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44. JAHRGANG DAS HISTORISCHE MAGAZIN DES NORDBAYERISCHEN KURIERS NR. 1/2011 Sechziger Wie ein Jahrzehnt das vertraute Bild der Stadt grundlegend veränderte Schilderwald Wie ein Heimatschützer gegen die wilde Reklameflut ankämpfte Schaefers Welt Der Maler Hans Schaefer liebte fränkische Idyllen und Bayreuths romantische Winkel Stockfische Wie hungrige Proletarier im „Neuen Weg“ mit edlem Kabeljau versorgt wurden 1

Heimatkurier 01 2011

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Heimatkurier 01

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44. JAHRGANG DASHISTORISCHEMAGAZINDES NORDBAYERISCHEN KURIERS NR. 1/2011

SechzigerWie ein Jahrzehntdas vertrauteBild der Stadtgrundlegendveränderte

SchilderwaldWie einHeimatschützergegen die wildeReklameflutankämpfte

Schaefers WeltDer Maler HansSchaefer liebtefränkische Idyllenund Bayreuthsromantische Winkel

StockfischeWie hungrigeProletarier im„Neuen Weg“ mitedlem Kabeljauversorgt wurden

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Unser TitelbildDieses nächtliche Pastell-bild von der kriegszer-störten Friedrich-von-Schiller-Straße (Blick-richtung Bahnhof) wurdevom Maler Hans Schaeferim ersten Nachkriegswin-ter 1945/46 vom Fensterseiner Wohnung am Wil-helmsplatz angefertigt.Damit wich Schaefer zu-mindest einmal von seinerVorliebe für idyllischeLandschaften und ro-mantische Winkel ab undhielt die Tristesse einerRuinenkulisse fest. Derkleine Mensch auf derStraße nimmt sich verlo-ren inmitten der Trüm-merlandschaft aus. DasBild ist im HistorischenMuseum der Stadt Bay-reuth ausgestellt (sieheauch Beitrag über HansSchaefer Seite 10/11).

Liebe Leser,wer hätt’s gedacht? Die äl-testenGeschäftederStadt,dieunverändert im gleichen Ge-bäude die Jahrhunderteüberdauert haben, sind dreiApotheken. Das Gewerbescheint ganz offensichtlichwiderstandsfähiger gewesen

zu seingegen dieStürmeder Zeitenals alleanderenBranchen.Ansonstengibt esmeinesWissensheute kein

anderes Geschäft mehr in un-serer Stadt, das auch nur eineinziges Jahrhundert über-lebt hat. Der letzte „Lädla-Oldtimer“ war das Porzel-langeschäft Grünewald imHaus Maxstraße 3. Ganz an-ders sieht es bei den Wirts-häusern aus: „Wolffenza-cher“, „Eule“ und „Bauern-wärtla“ haben beispielsweiseüber 100 Jahre auf dem Bu-ckel. Und das Hotel „Golde-ner Anker“ erfreut sich sogareiner fast 260-jährigen Fa-milientradition. In dieserAusgabe steht die 400-jähri-ge Mohrenapotheke imBlickpunkt (siehe Beitrag vonDr. Sylvia Habermann Seite4/5).

*Der älteste Sportverein derStadt dürfte unbestritten diePrivilegierte Schützengildevon 1623 sein, aber die viel-leicht wichtigste Vereins-gründung der Stadt liegt erst150 Jahre zurück. Am 13. Ja-nuar feierte die BayreutherTurnerschaft dieses stolzeJubiläum. Die Turner trugenviel dazu bei, die starre Bay-reuther Gesellschaft des 19.Jahrhunderts aufzulockern.

Und sie bannten mit der Tur-nerfeuerwehr das Gespenstder Stadtbrände. Übrigenswurde schon damals eine Be-wegung nach allen Regeln derKunst vermarktet. Da inse-rierte der Konditor WilhelmFriedmann aus der Lud-wigstraße seine Turnertört-chen, andere Geschäftsleuteboten Turnerpfeifen undTurnertrinkhörner, Turner-hüte, Turnergürtel und Tur-ner-Liederbücher an.

*Weil wir gerade bei Jubiläensind: Reichlich halbherzig hatdie Stadt Bayreuth im ver-gangenen Jahr das 200-jäh-rige Jubiläum „Bayreuth beiBayern“ begangen – fast so,als schäme sie sich ein wenigihrer bayerischen Zugehö-rigkeitundfühlesichnurwohlin der fränkischen Identität.Beim offiziellen Festakt derRegierung von Oberfrankenwar kein städtischer Reprä-sentant anwesend. Vor 100Jahren hatte sich die Stadtnoch mit Ergebenheitsad-

resse geradezu weiß-blauverrenkt.Tatsächlichhättesieauch heute allen Grund zurDankbarkeit: Bayern-KönigMax Joseph I. kaufte 1810 dasehemalige Fürstentum Bay-reuth von Napoleon für 15Millionen Francs ab und be-freite es damit aus schwererfranzösischer Drangsal. Imneuesten Archivband desHistorischen Vereins fürOberfranken zeichnet Pro-fessor Helmut Schaller diedamaligen Übernahmefeier-lichkeiten nach.

*Abschließend noch ein Nach-wort zum 90. Geburtstag derWagnerenkelin Verena Laf-ferentz, die bei einer städti-schen Feierstunde am 18. Ja-nuar eine bemerkenswerteStegreifrede hielt. Wer wuss-te bis dahin schon, dass dievier Wagnerenkel in den 20erJahren barfuß zur Schulegingen. „Ja, die Wagnerlekönnen sich nicht einmalSchuh’ kaufen“, sollen dieBayreuther damals gewisperthaben. Auch sonst erfuhrendie geladenen Geburtstags-gäste manche Neuigkeit. Biszum Tod von Vater Siegfriedhabe es eine überaus glück-liche Kindheit in Wahnfriedgegeben, so Verena Laffe-rentz. Erst mit dem „Vor-mund“ (Winifreds GeliebtenHeinz Tietjen?) sei die Lügeins Haus gekommen ...

Ihr

Bernd Mayer

Mit einem rauschenden Fest wurde vor 100 Jahren die Zu-gehörigkeit zu Bayern gefeiert. Hier eine Triumphpforte inder Bahnhofstraße.

Gruß vom Bayreuther Turnverein 1903. Der Fünfte von links,Fritz Rasp, wurde später ein berühmter Schauspieler.

INHALT

VerkehrsbüroSeite 3

MohrenapothekeSeite 4/5

StockfischeSeite 6

PflastersteinSeite 7

Die SechzigerSeite 8/9

Hans SchaeferSeite 10/11

ReklameflutSeite 12/13

Einst & JetztSeite 14

Bayreuth-QuizSeite 15

WafnerSeite 16

ArbeitsweltenSeite 16

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Touristikzentrale auf WanderschaftIm neuen Jahr Umzug in die vierte Station seit dem Zweiten Weltkrieg

Am 1. Januar hat die Marketing& Touristik GmbH ihre neuenRäume im repräsentativenEckgebäude Opern-/Wölfels-traße bezogen – Anlass für eineRückschau auf die drei voraus-gegangenen Stationen der Bay-reuther Tourismus-Zentrale.Sein erstes Quartier hatte das„Verkehrsbüro“ des Fremden-verkehrsvereins bereits im Jahr1948 in der Alten Wache Bahn-hofstraße 2, dem letzten Reliktder einstigen Mainkaserne (Bildunten rechts). Bereits wenigeJahre später erfolgte der Umzugin das übriggebliebene Erdge-

schoss des einstigen Reitzens-tein-Palais (Bilder oben rechtsund unten links), das vor demKrieg das Neue Rathaus war.Der herrschaftliche Charakterdes Reitzenstein-Palais undseine Stuckdecken waren auchnoch beim Abbruch der Ruineim Juli 1966 zu erkennen. Dernächste Umzug der BayreutherTouristik-Zentrale war nurwenige Meter weiter auf dergleichen Straßenseite Luit-poldplatz 7 (vorher 13). Hierhatte die Stadt bereits 1930 ihrerstes städtisches Verkehrsamteröffnet (obenlinks).

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Die drei ältesten Geschäfte der Stadt: Links die 400 Jahre alte Mohrenapotheke (Aufnahme um 1930), in der Mitte die Ad-lerapotheke (um 1920), rechts die Hofapotheke (um 1930). Fotos: Archiv Mayer

Vier Jahrhunderte MohrenapothekeDie drei ältesten Geschäfte Bayreuths sind Apotheken

Von Sylvia Habermann

Als „älteste Apotheke Bay-reuths“ feierte die Mohren-Apotheke im Dezember 2010ihr 400-jähriges Jubiläum.Dabei ist sie nicht nur die äl-teste Apotheke - sie ist über-haupt das älteste noch exis-tierende Geschäft der ganzenStadt und sie blieb zudem vonder Gründung bis heute imselben Gebäude angesiedelt.Betrachtet man die beidennächstfolgenden, die eben-falls diese Kriterien erfüllen,stellt man mit Erstaunen fest,dass das zweit- und das dritt-älteste Geschäft von Bay-reuth ebenfalls Apothekensind – nämlich die Adler-apotheke im Haus Maxstraße47 seit 1672 und die Hofapo-theke, seit 1752 in ihrem nob-len Gontard-Bau am Stern-platz.

Der Gründer und Erbauer derMohrenapotheke, Johann vonGera (in den Kirchenbüchernzumeist „von Göra“ ge-schrieben), war 1605 aus sei-ner Heimatstadt Apolda alsApothekengehilfe nach Bay-reuth zu Johann Drosendor-fer gekommen, der an derStelle des heutigen HausesMaximilianstraße 32 eineApotheke betrieb. Von Gera

kaufte seinem Chef Drosen-dorfer das Apothekeninven-tar samt aller Gefäße, Inst-rumente und Pressen, Brenn-zeug, Gewürze, Rohstoffe undfertige Arzneien zum stolzenPreis von 725 Gulden und 20Reichsthalern ab. Dies warder Grundstock seines künf-tigen Geschäftes.

Bayreuth war in jenen Jahreneine darniederliegende Stadt.1602 hatte den ganzen Som-mer über eine Pestepidemiegewütet, in der über 700 Ein-wohner den Tod fanden. Zwarergab sich mit der Verlegungder markgräflichen Residenznach Bayreuth 1603/04 eineglänzende zukunftsweisendePerspektive. Doch schon einJahr später brach mit demStadtbrand von 1605 dienächste Katastrophe herein.Johann von Gera konnte 1609drei zusammenhängendekleine Grundstücke am Ein-gang vom Marktplatz in dieBreite Gasse, die heutige So-phienstraße, erwerben. Dievorher darauf gestandenenalten Häuslein waren imStadtbrand zugrunde ge-gangen.Hier erbaute der Apothekersein neues stattliches Haus,das als besonderen Komfortsogar ein Badstüblein auf-

zuweisen hatte. Im Hinterhofgab es einen eigenen Pump-brunnen, einen Pferde- undeinen Schweinestall sowie ei-ne Holzschlichte. Als Archi-tekt gilt Michael Mebart, derauch beim Wiederaufbau derabgebrannten Stadtkircheund am Alten Schloss tätigwar. Seine Spezialität war es,gotische Reminiszenzen in dieBauformen der Zeit um 1600einzufügen – sehr schön zuerkennen am Erker der Moh-renapotheke mit seinem „go-tischen“ Maßwerk in denBrüstungsfeldern. Die Apo-theke gedieh, und der Im-mobilienbesitz der Familievermehrte sich in den fol-genden zwei Jahrzehnten.Johann von Gera wurde am19. Februar 1635 in Bayreuthbegraben, er war 66 Jahre altgeworden.Parallel zum Aufbau derApotheke war die Familien-gründung verlaufen. Am 25.November 1605 heiratete derschon 36-jährige Gera inBayreuth die 22 Jahre alteAnna Maria Schüpfer ausHiltpoltstein. Wie die Ehe zu-standekam, ist nicht mehrherauszufinden. In den fol-genden Jahren wurde, wie invielen Familien jener Zeit, einKind nach dem anderen ge-boren und eines nach dem an-deren verstarb.Zehn Kinder brachte AnnaMaria von Gera zur Welt, dochals sie 1655 selber starb,scheinen mindestens sieben,

wahrscheinlich aber sogarneun ihrer Kinder bereits totgewesen zu sein. Aufgrundeiniger Lücken in den Bay-reuther Kirchenbüchern las-sen sich nicht alle Lebens-daten genau feststellen. Daserste Baby kam im April 1607und wurde nur 14 Tage alt, eshieß wie die Mutter Anna Ma-ria. Im folgenden Jahr wurdewieder eine Tochter geboren,ebenfalls Anna Maria ge-nannt. 1609 kam der SohnTobias zur Welt, der elf Wo-chen alt wurde.

Der nächste Sohn, 1610 ge-boren, hieß Johann Georg underreichte das Erwachsenen-alter. 1612 kam WolfgangAdam und 1614 dann Ca-tharina, die es immerhin auf45 Lebensjahre bringen soll-te. Die nächsten beiden Kin-der, Johann Wolfgang undMartha Magdalena wurden1617 und 1619 geboren undstarben beide innerhalb derersten Woche des Oktober1620, was vermuten lässt, dasses eine ansteckende Erkran-kung war, die sie im Abstandweniger Tage dahinraffte.1621 gebar Anna Maria vonGera noch einen Sohn, derebenso wie der im Jahr zuvor

(Fortsetzung auf Seite 5)

Apothekengründerkam aus Gera

Pestepidemie forderteüber 700 Opfer

Hohe Sterblichkeitbei Kindern

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Zum „Ausfegen“ Frankfurter PillenAus dem Angebot der Apotheken im 17. Jahrhundert

Von Sylvia Habermann

Im Angebot der Apothekendes 17. Jahrhunderts warennicht bloß reine Pharma-zeutica zu finden. Die Stadt-kirche beispielsweise bezogihre Oblaten für die Kom-munion aus der Mohren-apotheke. Es gab außerdemTinten und sicherlich auchMineralien, die man zumFarbenmischen benötigte,außerdem seltene Gewürzeund Kräuter, für die das Hauseinen Trockenboden hatte.Die Apotheken handeltenauch mit Süßweinen, die manzum Genuss und als Arznei-mittel zu sich nahm. Mit Ho-nig oder Zucker und allerleiGewürzen vermischt warensie ein beliebtes Mittel gegenHalsschmerzen, wobei sie si-cher vielfach den Hals-schmerz nicht vertrieben undstattdessen noch einen ge-waltigen Kopfschmerz ver-ursacht haben.Viel verwendet und in denApotheken zubereitet wur-den sogenannte „Latwer-gen“, ein mus- oder breiar-tiges Nahrungsergänzungs-mittel, oft auf der Basis von

Zwetschgenmus hergestellt,das nichts half, aber wohlauch nichts schadete. Alsklassische Arzneimittel desetwas stärkeren Kalibershatte jede Apotheke Lauda-num und Theriak im Ange-bot. Laudanum war eineOpiumtinktur, die man beigroßen Operationen wie z. B.Amputationen als eine ArtNarkosemittel einsetzte, siewurde aber auch gegen fieb-rige Schmerzen empfohlen.Theriak war eine kompli-zierte Mischung aus bis zu30 geheimen Ingredienzien,die immer auch Opium ent-

hielt. Theriak galt als einMittel gegen die Pest, aberauch gegen Vergiftungen.Für ausgesprochen heil-kräftig hielt man ferner zweispezielle Pülverchen, abge-rieben vom Narwalzahn odervon Bezoarsteinen. BeideMaterialien waren sehr teu-er. Der Narwalzahn, einStoßzahn des männlichen

Gründelwals, wurde in Eu-ropa vielfach für das Horndes legendären Einhorns ge-halten. Bezoarsteine bildensich aus unverdaulichenResten im Darm von Wie-

derkäuern. Diese beiden tie-rischen Materialien gehörtenim Barock auch als bestau-nenswerte Raritäten in jedeKunst- und Wunderkammerund wurden gern in Gold-oder Silberhalterungen ge-fasst. Die Mohrenapotheker,oder zumindest einer von ih-nen, müssen eine solcheKunst- und Wunderkammergehabt haben – davon zeu-gen das ausgestopfte Kro-kodil und die Schildkröten-panzer, die zum Altbestanddes Hauses gehören.Für heutige Begriffe etwas zuheftig wirkten die von denApothekern hergestellten„Vomitivtränklein“ und„Purgierpulver“, also Brech-und Abführmittel. Hier kannein berühmter Nachbar und

Kunde der Mohrenapothekeals Zeuge dienen: der Ba-rockdichter Siegmund vonBirken, der von 1658 bis 1660in der Spitalgasse wohnteund stichwortartige Tage-bücher geschrieben hat. ImMai 1660 war Birken übri-gens mit der Korrektur dergedruckten Leichenpredigtfür die 1659 verstorbene Ca-tharina Pfaffenreuther be-schäftigt und am 29. Julibrachte er ein „Carmen gra-tulatorium“, d. h. ein Glück-wunschgedicht, zur neuer-lichen Verheiratung des„Herrn Apothekers“ derMohrenapotheke zu Papier.Bis zu viermal pflegte sichder Dichter nach der Ein-nahme von Vomitivtränkleinzu erbrechen, und wenn einPurgierpulver ihn selber oderseine Frau sieben- oderachtmal in das sogenannte„Secret“ oder „HeimlicheGemach“ ihres Hauses trieb,vermerkte er das als großenErfolg. Er schwor ferner aufdas sogenannte „Markgra-fenpulver“ und auf „Frank-furter Pillen“ und notiertezufrieden, sie hätten ihn„wohl ausgefegt“.

Theriak als Mittelgegen die Pest

Purgierpulverals Abführmittel

(Fortsetzung von Seite 4)

verstorbene „Johann Wolf-gang“ genannt wurde. Dasletzte Kind des inzwischen 53-jährigen Apothekers wardann 1622 der Sohn Wolf Sa-muel, der seinen Vater um einJahr überlebte und als Drei-zehnjähriger im Juli 1636starb.Der Sohn Johann Georg vonGera erlernte ebenfalls denBeruf des Apothekers und warzum Nachfolger als Besitzerund Betreiber der Mohren-apotheke bestimmt. DieseStellung konnte er jedoch nurvier Jahre lang ausüben. Im

September 1638 verehelichteer sich mit Dorothea Brand,einer Tochter des Forstmeis-ters Lorenz Brand aus Jös-lein. Doch schon im Februardes darauffolgenden Jahres1639 wurde der junge Mannzu Grabe getragen. Die Er-binnen waren nun seine Mut-ter Anna Maria und seineSchwester Catharina, die am

22. Mai 1638 den PfarrerChristian Faber in Gefreesgeheiratet hatte. Bereits vierWochen später wurde sieWitwe und sie verehelichtesich ohne das übliche Trau-erjahr einzuhalten gleichwieder: am 4. Februar 1639mit dem Stadtvogt JohannHetzel in Bayreuth.Auch ihr zweiter Mann, der

erst 38 Jahre alt war, starbnach einer nur fünfmonati-gen Ehe mit der Gera-Toch-ter im Juli 1639. Danach leb-te Catharina Hetzel wieder inder Mohrenapotheke. Am 26.September 1642 heiratete sieLeonhard Pfaffenreuther, ei-nen Kollegen und vielleichtfrüheren Gehilfen ihres ver-storbenen Vaters. Er kam aus

Regensburg und war der Sohneines dortigen Superinten-denten. Catharinas dritterEhemann übernahm nun dieMohrenapotheke. Mit demErbe der Tochter Johann vonGeras war Pfaffenreuther eingemachter Mann. Neben demstattlichen Haus am Markt-platz mitsamt dem kostbarenApothekeninventar gehörtendazu auch ein Gartengrund-stück mit einem Haus, einAcker und eine Wiese imNeuen Weg.Catharina PfaffenreuthersMutter Anna Maria von Gerakonnte bis zu ihrem Tod in ih-rem angestammten Wohn-haus bleiben. Am 29. März1655 wurde sie, die letzteTrägerin des Namens „vonGera“, auf dem BayreutherFriedhof beerdigt. ÜberPfaffenreuthers Tochter Ma-ria Magdalena kam das Ge-bäude der Mohrenapotheke1678 an den SchwiegersohnJohann Wolfgang Franck undan den Apotheker WolfgangPerger. Da Letzterer ein Sohndes Regensburger Hospital-meisters Jacob Perger war,dürfen wir hier eine Ver-wandtschaft mit Pfaffen-reuther vermuten.

Die Mohrenapothekebis zum Jahr 1678

Das frühere Offizin der Mohrenapotheke mit Deckenmalerei.

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Ein edler Fisch für hungrige ArbeiterErinnerungen an die einstige Stockfischwässerei im Neuen Weg

Von Bernd Mayer

Für die hungrigen Arbeiter-familien im einstigen Bay-reuther Armenviertel NeuerWeg erwies sie sich als wah-rer Segen: die Stockfisch-wässerei der Familie Schmittim Haus Carl-Schüller-Stra-ße Nummer 24, die im weitenUmkreis zu riechen war. IhreAnfänge reichen zurück bis indie Zeit der Weltwirt-schaftskrise Ende der 20erJahre, als in vielen FamilienSchmalhans Küchenmeisterwar. Da kam ein gesundeswohlschmeckendes Nah-rungsmittel zu erschwingli-chen Preisen gerade recht.Der heute 75-jährige DieterHärtl, dessen Mutter Berta(geborene Schmitt) viele Jah-re die Seele des Betriebs war,hat den Fischgeruch heutenoch in der Nase. Als Bubverfolgte ihn dieser Geruch so

sehr, dass er in späteren Jahr-zehnten keinen Fisch mehressen wollte. Grundsätzlichist der Stockfisch jedoch beientsprechender Behandlungeine Bereicherung für denSpeiseplan. Bei ihm handeltes sich um einen Kabeljau ingetrocknetem Zustand. Härtl:„Ich habe später in Alaska miteigenen Augen gesehen, wieEskimos den Kabeljau amStock in der Luft getrocknethaben.“Die Familie Schmitt betriebin der Carl-Schüller-Straße(sie trug in den 20er Jahrennoch ihren alten NamenHirschenstraße) eine Deli-

katessen- und Gemüsehand-lung. Die Stockfischwässereistellte sozusagen ihre Spezi-alitäten dar, die oberfran-kenweit ohne Konkurrenzwar. Von der fernen Insel-gruppe der Lafoten gelang-ten die getrockneten Schell-fische mit abgeschlagenemKopf in Zentnerballen an denRoten Main.Dieter Härtl weiß zu berich-ten, dass die Schmitt’scheStockfischsaison von Spät-herbst bis Karfreitag dauer-te. Bei der Aufbereitung derFracht aus dem hohen Nor-den musstenHilfskräfte –scherzhaft„Herings-bändiger“genannt – derFamilie Schmitt zuarbeiten.In der Regel waren es ar-beitslose Maurer, die heilfrohwaren, in der kalten Jahres-zeit ein paar Mark zu ver-dienen, denn ein Schlecht-wettergeld war damals auf

dem Bau noch in weiter Fer-ne. Anfangs wurden dieStockfische noch in großenBottichen unter freiem Him-mel gewässert.Die Kundschaft waren in ers-ter Linie Arbeiterfamilien,vor allem aus den benach-barten Spinnereien (Bayer-lein und Neue Baumwoll-Spinnerei). „In der Zeit vordem Zweiten Weltkrieg warder Fisch noch eine billigeMahlzeit – ein typisches Ar-me-Leute-Essen“, weiß Härtlzu berichten. Aber nicht nurProletarier wussten die sehr

schmack-haften Fi-sche mit ih-rem zartlo-ckerenFleisch zu

schätzen – auch ausgespro-chen vornehme Kundschaftstellte sich im Schmitt’schenDelikatessengeschäft ein, vorallem aus den stattlichenBürgerhäusern der benach-barten Wilhelmstraße (heute

Karl-Max-Straße). DieSchmitts waren bemüht, so-zial schwachen Arbeiterfa-milien beim Einkauf so weitwie möglich entgegenzu-kommen. „Wenn das Geldknapp war, dann wurde ebenangeschrieben, und der Fischwurde erst eine Woche späterbezahlt“, erinnert sich Härtl.Auf dem kargen Speisezettelder „Neia Wecher“ war derFisch eine hochwillkommeneAbwechslung, denn Fleischwar für viele fast uner-schwinglich. Bezeichnend fürdas Proletarierelend ist einaltes „Versla“ aus einem an-deren Bayreuther Arbeiter-viertel, der „Burg“, zwischenBahnhof und St. Georgen: „In

der Burg ist net gut wohna /gibt’s die Wochn sechsmalBohna / sechsmal Bohna undka Fleisch. / Ach is des a lum-perts Zeich ...“Nach dem Karfreitag war, wieschon erwähnt, alljährlichSchluss mit der Stockfisch-Wässerei und -Esserei, denndann gab es, jahreszeitlichbedingt, erweiterte Verpfle-gungsmöglichkeiten, wie siebeispielsweise der Gemüse-garten eröffnete.Das Ende des Schmitt’schenFischgeschäfts kam ziemlichabrupt im Kriegsjahr 1945.Am 11. April sollte eine Lie-ferung ins sächsische Plauenabgehen, aber der letzte gro-ße Bombenangriff an diesemTag zog auch die Stock-fischwässerei schwer in Mit-

(Fortsetzung auf Seite 7)

Heinrich Schmitt mit einem gewässerten Stockfisch - eine be-gehrte Mahlzeit für die Familien im Neuen Weg.

Bereicherung fürden Speiseplan

Auch vornehmeKundschaft

Am Karfreitagwar Schluss

Die Familie von Heinrich Schmitt in ihrer Stockfischwäs-serei in der Carl-Schüller-Straße 24. Fotos: Archiv Mayer

Gretel Schmitt in der Schmitt’schen Delikatessen- und Ge-müsehandlung, in der auch die Fische gehandelt wurden.

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Vom Pflasterer Christian ErnstEin Kalkstein in der Ludwigstraße mit der Jahreszahl 1889 und seine Geschichte

Von Sylvia Habermann

Ein Stein im Gehsteigpflasteran der Grundstücksgrenzezwischen dem Haus Lud-wigstraße 18 und dem Ge-bäude der Regierung vonOberfranken zeigt die sorg-fältig eingemeißelte Signatur„Chr. Ernst“ und die Jahres-zahl „1889“ auf einem jenerfeinen hellen Kalksteine, dievor der Verbreitung von As-phalt, Betonsteinen und neu-erdings grauem Granit jahr-hundertelang die typischePflasterung der BayreutherStraßenwar.

„Chr. Ernst“ – ein Pflasterermit ausgeprägtem Berufs-stolz? Bei etwas gründlichererNachforschung entpuppt sichdie Familie Ernst, die in derAltstadt ansässig war, als eineganze Dynastie von Pflaste-rermeistern, durch vier Ge-nerationen vom späten 18. bisinsfrühe20.Jahrhundert.Christian Ernsts GroßvaterJohann erwarb 1799, in jun-gen Jahren, ein bescheidenes,um 1755 gebautes Häusleinauf dem Grund des ehemali-gen Friedhofs der damalsschon längst abgebrochenenSt.-Nikolaus-Kirche. Im fol-genden Jahr 1800 wurde derSohn Andreas Ernst geboren,der ebenfalls das Pflasterer-handwerk erlernte. Als And-reas geheiratet und eine kleineFamilie gegründet hatte,

brauchte er einen Nebenver-dienst, so dass ihm Ende desJahres 1827 seine Mutter ihreKonzession zum Betrieb einesKramladens in dem HäuscheninderAltstadtüberließ.Da es in der Altstadt keinenBäcker gab, wollte er seinWarenangebot acht Jahre

später um einen Brothandelerweitern – ein Vorhaben, dasdie dörflich geprägte Altstadtin zwei Lager spaltete. Dennauch der Wirt Jacob Greinerverkaufte Brot, war aber nachAnsicht mancher seiner Kun-den unzuverlässig. Greinerwehrte sich beim Stadtma-gistrat gegen die Zulassungdes neuen Konkurrenten. Diebeiden Gegner griffen zu ei-nem sehr modernen Mittel, umihre Interessen durchzuset-zen: Unterschriftenlisten.Andreas Ernst hatte 19 Be-fürworter für seinen geplan-ten Brotladen, sein Kontra-

hent Greiner brachte aber dieUnterschriften von immerhin30 zufriedenen Kunden bei.Der Magistrat erteilte ErnsttrotzdemeineKonzession.Im selben Jahr 1827 wurde am25. Juni der Sohn ChristianErnst geboren. Von 1843 bis1846 erlernte er bei seinem

Vater Andreas das Pflaste-rerhandwerk. Er war dannzehn Jahre lang Geselle. Fürdie übliche Gesellenwande-rung wurde ihm ein Wander-buch ausgestellt, aus dem wirerfahren, dass er kräftig unduntersetzt war, blonde Haare,eine große Nase und schlechteZähne hatte. Er scheint jedochnie auf Wanderschaft gegan-gen zu sein, denn das Wan-derbuch enthält keinen einzi-gen Eintrag, und im Jahr 1848beantragte der Vater AndreasErnst zudem die Überlassungeiner aufgelassenen Lehm-grube mit der Begründung, er

habe drei erwachsene SöhnezuHause,diekeinebeständigeArbeit hätten. Nach zehnjäh-riger Gesellenzeit kaufte derinzwischen 29-jährige Chris-tan Ernst seinem Vater dieHälfte des ohnehin kleinenund nur einstöckigen Hausesin der Altstadt ab, vermutlichum seinem Meisterrechts- undVerehelichungsgesuch einenbesseren Start zu verschaffen.Mit Erfolg, denn die Meister-konzession wurde ihm im Mai1857erteiltundimselbenJahrheiratete er Anna Schertel,Bauerntochter vom Kreuz-stein. Nach ihrem Tod ver-ehelichte er sich 1876 einzweites Mal, diesmal mit derwesentlich jüngeren AnnaMargarete Potzler aus Peg-nitz.

Bei der Pflasterung der heu-tigen Ludwigstraße warChristian Ernst mit 62 Jahrennach den Begriffen der da-maligen Zeit ein alter Mann.Sicherlich war er angesichtsseiner schweren Tätigkeitauch körperlich mitgenom-men und deswegen am Endeseiner Berufstätigkeit. Erverstarb am 16. Februar 1892im Beisein seines Sohnes HansinseinemHausinderAltstadt.Stadtarchiv Bayreuth, AktenNr. 3806, 14022, 14298, 17084,20980a/5.Horst Fischer, Häuserbuchder Stadt Bayreuth, Bayreuth1991,Bd.IVS.1840bis1842.

AusgeprägterBerufsstolz?

Am Ende eineslangen Berufslebens

Stockfischwässerei ...(Fortsetzung von Seite 6)

leidenschaft. Eine Spreng-bombe des alliierten Bom-bengeschwaders ging imSchmitt’schen Garten niederund zerstörte den Wässerei-betrieb. Auch das Lager in derbenachbarten Scheune wur-de halbseitig getroffen – eineEinladung für Plünderer, diesich schon bald über die Vor-räte hermachten. Allerdingswurden sie ihrer Beute nichtfroh: Da sie die Stockfischenicht lange genug wässerten,erkrankten sie an Durchfall.„Der Monat April war da-mals ungewöhnlich warm,und es bestand zeitweise so-

gar Seuchengefahr“, erinnertsich Härtl. Der Fisch, der zumTeil in Mülltonnen und Ab-fallhaufen gelandet war, riefsogar die Behörden auf denPlan. Alle Versuche, dieStockfischwässerei nach demKrieg wiederzubeleben, wa-ren zum Scheitern verurteilt.Zwar versuchte nach derWährungsreform ein HoferDelikatessengeschäft, dieTradition fortzusetzen, aber:„Es hat einfach nicht mehrhingehauen“, merkt Härtl an.Die Zeitgenossen hatten in-zwischen andere Wünscheund Sehnsüchte, und auch derEssensgeschmack hatte sichgewandelt.

Ach, diese Jugend ...„Was soll nur aus einer sol-chen Jugend werden? Wassich unsere männliche Fort-bildungsjugend leistet, daslässt auch bei den größtenOptimistenden Glau-ben an dasGute imMenschenersterben.Wer an einzelnen Tagen ge-gen 7 Uhr abends die Stra-ßen um die Luitpold-schule begehen muss, derdarf froh sein, wenn er mitheiler Haut durch die Rot-ten wild gewordener Ben-gel kommt. Mit dem un-

vermeidlichen Glimm-stengel kommen sie brül-lend und pfeifend schon zumSchulhaus gestürmt. Wie dieLernlust und Aufmerk-

samkeitdieserBurschenin derSchulesein mag,

kann man sich leicht den-ken. Können braucht manja heute nichts mehr. An-stand ist auch abge-schafft. Die Lehrer sind zubedauern.“ (Aus einem Le-serbrief im Bayreuther Tag-blatt vom 11. März 1920.)

Ein Stoßseufzer ausden 20er Jahren

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Nostalgische Rückblende auf ein Jahrzehnt des ungestümen WandelsDie 60er Jahre hinterließen viele Spuren im Stadtbild / Oberbürgermeister Hans Walter Wild war die prägende Persönlichkeit / Rathaus-Neubau und Mainüberdachung

Die 60er Jahre des vorigenJahrhunderts waren einJahrzehnt des ungestümenFortschritts, verbunden mitgravierenden Veränderun-gen im Bayreuther Stadt-bild, aber auch im Leben derBürger. Hier einige Blitz-lichter aus diesem Jahr-zehnt, das vom damaligenOberbürgermeister HansWalter Wild nachhaltig ge-prägtwurde.1. An vielen Punkten derStadt – wie hier in der Ham-merstatt – hausten noch Fa-milieninBaracken.2. Der Torso des Reitzen-stein-Palais am Luitpold-platz wurde im Juli 1966 ab-gebrochen.3. Dieses Damenquartettgenießt den Altweibersom-meramSchloßberglein.4. Das Nachtlokal „Funzel“in der Richard-Wagner-Straße hat im Januar 1962Premiere.5. Der Hohenzollernring er-reichtdenJosephsplatz.6. Der Marktplatz mit derBaustelle des KaufhausesHertie (1962).7. Architekt Hans Reissingervermauert den letzten Steinfür das Richtfest der Stadt-halle (Januar1963).8. Oberbürgermeister HansWalter Wild und sein Stabblicken wohlgefällig auf dasModell des Neuen Rathau-ses.9. Das Gaswerk wird 1965nach über 100-jähriger Pro-duktionstillgelegt.10. Die spektakulärenWahlerfolge der NPD inBayreuth führen zu Pro-testaktionenvonSchülern.11. Ein Plätzchen im Korn-feld ist immer frei – auch fürdiese Anhängerin der neuenOben-ohne-Mode.12. Elefanten ziehen über diealte Ludwigsbrücke zumLuitpoldplatz.13. Kioske im Einmün-dungsbereich Mainstraße/Schulstraße.14. Blick vom Josephsplatzzur Ludwigsbrücke vor derMainüberdachung (um1965).15. Der spätere Bundes-kanzler Helmut Schmidt mitFrau Loki und Oberbürger-meister Wild bei der Fest-spielpremiere1967.16. Ein Schlüsselereignis der60er Jahre: OB Wild fordertbei einer Kundgebung mitWilly Brandt eine Universi-tätfürBayreuth.

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Bayreuther Heimat als LebensmotivHans Schaefer war ein Maler und Grafiker von altmeisterlicher Perfektion

Von Bernd Mayer

Fragt man Heimatkennernach dem „Maler Alt-Bay-reuths“ im 19. Jahrhundert, sofällt meist der Name HeinrichStelzner, dem unter anderemein wundervolles Bayreuth-Album mit 20 Ansichten ausdem Jahr 1860 zu verdankenist. In seine Fußstapfen trat im20. Jahrhundert ein liebens-würdiger, überaus feinfühli-ger und naturverbundenerKünstler: Hans Schaefer, ge-boren am 22. Juli 1900 in Bay-reuth. Sein Tod am 15. Januar1976 liegt nun schon wieder 35Jahre zurück, und es bestehtdie Gefahr, dass er trotz einesStraßennamens im StadtteilBurg immer mehr in Verges-senheitgerät.Die Bayreutherin BärbelArzberger verbindet viele

persönliche Erinnerungen mitSchaefer. Zusammen mit ih-rem verstorbenen Mann, demGymnasialprofessor HelmutArzberger (ehemals GCE), hatsie nach Schaefers Tod fastschon missionarisch immerwieder Person und Werk insGedächtnis gerufen. „Er warein Maler mit altmeisterlicherPerfektion, aber keineswegseine nur rückwärtsgewandtePersönlichkeit“, merkt BärbelArzberger an. Seine ganzeLeidenschaft als Künstlerhabe der heimatlichen Land-

schaft gegolten. Von HelmutArzberger stammt der Satz:„Schaefer sah seine MotivemitderSeele ...“Dem Sohn eines Konditor-meisters aus der Sophien-straße war sein künstlerischesTalent bereits in die Wiegegelegt. Seine Vorfahren mal-ten und schnitzten, und vomVater Schaefer übernahmHänschenklein auf vielenWanderungen die Liebe zurNatur. Wie viele andereKünstler fertigte er in jungenJahren Repliken von Werkenberühmter Maler an, dochschon in den 20er Jahren fander zu seinem persönlichenunverwechselbaren Aus-drucksstil, vor allem bei derAnfertigung von Exlibris inungezählten Variationen.„Keines gleicht dem anderen,gewundene Zaubergärten tunsich auf, und eine Fülle vonIdeen gewinnt Gestalt“, be-schrieb Helmut Arzberger daskreativeSchaffenSchaefers.Schon in den 20er Jahren desvorigen Jahrhunderts wurdeder Heimatforscher KarlMeier-Gesees auf den jungenKünstler aufmerksam. In sei-ner Heimatbeilage „Bayreu-ther Land“ findet man bereits1927 einen ScherenschnittSchaefers über das alteBrauchtum des „Fitzelns“kurz vor Silvester, am Tag derunschuldigen Kindlein. Zwi-schen dem gemütvollen Pub-lizisten und dem heimatver-bundenen Maler und Grafikerkam es zu einer fruchtbarenZusammenarbeit über Jahr-zehnte hinweg. Beide waren

im Hauptberuf Lehrer,Schaefer zunächst an Zwerg-schulen im Landkreis undspäteranderGraserschule.

Als leidenschaftlicher Land-schaftsmaler konnte sichSchaefer vor allem für Bäumebegeistern. Im BayreutherLand, aber auch im Fichtel-gebirge, in der FränkischenSchweiz und im Frankenwaldfand er sein Lieblingsmotiv inden verschiedensten Formenund Ausprägungen –Baum, Baum, überall Baum.Künstlerisch erfasste er daslebendige Wesen dieser Na-

(FortsetzungaufSeite11)

Das von Schaefer gezeichnete Wohnhaus des Dirigenten HansRichter unweit der Graserschule, das 1967 der Spitzhacke zumOpfer fiel.

Ruinen des Sophienschlosses auf dem Sophienberg 1814, vonSchaefer nach einer alten Zeichnung entworfen.

Die Motive mitder Seele gesehen

Bäume aller Artals Lieblingsobjekte

Der Bayreuther Maler Hans Schaefer als 70-Jähriger in seinem Studierzimmer.

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turdenkmäler, die ihm alsMaler ganz offensichtlichreizvoller erschienen als dieBewohner der Landschaften,die auf seinen Bildern nurhöchst selten anzutreffensind.Dr. Wilhelm Müller, der frü-here Vorsitzende des Histori-schen Vereins für Oberfran-ken, drückte es so aus:„Schaefer liebt jene knorrigeFöhre, die an der Kreuzungzweier Altstraßen ein Richt-punkt für Fuhrleute undWanderer war, oder auch jeneLinde auf einsamer Flur ...“Mit der Feder zeichneteSchaefer in den 30er Jahrendie Tanzlinde von Langen-stadt am Roten Main mit ihrenweit ausladenden Zweigen.Ein prächtiges Motiv für eineBleistiftzeichnung stellte fürihn ein Holzbirnbaum beiOberpreuschwitz dar, um nureinige Beispiele anzuführen.„Schaefer hat die Eigenwelteiner jeden Baumart erfühlt“,schrieb Helmut Arzberger, sowie der Maler jedem MotivseinEigenlebenablauschte.

Zeitlebens blieb Schaeferseiner konservativen Mal-weise und seinem Genre treu.Dennoch war er nach demUrteil von Bärbel Arzbergervon einer bemerkenswertenVielseitigkeit. Von Arbeitenmit Pastellkreide über Tem-pera-Malereien und Radie-rungen bis hin zu Scheren-schnitten und künstlerischenSchriften reicht die Band-

breite. Weit über Deutschlandhinaus bekannt wurde er beiden Freunden und Sammlernvon Exlibris (Bucheignerzei-chen). Seine subtil ausgear-beiteten kleinen Meisterwer-ke bereicherte er ornamen-tenreich mit symbolischenoder allegorischen Anspie-lungen. Bärbel Arzberger istbesonders stolz auf ein ganzpersönliches Buchzeichen mitihrem Namen, das er mit demFedermesser auf weißem Sei-denpapier mit dunklemGrundgeschaffenhat.In seinen letzten Lebensjah-ren wurde besonders die Ra-dierung zu Schaefers bevor-zugter Technik. „Er handhabtsie meisterlich, und jedemBlatt ist anzumerken, mitwelch souveränem Können erdie Radiernadel führt“, so Dr.

Wilhelm Müllernoch zu LebzeitenSchaefers. Es wa-ren Idyllen vonAlt-Bayreuth wieetwa die Kirch-gasse mit derKünstlerkneipe„Eule“, die ebensowie die nordober-fränkischenLandschaften denKünstler magischanzogen. Inzwi-schen ist so man-cher malerischerWinkel, denSchaefer nochfestgehalten hat,für immer zer-stört, so bei-spielsweise die„Tabulatur“ un-weit der Graser-schule. Das an-mutige Barock-häuschen dienteim frühen 20.

Jahrhundert dem erstenFestspieldirigenten HansRichteralsWohnsitz.Zumindest einmal wich derMaler mit den altmeisterli-chen Tugenden von seinerVorliebefüreineheileWeltab.Im Winter 1945/46 malte ervom Fenster seiner Wohnungam Wilhelmsplatz aus diewinterliche Ruinenlandschaftder Friedrich-von-Schiller-Straße, die beim ersten Flie-gerangriff im April 1945schwer getroffen worden war.Die Kriegs- und Nachkriegs-tristesse erschütterte wohlauch das Weltbild des Malerszutiefst. Sein Pastellgemälde,das im Historischen Museumder Stadt Bayreuth ausge-stellt wird, ist ein außerge-wöhnliches künstlerischesDokument der Nachkriegszeit

(siehe unser Titelbild). ImHistorischen Museum derStadt findet sich auch derNachlass von Hans Schaefer,den seine Tochter nach demTod des Malers übergeben hat– zwei Zeichenschränke vollvon Arbeiten, die von Schae-fers Produktivität und gera-dezu existentieller Leiden-schaft zeugen. Der Künstlerkonnte zeitlebens nicht an-ders, als seine Skizzenbüchermit Bleistift und Federzeich-nungen zu füllen, die er späterhäufig als Radierungen aus-führte.

Bei der Würdigung seines Le-benswerkes darf sein Schaf-fen als meisterlicher Schrift-künstler nicht unerwähntbleiben. Ein KulmbacherSchriftgrafiker hatte ihnschon in den 20er Jahren desvorigen Jahrhunderts für dieKunst des Schreibens begeis-tern können, und Schaefersetzte sich mit der ihm eigenenGründlichkeit mit dieserKunstform auseinander. Da-bei bediente er sich der ver-schiedensten Stilformen beider Niederschrift von ausge-wählten Gedichten und Pro-satexten. Mit der ihm eigenenBescheidenheit sprachSchaefer am Ende seines Le-bens rückblickend von seinem„bisschen Schaffen“ undhegte Zweifel an seiner Be-deutung für die Öffentlich-keit. Doch auch dreieinhalbJahrzehnte nach seinem Todhat er es verdient, dass seineHeimatstadt ihm ein ehrendesAndenkenbewahrt.

Ein subtil gestaltetes Exlibris für BärbelArzberger.

BemerkenswerteVielseitigkeit

In den 20er Jahren dieSchriftkunst erlernt

Schaefer als Schriftkünstler, derGedichte und Prosa hingebungsvollzu Papier brachte.

Das Fitzeln am Tag der unschuldigenKindlein, ein Scherenschnitt des Künst-lers aus dem Jahr 1927.

Dieser Neujahrsgruß als Scheren-schnitt ist eine Kostprobe vom Humordes Künstlers Hans Schaefer.

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Als Don Quichote gegen die Werbeflut50 Jahre war „Wutbürger“ Karl Kronberger das grüne Gewissen der Stadt

Von Bernd Mayer

Der Bund Naturschutz blicktin diesen Tagen auf sein 90-jähriges Bestehen zurück – fürden Heimatkurier ein Anlass,sich an den kampferprobtenPädagogen Karl Kronbergerzu erinnern. Fünf Jahrzehntewar er das grüne Gewissen derStadt. Wegen seiner hoch-wirksamen Empörungsstra-tegie kann man ihn getrost alsersten grünen „Wutbürger“Bayreuths bezeichnen, auchwenn er schon eineinhalbJahrzehnte vor den Anfängender Öko-Partei gestorben ist.Mit seiner Frau Gretl bildeteKronberger eine BayreutherNaturgewalt der besonderenArt.Für die Kreisgruppe Bayreuthdes Bundes Naturschutz be-deutete seine Amtszeit alsVorsitzender eine Ära: 45Jahre lang leitete der gebür-tige Mittelfranke aus demAltmühltal die hiesige Orts-gruppe. 1923, drei Jahre nachseiner Hochzeit mit der Bay-reutherin Gretl Stützinger,war er als junger Lehrer an derFriedrichschule vom damali-genStadtschulratSchüßlerandie Spitze der Organisationberufen worden – ein Amt, daser bis 1968 mit wahrer Lei-denschaftausübte.Ein politischer Widerstands-

kämpfer war Kronberger imDritten Reich gewiss nicht.Sein zentrales Anliegen, denNaturschutz, verlor er zwarnie aus den Augen, ein biss-chen Blut-und-Boden-Ideo-logieschwangjedochinseinenPublikationen mit. So gerieter später, wie so viele, in dieMühlen der Entnazifizierung.Von früheren Schülern ließ ersich bestätigen, dass er dentäglichen Unterricht mit ei-nem Gebet und nie (wie sonstüblich) mit einem Führerwortbegonnen hatte. Nach länge-rer Zwangspause durfte erschließlich ab 1947 wiederseinen Lehrerberuf ausübenund brachte es sogar noch füreinknappesJahrzumRektor.Blenden wir zurück in die 30erJahre des vorigen Jahrhun-derts. Ab 1935 machte Kron-berger mit der ihm eigenenKompromisslosigkeit auchJagd auf vermeintliche Um-

weltverschmutzer der beson-derenArt.Zielobjektewurdendie Reklameschilder mit ver-unstalteten Werbeschriften,die er als unerträglichenKitsch empfand. Er hätte sichgewiss nicht träumen lassen,dass viele der damaligenSchilder – von Persil bis Odol –ein Dreivierteljahrhundertspäter gesuchte Antiquitätensein würden. Bei seinemFeldzug gegen verunstalteteReklame bediente er sich alsLeiter der Bayreuther Natur-schutzstelle sehrgeschicktderörtlichen Presse, die seineAufrufebeflissenverbreitete.Als Wächter über ein „reines“Stadtbild konnte sich Kron-berger (inzwischen zumOberlehrer ernannt) auf eineVerordnung des bayerischenInnenministeriums vom 10.

November 1935 stützen, das„Sauberkeit und Schönheit inStadt und Land“ einforderte.Im Namen der Stadt listete erpenibel fast 70 mehr oder we-niger störende Punkte imStadtgebiet auf, meist harm-lose „Kolonialwarenlädla“,deren Fassade mit Werbe-schildern üppig bestückt wa-ren – von der Zigaretten-reklame bis zur Waschmit-telwerbung. Auch im Land-kreis machte Kronbergermobil: Landrat Schwarzmusste in seinem Auftrag„den Unfug der wahl- undmaßlosen Verpflasterung derAußenwände der Geschäfte,der Gartenzäune und der Ne-bengebäude mit Blechschil-dern jeder Größe und Farbe“anprangern.Als couragierter Land-

schaftsschützer machteKronberger auch vor Partei-stellen nicht halt. Mit „HeilHitler“ ermahnte er bei-spielsweise das städtischeBauamt, gegen ein Hinweis-schild des Nationalsozialisti-schen Kraftfahrtkorps(NSKK) im Bereich der Mo-torsportschule in der Saasvorzugehen. Dieses stelle eineLandschaftsverschandelungdar und störe das Bild erheb-lich. Aus heutiger Sicht er-scheint Kronbergers Kampfstellenweise doch ein wenig

überzogen und als eine ArtDonquichotterie. Weil dasMilchgeschäft Lehmann inder Richard-Wagner-Straßeein Leuchtschild in Form ei-ner kleinen Milchkanne an-brachte, sah der Ordnungs-wächter gleich „Sauberkeitund Schönheit des Straßen-bildes“ in Gefahr. Gleicher-maßen störte ein leuchtenderSalamander an einemSchuhgeschäft in der Opern-straße Kronbergers ästheti-schesEmpfinden.Beifall wurde ihm indes vom„Deutschen Bund Heimat-schutz“ mit Sitz in Berlin zu-teil. „Es ist überaus ver-dienstlich, wenn Sie denKampf gegen die Stand-schilderkräftigdurchführen“,ließ ihn der Berliner Fachbe-

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Beim Kiosk von Lauterbach/Göring an der Schulstraße störten Kronberger die Reklame-plakate, deren Entfernung er 1936 forderte.

Reklameschilder inKronbergers Visier Milchkanne und

Schuhsalamander

Besonders störend waren für den streitbaren HeimatpflegerStandschilder an den Einfallstraßen wie hier an der Nürn-berger Straße. Im Hintergrund halblinks das Türmchen derOberrealschule.

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auftragte Dr. Lindner im Mai1936 wissen. Tatsächlichhatten sich zu diesem Zeit-punkt die Stadtschilder vonHotels und Tankstellen vorallem am Stadtrand störendausgebreitet. Die Arbeitsge-meinschaft gegen die Aus-wüchse gegen die Außenre-klame bestärkte Kronbergerebenfalls in seinem Vorgehen.„Die Ausdehnung der Pla-katwerbungbis ins letzteDorfwäre unbedingt eine volks-wirtschaftliche Fehlleitungschlimmster Art ...“ Im Visierwar vor allem Zigaretten-reklame auf öffentlichenStraßen und Plätzen, denn dieZigarette sei ein „starker De-visen- und Gesundheitsräu-ber“. In den Jahren bis zumAusbruch des Zweiten Welt-krieges durchforstete Kron-berger fast den gesamten

Schilderwald im BayreutherUmland. Sogar eine Werbe-tafel für die Luisenburg-Festspiele am Unterkunfts-haus des Fichtelgebirgsver-eins musste auf sein Betreibenabgenommen werden. Zwi-schendurch sparte der Ober-lehrernichtmitLobfürreuigeSünder, aber auch für ver-meintliche Musterknaben. Sobelobigte er im Oktober 1940in einem Brief die Leitung der

Nürnberg-Fürther Straßen-bahnen für ihre sauberenWägen mit ihren reklame-freien Sitzen, die sich wohl-tuend von der „abscheulichenReklame“ in Wiener Bahnenabhebe. Dabei bediente ersich durchaus des Jargons derZeit: „Gewiss, Reklame musssein, aber sie darf nicht aus-arten in das jüdisch-markt-schreiende Getue der Sys-temzeit.DeutscheReklameistGüte!“ Zu diesem Zeitpunktwar der 49-jährige Kronber-ger bereits Oberleutnant imLandschützen-Bataillon 807inFürth.Dreieinhalb Jahre nachKriegsende, am 4. November1948, wurde Kronberger vonder Regierung von Oberfran-ken zum Bezirksbeauftragtenfür den Naturschutz ernannt.Mit geballter Kraft widmete ersich jetzt wieder dem Natur-schutz. Nie war sein Einsatz sowichtig wie in den folgendenzwei Jahrzehnten, in denenBaumschlächter allerorten

ganze Alleen umlegten, um dieautogerechte Stadt zu ver-wirklichen. Kronberger warein Bollwerk, das nicht leichtzu überwinden war – einGrantler, der sich dem ver-meintlichen Fortschritt mitwirksamen Zetermordio inden Weg stellte und gegen die„Baummörder“ wetterte.Überdies verstand er es nochimmer gut, seine Empörungmediengerecht zum Ausdruckzubringen.Doch der Durchsetzungskraftvon Oberbürgermeister HansWalter Wild war der fast 80-Jährige nicht mehr gewach-sen. Vergeblich protestierte ergegen das Abholzen der Kö-nigsallee Ende 1967 und an-dere Massenexekutionen vonBäumen. Als einmal bei Nachtund Nebel ein Baumensembleam Schlossberglein gefälltwurde, legteeraus Protest seinAmt als Naturschutzbeauf-tragter nieder. Doch er bliebbis zu seinem Tod am 12. Juni1973 ein streitbarer AnwaltderNaturundderHeimat.Was ein Baum bedeutet, dashat er seinen ignoranten Zeit-genossen immer wieder insStammbuch geschrieben, soauch in seinem Lieblingsge-dicht aus der Heimatbeilage„Bayreuther Land“ (Nr. 7/8-1937):

Bayreuthserster„Wutbürger“:DerstreitbareRektora.D.KarlKronberger (1891–1973). Er leitete von 1923 bis 1968 die Orts-gruppe des Bundes Naturschutz. Die Aufnahme entstand aufeiner Wanderung im Juni 1959. Fotos: Archiv Mayer

Zu fällen einen schönenBaum,braucht's eine halbeStunde kaum.Zu wachsen, bis man ihnbewundert,braucht er, bedenk es, einJahrhundert.

Friseur Guth in der Bahnhofstraße geizte nicht mit Werbung. Für Kronberger waren nebender Holztafel folgende Schilder ein Ärgernis: Clorodont, Odol, Fromms, Birkenwasser, Biox-Ultra – also weg damit ...

Lob für NürnbergerStraßenbahn

Gegen die Werbeflut13

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QuizgewinnerÜber 500 Einsender habensich an unserem letzten Bay-reuth-Quiz beteiligt. Vor al-lem die Frage 3 bereitete vie-len Lesern Probleme. Dierichtige Antwort: B) Luit-poldplatz, A) Lisztstraße, B)Kulmbacher Straße. Die Ge-winner: Helmut Kolb, Rie-delsberger Weg 68, 2. PreisGerhard Schöberl, Spitz-wegstraße 46, 3. Preis Ger-hard Oetter, Brunnenstraße 3(alle Bayreuth).Die Gewinner können ihrePreise in der Kurier-Ge-schäftsstelle, Maxstraße 58-60 abholen.

IMPRESSUMHEIMAT-KURIER

Das historische Magazindes Nordbayerischen Kuriers

Verantwortlich:Gert-Dieter Meier

Redaktion: Bernd Mayer

Mitarbeit:Dr. Sylvia Habermann,

Bärbel Arzberger

Fotos/Repros:Archiv Bernd Mayer,

Dieter Härtl,Fritz Lauterbach,Rüdiger Kranz,

Karlheinz Lammel,Historisches Museum der

Stadt Bayreuth

Historische Karikaturen:Matthias Ose

Anzeigenleitung:Andreas Weiß

Nordbayerischer KurierGmbH & Co.

Zeitungsverlag KGMaximilianstraße 58/60

95444 Bayreuth undTheodor-Schmidt-Straße 17

95448 Bayreuth

© 2011 Nordbayerischer Kurier

Wo Cäcilie und Thyssen Torte aßenDie Richard-Wagner-Straße 11 und 12 einst und jetzt

Das Bild oben zeigt die Häu-ser Nr. 10 und 12 der Ri-chard-Wagner-Straße um dasJahr 1960, wenige Jahre vordem Neubau des KaufhausesWoolworth, der das Stra-ßenbild nachhaltig verän-derte. Zwei schöne alte Häu-ser des alten Rennwegs (sohieß die Richard-Wagner-Straße zu Zeiten RichardWagners) mussten dem Kauf-hausneubau weichen, überdessen Ästhetik man sich ei-gentlich nicht streiten kann.Zwölf Entwürfe musste derKonzern einreichen, bis dem

Bauausschuss die Fassaden-gliederung genügend „zart“erschien. Tatsächlich passtedas Kaufhaus in die Umge-bung wie die sprichwörtlicheFaust aufs Auge, doch in den60er Jahren hielt man sich mitästhetischen Skrupeln nichtallzu lange auf: Möglichstmodern und großstädtischsollte nach dem Geschmackdes Stadtregiments Bayreuthsein. So musste auch das„Conditorei-Café Bieder-meier“ im Haus Nr. 12 im Ju-ni 1962 seine Pforten schlie-ßen – nach nahezu einem hal-

ben Jahrhundert. Hier„schlabbten“ einst die Kron-prinzessin Cäcilie und der In-dustriebaron August Thyssenihr Schälchen Kaffee. Auchdem Nachbarhaus Nr. 10 mitdem alteingesessenen Glas-und PorzellanwarengeschäftJosef Stölzel schlug 1962 dasletzte Stündlein. Am 5. No-vember 1964 eröffnete Wool-worth seine Bayreuther Fili-ale. Unser aktuelles Foto un-ten, aufgenommen von Rü-diger Kranz, zeigt die Situa-tion fast ein halbes Jahr-hundert später. B. M.

Was läuftsteht imKurier.

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Machen Siemit:

Schreiben Sie die richtigeLösung auf eine Postkar-te, vergessen Sie nicht Ih-ren Namen und Anschriftund werfen Sie die Kartein den nächsten Briefkas-ten oder geben Sie diese ineiner der Kurier-Ge-schäftsstellen ab. Einsen-deschluss ist der 14. April2011. Der Rechtsweg istausgeschlossen. Bitte ad-ressieren Sie die Postkartean:

Nordbayerischer KurierHeimat-Kurier/

Historisches QuizMaximilianstraße 58/60

95444 Bayreuth

Gewinnen Sie:1. Preis:

5-Gang-Überraschungs-Menü inkl. Getränke

für zwei Personen

2. Preis:Menü du Padrón

für zwei Personen

3. PreisZwei Flammkuchen

inkl. ½ Liter Rießling

Restaurant-Brasserie

Friedrichstraße 1095444 Bayreuth

Telefon: 09 21/2 21 00

Öffnungszeiten:Montag bis Samstag

11–14 Uhr und 17–24 Uhr

Das historische Quiz um Alt-BayreuthUnser Gewinnspiel für Stadtkenner und findige Neubürger

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®Eine Fotografie aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Hier hat sich

viel verändert. Wie heißt die Straße im Vordergrund?A) Schulstraße, B) Mainstraße, C) Kanalstraße

Die Bomben haben im April 1945 überall im Stadtgebiet ihre Spurenhinterlassen. Wie heißt diese Straße?

A) Luitpoldplatz, B) Maxstraße, C) Bahnhofstraße

Ein ländlich anmutendes Bild unweit der Innenstadt – um 1960.Wie heißt die Straße?

A) Karl-Hugel-Straße, B) Carl-Burger-Straße, C)Kulmbacher Straße

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Mit dem Mülleimerauf Du und Du

Sperrmüllkann in der Heimwerkstattmühelos aufbereitet wer-den. Für die Zerkleinerungvon Möbeln, alten Koch-herden, kaputten Radios,Fernsehern und so weiterempfiehlt sich die An-schaffung einer Motorsägeund eines Schneidbren-ners, der normalerweisealles kleinkriegt, sowie

auch von mehreren Feuer-löschgeräten und – mitRücksicht auf die Nach-barn – der Abschluss einerRechtsschutzversiche-rung. Sollten größere Ein-zelteile des Sperrguts üb-rigbleiben,so lohntsichderVersuch, sie irgendwie inden Mülleimer zu stopfenunddurch

Müllmänner-bestechungwie beispielweise die Da-nebenstellung eines Kas-ten Festbiers und einerStange Zigaretten, ver-bunden mit einem von derHausfrau oder derenTochter spendierten zärt-lichen Zwinkern, eineraußergesetzlichen Ent-sorgung zuzuführen. Hin-gegen sollte man sich vonNaturfanatikern und grü-nen Extremisten keines-falls überreden lassen, ei-neneigenen

Biomisthaufenvor der Haustür oder garauf dem Trottoir vor demWohnhaus zu errichten.Viele Nachbarn würdendafür kein Verständnisaufbringen. Andere wür-den ihren eigenen Mist dortmit abladen, so dass dieBegehbarkeit des Trottoirsmit dem darauf liegendenMisthaufen in Bälde nurnoch mit Gummistiefeln

Von WAFNER

und Schutzanzügen mög-lich wäre. Die Stadt hatdeshalb

Biotonnenaufgestellt. In ihnen darfselbstverständlich nur na-tiv-organischer Abfalleingeworfen werden, als dasind welke Salatblätter,faule Tomaten, verwesen-de Leberwurst, verschim-meltes Fleisch, Käse, denkein Mensch mehr essenkann, verendende Goldfi-sche, in Bier ertränkteNacktschnecken, aber auchabgeschnitteneFinger-undZehennägel, ausgefalleneHaare, sauer gewordeneLeberknödel, kurz alles,was keine toxisch-anor-ganischen Chemiegifteenthält. Da die Entleerungdieser Biotonnen nur alle14 Tage erfolgen soll, be-wahren sie auch als zuge-deckte Gefäße den natur-nahen Charakter einesechten Misthaufenersat-zes, der als Feuchtbiotopbesonders in der warmenJahreszeit Tausenden vonSchmeißfliegen, Schnaken,Asseln und Ameisen Nah-rung und Wohnung bietet.

Flohmärktebieten allen Bürgern, de-ren Problemmüll von derMüllabfuhr nicht abge-fahren wird, die Chance,denselben gewinnbringendan andere Bürger zu ver-kaufen. Ein Klavier, beidem nur noch fünf Tastenanschlagen, weil fast alleSaiten gerissen sind, ist füreinen Kenner heutzutageinteressanter und wert-voller als jeder fabrikneueBösendorfer-Konzertflü-gel. Desgleichen geltendurchgesessene Kanapeesbei all jenen Zeitgenossenals kostbare Rarität, die einhalbes Leben lang auf derSuche nach gesäßfreund-licher Nostalgie durch dieWelt geirrt sind. Nichtminder sind kaputteSchreibmaschinen, aufdenen nur noch vier odersechs Buchstaben getipptwerden können, von na-hezu allen modernen Ly-rikern, denen nichts mehreinfällt, hochbegehrt. Füralle Bürger, die ihrenSperrmüll auf dem Floh-markt feilbieten, empfiehltsich daher, die Preise sohoch auszuzeichnen, dassauch dumme Mitbürgerbegreifen, um welche Oc-casionen es sich bei diesenGegenständen handelt.

Bayreuther ArbeitsweltenBayreuths Arbeitswelt warnicht gerade das Lieblings-motiv der Fotografen – viellieber konzentrierten sichdiese auf edle Postkartenmo-tive der Stadt. So tauchtenerst Ende des 19. Jahrhun-dertsdieerstenProletarieraufFotografien auf, diemeisten von ihnen wa-ren eher zufällig ins Bildgeraten. Bernd undGerda Mayer haben nunim Dezember mit ihremBuch „Leben und Ar-beiten inBayreuth“eineLücke in der Heimatli-teraturgeschlossen.In diesem Buch ist fürviele ArbeitsweltenPlatz – für die der Pro-letarier in den drei gro-ßen Spinnereien ge-nauso wie für die Weltder ehrbaren Hand-werker, der Jünger Gu-tenbergs, der Verkäu-ferinnen und der Akteure imDunstkreis des BayreutherBieres. Natürlich darf inBayreuth auch „Walhallswundersame Arbeitswelt“nicht fehlen – mit dem stein-alten Notenwart im Orches-

tergraben des Festspielhau-ses, den „Blauen Mädchen“und den Bühnenarbeiternbeim Abtransport des „Sieg-fried“-Drachen. Ein weitesFeld bietet der öffentlicheDienst, ihm ist ebenfalls einKapitel gewidmet. Vom

Oberbürgermeister über denStadttürmer bis zum Müll-mannreichtdieBerufspalette.Schließlich wird in diesemBüchlein auch den Land-frauen und Holzweiblein überdieSchultergeschaut.

Marktfrauen mit Huckelkörben inder Kanzleistraße.

Die Arbeitswelt der Glasperlenhütten im Fichtelgebirge warso rau wie die Gegend. Fotos: Archiv Mayer

Die Fräuleins vom Amt hatten in der Bayreuther „Stadtfern-sprecheinrichtung“ alle Hände voll zu „stöpseln“ (um 1900).

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