapiererwerbs- und

Übernahmegesetzes entsprechend anzuwenden;

2. nicht länger als sechs Monate vor der Antragstellung ein Übernahme- oder Pflichtangebot nach

den Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes abgewickelt wurde, das auf

den Erwerb aller Wertpapiere, die Gegenstand des Antrags sind, gerichtet war; oder

3. die Wertpapiere weiterhin zugelassen sind

a) an einer anderen inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt oder

b) in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des

Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten

Markt, sofern für einen Widerruf der Zulassung zum Handel an diesem Markt Nummer 1 oder

Nummer 2 entsprechende Voraussetzungen gelten.“ ‘

3. Nach Artikel XX wird folgender Artikel XX eingefügt:

‚Artikel XX

Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung:

Nach § 2 Nummer 7 der WpÜG-Angebotsverordnung vom 27. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4263), die

zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2481) geändert worden ist,

wird folgende Nummer 7a eingefügt:

„7a. Angaben zu den Absichten des Bieters und der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen

im Hinblick auf einen Antrag der Zielgesellschaft auf einen Widerruf der Zulassung oder

vergleichbaren Maßnahmen zur Beendigung der Zulassung ihrer Aktien zum Handel im regulierten

Markt.“ ‘

II. Begründung

Zur Inhaltsübersicht

Wegen der Einfügung des neuen Artikels XX - Änderung des Börsengesetzes - und des neuen Artikels

XX - Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung - ist die Inhaltsübersicht entsprechend zu ergänzen.

Zu Artikel XX neu (Änderung des Börsengesetzes)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der „Frosta“-Entscheidung (Beschluss vom 8. Oktober 2013, II ZB

26/12) seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 25. November 2002, II ZR 133/01 „Macrotron“) zu

den Voraussetzungen eines Widerrufs der Zulassung von Aktien zum Handel im regulierten Markt auf

Veranlassung der Gesellschaft (sog. Delisting) grundlegend revidiert und entschieden, dass weder ein

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Hauptversammlungsbeschluss noch ein im Spruchverfahren überprüfbares Barabfindungsgebot an

die Aktionäre Voraussetzung für ein solches Delisting ist. Seit dieser Entscheidung unterliegt das

Delisting primär den Anforderungen des Kapitalmarktrechts: Nach dem Börsengesetz (BörsG) darf

der Widerruf der Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt dem Schutz der

Anleger nicht widersprechen (§ 39 Absatz 2 Satz 2 BörsG), nähere Bestimmungen sind in der

jeweiligen Börsenordnung zu treffen (§ 39 Absatz 2 Satz 5 BörsG). Diese Vorgabe wird in den

Börsenordnungen der einzelnen Börsen unterschiedlich ausgestaltet; regelmäßig wird dort nur der

Ablauf einer mehrmonatigen Frist zwischen der Veröffentlichung und dem Wirksamwerden des

Delistings verlangt.

Im Nachgang zu der „Frosta“-Entscheidung ist die Zahl der Emittenten, die einen Widerruf der

Zulassung ihrer Aktien zum Handel im regulierten Markt beantragt und den Rückzug vollzogen

haben, stark angestiegen. Das geltende Recht knüpft aber gerade an die Zulassung zum Handel im

regulierten Markt besondere Pflichten für die Unternehmen im Aktien-, Bilanz- und Wertpapierrecht

(§ 3 Absatz 2 des Aktiengesetzes (AktG), § 264d des Handelsgesetzbuchs (HGB), § 2 Absatz 5 des

Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und § 1 Absatz 1 des Wertpapiererwerbs- und

Übernahmegesetzes (WpÜG)). Der Rückzug eines Emittenten aus dem regulierten Markt kann im

Falle eines vollständigen Börsenrückzugs den Verlust der Handelbarkeit des betroffenen Wert-

papiers, im Falle eines Wechsels in den (qualifizierten) Freiverkehr (sog. Downlisting) zumindest eine

Beeinträchtigung der Veräußerungschancen bedeuten. In der Zeit zwischen der Ankündigung und

dem Wirksamwerden des Delistings kann es daher zu erheblichen Kursverlusten kommen. In der

Praxis waren Kursverluste nach Ankündigung von Delisting festzustellen.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine gesetzliche Verbesserung des Anlegerschutzes beim Widerruf

der Zulassung eines Wertpapiers zum Handel am regulierten Markt (also einschließlich des

Downlistings) erforderlich. Da es sich beim Delisting – ebenso wie beim Listing – um einen kapital-

marktrechtlichen Vorgang und nicht um eine gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahme handelt, ist

eine Regelung im Börsengesetz sachgerecht. Ein Widerruf der Zulassung von Wertpapieren im Sinne

des § 2 Absatz 2 des WpÜG zum Handel im regulierten Markt kann unter den in den Nummern 1 bis 3

genannten Voraussetzungen erfolgen.

Nummer 1 sieht als wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Widerrufs das Vorliegen

eines aktuellen Erwerbsangebots nach dem WpÜG vor. Auf dieses Angebot sind grundsätzlich die

Vorschriften über Erwerbsangebote nach dem WpÜG anwendbar.

Ein Widerruf ist nach Nummer 2 darüber hinaus auch dann als zulässig anzusehen, wenn nicht länger

als sechs Monate vor der Antragstellung bereits ein Übernahme- oder Pflichtangebot nach den

Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes erfolgreich durchgeführt wurde.

Wertpapierinhaber, die ein solches Angebot nicht angenommen haben und deren Anteile später im

Zusammenhang mit einem Delisting einen Kursverlust erleiden, erscheinen diesbezüglich nicht mehr

schutzbedürftig. Gleichfalls nicht schutzwürdig sind Anleger, die erst nach erfolgtem Übernahme-

oder Pflichtangebot gekauft haben, da sie wissen konnten, dass es Pläne für eine Übernahme aller

Wertpapiere, möglicherweise auch für ein Delisting und/oder einen Squeeze-out gibt. Schließlich

bleiben bei einer ggf. nachfolgenden aktien- oder umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahme wie

einem Squeeze-out oder einer Umwandlung die dafür geltenden besonderen Schutzvorschriften

weiterhin anwendbar.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Zur Erreichung eines umfassenden Schutzes für alle Inhaber von Wertpapieren im Sinne des § 2

Absatz 2 WpÜG muss das jeweilige Angebot auf den Erwerb aller Wertpapiere gerichtet sein, die

Gegenstand des Angebots sind. Teilangebote reichen danach nicht aus. Da das jeweilige Angebot

entweder nach Nummer 2 ein Übernahme- oder ein Pflichtangebot ist, für das § 31 WpÜG

unmittelbar gilt, oder nach Nummer 1 die Geltung des § 31 WpÜG auch für das einfache

Erwerbsangebot angeordnet ist, muss der Bieter den Wertpapierinhabern in beiden Fällen eine

angemessene Gegenleistung anbieten. Nach § 31 Absatz 7 WpÜG in Verbindung mit § 5 Absatz 1

WpÜG-Angebotsverordnung ist für die Bestimmung der Angemessenheit der Gegenleistung

grundsätzlich der gewichtete durchschnittliche inländische Börsenkurs während der letzten drei

Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 oder der Kontrollerlangung nach § 35

Absatz 1 Satz 1 WpÜG maßgeblich. Wenn der Börsenkurs nach übernahmerechtlichen Maßstäben

nicht in aussagekräftiger Weise festgestellt werden kann, hat die Höhe der Abfindung dem anhand

einer Bewertung des Emittenten ermittelten Werts des Unternehmens zu entsprechen (vgl. § 5

Absatz 4 WpÜG-Angebotsverordnung). Mit der Annahme des jeweiligen Angebots hat damit jeder

Anleger die Möglichkeit, sich zu einem angemessenen Preis von seinem Investment zu trennen. Die

Orientierung der Höhe der Abfindung an Vorerwerben im Sinne des § 4 WpÜG-Angebotsverordnung

und am einfach festzustellenden Börsenkurs ermöglicht im Regelfall ein transparentes und

rechtssicheres Verfahren, das auch für die betroffenen Emittenten handhabbar ist und keine

übermäßigen bürokratischen Hürden aufbaut.

Im Falle eines zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung noch laufenden Angebotsverfahrens ist

zudem sicherzustellen, dass die erfolgreiche Abwicklung des Verfahrens gewährleistet ist. Das

Angebot im Rahmen eines noch laufenden Angebotsverfahrens nach Nummer 1 ist daher

bedingungsfeindlich: Es darf insbesondere weder unter die Bedingung eines Beschlusses der

Gesellschafterversammlung des Bieters gestellt werden, noch vom Erreichen einer bestimmten

Mindestannahmequote abhängig gemacht werden. §§ 18 und 25 WpÜG finden dementsprechend im

Rahmen eines Angebots nach Nummer 2 keine Anwendung.

Darüber hinaus darf ein Widerrufsantrag erst gestellt werden, wenn eine Angebotsunterlage nach

§ 14 Absatz 2 WpÜG veröffentlicht wurde. Damit ist gewährleistet, dass die Angebotsunterlage vor

Antragstellung nach § 14 Absatz 1 WpÜG der Bundesanstalt zur Prüfung übermittelt und das Angebot

von dieser nicht nach § 15 WpÜG untersagt wurde. Damit wird insbesondere sichergestellt, dass die

nach § 31 WpÜG zu gewährende Gegenleistung nicht offensichtlich unangemessen ist und eine

entsprechende Finanzierungsbestätigung vorliegt. Die Bundesanstalt achtet zudem darauf, dass der

nach § 5 Absatz 1 WpÜG-Angebotsverordnung für die Bestimmung der Angemessenheit der

Gegenleistung grundsätzlich maßgebliche Börsenkurs zutreffend berechnet wurde.

Die Tatsache, dass das jeweilige Angebot entweder ein Übernahme- oder ein Pflichtangebot ist

(Nummer 2) oder die Geltung des § 31 WpÜG auch für das einfache Erwerbsangebot angeordnet ist

(Nummer 1), hat zur Folge, dass jeder Aktionär, der das Angebot angenommen hat, einen Anspruch

gegen den Bieter auf Entrichtung einer angemessenen Gegenleistung hat, der vor den Zivilgerichten

durchgesetzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2014, II ZR 353/12). Die Erhebung einer

zivilrechtlichen Klage auf angemessene Abfindung lässt die Entscheidung der Börsengeschäftsführung

über den Widerruf der Börsenzulassung unberührt. Damit wird einerseits dem veräußerungswilligen

Anleger Rechtsschutz im Hinblick auf die Angemessenheit der Gegenleistung gewährt. Andererseits

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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wird gewährleistet, dass das Delisting-Verfahren durchgeführt werden kann, ohne durch

Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung belastet zu werden.

§ 39 BörsG betrifft allein den Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt an einer

einzelnen (inländischen) Börse. Besondere Schutzregelungen sind daher dann nicht erforderlich,

wenn das Delisting der fraglichen Wertpapiere lediglich an einem Börsenplatz erfolgt, an einem

anderen gleichwertigen Handelsplatz aber weiter zum Handel zugelassen sind. Aus diesem Grund

sieht Nummer 3 vor, dass ein Widerruf der Zulassung auch ohne ein Erwerbsangebot zulässig ist,

wenn die Wertpapiere weiterhin entweder an einer anderen inländischen Börse zum Handel im

regulierten Markt oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem andern

Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem

organisierten Markt zugelassen sind. Im zweiten Fall ist allerdings Voraussetzung, dass an diesem

Markt für einen Widerruf der Zulassung zum Handel Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechende

Voraussetzungen gelten. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die anlegerschützenden

Voraussetzungen des § 39 BörsG über ein Zweitlisting an einem ausländischen organisierten Markt

umgegangen werden.

Erweiterte Mitentscheidungsrechte für die Aktionäre, wie sie die Rechtsprechung bislang durch den

von ihr geforderten Hauptversammlungsbeschluss verlangte, sind vor dem Hintergrund der nunmehr

vorgesehenen umfassenden kapitalmarktrechtlichen Schutzbestimmungen nicht geboten.

Zu Artikel XX neu (Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung)

Nach § 39 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 und 2 BörsG-E ist ein Widerruf der Zulassung von Wertpapieren

im Sinne des § 2 Absatz 2 WpÜG zum Handel am regulierten Markt nur zulässig, wenn ein den

übernahmerechtlichen Anforderungen entsprechendes Angebot unterbreitet wurde.

Damit die Aktionäre bei der Entscheidung über die Annahme eines Angebots insbesondere nach § 39

Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 BörsG-E berücksichtigen können, ob ein Delisting der Zielgesellschaft

beabsichtigt ist, sind der Bieter bzw. die mit ihm gemeinsam handelnden Personen verpflichtet, in

der Angebotsunterlage Angaben darüber zu machen.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Pressemitteilung von Dreier Riedel Rechtsanwälte zu dem Gesetzesvorschlag: Entwurf als „Tojanisches Pferd“ zur Legalisierung der „Erpressung von

Minderheitsaktionären“

- Gut gemeinter Delisting-Vorschlag der Koalition entpuppt sich als Trojanisches Pferd

- Statt Schutz der Aktionäre wird die „Erpressung von Minderheitsaktionären“ legalisiert

Düsseldorf, 02. September 2015: Gestern wurde seitens der Regierungskoalition ein Vorschlag zur

Delisting-Regelung vorgestellt, der bereits am kommenden Montag, den 07. September 2015,

Beratungsgegenstand im Bundestagsfinanzausschuß sein soll. Der völlig überraschend eingebrachte

Vorschlag sieht vor, dass ein Delisting nur zulässig sei, wenn gleichzeitig ein Übernahmeangebot zum

Erwerb der außenstehenden Aktien gemacht wird. Als Preis soll mindestens der durchschnittliche

dreimonatige Börsendurchschnittskurs zu zahlen sein. Erfolgt der Rückzug von der Börse aber nach

einem Übernahmeangebot, soll die Abfindungsverpflichtung vollständig entfallen.

„Die dem Grunde genommen nach gut gemeinte Intention, ein verpflichtendes Abfindungsangebot

beim Delisting gesetzlich zu regeln, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Trojanisches Pferd“,

erklärt Rechtsanwalt Peter Dreier.

„Durch den Wegfall einer Abfindungsverpflichtung nach einem Übernahmeangebot werden

potentielle Übernehmer und Hauptaktionäre, die deutsche Gesellschaften schlucken wollen,

privilegiert. Sie könnten bereits im Übernahmeangebot mit dem späteren abfindungsfreien Delisting

drohen, so dass Kleinaktionäre (darunter auch viele Mitarbeiteraktionäre) und institutionelle

Investoren gezwungen werden, ihre Aktien in das häufig weit unter Wert liegende Über-

nahmeangebot einzuliefern. Sie müssten dann den Übernahmepreis als Entschädigung akzeptieren,

obwohl er nicht einer vollen wirtschaftlichen Kompensation entspricht“, betont Rechtsanwalt Dreier.

„Der Vorschlag legalisiert das Erpressungspotential von Großaktionären, die mittels Delisting-

androhung günstig weiter Aktien von Minderheitsaktionären einsammeln können. Offensichtlich

waren im Hintergrund gut organisierte Lobbyisten der Übernahmeindustrie am Werk, die

heimtückisch den erforderlichen Aktionärsschutz zu Gunsten von Übernehmern zerstören wollen.

Von wem der Vorschlag tatsächlich initiiert wurde, muss dringend aufgeklärt werden“, führt der

Aktienrechtler Dreier aus.

Der Rechtsanwalt ergänzt: „Getarnt als scheinbare Verbesserung des Anlegerschutzes durch ein

obligatorisches Übernahmeangebot beim Delisting wird durch den Entwurf gerade für den

wesentlichsten Fall des beabsichtigten Delisting bei vorhergehender Übernahme der Schutz der

Minderheitsaktionäre komplett ausgehebelt. Indem die im Hintergrund agierenden

Übernahmelobbyisten der Regierungskoalition solch einen offensichtlich interessengesteuerten

Entwurf vorlegten, haben sie sich selbst disqualifiziert. Der Entwurf wird mit diesen Mängeln

sicherlich nicht so umgesetzt“.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

SpruchZ 2015 Seite 286

Laufende Spruchverfahren

Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der ADC African Development Corporation AG

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Spruchanträge zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre

bei der ADC African Development Corporation AG (ADC), Frankfurt am Main, mit Beschluss vom 10.

August 2015 unter dem führenden Aktenzeichen 3-05 O 77/15 verbunden. Zum gemeinsamen

Vertreter wurde zugleich Rechtsanwalt Dr. Alexander Hess bestellt. Die Antragsgegnerin kann bis

zum 26. Oktober 2015 zu den Spruchanträgen erwidern.

In dem Spruchverfahren wird die von der Hauptaktionärin Atlas Mara Beteiligungs AG

angebotene Barabfindung in Höhe von ursprünglich EUR 9,36, dann geringfügig erhöht auf EUR 9,72

je ADC-Aktie gerichtlich überprüft. Der am 29. Januar 2015 gefasste Squeeze-out-Beschluss war am

25. März 2015 in das Handelsregister der ADC (Amtsgericht Frankfurt am Main) eingetragen worden,

siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2015/04/bekanntmachung-uber-die-abfindung-der.html.

LG Frankfurt am Main, Az. 3-05 O 77/15 Wiederhold u.a. ./. Atlas Mara Beteiligungs AG (nunmehr: Atlas Mara Beteiligungs GmbH) 50 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Alexander Hess, c/o Reitmaier Rechtsanwälte, 97070 Würzburg Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Atlas Mara Beteiligungs AG: Rechtsanwälte Hengeler Mueller, 40213 Düsseldorf (Rechtsanwältin Dr. Mennicke)

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

SpruchZ 2015 Seite 287

Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen

Bekanntmachung des Squeeze-outs bei der Jetter AG

Bucher Beteiligungsverwaltung AG München

Bekanntmachung über die Abfindung

der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre der Jetter AG, Ludwigsburg

Die Hauptversammlung der Jetter AG, Ludwigsburg ("Jetter AG") vom 10. Juli 2015 hat die

Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre der Jetter AG ("Minderheitsaktionäre") auf die

Hauptaktionärin, die Bucher Beteiligungsverwaltung AG, München ("BBV") gegen Gewährung einer

angemessenen Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG beschlossen.

Der Übertragungsbeschluss wurde am 21. August 2015 in das Handelsregister der Jetter AG beim

Amtsgericht Stuttgart unter HRB 205545 eingetragen. Mit der Eintragung des

Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister sind kraft Gesetzes alle Aktien der

Minderheitsaktionäre der Jetter AG auf die BBV übergegangen. Gemäß Übertragungsbeschluss

erhalten die ausgeschiedenen Aktionäre der Jetter AG eine von der BBV zu zahlende Barabfindung in

Höhe von EUR 9,58 je Stückaktie der Jetter AG mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals in Höhe

von EUR 1,00 ("Jetter Aktie").

Die Barabfindung ist von der gerichtlichen Bekanntmachung der Eintragung des Über-

tragungsbeschlusses in das Handelsregister in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten

elektronischen Informations- und Kommunikationssystem unter www.registerbekanntmachungen.de

an mit jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen;

die Bekanntmachung erfolgte am 21. August 2015.

Die Angemessenheit der Barabfindung wurde durch die ADKL AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als

dem durch das Landgericht Stuttgart ausgewählten und bestellten sachverständigen Prüfer geprüft

und bestätigt.

Die Auszahlung der Barabfindung einschließlich der gesetzlichen Zinsen an die Minderheitsaktionäre

der Jetter AG erfolgt Zug um Zug gegen Ausbuchung der Jetter Aktien durch die

Baden-Württembergische Bank,

unselbständige Anstalt der Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart

über die jeweilige Depotbank; dies wurde unverzüglich nach der Eintragung des

Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister in die Wege geleitet und erfolgt voraussichtlich am

1. September 2015. Die Auszahlung der Barabfindung und der gesetzlichen Zinsen sowie die

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

SpruchZ 2015 Seite 288

Ausbuchung der Jetter Aktien werden ohne besonderen Auftrag des Depotkunden durchgeführt und

sind für die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre provisions- und spesenfrei.

Für den Fall, dass in einem gerichtlichen Spruchverfahren gemäß § 327f AktG, §§ 1 ff. SpruchG

rechtskräftig eine höhere als die festgelegte Barabfindung für die Jetter Aktien festgesetzt wird, wird

diese höhere Barabfindung allen gemäß §§ 327a ff. AktG ausgeschlossenen Minderheitsaktionären

der Jetter AG gewährt werden.

München, im August 2015

Bucher Beteiligungsverwaltung AG

Der Vorstand

Quelle: Bundesanzeiger vom 31. August 2015

_______________

Konkretisierung des Squeeze-outs bei der Impreglon SE: Festsetzung der Barabfindung auf 14,62 EUR je Stückaktie

Pressemitteilung der Impreglon SE

Die GMT Investment AG mit Sitz in Kerpen, die insgesamt rund 90,79 % des Grundkapitals der

Impreglon SE hält, hat am 20. März 2015 ihre Absicht bekundet, im Rahmen einer Verschmelzung der

Impreglon SE auf die GMT Investment AG die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der

Impreglon SE auf die GMT Investment AG als Hauptaktionärin gegen Gewährung einer

angemessenen Barabfindung durch die Hauptversammlung der Impreglon SE beschließen zu lassen

(sog. Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out). Der Abschluss und die notarielle Beurkundung des

Verschmelzungsvertrags zwischen der Impreglon SE und der GMT Investment AG ist für den 3.

September 2015 geplant. Über den verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out soll die außerordentliche

Hauptversammlung der Impreglon SE am 27. Oktober 2015 beschließen.

Die GMT Investment AG hat der Impreglon SE heute mitgeteilt, dass sie die angemessene

Barabfindung auf einen Betrag von EUR 14,62 je Stückaktie der Impreglon SE festgesetzt hat.

Impreglon SE

Der Verwaltungsrat

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Delisting-Fälle

Mercurius-Konzern: Delisting der Mercurius AG vom Entry Standard der Deutschen Börse zum 3. September 2015

Pressemitteilung

Frankfurt am Main, 28.08.2015. Die Deutsche Börse hat der Mercurius AG das Delisting ihrer Aktie

vom Open Market, Entry Standard bestätigt. Demnach wird der Handel mit Aktien der Mercurius AG

mit Ablauf des 3. September 2015 eingestellt.

Unternehmensprofil:

Die Mercurius AG ist eine deutsche Aktiengesellschaft mit Sitz in Frankfurt. Über die Konzerntöchter

der Mercurius-Gruppe werden das Lebensversicherungszweitmarkt-Geschäft, die Immobilien-

entwicklung für innovative Wohnimmobilienkonzepte sowie deren Verwaltung und Bewirtschaftung

abgebildet. Seit 2014 ist die Mercurius AG verstärkt im Beteiligungsgeschäft tätig und möchte neue

Branchen erschließen.

Unternehmertum, Kapitalmarkterfahrung und unser Netzwerk sind unsere Stärken.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Investor Relations

Mercurius AG

Börsenstr. 2-4

60313 Frankfurt a. M.

Telefon 069 50951-7788, Fax 069 50951-7299

E-Mail [email protected]

Internet www.mercurius.de

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Bemerkenswerte Befunde © Prof. Dr. Leonhard Knoll

Bemerkenswerte Befunde - Fall 4:

Marktrisikoprämie und implizite Ausschüttungsquote

„Objektivierte“ Bewertungen, die heute regelmäßig die Basis für die Entschädigung in ihren

Eigentumsrechten eingeschränkter Minderheitsaktionäre bilden, sollen nicht nur allgemein

empirische Verhältnisse berücksichtigen, sondern dies stets auf eine methodisch anerkannten Weise

tun. Seit dem Vordringen der Kapitalmarkttheorie heißt dies, dass man die Bewertung auf der

Grundlage der vorherrschenden Modellwelt vornimmt und dies ist aktuell das „Capital Asset Pricing

Model“ oder kurz CAPM.

Die Umsetzung dieser Forderung wirft eine Reihe von Problemen auf, die hier nicht umfassend

angesprochen werden können. Eines davon ist die Höhe des Diskontierungszinses vor und nach

Berücksichtigung der Besteuerung auf Anteilseignerebene, bei der die Ausschüttungsquote wegen

der unterschiedlichen effektiven Besteuerung von Dividenden und Kursgewinnen eine erhebliche

Bedeutung hat. Sowohl für den Diskontierungszins insgesamt als auch für seine Komponenten ist der

mathematische Zusammenhang zwischen dem Wert vor und nach persönlicher Besteuerung (auch

gemäß den Vorgaben des IDW, vgl. WP Handbuch 2014, Band II, S. 114 ff.) eindeutig festgelegt. Die

Problematik ergibt sich dann daraus, dass gerade wegen dieses Zusammenhangs eine

Nachsteuergröße nicht mehr frei geschätzt werden kann, wenn die Vorsteuergröße gegeben ist, et

vice versa. Übersieht man diesen Zusammenhang, kann es zu geradezu pathologischen Kon-

sequenzen kommen, wie die folgende Aufgabe zeigt.

Im Bericht des Prüfers für die Abfindung von ausgeschlossenen Minderheitsaktionären liest man zur

Angemessenheit der unterstellten Marktrisikoprämie u.a.:

„Insgesamt erachten wir die Argumentation des FAUB und die daraus gezogenen

Schlussfolgerungen für sachgerecht und halten die von [für die Hauptaktionärin tätiger

Erstbewerter] angesetzte Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern mit 5,5% für

angemessen. Im Rahmen unseres alternativen eigenen Ansatzes haben wir eine

Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern von 6,0% verwendet.“

Angesichts dieser Stellungnahme und der Funktion des Abfindungsprüfers, eine zu geringe Abfindung

der Minderheitsaktionäre zu verhindern, ist zu schließen, dass der Abfindungsprüfer bei einer

Marktrisikoprämie von 6,0% vor persönlichen Steuern eine Marktrisikoprämie von mindestens 5,5%

nach persönlichen Steuern für angemessen hält – anders formuliert: Der Abfindungsprüfer muss,

wenn er seine gesetzliche Funktion erfüllen will, davon ausgehen, dass die Unterstellung einer

Marktrisikoprämie nach Steuern von 5,5% zu keinem niedrigeren Unternehmenswert führt als die

Unterstellung einer Marktrisikoprämie vor Steuern von 6,0%.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Sehen Sie bei den folgenden Fragen vollständig von der Problematik ab, ob die genannten

Marktrisikoprämien je für sich empirisch plausibel bzw. zutreffend geschätzt sind, sondern

konzentrieren Sie sich auf den methodischen Zusammenhang zwischen der Marktrisikoprämie vor

und nach persönlicher Besteuerung!

a) Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen Vor- und Nachsteuerrenditen im CAPM bei

Gültigkeit des aktuellen deutschen Steuersystems und der Unterstellung, dass Kursgewinne

effektiv halb so stark besteuert werden wie Dividendenzahlungen.

b) Berechnen Sie die implizite Ausschüttungsquote des Marktportfolios, wobei neben den

genannten beiden Werten für die Marktrisikoprämie als Basiszins vor persönlichen Steuern wie

in dem zugrunde liegenden Fall 2,0% zu verwenden sind.

c) Würde die Verwendung einer höheren Marktrisikoprämie nach Steuern c.p. den Befund aus Teil

b) verbessern?

d) Welche Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern würde der Marktrisikoprämie vor

persönlichen Steuern von 6,0% entsprechen, wenn der Prüfer für das Marktportfolio eine

Ausschüttungsquote von 50% unterstellen würde?

e) Hätte der Abfindungsprüfer angesichts der Ergebnisse aus den Teilen b) und c) folglich der

Verwendung einer Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern von 5,5% zustimmen dürfen,

wenn er selbst eine Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern von 6,0% für angemessen hält?

Lösungen:

a) Im herrschenden System der Abgeltungsteuer gelten unter der vom IDW propagierten

Annahme, dass der effektive Kursgewinnsteuersatz dem halben Abgeltungssatz (zzgl. Soli.)

entspricht, die folgenden Beziehungen für die Rendite des Marktportfolios ( wird

nachfolgend vernachlässigt) vor und nach persönlichen Steuern:

Dabei bedeutet: r = Rendite des Marktportfolios vor persönlicher Steuer, rn = dto. nach

persönlicher Steuer, i = Basiszins vor persönlicher Steuer, sa = pers. Steuersatz (Abgeltungsteuer

zzgl. Soli.), MRPv = Marktrisikoprämie vor persönlicher Steuer, MRPn = dto. nach persönlicher

Steuer, = Ausschüttungsquote des Marktportfolios.

b) Kombiniert man beide Beziehungen, erhält man:

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 13/2015

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Die Ausschüttungsquote des Marktportfolios muss also mit den anderen Parametern in Einklang

stehen. Nun gilt sa = 26,375% und gemäß den vom Prüfer getroffenen Annahmen i = 2%, MRPv =

6%, MRPn = 5,5%, woraus sich eingesetzt in (*) sofort berechnen lässt:

Mit anderen Worten: Das Vorgehen des Prüfers unterstellt eine (dauerhaft!) negative Aus-

schüttungsquote des Marktportfolios!!!

c) Zur Beantwortung der Frage beachte man, dass

Folglich wäre keine Erhöhung, sondern eine Senkung der MRPn nötig, um eine positive

Ausschüttungsquote zu erreichen. Dies würde zu einer Senkung des Diskontierungszinses und

damit zu einer Erhöhung der Abfindung führen.

d) Aus (1) und (2) ergibt sich durch elementare Umformungen:

Für ergibt sich daraus eine Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern von 4,945%.

e) Er hätte nicht zustimmen dürfen, denn bei Unterstellung einer Marktrisikoprämie vor persön-

lichen Steuern von 6,0% kommt es vorliegend zu einer inkonsistenten Bewertung mit einem zu

niedrigen Unternehmenswert.

Fazit: Die fraglos zu begrüßende Modellbasierung bei objektivierten Bewertungen stellt – teils

offen, teils verdeckt – Konsistenzanforderungen, denen in der Praxis nicht immer genügt

wird. Man darf gespannt sein, wie die aufgezeigte Konsistenzverletzung in dem auf den

Squeeze Out zwischenzeitlich erfolgten Spruchverfahren beurteilt werden wird, denn in

Sachen Widerspruchsfreiheit sollte es keine diskretionären Spielräume geben – oder?

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4. Jahrgang

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