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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015 SpruchZ 2015 Seite 69 Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten Nr. 4/2015 vom 31. März 2015 ISSN 2195-7274 Inhaltsübersicht Rechtsprechung zu Spruchverfahren: OLG Frankfurt am Main zur rückwirkenden Anwendung des IDW S1 2005 (entgegen OLG Düsseldorf), S. 70 Delisting GeneScan: Auch OLG Karlsruhe hält Delisting-Spruchverfahren für nicht mehr statthaft, S. 87 Laufende Spruchverfahren: Squeeze-out CinemaxX AG, S. 88; BuG P&I AG, S. 89; verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out Rücker AG, S. 89 u.a. Anstehende Spruchverfahren/Mitteilungen: ADC AG, S. 94; Augusta Technologie AG, S. 95; WMF AG, S. 96 u.a. Delisting-Fälle: PETROTEC AG, S. 98; Synaxon AG, S. 98; POLIS Immobilien AG, S. 99 Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ ). Sie erscheint jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected] Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine umfassende rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen. Spruchverfahren aktuell

Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 69

Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,

Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten

Nr. 4/2015 vom 31. März 2015 ISSN 2195-7274

Inhaltsübersicht

Rechtsprechung zu Spruchverfahren:

OLG Frankfurt am Main zur rückwirkenden Anwendung des IDW S1 2005 (entgegen OLG Düsseldorf), S. 70

Delisting GeneScan: Auch OLG Karlsruhe hält Delisting-Spruchverfahren für nicht mehr statthaft, S. 87

Laufende Spruchverfahren: Squeeze-out CinemaxX AG, S. 88; BuG P&I AG, S. 89; verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out Rücker AG, S. 89 u.a.

Anstehende Spruchverfahren/Mitteilungen: ADC AG, S. 94; Augusta Technologie AG, S. 95; WMF AG, S. 96 u.a.

Delisting-Fälle: PETROTEC AG, S. 98; Synaxon AG, S. 98; POLIS Immobilien AG, S. 99

Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt

und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint jeweils

nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an

den Herausgeber: [email protected]

Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine umfassende

rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen.

Spruchverfahren aktuell

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Rechtsprechung zu Spruchverfahren

OLG Frankfurt am Main zur rückwirkenden Anwendung des IDW S1 2005 (entgegen OLG Düsseldorf)

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18. Dezember 2014, Az 21 W 34/12 – Mainova AG

Leitsätze (der Redaktion): 1. Der Standard IDW S1 2005 ist aufgrund des damit verbundenen Erkenntnisfortschritts zur Gewährleistung materieller Gerechtigkeit auch für einen Bewertungsstichtag im August 2001 rückwirkend zur Anwendung zu bringen (entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2014 – 26 W 9/12, Vorlage an den BGH). Ein Rückgriff auf die im Standard IDW S1 2008 formulierten Bewertungsgrundsätze kommt dagegen nicht in Betracht, da diese mit Blick auf das zum Bewertungsstichtag nicht geltende Steuersystem der Abgeltungssteuer entwickelt wurden und folglich auch keinen Erkenntnisfortschritt für die Bewertung im aus damaliger Sicht des Bewertungsstichtages maßgeblichen Steuersystem des Halb-einkünfteverfahrens darstellen können.

2. Als Basiszinssatz ist ein aus den Strukturkurven der Bundesbank ermittelter, über drei

Monate vor dem Stichtag gemittelter und damit geglätteter Wert anzusetzen.

3. Im Rahmen der Unternehmensbewertung ist bei der Schätzung des Betafaktors regelmäßig auf das Raw Beta und nicht auf das Adjusted Beta abzustellen. Für einen derartigen gewichteten Mittelwert gibt es keine plausible ökonomische Begründung. 4. Auf das eigene Beta der Gesellschaft kann nicht abgestellt werden, wenn dessen statistisches Bestimmtheitsmaß R² zu gering ist. 5. Bei dem Wachstumsabschlag handelt es sich stets um eine unternehmensspezifische Größe. Es kommt darauf an, ob Preiserhöhungen auf den für das jeweilige Unternehmen maßgeblichen Faktormärkten weitergegeben werden können. Im Übrigen ist noch ein Realwachstum zu berücksichtigen. 6. Für die Ermittlung des festen Ausgleichs ist als Verrentungszinssatz der Basiszins zuzüglich der Hälfte des Risikoaufschlags anzusetzen. Die Ermittlung anhand von Nachsteuerwerten ist gegenüber derjenigen anhand von Vorsteuerwerten vorzugswürdig, auch wenn dem Bewertungsstichtag das Halbeinkünfteverfahren zugrunde liegt.

In dem Spruchverfahren zu dem mit der Mainova AG abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag hat das OLG Frankfurt am Main trotz der vorherigen Vorlage des OLG Düsseldorf an den BGH, über die wir berichtet hatten (http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/09/spruchverfahren-squeeze-out-stinnes-ag.html), den IDW-Standard S1 2005 rückwirkend angewandt. Das OLG Frankfurt am Main begründet dies mit dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit und der „Überlegenheit des geänderten

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Ansatzes“ der Fassung 2005, während die vorherige Fassung des IDW-Standards (IDW S1 2000) „handwerkliche Fehler“ enthalten habe. Die neuere Fassung des IDW S1 sei allerdings „zurückhaltend“ anzuwenden. Auch ein Rückgriff auf die im Standard IDW S1 2008 formulierten Bewertungsgrundsätze komme nicht in Betracht. Einer Vorlage an den BGH hätte es nicht bedurft, da die Rechtsfrage der rückwirkenden Anwendung in dem vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich gewesen sei (Erhöhung bei einer überschlagsmäßigen Überprüfung um lediglich 3 %). Während das Landgericht Frankfurt am Main den Barabfindungsbetrag auf EUR 220,50 heraufgesetzt hatte, hält das OLG damit den von der Antragsgegnerin angebotenen Betrag in Höhe von EUR 172,- für angemessen.

Aus den Entscheidungsgründen

(Zwischenüberschriften und Hervorhebungen durch die Redaktion):

„a) Grundlage der Festsetzung einer Kompensation für die außenstehenden Aktionäre sind die §§ 304 ff. AktG a.F. Gemäß § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG a.F. muss ein Gewinnabführungsvertrag für die außenstehenden Aktionäre einen angemessenen Ausgleich durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. (…) Darüber hinaus muss ein Gewinnabführungsvertrag nach § 305 Abs. 1 AktG a.F. die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben. Als Abfindung hat der Vertrag - wie hier - eine Barabfindung vorzusehen, wenn kein Fall von § 305 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AktG a.F. vorliegt (§ 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG a.F.). Die angemessene Barabfindung muss nach § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG a.F. die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Dabei wird die Abfindungshöhe ebenso wie die Höhe der Ausgleichszahlung maßgeblich durch den Ertragswert bestimmt, sofern – wie hier – der Börsenkurs drei Monate vor der erstmaligen Bekanntgabe der unternehmerischen Maßnahme am 3. Juli 2001 unter dem anteiligen Ertragswert liegt. b) Die angebotene Barabfindung über 172 € ist angemessen, weswegen die Anträge der Antragsteller auf die Beschwerde der Antragsgegnerinnen zurückzuweisen waren. Der vom Landgericht vorgenommenen Heraufsetzung der Abfindung auf 220,50 € vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zutreffend ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass der Unternehmenswert sich - dem Ertragswertverfahren entsprechend - aus der mit dem Kapitalisierungszins auf den Bewertungs-stichtag abdiskontierten Summe der zukünftigen Nettozuflüsse bei den Anteilseignern zuzüglich des nicht betriebsnotwendigen Vermögens der Gesellschaft und sonstiger Sonderwerte ergibt. Ebenso ist die Anwendung des Bewertungsstandards IDW S1 2005 auf die Bewertung der Gesellschaft zum Stichtag am 29. August 2001 im Ergebnis zutreffend. Keiner Korrektur bedarf des Weiteren die – von der Sachverständigen befürwortete - weitgehende Übernahme der Ertragszahlen aus dem Vertragsbericht. Soweit das Landgericht allerdings eine umfassende Korrektur des Kapitalisierungszinssatzes nicht nur gegenüber dem Vertragsbericht, sondern auch in Abweichung der Ergebnisse der Sachverständigen vorgenommen hat, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

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aa) Nach dem vom Landgericht zur Anwendung gebrachten Ertragswertverfahren ergibt sich der anteilige Unternehmenswert aus den mit dem Kapitalisierungszins diskontierten zukünftigen Erträgen der Gesellschaft zuzüglich des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sowie anderer Sonderwerte. Rückwirkende Anwendung des IDW S1 2005 wegen Erkenntnisfortschritts Bei seiner Schätzung des Unternehmenswertes anhand des Ertragswertverfahrens hat das Landgericht zu Recht – der gerichtlich bestellten Sachverständigen folgend – den Standard IDW S1 2005 verwendet, obgleich dieser Bewertungsstandard zum Bewertungsstichtag am 29. August 2001 noch nicht bekannt war. Zwar ist der Senat der Auffassung, dass gute Gründe dafür sprechen, den am Stichtag geltenden Bewertungsstandard auch für die zwingend später erfolgende gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung heranzuziehen. Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn der neue Bewertungsansatz einen in Wissenschaft und Praxis weitgehend anerkannten Erkenntnisfortschritt beinhaltet, die Frage der Anwendung der neuen Methode für das Ergebnis der Bewertung von spürbarer Bedeutung ist und das erkennende Gericht von der Überlegenheit des geänderten Ansatzes überzeugt ist. Ein derartiger Erkenntnisfortschritt liegt mit Blick auf den Standard IDW S1 2005 und dabei insbesondere das Tax Capital Asset Pricing Model (im Folgenden Tax CAPM) verbunden mit der Abkehr von der Annahme der Vollausschüttung vor. Zu dieser Überzeugung ist der Senat aus den bereits in seiner Entscheidung vom 28. März 2014 (21 W 15/11, Juris Rn 49 ff.) ausgeführten Gründen gelangt. Die dort angestellten Erwägungen haben durch die Anhörung der gerichtlich bestellten Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2014 eine Bestätigung erfahren. So hat die Sachverständige auf Nachfrage des Senats ausdrücklich ausgeführt, der Standard IDW S1 2005 enthalte aus ihrer sachverständigen Sicht gegenüber der vorangegangenen Fassung einen deutlichen Erkenntnisfortschritt, weswegen sie diesen neuen Standard auch ihrem Gutachten zugrunde gelegt habe. Andere Auffassung: OLG Düsseldorf Ist aber ein echter, in Wissenschaft und Praxis anerkannter Erkenntnisfortschritt zu verzeichnen und zeitigt dieser eine spürbare Bedeutung für das Bewertungsergebnis, ist aus Gründen der materiellen Gerechtigkeit dieser Standard bei der gerichtlichen Prüfung der Angemessenheit der Kompensationszahlungen zu berücksichtigen. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf hiergegen anführt, Gründe der Rechtssicherheit, des Stichtagsprinzips und des Vertrauensschutzes führten zwingend zu der Anwendung der als unzutreffend erkannten Bewertungsmethode (vgl. Beschluss vom 28. August 2014 – 26 W 9/12, Juris Rn 77 ff.), vermag diese Auffassung nicht zu überzeugen. Insoweit teilt der Senat zwar im Grundsatz die Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach Aspekte der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Prozessökonomie bei der Entscheidung, ob und in welcher Form ein geänderter Bewertungsstandard rückwirkend zur Anwendung zu bringen ist, Berücksichtigung zu finden haben (vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11; Juris Rn 38). Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen Aspekt der jeweils zu treffenden Abwägungs-entscheidung (vgl. zu der zu treffenden Abwägungsentscheidung bereits OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. August 2009 – 5 W 39/09, Juris Rn 22). Den vorgenannten Gesichtspunkten gegenüber steht nämlich das Gebot der materiellen Gerechtigkeit, das verfehlt wird, sofern bewusst ein zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtags gültiger Bewertungsstandard bei der gerichtlichen Überprüfung angewandt wird, obwohl dieser handwerkliche Fehler enthält und somit zu unzutreffenden Ergebnissen führt. In diesem Fall wird das Ziel der Ermittlung des möglichst zutreffenden Unternehmenswertes höchstens zufällig erreicht und das Gebot der Bestimmung der angemessenen Abfindung regelmäßig verfehlt. Dies ist bei nur geringfügigen Ergebnisabweichungen nicht zuletzt mit Blick auf das ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Gebot der Gewährung effektiven und damit

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zeitnahen Rechtsschutzes hinzunehmen. Ebenso ist im Fall fortbestehender Unsicherheit über die tatsächliche Überlegenheit der neuen Methode im Zweifel an dem damals gültigen Standard festzuhalten. Hierbei vermag der Senat auch schon aufgrund der Komplexität sowie der unterschiedlichen, häufig allein steuerrechtlich begründeten Motivation für die Einführung eines neuen Standards auch keine Vermutungswirkung für die Überlegenheit eines zeitlich nachfolgenden Standards gegenüber dem alten Standard zu erkennen (so aber OLG Stuttgart, AG 2013, 724; OLG Karlsruhe, AG 2013, 765). Hat sich aber – häufig unter Heranziehung sachverständiger Hilfe – die Überlegenheit der neuen gegenüber der alten Bewertungsmethode herausgestellt, wird das erkennende Gericht dieses Ergebnis und die hieraus resultierenden Konsequenzen für die gebotene materielle Gerechtigkeit nicht außer Acht lassen können. Dem steht die grundsätzlich zutreffende Beobachtung, dass es einen wahren Unternehmenswert nicht gibt, vielmehr stets viele ungeklärte Fragen und zum Teil auch wissenschaftlich nicht eindeutig lösbare Probleme im Bereich der Unternehmensbewertung bestehen bleiben (vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2014 – 26 W 9/12, Juris Rn 101 ff.), nicht entgegen. Andernfalls zöge man sich auf eine völlige Beliebigkeit der gefundenen Ergebnisse zurück, die die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der gewährten Kompensation insgesamt in Frage stellen würde. Zugleich bietet die verbleibende Unsicherheit aber auch einen Ansatz, um insbesondere den fortbestehenden Zielen der Rechtssicherheit und des Stichtagsprinzips bei der rückwirkenden Anwendung des neuen Standards Rechnung zu tragen. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf dem entgegenhält, durch eine zurückhaltende Anwendung der neuen Bewertungsmethode werde die Rechtssicherheit gesenkt statt erhöht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2014 – 26 W 9/12, Juris Rn 101 ff.), vermag das schon deshalb nicht zu überzeugen, weil für die Beteiligten das Ergebnis der Bewertung maßgeblich sein dürfte und weniger der Weg, wie dieses Ergebnis generiert wird. Im Übrigen vertritt der Senat in diesem Zusammenhang auch keine sachfremde Entscheidung, sondern tritt lediglich für die Ausnutzung bestehender, thematisch mit der rückwirkenden Änderung im Zusammenhang stehender Bewertungsspielräume ein, wie dies bei der Höhe der für den Bewertungsstichtag anzunehmenden Marktrisikoprämie der Fall ist. Entsprechend hat das Landgericht zu Recht den neuen Bewertungsansatz auch zur Grundlage seiner eigenen Schätzung gemacht. Dabei ist etwaigen Restzweifeln und dem Gebot der Rechts- und Planungssicherheit der Beteiligten dadurch Rechnung zu tragen, dass die Anwendung der neuen Erkenntnisse zurückhaltend zu erfolgen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11, Juris Rn 90; OLG Düsseldorf, AG 2012, 459). Demgegenüber kommt der von einem der gemeinsamen Vertreter geforderte Rückgriff auf die im Standard IDW S1 2008 formulierten Bewertungsgrundsätze nicht in Betracht, da diese mit Blick auf das zum Bewertungsstichtag nicht geltende Steuersystem der Abgeltungssteuer entwickelt wurden und folglich auch keinen Erkenntnisfortschritt für die Bewertung im aus damaliger Sicht des Bewertungsstichtages maßgeblichen Steuersystem des Halbeinkünfteverfahrens darstellen können. bb) Weiterhin zutreffend hat das Landgericht für seine Schätzung des Unternehmenswertes die von der Sachverständigen ermittelten zu diskontierenden Nettozuflüsse bei den Aktionären herangezogen. Aufgrund von geringfügigen Anpassungen bei den betrieblichen Ertragssteuern war während der Detailplanungsphase von zu diskontierenden Ergebnissen in Höhe von 76.919 TDM, 89.004 TDM, 84.808 TDM sowie 91.112 TDM auszugehen und für die ewige Rente ein Betrag von 87.321 TDM in Ansatz zu bringen. aaa) Die den zu diskontierenden Nettozuflüssen zugrunde liegenden geplanten zukünftigen Erträge der Mainova AG konnten – wie die Sachverständige überzeugend dargelegt hat – weitgehend aus dem Vertragsbericht übernommen werden. Die in dem Vertragsbericht ausgewiesenen Zahlen wurden dabei ihrerseits einer bereits bestehenden Unternehmensplanung entnommen

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(Vertragsbericht S. 31). Ausgewiesen wurde eine Detailplanung für die Jahre 2001 bis 2004. Daran schloss sich ab dem Jahr 2005 eine ewige, keinen Änderungen mehr unterfallende Rente an. Das geplante betriebliche Ergebnis vor Betriebssteuern belief sich dabei dem Vertragsbericht zufolge gerundet auf 141,3 Mio. DM im Jahr 2001, auf 155,7 Mio. DM im Jahr 2002, auf 153,9 Mio. DM im Jahr 2003 und auf 165,5 Mio. DM im letzten Jahr der Detailplanungsphase. Für die Phase der ewigen Rente wurde ein Wert von 157,9 Mio. DM veranschlagt. Korrekturen hieran hat die Sachverständige – wie noch näher darzulegen sein wird – mit Blick auf das Spendenaufkommen in der Detailplanungsphase vorgenommen und insoweit das geplante betriebliche Ergebnis in den Jahren 2001 bis 2004 um 2.900 TDM erhöht. Ferner hat sie geplante Erlöse aus der Auflösung von Rückstellungen im Jahr 2001 in Höhe von 5.000 TDM angenommen und insoweit das Ergebnis vor Steuern in diesem Jahr um weitere 3.000 TDM erhöht. Den gegen die vorstehend skizzierte Ertragsplanung vorgebrachten Einwänden der Antragsteller bleibt – wie bereits das Landgericht auf der Grundlage der Ausführungen der Sachverständigen zutreffend festgestellt hat - der Erfolg versagt. Insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss verwiesen werden. Die hiergegen von den Beteiligten vorgetragenen Erwägungen sind zumindest im Ergebnis nicht überzeugend. Festzuhalten ist zunächst, dass entgegen der Auffassung des gemeinsamen Vertreters für die Barabfindung die von der Sachverständigen vorgelegten Gutachten unter Heranziehung des Vertrags- und des Prüfberichts eine ausreichende Grundlage zur Schätzung der Ertragszahlen der A AG bilden. Insoweit zieht der gemeinsame Vertreter nämlich den eingeschränkten gerichtlichen Kontrollmaßstab mit Blick auf die geplanten Ertragszahlen nicht hinreichend in Betracht. Bei der Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung im Spruchverfahren sind die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen ihrer Erträge nur eingeschränkt überprüfbar. Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. (vgl. nur Senat, Beschluss vom 5. März 2012 – 21 W 11/11, Juris Rn 22; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 - 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 106; OLG Düsseldorf, AG 2008, 498, 500; OLG München, WM 2009, 1848, 1849). Sofern die vorgelegten Zahlen in diesem Sinne plausibel sind, hat auch das Gericht sie seiner Schätzung des anteiligen Unternehmenswertes zugrunde zu legen. Gemessen an dieser vorwiegend auf eine Plausibilisierung der vorgelegten Ertragszahlen ausge-richteten Prüfung sind die Ausführungen der Sachverständigen und die darauf aufbauende Beurteilung des Landgerichts nicht zu beanstanden, sondern bilden die maßgebliche Schätzgrundlage, ohne dass es weiterer Ermittlung von Amts wegen insoweit bedurft hätte. (…) cc) Die vorstehenden Nettozuflüsse bei den Aktionären sind mittels eines Kapitalisierungszinses auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren. Abweichend vom Landgericht, das seiner Schätzung einen Zins von 4,99 % bzw. 3,49 % zugrunde gelegt hat, hält der Senat einen Kapitalisierungszins von 5,61 % während der Detailplanungsphase und einen Zins von 4,61 % in der Phase der ewigen Rente für sachgerecht. Dabei setzt sich – wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – der Kapitalisierungszins aus dem Basiszins, einem Risikozuschlag und – für die Zeit der ewigen Rente – einem Wachstumsabschlag zusammen. Festlegung des Basiszinssatzes

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aaa) Den Basiszins vor Steuern veranschlagt der Senat – der Sachverständigen insoweit folgend – mit einem Wert von gerundet 5,86 %, woraus sich unter Verwendung eines typisierten Steuersatzes von 35 % ein Zins von 3,81 % nach Steuern ergibt. Der Basiszins bildet die Verzinsung einer quasi risikolosen, zum Bewertungsobjekt laufzeit-äquivalenten Alternativanlage ab. Da im Regelfall eine Unternehmensbewertung eine unendliche Lebensdauer des Bewertungsobjekts unterstellt, muss der Basiszins ebenfalls die Rendite einer risikolosen Alternativanlage mit unendlicher Laufzeit abbilden. In der Praxis gibt es hingegen weder unendlich laufende noch vollkommen risikolose Anleihen. Insofern kann der Basiszins nicht direkt am Markt beobachtet werden, sondern muss aus beobachtbaren Daten geschätzt werden. Weitgehend Einigkeit besteht darin, dass zur Abbildung einer möglichst risikolosen Alternativanlage auf Bundeswertpapiere oder Anleihen der öffentlichen Hand zurückgegriffen wird. Das Landgericht hat in Abkehr von den Darlegungen der Sachverständigen einen Basiszins von 5,6 % zugrunde gelegt. Dem ist nicht zu folgen. Dabei hat die Kammer noch zutreffend den Basiszins im Vertragsbericht nicht unbesehen übernommen, weil dieser vornehmlich anhand historischer Zinssätze von 10-jährigen Bundesanleihen ermittelt wurde (Vertragsbericht S. 36), es bei der Bestimmung des Basiszinses aber nicht um die Ableitung des historischen Zinses, sondern um die Schätzung der zukünftigen Verzinsung der Alternativanlage geht, diese regelmäßig nicht mit den historischen Werten übereinstimmt und zudem jedenfalls für einen Anlagezeitraum von bis zu 30 Jahren die relevanten zukünftigen Zinsen bereits zum Bewertungsstichtag am Markt beobachtbar sind. Nicht gefolgt werden kann demgegenüber dem Landgericht darin, den Basiszins für die ersten 30 Jahre anhand der am Markt zu zahlenden Zinsen für inländische, öffentliche Anleihen mit einer Restlaufzeit von bis zu 30 Jahren zu ermitteln und sodann für die sich daran anschließende Restlaufzeit den Wiederanlagezins mit dem sich aus der Zinsstrukturkurve ergebenden Basiszins gleichzusetzen. Der Ansatz ist gegenüber der vom Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ermittlung des Basiszinses anhand der Zinsstrukturkurve in mehrfacher Hinsicht weniger vorzugswürdig. Zum einen nutzt er für die Schätzung der Verzinsung des Zahlungsstroms der Alternativanlage in den nächsten dreißig Jahren nur die Daten von Anleihen mit sehr langen Restlaufzeiten, obwohl mehr Anleihen mit kürzeren Laufzeiten und damit auch mehr Daten im Markt beobachtbar sind. Dies macht die Schätzung tendenziell schlechter. Zudem wurden vom Landgericht für die Schätzung einer Laufzeit von dreißig Jahren Anleihen mit einer Restlaufzeit zwischen 15 und 30 Jahren herangezogen. Dies führt bei dem in der Regel gegebenen normalen Verlauf einer Zinsstrukturkurve tendenziell zu einer Unterschätzung des Zinsniveaus, da bei einem normalen Verlauf der Zinsstrukturkurve Anleihen eine umso höhere Verzinsung aufweisen, je länger deren Laufzeit ist. Schließlich vermag die Heranziehung des aus der Zinsstrukturkurve ermittelten Zinses für die Schätzung des Wiederanlagezinses nach 30 Jahren bei einer sodann unterstellten unendlich langen Laufzeit nicht zu überzeugen. Es ist nämlich kein überzeugender Grund ersichtlich, warum die zum Bewertungsstichtag ermittelte Zinsstrukturkurve zwar nicht die sich direkt anschließende Verzinsung einer gedachten unendlich laufenden, risikolosen Anleihe abzubilden vermag, wohl aber eine solche, die in dreißig Jahren, d.h. zum Zeitpunkt des Wiederanlagezeitpunkts, maßgeblich sein wird. Vorzugswürdig ist daher – wie die Sachverständige dargelegt hat (Gutachten S. 20) – unmittelbar auf die am Bewertungsstichtag gültige Zinsstrukturkurve zurückzugreifen. Soweit das Landgericht gegen die (ausschließliche) Verwendung der Zinsstrukturkurve methodische Bedenken dahingehend geäußert hat, in der Anwendung der Zinsstrukturkurve sei kein Erkenntnisfortschritt im strengen Sinne zu sehen, weshalb es bei der Methode des Bewertungsstichtages zu verbleiben habe, vermag dieser

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Einwand schon deshalb nicht zu überzeugen, weil der Standard zum Bewertungsstichtag die Ermittlung des Basiszinses anhand der Zinsstrukturkurve nicht ausgeschlossen hat und auch das Landgericht sein Vorgehen an der insoweit erst später im Standard IDW S1 2005 formulierten Empfehlung ausgerichtet hat. Bei der Heranziehung der Zinsstrukturkurve wird der Zahlungsstrom der Gesellschaft auf der Grundlage eines Portfolios von Nullkupon-Anleihen verschiedener Fristigkeiten abgezinst. Solche Zero-Bond-Renditen für Staatsanleihen sind am Markt zwar nur vereinzelt aufgelegt. Sie lassen sich aber rechnerisch aus den beobachtbaren Kupon-Anleihe-Renditen ableiten. Eine allgemein anerkannte und von der deutschen Bundesbank in ihren Kapitalmarktstatistiken verwendete Methode zur Ableitung kontinuierlicher Zinsstrukturkurven aus den beobachtbaren Renditen von Kupon-Anleihen ist die Nelson-Siegel-Svensson-Methode. Den aus den Strukturkurven der Bundesbank ermittelten geglätteten Wert für den Basiszins hat die Sachverständige mit 5,86 % veranschlagt. Diesen Wert hält der Senat für zutreffend. Hierbei handelt es sich um einen über drei Monate gemittelten Wert. Soweit die gemeinsamen Vertreter hiergegen einwenden, die von der Sachverständigen vorgenommene Durchschnittsbildung über drei Monate sei nicht zu rechtfertigen, folgt der Senat diesem Einwand nicht. Bei der vorgenommenen Durchschnittsbildung handelt es sich um den Versuch einer Glättung von Marktschwankungen, der zwar nicht zwingend, im Ergebnis jedoch nicht zu beanstanden ist. (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2013 – 21 W 36/12, Juris Rn 72 ff.). Ferner hat die Sachverständige zutreffend für die erforderliche Durchschnittsbildung die drei Monate vor dem Bewertungsstichtag am 29. August 2001 herangezogen. Zwar wird insoweit von einer Empfehlung des Fachausschusses für Unternehmensbewertung (FAUB) aus dem Jahr 2005 abgewichen, wonach nur die ersten drei vollen Monate vor dem Bewertungsstichtag für die Durchschnittsbildung heranzuziehen sind (vgl. auch Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungs-zins in der Unternehmensbewertung, S. 76 f.). Der vorgenannten Empfehlung des FAUB ist jedoch vor dem Hintergrund, dass es auf die Verhältnisse zum Bewertungsstichtag ankommt, weniger vorzugswürdig, zumal taggenaue Daten verfügbar sind und eine wesentliche organisatorische Erleichterung mit Blick auf die Durchführung der Hauptversammlung aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zu dem Bewertungsstichtag damit ebenfalls nicht verbunden ist. Darüber hinaus vermag der Einwand der gemeinsamen Vertreter nicht zu überzeugen, die Verwendung eines einheitlichen, aus der Zinsstrukturkurve ermittelten Basiszinssatzes könne nur für die Abzinsung des Zahlungsstroms in der ewigen Rente zutreffen, da für die Diskontierung der Zahlungen in der Detailplanung fristenkongruente Zinssätze vorlägen. Zutreffend ist zwar, dass für die Zahlungen der Detailplanungsphase (und auch diejenigen der nächsten 25 Jahre danach) fristenkongruente Zinssätze vorliegen. Gleichwohl wird aus Gründen der Darstellbarkeit ein einheitlicher Basiszins für alle Zahlungen verwandt, weil die Abzinsung mit dem einheitlichen Basiszins – bei entsprechenden Annahmen – einen gegenüber der jeweils fristenkongruenten Abzinsung identischen Barwert liefert. Weiterhin kommt es auf den (insoweit berechtigten) Einwand der Antragsteller, die Sachverständige habe zu Unrecht eine Aufrundung auf 6 % statt eine Abrundung auf 5,75 % vorgenommen, nicht an, da der Senat von einer solchen Rundung ohnehin absieht. Sie ist auch nicht mit Blick auf die damals ausgesprochene Empfehlung des IDW, den Basiszins mit 6 % zu veranschlagen, geboten. Soweit die Antragsgegnerinnen behauptet haben, es ergebe sich aus der Zinsstrukturkurve ein Wert von 5,97 % statt wie von der Sachverständigen angenommen von 5,86 %, haben sie hieran nach den

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ergänzenden Ausführungen der Sachverständigen in dem vom Senat eingeholten Ergänzungs-gutachten nicht festgehalten. Erhöhung des Basiszinssatzes um einen Risikozuschlag bbb) Der Basiszinssatz ist um einen Risikozuschlag zu erhöhen, der nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen ist und den der Senat mit 1,8 % nach Steuern veranschlagt. α) Der Grund für die Erhöhung eines Basiszinses um einen Risikozuschlag ist darin zu sehen, dass bei der Investition in ein Unternehmen im Gegensatz zur Anlage in öffentlichen Anleihen die Risiken der unternehmerischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rn 159 f.). Bei der Ermittlung des Risikozuschlags anhand des Tax CAPM wird die aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und (quasi) risikofreien öffentlichen Anleihen (Überrendite) ermittelte durchschnittliche Risikoprämie (Marktrisikoprämie), mit einem unternehmensspezifischen Faktor, dem sogenannten Betafaktor multipliziert (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rn 158). Auf der Grundlage der vorstehenden Erörterungen zum anzuwendenden Standard ist die vom Landgericht vorgenommene Ermittlung des Risikozuschlages anhand des Tax CAPM sachgerecht. β) Das Landgericht hat eine Marktrisikoprämie von 4,5 % unterstellt. Diese Einschätzung stimmt mit derjenigen des Senats für den hiesigen Bewertungsstichtag überein (vgl. hierzu bereits Senat, Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11, Juris Rn 162 ff.; so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, AG 2013, 765). Soweit sich die Beteiligten gegen diesen Wert wenden, bleibt ihren jeweiligen Einwänden der Erfolg im Ergebnis versagt. Dabei erachten die Antragsteller die veranschlagte Marktrisikoprämie für zu hoch. Gleichzeitig halten die Antragsgegnerinnen die Prämie für zu niedrig und vertreten die Auffassung, eine unterhalb von 5,5 % liegende Marktrisikoprämie nach Steuern sei verfehlt. Bei der Marktrisikoprämie handelt es sich um eine mit hohen Unsicherheiten behaftete Schätzung, die ohnehin keiner endgültigen Klärung zugeführt werden kann. Zwar liegt die Höhe der vom Senat seiner Schätzung zugrunde gelegten Prämie gemessen an der Empfehlung des IDW für einen späteren Zeitraum eher am unteren Rand denkbarer Werte. So hat der Arbeitskreis für Unternehmens-bewertung (AKU) für den Zeitraum ab dem 10. Dezember 2004 bis zum Juli 2007 Werte für die Marktrisikoprämie nach Steuern zwischen 5 % und 6 % für angemessen erachtet. Der hier herangezogene Wert von 4,5 % liegt unterhalb des vorgenannten Intervalls. Ginge man zudem etwa – wie vom Senat regelmäßig vertreten – im Rahmen des IDW S1 2000 von einer Marktrisikoprämie vor Steuern von 5 % aus, hätte dies eigentlich unter dem Regime des Standards IDW S1 2005 eine höhere Marktrisikoprämie nach Steuern von etwa 5,5 % zur Folge. Doch ist diese aus Rechtsgründen zugunsten der Antragsteller vorgenommene Herabsenkung der Marktrisikoprämie mit Blick auf die schonende Anwendung des Standards IDW S1 2005 für zurückliegende Sachverhalte gerechtfertigt (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11, Juris). Hierdurch wird die Marktrisikoprämie auch nicht – wie die Antragsgegnerinnen meinen – zu einem völlig beliebigen Ausgleichsposten. Denn insoweit nehmen die Antragsgegnerinnen nicht hinreichend die faktischen Auswirkungen des Standardwechsels auf die unterstellte Marktrisikoprämie nach Steuern in den Blick. Zutreffend ist zwar, dass die Ermittlung der Marktrisikoprämie grundsätzlich unabhängig von dem anzuwendenden Standard zu erfolgen hat. Tatsächlich hat der Standard jedoch Auswirkungen auf die für die Bewertung herangezogene Prämie. Unter dem Standard IDW S1 2000 wurde nämlich regelmäßig eine Prämie von 5 % vor Steuern gewählt, was dann zu einer Prämie von etwa 3,25 % nach Steuern führte. Demgegenüber ist es für den Zeitraum nach Einführung des Standards IDW S1 2005 üblich, eine Marktrisikoprämie nach

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Steuern von 5,5 % anzusetzen. Es liegt nahe, den damit verbundenen, für bereits abgeschlossene Bewertungssachverhalte angewandten Parameterwechsel abzufedern und einen verhältnismäßig niedrigen Wert für eine Marktrisikoprämie nach Steuern anzusetzen. Den von dem Oberlandesgericht Düsseldorf geäußerten Bedenken gegen eine rückwirkende Anwendung des zum Bewertungszeitpunkt noch unbekannten Bewertungsstandards wird damit Rechnung getragen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2014 – 26 W 9/12, Juris). Dabei wird jedoch dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf in der vorerwähnten Entscheidung geprägten Gedanken des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ nicht durch eine Beibehaltung der alten Geschäftsgrundlage, d.h. des alten Standards, Rechnung getragen, sondern durch eine Anpassung der Bewertung an die geänderten Verhältnisse. Der neue Standard gelangt zur Anwendung. Dies geschieht jedoch in einer Art und Weise, die die Auswirkungen des nachträglichen Paradigmenwechsels abzufedern sucht, ohne ihrerseits unvertretbare Werte oder sachfremde Korrekturen vorzunehmen. Soweit die Antragsgegnerinnen in diesem Zusammenhang die Auffassung äußern, eine Marktrisikoprämie nach Steuern von unter 5 % sei sachlich nicht vertretbar, steht diese Auffassung nicht nur im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Karlsruhe, AG 2013, 765) sondern widerspricht den Ausführungen der Sachverständigen in deren Gutachten, die bezogen auf den hier in Rede stehenden Bewertungsstichtag Prämien in einem Intervall zwischen 3,1 % und 8,2 % für plausibel erachtet hat (vgl. Gutachten S. 23). Zwar hat die Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats diese Aussage dahingehend eingeschränkt, dass sie eine Marktrisikoprämie in einer Bandbreite zwischen 5 % und 6 % nach Steuern vorziehe. Gleichzeitig hat sie aber ebenfalls eingeräumt, dass die Annahme einer Risikoprämie von 4,5 % nach Steuern für den hier maßgeblichen Stichtag nicht falsch sei, sich vielmehr für den Zeitraum vor dem Dezember 2004 eine trennscharfe Festlegung der Höhe der Marktrisikoprämie nicht vornehmen lasse. Ermittlung des Betafaktors γ) In Übereinstimmung mit der Sachverständigen hält der Senat einen Betafaktor von 0,4 für sachgerecht. Der Betafaktor gibt an, wie sich die Rendite der Aktien des zu bewertenden Unternehmens im Vergleich zur Rendite des Marktportfolios verhält. Er drückt demnach – einen effizienten Kapitalmarkt unterstellt – die Höhe des unternehmensindividuellen Risikos aus. Dabei misst der Betafaktor das systematische Risiko einer Aktie; er beschreibt, welche Änderung der Rendite der zu bewertenden Aktie bei einer Änderung der Rendite des Marktportfolios zu erwarten ist. Dies bedeutet, dass der im Rahmen des CAPM einzusetzende Betafaktor kein empirisch feststellbarer Vergangenheitswert, sondern ein ebenfalls durch Schätzung zu ermittelnder Zukunftswert ist. Grundlage für die Schätzung des Betafaktors ist in erster Linie der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst. Ersatzweise können auch die Faktoren einer Gruppe von Vergleichsunternehmen (Peer Group) oder auch allgemeine Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios sein (vgl. Senat, Beschluss vom 30. August 2012 – 21 W 14/11, Juris Rn 72; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rn 163). In dem Vertragsbericht wurde der Betafaktor mit 0,4 festgesetzt. Die gerichtlich bestellte Sachverständige hat – wie zuvor die sachverständige Prüferin – den Wert für plausibel erachtet (Vertragsbericht S. 36) und darüber hinaus dargelegt, dass er den unteren Bereich der vertretbaren Betafaktoren bilde (Ergänzungsgutachten S. 21). Gleichwohl hat das Landgericht seiner eigenen Schätzung einen Betafaktor von 0,3 zugrunde gelegt. Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerinnen zu Recht. Sehen Vertragsbericht, sachverständige Prüferin und die gerichtlich bestellte Sachverständige über-einstimmend einen bestimmten Betafaktor vor, ist es dem erkennenden Gericht bereits aus

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Verfahrensgründen verwehrt, ohne eine eingehende Darlegung seiner eigenen Sachkunde einen hiervon abweichenden Wert seiner Schätzung zugrunde zu legen, es sei denn, dies geschieht allein aus rechtlichen Erwägungen heraus. Das Landgericht hat weder seine eigene Sachkunde dargelegt noch hat es die Abänderung des Betafaktors auf rechtliche Gründe gestützt. Vielmehr hat das Gericht allein auf der Grundlage tatsächlicher Erörterungen einen anderen Betafaktor für zutreffend erachtet. Dies war ihm jedoch ohne Einholung eines Obergutachtens verwehrt. Schon deshalb ist der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt nicht zu folgen. Im Übrigen ist entgegen der Auffassung des Landgerichts der im Vertragsbericht zugrunde gelegte Wert zumindest vertretbar und daher – mangels überzeugenderer Alternativen – für die Schätzung des Unternehmenswertes heranzuziehen. Abstellen auf das Raw Beta, nicht das Adjusted Beta: Für einen gewichteten Mittelwert gibt es keine plausible ökonomische Begründung Im Ansatz noch zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass Grundlage für die Schätzung des Betafaktors in erster Linie der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Gesellschaft selbst ist. Dabei ist allerdings die weitergehende Ansicht des Landgerichts abzulehnen, es sei nicht auf das Raw Beta, sondern auf das Adjusted Beta abzustellen. Bei dem Adjusted Beta handelt es sich um einen gewichteten Mittelwert zwischen dem ermittelten Betafaktor und der Zahl 1, wobei 1 dem Beta des Marktportfolios entspricht. Begründet wird diese Gewichtung damit, dass sehr hohe Betas zur Überschätzung und sehr niedrige Betas zu einer Unterschätzung des wahren Betas führen sollen. Dies kann aber nur dann zutreffend sein, wenn alle wahren Betas relativ nahe bei dem Wert 1 liegen. Eine plausible ökonomische Begründung hierfür ist jedoch nicht ersichtlich. Zugleich wird mit einer derartigen Mittelwertbildung das theoretische Konzept des CAPM insgesamt in Zweifel gezogen, obwohl man sich dessen weiterhin zur Ermittlung des unternehmensindividuellen Risikos bedient. So lange daher keine zwingende ökonomische Begründung für eine nivellierende Mittelwertbildung ersichtlich ist, hat es entgegen der Auffassung des Landgerichts bei dem eigentlichen Beta der Gesellschaft, dem so genannten Raw Beta zu verbleiben. Abhängig von den Zeiträumen, Intervallen und Marktindizes lag das Raw Beta der Gesellschaft in einem Bereich zwischen -0,3 und 0,1. Dies impliziert entgegen der Ansicht der Antragsteller jedoch nicht, dass ein Risikozuschlag von Null oder gar ein negativer Zuschlag für die Bewertung der Gesellschaft zu unterstellen wäre. Denn die Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Aussagekraft der historischen Betas der Gesellschaft sehr zweifelhaft ist und deswegen auf das eigene Beta der Gesellschaft nicht abgestellt werden kann. Dies hat sie in erster Linie mit einem Rückgriff auf das statistische Bestimmtheitsmaß R² der gemessenen Betawerte begründet. Die Bestimmtheitsmaße liegen für die aus Sicht des Senats vornehmlich maßgebliche Regression anhand des CDAX zwischen 0,01 und 0,00. Bestimmtheitsmaße solch geringer Höhe werden von der Rechtsprechung aber regelmäßig als zu niedrig eingestuft, um auf den gemessenen eigenen Betafaktor der Gesellschaft als geeignete Größe für die Schätzung des individuellen Unternehmensrisikos abstellen zu können (vgl. Senat, Beschluss vom – 21 W 7/11, Juris Rn 140). Gegen die Ausrichtung der Entscheidung, ob das eigene Beta verwandt werden kann, an dem Bestimmtheitsmaß wenden die Antragsteller zwar nicht zu Unrecht ein, dass ein geringes Bestimmtheitsmaß nicht nur ein Zeichen für die fehlende statistische Aussagekraft der gemessenen Werte sein kann, sondern sich auch dann ergibt, wenn die gemessenen Werte statistisch aussagekräftig sind, aber tatsächlich kein merklicher Zusammenhang zwischen dem unternehmensindividuellen und dem Marktrisiko besteht. Insoweit bedarf es, bevor die Aussagekraft des eigenen Betas abgelehnt wird, einer weiteren Plausibilisierung. Diese hat die Sachverständige vorliegend jedoch durchgeführt. So hat sie die Betafaktoren einer Peer Group untersucht und festgestellt, dass diese im Schnitt deutlich oberhalb der Werte der Mainova AG liegen, ohne dass sie

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hierfür eine plausible Erklärung hätte finden können. Ebenso hat sie die relevanten Branchenbetas und die für Stadtwerke in der Literatur angegebenen Werte untersucht. Hierzu hat sie festgestellt, dass diese unter 0,6 bzw. 0,5 liegen und damit zwar relativ niedrig, aber gleichwohl eine deutlich positive Korrelation mit dem Marktrisiko aufweisen. Dies deutet auf eine Interpretation des Bestimmtheitsmaßes dahingehend hin, dass die gemessenen Betawerte der Gesellschaft nicht aussagekräftig sind. Hinzu kommen theoretisch motivierte Bedenken an einem Betafaktor nahe Null. In diesem Fall würde nämlich bei entsprechender Diversifikation eine Anlage in die A AG eine Investition in Bundesanleihen eindeutig dominieren, da beide Anlageformen für einen Investor risikolos wären und gleichwohl die Verzinsung einer Anlage in die A AG deutlich über derjenigen einer Bundesanleihe läge. Dieses Ergebnis ließe sich mit der in der Realität bestehenden Nachfrage nach quasi risikolosen, wenngleich relativ niedrigverzinslichen Anleihen der öffentlichen Hand kaum in Einklang bringen. Entsprechend ist der Einschätzung der gerichtlich bestellten Sachverständigen zu folgen, wonach auf eine Peer Group abzustellen ist. Die relevante Peer Group hat die Sachverständige aus den maßgeblichen, börsennotierten Energieversorgern im deutschen Markt, nämlich der M AG, der N AG, der O AG und der P AG gebildet. Dieser Auswahl der Sachverständigen von relevanten Vergleichsunternehmen schließt sich der Senat an. (…) Auf ihrer Analyse denkbarer Vergleichsunternehmen aufbauend hat die Sachverständige sodann für verschiedene Intervalle, Zeiträume und Marktindizes durchschnittliche Betas der von ihr entwickelten Peer Group zum Bewertungsstichtag ermittelt, die zwischen 0,2 und 0,6 liegen. Zudem hat die Sachverständige festgestellt, dass eine Analyse der Branchen-Betas seit 1987 zu dem Ergebnis geführt habe, dass Energie- und Versorger-Unternehmen einen Betafaktor von 0,6 aufweisen würden. Schließlich hat sie noch Fundstellen aus der Fachliteratur angeführt, wonach für die Bewertung von Stadtwerken ein Beta-Faktor von maximal 0,5 genannt werde (vgl. Gutachten S. 28). Aus einer Gesamtschau der ermittelten Werte hat die Sachverständige sodann festgestellt, dass der im Vertragsbericht zugrunde gelegte Betafaktor von 0,4 angemessen sei. Dieser nachvollziehbaren und eingehend begründeten Einschätzung schließt sich der Senat an. Ermittlung des Wachstumsabschlags ccc) Abweichend von dem Landgericht und in Übereinstimmung mit der Sachverständigen hält der Senat einen Wachstumsabschlag von 1 % für sachgerecht. Der Wachstumsabschlag hat die Funktion, in der Phase der ewigen Rente die zu erwartenden Veränderungen der Überschüsse abzubilden, die bei der nominalen Betrachtung aus dem letzten Jahr der Detailplanungsphase, hier dem Jahr 2005, abgeleitet worden sind (vgl. WP-Handbuch 2008, S. 74). Er umfasst vornehmlich eine inflationsbedingte sowie daneben gegebenenfalls eine weitere Komponente, die sich aus Mengen- und Strukturänderungen ergibt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008 – 20 W 9/06 –, Juris Rn 84). Aufgrund des im Vordergrund stehenden preisbedingten Bestandteils ist zu seiner Ermittlung die (erwartete) Preissteigerung ein erster Anhalt (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 7. Aufl., Rn 1056). Gleichwohl kann die Preissteigerung nicht mit der Wachstumsrate gleichgesetzt werden. Denn zum einen hängt der Abschlag vom Kapitalisierungszins davon ab, in welchem Umfang das konkrete Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die laufende Geldentwertung aufzufangen, indem es die durch die Inflation gestiegenen Kosten mittels Preiserhöhungen auf seine Abnehmer überwälzen kann (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 – 20 W 9/08 -, Juris Rn 189). Dabei kommt es maßgeblich nicht auf die Preiserhöhung eines durchschnittlichen Warenkorbes an, wie sie von der Inflationsrate angegeben wird, sondern auf die Preiserhöhungen auf den für das jeweilige

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Unternehmen maßgeblichen Faktormärkten. Bereits insoweit handelt es sich beim Wachstums-abschlag stets um eine unternehmensspezifische Größe. Zum anderen ist auch noch ein Realwachstum zu berücksichtigen, wobei es sich um eine zukünftige Größe und damit um eine Prognose handelt (vgl. OLG Frankfurt, AG 2010, 798, 801). Im Vertragsbericht wurde ein Wachstumsabschlag von 1 % veranschlagt. Diesen Abschlag billigte nicht nur die Vertragsprüferin, sondern hat auf der realistischen Grundlage einer am Bewertungsstichtag erwarteten Inflationsrate von etwa 2 % sowie einem geschätzten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes zwischen 2,4 % und 5,74 % auch die Zustimmung der gerichtlich bestellten Sachverständigen gefunden. Gleichwohl hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss seiner Schätzung des Unternehmenswertes einen Wachstumsabschlag von 1,5 % zugrunde gelegt. Diesem Ansatz treten die Antragsgegnerinnen zu Recht entgegen. Schon aus verfahrensrechtlichen Erwägungen kann aufgrund der einhelligen anderslautenden Beurteilung im Vertragsbericht, seitens der sachverständigen Prüferin sowie der gerichtlich bestellten Sachverständigen kein von 1 % abweichender Wachstumsabschlag ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zugrunde gelegt werden. Zu der Einholung eines weiteren Gutachtens besteht hingegen keine Veranlassung, da – wie die Sachverständige überzeugend erläutert hat – der im Vertragsbericht zugrunde gelegte Wert nicht korrekturbedürftig ist. Soweit das Landgericht entgegen der sachverständigen Würdigung einen Wachstumsabschlag von 1,5 % für angemessen erachtet, stützt es seine Ansicht allein auf den Umstand, dass die Mainova AG als Energieversorgerin aufgrund der in den Verträgen mit ihren Endkunden vereinbarten Preisanpassungsklauseln bzw. dem gesetzlichen Preiserhöhungsrecht (z.B. § 4 AVB Gas V, AVBEltV) in der Lage gewesen sei, Preissteigerungen auf dem Beschaffungsmarkt auf ihre Endkunden umzulegen. Aufgrund dieser Möglichkeit sei ein Wachstumsabschlag von 1 % nicht vertretbar. Zutreffend ist hierbei jedoch nur der Ansatz des Landgerichts, wonach es auf die Vertretbarkeit des im Vertragsbericht zugrunde gelegten Wachstumsabschlags ankommt. So hat der Senat bereits in mehreren Entscheidungen auf die relativ geringe Kontrolldichte mit Blick auf den Wachstumsabschlag hingewiesen (zuletzt Beschluss vom 30. August 2012 – 21 W 14/11, Juris Rn 104 sowie Beschluss vom 05. Dezember 2013 – 21 W 36/12, Juris Rn 109). Hierbei handelt es sich um einen Wert, der auf die Prognose der Erträge der Gesellschaft in der ewigen Rente abzielt und wie diese entsprechend nur auf Widerspruchsfreiheit und Plausibilität zu überprüfen ist. Eine fehlende Plausibilität oder gar Widersprüchlichkeit des im Vertragsbericht veranschlagten Wachstumsabschlags ergibt sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht aus dem Umstand, dass die A AG als Energieversorger die rechtliche Möglichkeit hatte, ihre Preissteigerungen an die Endkunden weiterzugeben. Insoweit berücksichtigt das Landgericht nicht ausreichend, dass diese Möglichkeit zunächst nur einen Hinweis auf konstante, nicht sinkende nominale Gewinne gibt. Eine Steigerung der Gewinne ist damit nur dann verbunden, wenn über die Weitergabe der absoluten Kostensteigerungen hinaus der Energieversorger in der Lage ist, ein Ergebniswachstum zu generieren, das auf einem zusätzlichen Preis- oder Mengenaufschlag beruht. Überdies spricht auch die bisherige Rechtsprechung zur Bewertung von Energieversorgern gegen die vom Landgericht angenommene Unvertretbarkeit eines Wachstumsabschlags von 1 %. So sind in der Rechtsprechung für Versorgungsunternehmen wie die A AG auch deutlich unter 1 % liegende oder mit einem Prozent identische Abschläge für zutreffend erachtet worden (vgl. etwa OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Juli 2011 – 20 W 14/08, Rn 272 ff.; LG Frankenthal, Beschluss vom 13. August 2013 – 2 HK O 120/10 Rn 68 ff.; OLG München, Beschluss vom 26. Oktober 2010 – 31 Wx 12/06, Juris Rn 34

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Wachstumsabschlag von 1%; offen gelassen in OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – 26 W 16/06, Juris Rn 20). Zugleich ist der Wachstumsabschlag von einem Prozent auch nicht vor dem Hintergrund der weiteren Erwägungen der Antragsteller unplausibel. (…) ddd) Ausgehend von den vorstehenden Erörterungen ergibt sich für die Detailplanungsphase unter Berücksichtigung eines stilisierten Steuersatzes von 35 % bzw. 17,5 % ein Kapitalisierungszins in Höhe von 5,61 % und in der ewigen Rente von 4,61 % jeweils nach Steuern. (…) gg) Aspekte, die im Rahmen einer Gesamtsicht zu einer Korrektur des ermittelten Unternehmenswertes führen müssten, haben weder die Antragsteller noch die gemeinsamen Vertreter vorgetragen. Insbesondere liegt der anteilige Unternehmenswert deutlich über dem Börsenkurs, so dass auch eine Marktbewertung keine Korrektur nahe legt. Erhöhung des Ausgleichs auf EUR 12,63 C) Gemäß § 304 AktG ist über die Barabfindung hinaus zugleich ein angemessener Ausgleich festzusetzen. Der Senat erachtet in Abweichung des Landgerichts einen Ausgleich von 12,63 € pro Aktie der A AG vor Abzug der persönlichen Ertragssteuer, der Körperschaftsteuer und dem Solidaritätszuschlag als angemessen. Da dieser Wert über dem im Vertrag zugesprochenen Ausgleich liegt, hat eine entsprechende Erhöhung zu erfolgen. aa) Die zu ermittelnde Ausgleichszahlung hat grundsätzlich dem voraussichtlich verteilungsfähigen Bruttogewinnanteil je Aktie abzüglich der von der Gesellschaft hierauf zu entrichtenden Körperschaftsteuerbelastung samt Solidaritätszuschlag zu entsprechen (vgl. BGH, NJW 2003, 3272 „Ytong“). Ausgangspunkt der Berechnung der festen Ausgleichszahlung ist der Ertragswert, der für die Barabfindung ermittelt worden ist (vgl. BGH, NJW 2003, 3272; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008 – 20 W 10/06 -, Juris Rn 67). Dieser Ertragswert ist mit einem geeigneten Verrentungszins zu multiplizieren und sodann anteilig auf die einzelnen Aktien umzulegen. Unter Berücksichtigung steuerlicher Effekte erhält man die Ausgleichszahlung je Aktie. bb) Auszugehen ist bei der Berechnung der festen Ausgleichszahlung von dem im Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswert. Dieser beläuft sich – wie dargelegt – auf 1.855.828 TDM und bildet die Grundlage für die Berechnung des Ausgleichs. Abzuziehen ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2003, 3272) zufolge das in dem ermittelten Unternehmenswert enthaltene nicht betriebsnotwendige Vermögen. Dies gilt aber nur insoweit, als aus diesem Vermögen auch tatsächlich keine Erträge erzielt werden (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. September 2011 – 20 W 6/08, Juris Rn 217; zustimmend auch MünchKommAktG/Paulsen, 3. Aufl., § 304 Rn 89; Popp, WPg 2008, 23, 31). Denn der zu zahlende feste Ausgleich bildet den Ersatz für die in der Zukunft zu erwartenden Dividendenzahlungen ohne den Unternehmensvertrag. Diese Dividenden speisen sich aber nicht nur aus den Erträgen, die durch den Einsatz des betriebsnotwendigen Vermögens erwirtschaftet werden, sondern auch aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen, sofern dieses Vermögen in der Zukunft Erträge abwirft. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Prämisse sind entgegen der Auffassung des Landgerichts sowohl das nicht betriebsnotwendige Vermögen als auch die Sonderwerte bei der Berechnung des festen Ausgleichs zu berücksichtigen.

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So ist zu unterstellen, dass das nicht betriebsnotwendige Vermögen in Höhe von 13.300 TDM der Planung der Gesellschaft zufolge in der Zukunft Erträge abwerfen sollte, wobei hierzu auch zu erwartende Erträge aus einer geplanten Veräußerung fallen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. September 2011 – 20 W 6/08, Juris Rn 217; zustimmend auch MünchKommAktG/Paulsen, 3. Aufl., § 304 Rn 89; Popp, WPg 2008, 23, 31). Denn die Mainova AG hat bei ihrer ursprünglichen Planung das nicht betriebsnotwendige Vermögen in Form der Grundstücke bei der Berechnung des Ausgleichs einbezogen, was – wie dargelegt – nur berechtigt ist, sofern von aus dem Einsatz des nicht betriebsnotwendigen Vermögens resultierenden zukünftigen Erträgen ausgegangen wird. Hieran müssen sich die Antragsgegnerinnen entsprechend festhalten lassen, so dass der im Verfahren von den Antragsgegnerinnen als Reaktion auf das erstinstanzliche Urteil nunmehr vorgenommenen Außerachtlassung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens bei der Berechnung des Ausgleichs keine Bedeutung beizumessen ist. Das übrige gesondert zum Ertragswert der Mainova AG hinzuzurechnende Vermögen in Form des Erlöses aus dem bereits vor dem Bewertungsstichtag erfolgten Verkauf der X GmbH sowie des Erwerbs der Beteiligung an der K GmbH & Co. KG ist schon deshalb zu berücksichtigen, weil beide Vermögenspositionen offensichtlich zukünftige Erträge abwerfen sollten. (…) Entsprechend ist – auf der Grundlage der oben stehenden Ausführungen – von einem Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag in Höhe von 1.855.828 TDM auszugehen. Da die Hauptversammlung mitten im laufenden Geschäftsjahr, nämlich am 29. August stattfand, war – wie später auch mit der Eintragung am 8. Oktober 2001 realisiert – mit einer Eintragung des Unternehmensvertrags im Handelsregister der Gesellschaft noch im laufenden Geschäftsjahr zu rechnen. Entsprechend war vorliegend zur Vermeidung von Doppelzählungen auf den technischen Bewertungsstichtag abzustellen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11, Juris Rn 233 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. September 2011 - 20 W 6/08, Juris Rn 220; Popp, WPg 2008, 23). Der technische Bewertungsstichtag wurde – wie ebenfalls bereits dargelegt – auf den 30. Juni 2001 festgesetzt. Die Abzinsung um knapp acht Wochen berücksichtigend ergibt sich ein geringfügig niedrigerer Unternehmenswert zum technischen Bewertungsstichtag in Höhe von 1.839.037 TDM. Verrentungszinssatz: Basiszins zuzüglich der Hälfte des Risikoaufschlags cc) Der vorgenannte Unternehmenswert ist mit einem Verrentungszinssatz zu multiplizieren. Der Verrentungszins entspricht nach zutreffender und insoweit von allen Beteiligten im Beschwerde-verfahren unbestrittener Auffassung grundsätzlich dem Basiszins zuzüglich der Hälfte des Risikoaufschlags (vgl. dazu etwa Senat Beschluss vom 28. März 2014 – 21 W 15/11, Juris Rn 236). Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Risiko einer festen Ausgleichszahlung zwar höher ist als das einer quasi risikolosen Anleihe, aber zugleich niedriger als die unsichere Dividendenzahlung des Unternehmens. Nachsteuerbetrachtung vorzugswürdig Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind hierbei zumindest im vorliegenden Fall allerdings die jeweiligen Werte nach Steuern heranzuziehen (vgl. hierzu LG Stuttgart, Beschluss vom 5. November 2012 – 31 O 55/08, Juris Rn 158 ff.). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Marktrisikoprämie vor Steuern – anders als vom Landgericht unterstellt – erst noch unter Berücksichtigung des konkreten Ausschüttungsverhaltens, des jeweiligen Betafaktors und des Basiszinses hätte ermittelt werden müssen. So entspricht die vom Landgericht bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs angenommene Marktrisikoprämie vor Steuern in Höhe von 3,5 % unter den hier im Übrigen zugrunde gelegten vorerwähnten Eckwerten des Kapitalisierungszinssatzes nicht der zu Recht als zutreffend erachteten Marktrisikoprämie nach Steuern in Höhe von 4,5 %. Folglich haben sich bei der Vorgehensweise des Landgerichts zur Ermittlung des Verrentungszinssatzes eine geänderte Markt-

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risikoprämie und damit ein anderer Kapitalisierungszins eingeschlichen, ohne dass die geänderten Annahmen einer sachlichen Rechtfertigung zugänglich wären. Doch auch im Übrigen ist die Berechnung des Verrentungszinses anhand von Nachsteuerwerten aus Sicht des Senats vorzugswürdig. Sie setzt in adäquater Weise unter Berücksichtigung des stilisierten Steuersatzes für die Ausgleichszahlung die Konvention eines Verrentungszinses in Höhe des Basiszinses zuzüglich der Hälfte des Risikozuschlages um. Die Multiplikation des Unternehmenswertes mit dem Verrentungszins nach Steuern ergibt nämlich den Betrag, der allen Aktionären als Gewinn netto regelmäßig ausgezahlt werden könnte. Entsprechend stellt sich ein Aktionär aus Sicht des Bewertungsstichtages wertmäßig gleich, ob er sich für die einmalige Abfindungszahlung in Höhe des anteiligen Unternehmenswertes entscheidet oder ob er netto eine regelmäßige feste Ausgleichszahlung in Höhe des anteiligen Unternehmenswertes multipliziert mit dem Verrentungszins erhält. Damit die Ausgleichszahlung aber tatsächlich den anteiligen Unternehmenswert nach Steuern und damit aus Sicht des Aktionärs das daraus erwachsende Potential zukünftiger Gewinne widerspiegelt, ist noch die Steuerlast zu berücksichtigen, die der Aktionär auf die Ausgleichszahlungen zu zahlen hat. Dabei stellt die Garantiedividende einen Gewinnanteil im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar (vgl. Hasselbach/Hirte, Großkomm z AktG, 4. Aufl., § 304 Rn 165). Sie wird also wie eine Dividende besteuert. Natürliche Personen als außenstehende Aktionäre unterfielen dem Halbeinkünfteverfahren, d.h. die Ausgleichszahlung wurde grundsätzlich zur Hälfte von der Ertragssteuer befreit. Entsprechend ist die Höhe der Besteuerung mit einem typisierten Steuersatz von 17,5 % zu veranschlagen. Dieser Aspekt ist in einem zweiten gesonderten Schritt zu berücksichtigen. Wird demgegenüber – wie vom Landgericht vertreten – von vorneherein der Verrentungszins vor Steuern herangezogen, ohne dass nachher eine Anpassung an die tatsächlich vom Aktionär auf den Ausgleich zu zahlende Steuerlast erfolgt, findet letztlich die Besteuerung des Unternehmensanteils statt die tatsächliche Besteuerung der Ausgleichszahlung in die Bemessung des Verrentungszinses Eingang, da gerade diese konkrete Besteuerung maßgeblich für die Entwicklung der Marktrisikoprämie vor Steuern aus der Prämie nach Steuern war. Schließlich streitet für die Vorgehensweise des Senats anhand von Nachsteuerwerten noch die einfachere Berechnung, da sie die Entwicklung der Marktrisikoprämie vor Steuern aus derjenigen nach Steuern überflüssig macht. Ob dabei eine Korrektur der Berechnung vorzunehmen ist, sofern im Vertragsbericht unter Verwendung einer zutreffend hergeleiteten Marktrisikoprämie vor Steuern aus der Marktrisikoprämie nach Steuern eine Berechnung des festen Ausgleichs anhand von Vorsteuerwerten vorgenommen worden ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Dies bedeutet auf der Grundlage der oben angestellten Überlegungen zum Kapitalisierungszins nach Steuern, dass ein Verrentungszins von 4,71 % (= 3,81 % + 0,9 %) zugrunde zu legen ist. dd) Die Multiplikation des Unternehmenswertes mit dem Verrentungszins nach Steuern ergibt den durchschnittlich zu erwartenden Unternehmensgewinn nach Steuern. Aus der Division dieser Gewinnzahlungen durch die Anzahl der Aktien erhält man die Nettoausgleichszahlung pro Aktie nach den persönlichen Steuern. Wird dieser Wert durch den Faktor (1 - 0,175) geteilt, so erhält man den Wert vor Steuern, der auszuzahlen ist, damit der Aktionär den gewünschten Wert nach Steuern realisieren kann, wobei – wie dargelegt - eine Besteuerung des festen Ausgleichs mit einem Steuersatz von 17,5 % unterstellt wird (vgl. Hirte/Hasselbach in Großkomm z AktG, 4. Aufl., § 304 Rn 164 f.).

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Hiernach ergibt sich ein zu zahlender Nettoausgleich vor persönlichen Steuern in Höhe von 9,65 €, der geringfügig über der im Gewinnabführungsvertrag vereinbarten Ausgleichszahlung in Höhe von 9,48 € liegt. Dabei wird hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichs ergänzend auf das Memorandum der Sachverständigen vom 18. November 2014 verwiesen. Der vorstehende Wert umfasst nicht die Unternehmenssteuern und dabei insbesondere die Körperschaftssteuer und den Solidaritätszuschlag. Der von den Antragsgegnerinnen kritisierten und in der Literatur umstrittenen Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu Baldamus, AG 2005, 77; Popp, WPg 2008, 23; offen gelassen in OLG Stuttgart, Beschluss vom – 20 W 6/08, Juris Rn 232) zufolge ist als angemessener Ausgleich nur der voraussichtlich verteilungsfähige Bruttogewinn je Aktie abzüglich der von der Gesellschaft hierauf zu entrichtenden Körperschaftssteuer in Höhe des jeweils gültigen Steuertarifs auszuweisen (vgl. BGH, NJW 2003, 3272). In gleicher Weise ist grundsätzlich der Solidaritätszuschlag zu berücksichtigen (vgl. OLG München AG 2007, 411, 414). Grund für den gesonderten Ausweis ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zufolge, dass bei einem nach den Verhältnissen am Stichtag festgelegten unveränderten Nettobetrag etwaige zukünftige Steueränderungen bei der Unternehmenssteuer nicht berücksichtigt werden, weswegen in diesem Fall die Ausgleichszahlung nicht mehr angemessener Ersatz für die dem Minderheitsaktionär entgangenen Dividenden ist. Sinkt etwa der Unternehmenssteuersatz in der Zukunft, hätte dies ein Ansteigen der Dividende zur Folge, wohingegen ein einmal festgelegter Nettobetrag keiner Veränderung unterläge. Dieses Problem kann – allerdings unter Preisgabe des Stichtagsprinzips - umgangen werden, sofern statt eines fixen Nettobetrages ein Betrag vor Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag ausgewiesen wird, von dem sodann der jeweils gültige Unternehmenssteuersatz in Abzug zu bringen ist. Soweit in der Literatur (vgl. insbesondere Baldamus, AG 2005, 77) gegen diese Rechtsprechung Bedenken erhoben werden, ist die Rechtsprechung diesen Bedenken auch mit Blick auf das Halbeinkünfteverfahren nicht gefolgt (vgl. etwa OLG München, Beschluss vom 31. März 2008 - 31 Wx 88/06, Juris Rn 56, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Mai 2013 -12 W 77/08, Juris). Dieser Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte schließt sich der Senat an. Unter Herausrechnung der berücksichtigungsfähigen Unternehmenssteuern in Höhe von 2,99 € je Aktie ergibt sich daraus nach entsprechender Rundung ein Bruttoausgleich vor Berücksichtigung jeweils noch zu entrichtender Kapitalertragssteuern und eines gesondert zu zahlenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 12,63 €. (…) Vorlage nicht erforderlich, da keine entscheidungserhebliche Abweichung 3. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Eine Vorlage des Verfahrens nach § 28 FGG iVm § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.) ist nicht veranlasst. Sie wäre zwar statthaft, da das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung finden. Ist nämlich wie vorliegend ein Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitet worden, findet auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das seinerzeit geltende Verfahrensrecht Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10, ZIP 2010, 446 Rn 6 ff.). Die Vorlage müsste aber auch im Übrigen zulässig sein. Dies ist nur dann der Fall. wenn der Senat in einer für seine Entscheidung maßgeblichen Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Mit seiner Entscheidung und dabei insbesondere seiner Beurteilung des anzuwendenden Standards weicht der Senat jedoch von keiner Entscheidung eines

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

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anderen Oberlandesgerichts in entscheidungserheblicher Form ab. Dies gilt insbesondere auch für die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. August 2014 (- 26 W 9/12, Juris), auch wenn es sich – anders als mit Blick auf die Frage der sachlichen Richtigkeit eines Standards – in Bezug auf das Problem der rückwirkenden Anwendung eines Bewertungsstandards um eine Rechts- und keine Tatsachenfrage handelt. Obgleich der Senat abweichend vom Oberlandesgericht Düsseldorf aufgrund der von ihm getroffenen Feststellung die Überzeugung vertritt, die materielle Gerechtigkeit gebiete eine rückwirkende Anwendung des Standards IDW S1 2005, kommt eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nicht in Betracht, da der Frage, welcher Standard anzuwenden ist, vorliegend keine Entscheidungserheblichkeit beizumessen ist. Insoweit hat der Senat nämlich eine überschlägige Berechnung des Unternehmenswertes unter Anwendung des Standards IDW S1 2000 vorgenommen. Von den vorgestellten und im Einzelnen diskutierten Bewertungsgrundlagen ausgehend hat er dabei die Annahme einer Ausschüttungsquote von 60 % bzw. 70 % zugunsten einer Vollausschüttung aufgegeben sowie – wie bereits in zahlreichen anderen Verfahren – eine Marktrisikoprämie von 5 % vor Steuern unterstellt. Unter Heranziehung dieser Eckdaten ist der Senat zu einem Unternehmenswert von etwa 1.925 Mio. DM gelangt. Dies beinhaltet gegenüber dem der Abfindung zugrunde gelegten Unternehmenswert lediglich eine Abweichung von 3 %. Eine derart geringe Abweichung hätte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der mit dem alten Standard verbundenen erhöhten Schätzunsicherheit – keine Heraufsetzung der vertraglich bereits zuerkannten Barabfindung gerechtfertigt. Vielmehr ist diese auch unter Berücksichtigung des nach dem alten Standard geringfügig höher zu schätzenden Unternehmenswertes noch als angemessen anzusehen. Soweit es die Ausgleichszahlung anbelangt, hätte die Anwendung des alten Standards IDW S1 2000 auch zu einer Erhöhung der im Unternehmensvertrag vereinbarten angemessenen Ausgleichszahlung geführt. Aufgrund des in diesem Fall deutlich geringeren Verrentungszinssatzes wäre die Erhöhung jedoch trotz des leicht angestiegenen Unternehmenswertes hinter der im Beschluss festgesetzten Ausgleichszahlung zurückgeblieben. Gleichwohl erweist sich diese Abweichung von der nunmehr ausgewiesenen Erhöhung des Ausgleichs aber ebenfalls als nicht entscheidungserheblich, weil die Antragsgegnerinnen ihre Beschwerde entsprechend beschränkt haben.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

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Delisting GeneScan: Auch OLG Karlsruhe hält Delisting-Spruchverfahren für nicht mehr statthaft

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

In dem Spruchverfahren zu dem 2009 beschlossenen Delisting der Aktien der GeneScan Europe AG,

Freiburg i. Br., hatte das Landgericht Mannheim die Anträge nach der Frosta-Entscheidung des BGH

(SpruchZ 2013, 153 = NJW 2014, 146) als unzulässig abgewiesen (Beschluss vom 2. April 2014).

Dagegen von mehreren Antragstellern eingelegte Beschwerden hat nunmehr das OLG Karlsruhe mit

Beschluss vom 15. März 2015 und mit einer recht kurzen Begründung zurückgewiesen. Das Gericht

schließt sich damit ähnlichen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart und München zu den

Delisting-Fällen VARTA und MWG an.

Ein Spruchverfahren sei nach der Frosta-Entscheidung nicht mehr statthaft. Schützenswerte

Dispositionen sieht das Gericht lediglich in den Rechtsverfolgungskosten (S. 10). Bei der Verkürzung

der Frist zwischen Bekanntgabe und Wirksamkeit des Börsenwiderrufs (drei statt sechs Monate bei

einem Kaufangebot) handele es sich um eine kapitalmarktrechtliche Entscheidung, die keine

Auswirkungen auf die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens habe (S. 11). Der Anlegerschutz sei

insoweit "abschließend verwaltungsrechtlich ausgestaltet".

Das in dem Delisting-Verfahren erstattete Gutachten des Sachverständigen WP/StB Prof. Dr. Georg

Heni kam zu einem Unternehmenswert von rd. EUR 1.140,- je GeneScan-Aktie, siehe

http://spruchverfahren.blogspot.de/2013/03/gerichtliches-sachverstandigengutachten.html. Die

Haupt-aktionärin, die Eurofins Ventures B.V., hatte deutlich weniger, nämlich lediglich EUR 577,19 je

Aktie und damit etwa die Hälfte angeboten. Angesichts der Frosta-Entscheidung kam eine in Aussicht

gestellte vergleichsweise Regelung nicht mehr zustande.

Im Anschluss an das Delisting hat die außerordentliche Hauptversammlung der GeneScan Europe AG

am 29. März 2011 einen Squeeze-out beschlossen. Im Rahmen des Squeeze-out hatte die Eurofins

Ventures B.V. den von ihr angebotenen Barabfindungsbetrag etwas nachgebessert und EUR 900,00 je

GeneScan-Aktie geboten. Auch insoweit läuft ein Spruchverfahren.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. März 2015, Az. 12a W 3/15

LG Mannheim, Beschluss vom 2. April 2014, Az. 24 AktE 15/09

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

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Laufende Spruchverfahren

Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der CinemaxX Aktiengesellschaft

In dem Spruchverfahren zu dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei der CinemaxX

Aktiengesellschaft, Hamburg, hat das Landgericht Hamburg die zahlreichen eingegangenen

Spruchanträge mit Beschluss vom 8. Oktober 2014 verbunden und Herrn Prof. Dr. Helmut

Weingärnter, Vorsitzender Richter am LG a.D, zum gemeinsamen Vertreter bestellt. Der Antrags-

gegnerin, der Vue Beteiligungs GmbH, wurde aufgegeben, zu den Einwendungen der Antragsteller

binnen dreier Monate Stellung zu nehmen.

Der von der Hauptversammlung der CinemaxX Aktiengesellschaft am 29. August 2013 beschlossene

Squeeze-out war am 6. Februar 2014 eingetragen worden. Die zum Konzern des britischen

Kinobetreibers Vue Entertainment gehörende Vue Beteiligungs GmbH hatte eine

Gesamtbarabfindung in Höhe von EUR 8,76 je CinemaXX-Aktie festgelegt (zunächst EUR 7,86, dann

Anhebung auf den nunmehr gezahlten Betrag in dem Freigabeverfahren zu einer Anfechtungsklage,

vgl. http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/02/cinemaxx-aktiengesellschaft-erganzende.html).

Zuvor war die Vue Beteiligungs GmbH mit einem nach § 39a WpÜG

versuchten übernahmerechtlichen Squeeze-out bei der CinemaxX Aktiengesellschaft – wie wir

berichtet hatten http://spruchverfahren.blogspot.de/2012/10/cinemaxx-ag-squeeze-out-antrag-

nach-39a.html - gescheitert (zur CinemaxX-Entscheidung des LG Frankfurt am Main siehe SpruchZ

2013, 110).

LG Hamburg, Az. 412 HKO 16/14 Zürn u.a. ./. Vue Beteiligungs GmbH 52 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: Prof. Dr. Helmut Weingärnter, Vorsitzender Richter am LG a.D, 44309 Dortmund Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Vue Beteiligungs GmbH: Rechtsanwälte Skadden, Arps, Slate Meagher & Flom LLP, 60322 Frankfurt am Main

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 89

Spruchverfahren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der P&I Personal & Informatik AG: LG Frankfurt am Main hebt Ausgleich an

In dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der P&I Personal &

Informatik AG als beherrschter Gesellschaft und der Argon GmbH als "anderem Vertragsteil" hat das

Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 24. Februar 2015 den angemessenen Ausgleich

gem. § 304 AktG auf netto EUR 1,68 zzgl. Körperschaftssteuerbelastung und Solidaritätszuschlag und

somit brutto EUR 1,93 festgesetzt (statt der in dem Vertrag vereinbarten EUR 1,55 netto bzw. EUR

1,78 brutto). Nach der Entscheidung hat die Antragsgegnerin den Antragstellern 50 % der

notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Hinsichtlich der Abfindung hält das Landgericht keine Anhebung für erforderlich. Der Sachverständige

sei auf einen Wert von EUR 25,88 gekommen. Damit liege eine Abweichung von unter 5 % zu dem im

Vertrag vereinbarten Betrag in Höhe von EUR 25,01 vor, so dass keine abweichende Festsetzung

gerechtfertigt sei.

Die tatsächlich deutlich positivere Entwicklung, aufgrund der im Rahmen des 2014 durchgeführten

Squeeze-outs ein Betrag von EUR 70,66 als angemessene Barabfindung bezeichnet worden war, hält

das Landgericht für nicht relevant. Die Planung auf den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen

Stichtag 24. März 2011 sei "noch plausibel" (was die Dehnbarkeit der Plausibilitätsvermutung

unterstreicht). Der Großauftrag der Dataport AöR sei auch nach der Wurzeltheorie nicht zu

berücksichtigen, auch wenn die Gesellschaft sich zum Stichtag bereits am 18. März 2011 mit einem

letztverbindlichen Preisangebot beworben hatte (S. 20). Begründet wird dies vom Landgericht damit,

dass das Vergabeverfahren ja schon seit Mai 2009 angedauert habe und ein Erfolg angeblich "sehr

unsicher" gewesen sei.

Die erstinstanzliche Entscheidung wird in II. Instanz vom OLG Frankfurt am Main überprüft werden.

Bei der P&I Personal & Informatik AG ist nunmehr im Herbst 2014 auf Verlangen der Argon GmbH ein

Squeeze-out durchgeführt worden (mit dem erwähnten deutlich höheren Barabfindungsangebot in

Höhe von EUR 70,66 je P&I-Aktie), siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/10/squeeze-out-

bei-der-p-personal.html. Diesbezüglich ist ein weiteres Spruchverfahren beim LG Frankfurt am Main

anhängig.

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Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out bei der Rücker Aktiengesellschaft: Erstinstanzlich keine Erhöhung der Barabfindung

Die Aktien der Minderheitsaktionäre der Rücker Aktiengesellschaft wurden 2013 im Rahmen eines

sog. verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out (mit einer dort geltenden Mindestquote von lediglich

90 %) auf die Hauptaktionärin, die ATON Engineering AG (jetzt: EDAG Engineering AG) übertragen.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 90

Die von mehreren ausgeschlossenen Rücker-Aktionären eingereichten Spruchanträge zur Über-

prüfung des von der Antragsgegnerin angebotenen Barabfindungsbetrags in Höhe von EUR 16,23 hat

das Landgericht Frankfurt am Main nunmehr mit Beschluss vom 24. Februar 2015 (Az. 3-05 O

227/13) erstinstanzlich zurückgewiesen. Diese erstinstanzliche Entscheidung wird in II. Instanz vom

OLG Frankfurt am Main überprüft werden.

Das Landgericht stellt in seiner Entscheidung auf den durchschnittlichen Börsenkurs in einem

Zeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme ab. Gerade das vorliegende

Verfahren zeige, dass eine fundamentalanalytische Ermittlung anhand der Ertragswertmethode unter

bestimmten Umständen gegenüber der marktorientierten Ermittlung nicht vorzugswürdig sei (S. 13).

Diesbezüglich zitiert das Gericht über mehrere Seiten zwei frühere Entscheidungen (Beschlüsse vom

13. März 2009, Az. 3-5 O 57/06, und vom 25. November 2011, Az. 2-05 O 43/13), in denen sich die

Kammer kritisch zur Ertragswertmethode und zu den IDW-Standards geäußert hatte (S. 13 - 19). Die

FAUB-Empfehlungen vom 19. September 2012, die Marktrisikoprämie um 1 % nach Steuern

anzuheben, beurteilt das Landgericht als fragwürdig. Es sei fraglich, ob eine kurzfristige Beobachtung

eines Krisenszenarios eine Änderung rechtfertige (S. 20). Ein Nachvollzug der Erhöhung der

Marktrisikoprämie um 1 % sei nicht möglich (S. 21). Das der Anpassung zugrunde liegende

Datenmaterial oder eine Arithmetik zur Überleitung der alten zur neuen Empfehlung habe der FAUB

nicht veröffentlicht oder in anderer Weise transparent gemacht.

Nach Ansicht des Landgerichts spiegele auch der Börsenkurs die Einschätzung des Barwerts der

künftigen Unternehmenserträge wider (S. 23). Die Ertragswertmethode führe dagegen aufgrund der

Umstrittenheit der Bewertungsparameter zu einer großen Bandbreite und damit zu einer gewissen

Beliebigkeit des gefundenen Werts. Daher habe eine Bewertung nach Börsenkursen zu erfolgen,

wozu das Landgericht - wiederum über mehrere Seite (S. 24 - 30) eine Entscheidung des OLG

Frankfurt am Main (Beschluss vom 5. Dezember 2013, Az. 21 W 36/12) zitiert.

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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der IBS Aktiengesellschaft excellence, collaboration, manufacturing

Die außerordentliche Hauptversammlung der IBS Aktiengesellschaft excellence, collaboration,

manufacturing („IBS AG“) vom 2. Juli 2014 hatte die Übertragung der Aktien der Minder-

heitsaktionäre auf den Hauptaktionär, die zum Siemens-Konzern gehörende Siemens Industry

Automation Holding AG, gemäß §§ 327a ff. AktG beschlossen. Dieser Übertragungsbeschluss ist am

25. August 2014 in das Handelsregister der IBS AG eingetragen worden. Die Hauptaktionärin hatte

eine Barabfindung i.H. von € 12,10 je Stückaktie der IBS AG angeboten.

Mehrere ausgeschlossene Minderheitsaktionäre haben eine gerichtliche Überprüfung des

Barabfindungsbetrags beantragt. Das LG Koblenz hat die eingegangenen Spruchanträge unter dem

führenden Aktenzeichen 4 HK O 79/14 SpruchG verbunden und Herr Rechtsanwalt Dr. Ottmar

Martini als gemeinsamen Vertreter bestellt.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 91

Spruchverfahren W.O.M. WORLD OF MEDICINE AG: LG Berlin weist Befangenheitsantrag gegen Sachverständigen zurück

In dem Spruchverfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre (Squeeze-out) bei der W.O.M.

WORLD OF MEDICINE AG, Berlin, hatte das LG Berlin am 14. Juli 2014 einen umfangreichen

Beweisbeschluss zur Überprüfung der Unternehmensbewertung erlassen und Dr. Jörn Schulte, c/o

IVC Independent Valuation & Consulting Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zum

Sachverständigen bestimmt, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/07/spruchverfahren-

wom-world-of-medicine.html.

Der Sachverständige hatte daraufhin seinen Zeitaufwand auf 1.200 Stunden geschätzt, worauf das

Landgericht einen Vorschuss in Höhe von EUR 330.000,- bei der Antragsgegnerin anforderte. Die

Antragsgegnerin kritisierte diesen Kostenvorschuss als "maßlos überhöht und nicht nachvollziehbar".

Nachdem der Sachverständige zu dieser Kritik Stellung genommen und die vorgesehenen

Prüfungshandlungen dargelegt hatte, lehnte die Antragsgegnerin ihn wegen Befangenheit und

"mangelnder Eignung" ab.

Diesen Befangenheitsantrag hat das LG Berlin nunmehr mit Beschluss vom 17. März 2015

zurückgewiesen. Das Ablehnungsgesuch sei bezüglich des Arguments der veranschlagten Kosten

verspätet. Diese seien mit gerichtlichen Schreiben vom 13. Oktober 2014 bekannt gegeben worden,

so dass der Ablehnungsschriftsatz vom 23. Januar 2015 die Zweiwochenfrist des § 406 Abs. 2 ZPO

deutlich überschritten habe (S. 11). Auch in der Sache sei das Gesuch nicht begründet. Dem

Sachverständigen sei kein von vornherein unzutreffendes Verständnis des Beweisbeschlusses

vorzuwerfen. Dieser beziehe sich auch nicht nur auf die Vertretbarkeit des Parteigutachtens.

Bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Begutachtung dürfe zwar kein übertriebener Aufwand betrieben

werden, etwa wenn es keinen oder nur ein verschwinden geringen Einfluss auf das Endergebnis

gebe. Jedoch müsse ein Sachverständiger seine Tätigkeit nicht laufend daraufhin überprüfen, ob er

eine Beantwortung der Beweisfragen im gerade noch vertretbaren Umfang und unter dem

geringstmöglichen Aufwand vornehme (S. 13). Insgesamt lasse sich keine Vorfestlegung zu Lasten der

Antragsgegnerin erkennen.

Bei der von der Antragsgegnerin vorgebrachten mangelnden Eignung handele es sich um keinen

Ablehnungsgrund des § 42 Abs. 2 ZPO. Das Gericht habe auch keinerlei Zweifel an dessen fachlicher

Eignung.

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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei RENERCO Renewable Energy Concepts

AG erstinstanzlich ohne Erhöhung

Das Landgericht München I hat in dem Spruchverfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre

bei der RENERCO Renewable Energy Concepts AG, München, die Anträge zurückgewiesen (Beschluss

Page 24: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 92

vom 6. März 2015, Az. 5HK O 662/13). Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung kann innerhalb von

einem Monat sofortige Beschwerde eingelegt werden.

Das Landgericht kommt zwar bei einer Anpassung des Kapitalisierungszinssatzes an den geänderten

Risikozuschlag auf einen Unternehmenswert von rund EUR 196,848 Mio. bzw. EUR 4,12 je Aktie.

Dieser Betrag liege allerdings lediglich um rund 1,73 % höher als der von der Hauptversammlung

beschlossenen Barabfindung von EUR 4,04 je RENERCO-Aktie. Da die Ermittlung des

Unternehmenswerts auf einer Schätzung beruhe und es nicht möglich sei, einen mathematisch

exakten und "wahren" Unternehmenswert zum Stichtag zu ermitteln, könne der

Barabfindungsbetrag bei einer Abweichung unter 5% nicht als unangemessen angesehen werden.

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Spruchverfahren zum Beherrschungsvertrag mit der GSW Immobilien AG

In dem Spruchverfahren zu dem Beherrschungsvertrag der Deutschen Wohnen AG (als herrschender

Gesellschaft) mit der GSW Immobilien AG hat das Landgericht (LG) Berlin die eingegangenen

Spruchanträge unter dem führenden Aktenzeichen 102 O 49/14.SpruchG verbunden. Mit Beschluss

vom 27. Januar 2015 wurde Herr Rechtsanwalt Klaus Rotter, Grünwald, zum gemeinsamen Vertreter

bestellt.

Die Aktionäre der Deutsche Wohnen AG und der GSW Immobilien AG hatten dem Vertrag in den

jeweiligen Hauptversammlungen am 11. Juni 2014 bzw. am 18. Juni 2014 zugestimmt. Im Rahmen

des Beherrschungsvertrags hat sich die Deutsche Wohnen AG verpflichtet, auf Verlangen der

außenstehenden Aktionäre der GSW Immobilien AG deren Aktien gegen Gewährung von auf den

Inhaber lautenden Stückaktien der Deutsche Wohnen AG im Umtauschverhältnis 7 Stückaktien der

Deutsche Wohnen AG gegen 3 Stückaktien der GSW Immobilien AG zu erwerben. Wahlweise

garantiert die Deutsche Wohnen AG denjenigen außenstehenden Aktionären der GSW Immobilien

AG, die von dem Abfindungsangebot keinen Gebrauch machen wollen, als angemessenen Ausgleich

für die Laufzeit des Beherrschungsvertrags die Leistung einer jährlichen festen Ausgleichszahlung in

Form einer Garantiedividende in Höhe von netto EUR 1,40 (hergeleitet aus einem Bruttobetrag von

EUR 1,66 abzüglich etwaiger Körperschaftsteuer und etwaigem Solidaritätszuschlag).

Page 25: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 93

Squeeze-out bei der Gameforge Berlin AG: LG Berlin lehnt Erhöhung ab

In dem Spruchverfahren zu dem Squeeze-out der Minderheitsaktionäre bei der Gameforge Berlin AG

(früher: Frogster Interactive AG), Berlin, hat das Landgericht Berlin die Spruchanträge

zurückgewiesen (Beschluss vom 24. Februar 2015, Az. 102 O 84/13.SpruchG).

Die Höhe der Barabfindung bestimmt sich nach Ansicht des Gerichts zutreffend nach dem zwischen

der Antragsgegnerin und der Gesellschaft am 13. Mai 2011 abgeschlossenen Beherrschungs- und

Gewinnabführungsvertrag. Die Verwendung dieser Berechnungsmethode wirke sich zugunsten der

ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre aus (S. 17). Der von KPMG im Rahmen eines Hilfsgutachtens

nach der Ertragswertmethode ermittelte Unternehmenswert sei nämlich (deutlich) niedriger.

Interessant ist die Beurteilung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag durch das

Landgericht. Bei dem Andienungsrecht nach dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

handele es sich um "originär in der Person des jeweiligen Aktionärs entstehende schuldrechtliche

Ansprüche" und somit gehöre dieses Recht nicht zu den "gesellschafts- und vermögensrechtlichen

Verhältnissen" der Gesellschaft (S. 20).

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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Derby Cycle Aktiengesellschaft

erstinstanzlich ohne Erhöhung

Das Landgericht Hannover hat in dem Spruchverfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei

der Derby Cycle Aktiengesellschaft, Cloppenburg, die Anträge zurückgewiesen (Beschluss vom 25.

Februar 2015, Az. 23 AktE 7/13). Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung kann innerhalb von

einem Monat sofortige Beschwerde eingelegt werden.

Das Landgericht hatte den als sachverständigen Prüfer tätigen Wirtschaftsprüfer Wolfgang Deitmer

angehört, aber kein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der Prüfer habe eine

Alternativberechnung und eigene Plausibilitätsberechnungen angestellt. Die Angabe der Erträge und

die Umsatzannahme seien nach Einschätzung der Kammer plausibel. Die angesetzte

Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5 % orientiere sich an den aktuellen Verlautbarungen des

Fachausschusses Unternehmensbewertung (FAUB), die von der Deutschen Bundesbank geteilt

würden. Die Zusammensetzung der Peer Group sei nachvollziehbar erläutert worden. Der mit

lediglich 1% angesetzte Wachstumsabschlag ist nach Ansicht des Gerichts vertretbar.

Page 26: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 94

Anstehende Spruchverfahren/Mitteilungen

ADC African Development Corporation AG: Eintragung des Squeeze-Out-Beschlusses im

Handelsregister der ADC - Einstellung des Börsenhandels erwartet

25.03.2015 - Heute wurde der von der außerordentlichen Hauptversammlung der ADC African

Development Corporation AG (ADC) am 29. Januar 2015 beschlossene Squeeze-Out in das

Handelsregister eingetragen. Die Eintragung hat die Übertragung der Aktien der

Minderheitsaktionäre der ADC auf die Hauptaktionärin, Atlas Mara Beteiligungs AG, Düsseldorf,

gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung in Höhe von EUR 9,72 je auf den Namen

lautende Stammaktie der ADC zur Folge.

Mit der Eintragung des Squeeze-Out-Beschlusses in das Handelsregister der Gesellschaft sind kraft

Gesetzes alle Aktien der Minderheitsaktionäre der ADC auf die Atlas Mara Beteiligungs AG

übergegangen.

Die Börsennotierung der Aktien der ADC wird voraussichtlich in Kürze eingestellt werden.

Über ADC

ADC ist eine Holdinggesellschaft mit Investitionen in Subsahara-Afrika. ADC verfügt durch BancABC,

eine regionale Bankengruppe, die in Botsuana, Mosambik, Tansania, Sambia und Simbabwe

vertreten ist, über eine starke Präsenz im südlichen Afrika sowie in Westafrika durch die Union Bank

of Nigeria. Parallel zu ihrem Bankgeschäft verfügt die ADC in den Wachstumsmärkten Subsahara-

Afrikas über ein Private-Equity-Portfolio. Weitere Informationen über das Unternehmen finden Sie

unter: www.african-development.com.

Über Atlas Mara

Die Atlas Mara Beteiligungs AG, Düsseldorf, ist eine indirekte hunderprozentige Tochtergesellschaft

der Atlas Mara Limited. Atlas Mara Limited wurde gemeinsam von Bob Diamond, Gründer von Atlas

Merchant Capital LLC und Ashish J. Thakkar, Gründer von Mara Group Holdings Limited gegründet

und ist seit Dezember 2013 an der Londoner Börse notiert. Die Strategie von Atlas Mara Limited

besteht darin, durch die Verbindung von Erfahrung, Expertise und Zugang zu Kapital eine führende

Finanzinstitution in Subsahara-Afrika aufzubauen, und so das Wirtschaftswachstum in Afrika zu

fördern und die Finanzsysteme in der Region zu stärken. Weitere Informationen über das

Unternehmen finden Sie unter: www.atlasmara.com.

Page 27: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 95

Augusta Technologie AG: Ausschluss der Minderheitsaktionäre; Verschmelzung wirksam

Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG

Ausschluss der Minderheitsaktionäre und Verschmelzung der Augusta Technologie

Aktiengesellschaft auf die TKH Technologie Deutschland AG wirksam

Die Verschmelzung der Augusta Technologie Aktiengesellschaft, München, auf die TKH Technologie

Deutschland AG, Nettetal, ist heute durch Eintragung in das Handelsregister der TKH Technologie

Deutschland AG wirksam geworden. Die Augusta Technologie Aktiengesellschaft ist damit erloschen.

Gleichzeitig ist der am 19. Januar 2015 von der außerordentlichen Hauptversammlung der Augusta

Technologie Aktiengesellschaft gefasste Beschluss über die Übertragung der Aktien der übrigen

Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der Augusta Technologie Aktiengesellschaft auf die TKH

Technologie Deutschland AG (Hauptaktionärin) gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung

in Höhe von EUR 31,15 je auf den Inhaber lautende Stückaktie gemäß § 62 Absatz 1 und 5

Umwandlungsgesetz in Verbindung mit §§ 327a ff. Aktiengesetz, der am 10. März 2015 in das

Handelsregister der Augusta Technologie Aktiengesellschaft beim Amtsgericht München (HRB

169036) eingetragen wurde, wirksam geworden. Damit sind kraft Gesetzes alle Aktien der

Minderheitsaktionäre der Augusta Technologie Aktiengesellschaft auf die TKH Technologie

Deutschland AG übergegangen.

Die Börsennotierung der Aktien der Augusta Technologie Aktiengesellschaft wird voraussichtlich zum

Ende des heutigen Handelstages eingestellt werden. Der bis dahin noch stattfindende Börsenhandel

ist nur ein Handel mit Barabfindungsansprüchen der Minderheitsaktionäre.

Für die Abwicklung der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre sowie der Gewährung der

angemessenen Barabfindung wird auf die Bekanntmachung verwiesen, die von Seiten der TKH

Technologie Deutschland AG demnächst im Bundesanzeiger veröffentlicht werden wird.

München, den 16. März 2015

Der Vorstand

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 96

WMF AG: Squeeze-out der Minderheitsaktionäre der WMF AG und Verschmelzung der WMF AG auf die Finedining Capital AG wirksam

Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG

Geislingen an der Steige, 23. März 2015 - Die Verschmelzung der WMF AG auf die Finedining Capital

AG mit Sitz in München ist heute durch Eintragung in das Handelsregister der Finedining Capital AG

beim Amtsgericht München (HRB 214769) wirksam geworden. Die WMF AG ist damit erloschen.

Gleichzeitig wurde der Name der Finedining Capital AG in "WMF AG" geändert. Sie wird ihren Sitz

nach Geislingen an der Steige verlegen.

Gleichzeitig ist der am 20. Januar 2015 von der außerordentlichen Hauptversammlung der WMF AG

gefasste Beschluss über die Übertragung der Stamm- und Vorzugsaktien der übrigen Aktionäre

(Minderheitsaktionäre) der WMF AG auf die Finedining Capital AG (Hauptaktionärin) gegen

Gewährung einer angemessenen Barabfindung in Höhe von EUR 58,37 je auf den Inhaber lautende

Stamm- und Vorzugsaktie gemäß § 62 Abs. 5 Umwandlungsgesetz in Verbindung mit § 327a Abs. 1

Satz 1 Aktiengesetz, der am 13. März 2015 in das Handelsregister der WMF AG beim Amtsgericht

Ulm (HRB 540215) eingetragen wurde, wirksam geworden. Damit sind kraft Gesetzes alle Stamm-

und Vorzugsaktien der Minderheitsaktionäre der WMF AG auf die Finedining Capital AG

übergegangen.

Die Börsennotierung der Stamm- und Vorzugsaktien der WMF AG wird voraussichtlich zum Ende des

heutigen Handelstages eingestellt werden. Der bis dahin noch stattfindende Börsenhandel ist nur ein

Handel mit Barabfindungsansprüchen der Minderheitsaktionäre.

Für die Abwicklung der Übertragung der Stamm- und Vorzugsaktien der Minderheitsaktionäre sowie

der Gewährung der angemessenen Barabfindung wird auf die Bekanntmachung verwiesen, die von

Seiten der Finedining Capital AG demnächst im Bundesanzeiger veröffentlicht werden wird.

WMF AG

Der Vorstand

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Forst Ebnath Aktiengesellschaft: Einleitung Squeeze-out Verfahren

Die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Aktiengesellschaft in München (nachfolgend: Munich

Re) hat dem Vorstand der Forst Ebnath Aktiengesellschaft heute das Verlangen gemäß § 327a AktG

übermittelt, dass die Hauptversammlung der Gesellschaft die Übertragung der Aktien der übrigen

Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf Munich Re als Hauptaktionärin gegen Gewährung einer

angemessenen Barabfindung beschließt (sog. "Squeeze-out"). Munich Re gehören mehr als 95 % des

Grundkapitals der Forst Ebnath Aktiengesellschaft, so dass sie Hauptaktionärin im Sinne von § 327a

Abs. 1 Satz 1 AktG ist.

Page 29: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 97

Dresdner Factoring AG: Barabfindung für verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out auf EUR 11,46 je Aktie festgelegt Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG vom 25. März 2015

Die abcfinance Beteiligungs AG mit Sitz in Köln hat dem Vorstand der Dresdner Factoring AG in

Bestätigung und Konkretisierung ihres bereits am 25. November 2014 gestellten

Übertragungsverlangens heute mitgeteilt, dass sie die Barabfindung für die beabsichtigte

Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der Dresdner Factoring AG auf

die abcfinance Beteiligungs AG als Hauptaktionärin im Rahmen des sog. verschmelzungsrechtlichen

Squeeze-out (§§ 62 Abs. 1 und Abs. 5 UmwG i.V.m. § 327a ff. AktG) gemäß § 62 Abs. 5 Satz 8 UmwG

i.V.m. § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG auf EUR 11,46 je auf den Inhaber lautende Nennbetragsaktie mit

einem Nennbetrag von EUR 1,00 je Aktie der Dresdner Factoring AG festgelegt hat.

Der Vorstand der Dresdner Factoring AG und der Vorstand der abcfinance Beteiligungs AG haben den

Entwurf eines Verschmelzungsvertrags, durch den die Dresdner Factoring AG (als übertragende

Gesellschaft) auf die abcfinance Beteiligungs AG (als übernehmende Gesellschaft) verschmolzen

werden soll, abgestimmt. Der Verschmelzungsvertrag soll nach der finalen Zustimmung des

Vorstands sowie der Zustimmung des Aufsichtsrats der Dresdner Factoring AG voraussichtlich am 26.

März 2015 geschlossen und beurkundet werden. Über den Squeeze-out soll in der kommenden

ordentlichen Hauptversammlung der Dresdner Factoring AG Beschluss gefasst werden, die für den

13. Mai 2015 geplant ist.

Der Vorstand

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Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out bei der Impreglon SE

Mitteilung der GMT Investment AG: Die GMT Investment AG hat dem Verwaltungsrat der Impreglon

SE heute mitgeteilt, dass sie insgesamt 9.111.805 Aktien und damit Aktien in Höhe von 90,79% des

Grundkapitals der Impreglon SE hält.

Die GMT Investment AG hat den Vorstand weiterhin darüber informiert, dass sie als Hauptaktionärin

der Impreglon SE beabsichtigt, Verhandlungen über den Abschluss eines Verschmelzungsvertrags mit

der Impreglon SE aufzunehmen, mit dem die Impreglon SE (als übertragende Gesellschaft) auf die

GMT Investment AG (als übernehmende Gesellschaft) verschmolzen werden soll. Der

Verschmelzungsvertrag soll die Angabe enthalten, dass die Minderheitsaktionäre der Impreglon SE

im Zusammenhang mit der Verschmelzung aus der Impreglon SE ausgeschlossen werden.

Entsprechend hat die GMT Investment AG an den Verwaltungsrat der Impreglon SE zugleich ein

Verlangen nach §§ 62 Abs. 5 Satz 1 UmwG, 327a Abs. 1 AktG gerichtet, dass die Hauptversammlung

der Impreglon SE im Zusammenhang mit der Verschmelzung über die Übertragung der Aktien der

Minderheitsaktionäre der Impreglon SE auf die GMT Investment AG als Hauptaktionärin gegen

Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließt.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 98

Delisting-Fälle

PETROTEC AG: Beschluss, Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien zum Handel im regulären Markt zu stellen Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG Borken, 20. März 2015

Der Vorstand der PETROTEC AG mit Sitz in Borken, ISIN DE000PET1111, hat heute mit Zustimmung

des Aufsichtsrats beschlossen, bei der Frankfurter Wertpapierbörse als der Börse, an der die Aktien

der PETROTEC AG zum Handel im Teilbereich des regulierten Marktes mit weiteren

Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) zugelassen sind, den Widerruf der Zulassung zum Handel

im regulierten Markt kurzfristig zu beantragen (sogenanntes Delisting).

Nach positiver Bescheidung des Antrags auf Widerruf der Zulassung und Wirksamwerden der

Entscheidung der Frankfurter Wertpapierbörse würden die Aktien der PETROTEC AG nicht mehr in

einem regulierten Markt einer Börse gehandelt werden. Derzeit rechnet der Vorstand der

Gesellschaft damit, dass die Aktien der PETROTEC AG voraussichtlich spätestens sechs Monate nach

Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung der Frankfurter Wertpapierbörse in keinem regulierten

Markt mehr gehandelt werden.

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Delisting der Synaxon-Aktien

Synaxon AG: Ergebnisanstieg in 2014 / Dividendenvorschlag von 0,70 EUR je dividendenberechtigter Aktie / Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Synaxon AG zum Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG

Der SYNAXON-Konzern konnte das EBIT/Betriebsergebnis im Jahr 2014 auf 1.292 TEUR (Vorjahr: 7

TEUR) steigern. Die Umsatzerlöse nahmen durch den Verzicht auf nicht profitable Geschäfte im

Handelsbereich hingegen auf 31.336 TEUR (Vorjahr: 37.505 TEUR) ab. Der Konzernabschluss und der

Jahresabschluss der Synaxon AG werden am 26. März 2015 veröffentlicht.

In der heutigen Bilanzsitzung haben Aufsichtsrat und Vorstand der Synaxon AG beschlossen, der

Hauptversammlung die Ausschüttung einer Dividende für das Geschäftsjahr 2014 in Höhe von 0,70

Euro je dividendenberechtigter Stückaktie vorzuschlagen. Aufgrund der guten Kapitalausstattung soll

die Ausschüttung zum Teil aus den Gewinnrücklagen erfolgen. Die Hauptversammlung wird am

08.05.2015 über die Gewinnverwendung entscheiden.

Page 31: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 99

Zudem hat der Vorstand heute beschlossen, einen Antrag auf Widerruf der Zulassung aller Aktien der

Gesellschaft mit der WKN 687380 zum regulierten Markt (General Standard) der Frankfurter

Wertpapierbörse als dem einzigen regulierten Markt, zu dem die Aktien der Synaxon AG zugelassen

sind (reguläres Delisting), zu stellen. Der Aufsichtsrat der Synaxon AG hat diesem Beschluss heute

zugestimmt.

Der Vorstand wird den Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Synaxon AG zeitnah bei der

Frankfurter Wertpapierbörse stellen. Nach positiver Bescheidung des Antrags auf Widerruf der

Börsenzulassung durch die Frankfurter Wertpapierbörse wird das Delisting voraussichtlich sechs

Monate nach Veröffentlichung des Widerrufs der Frankfurter Wertpapierbörse wirksam werden. Die

Aktien der Synaxon AG würden dann nicht mehr in einem regulierten Markt einer Börse gehandelt

werden.

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POLIS Immobilien AG: POLIS Immobilien beschließt Delisting ihrer Aktien

Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG

Fortführung der Börsennotierung im nicht regulierten Markt wird geprüft

Berlin, 05. März 2015. Der Vorstand der POLIS Immobilien AG, Berlin, hat heute mit Zustimmung des

Aufsichtsrats beschlossen, bei der Frankfurter Wertpapierbörse zeitnah einen Antrag auf Widerruf

der Zulassung der Aktien der POLIS Immobilien AG zum Handel im regulierten Markt (Delisting) zu

stellen. Es ist davon auszugehen, dass das Delisting sechs Monate nach Veröffentlichung der

positiven Entscheidung der Frankfurter Wertpapierböse wirksam wird.

Der Vorstand begründet seine Entscheidung damit, dass der wirtschaftliche Nutzen der

Börsennotierung der POLIS Immobilien AG den damit verbundenen Aufwand nicht mehr rechtfertigt.

"Rund 95 Prozent der POLIS-Aktien werden seit geraumer Zeit von drei Aktionärsgruppen gehalten",

sagt Dr. Alan Cadmus, Vorstandssprecher von POLIS. "Der Handel an der Börse ist seit geraumer Zeit

sehr gering. Das Unternehmen ist sehr solide finanziert und es bestehen keine Pläne, in absehbarer

Zeit Kapitalerhöhungen über die Börse durchzuführen."

Der Vorstand wird prüfen, ob nach der Beendigung der Börsenzulassung im regulierten Markt eine

weitere Einbeziehung der Aktien der POLIS Immobilien AG in den Handel im Freiverkehr an einem

oder mehreren deutschen Börsenplätzen sinnvoll ist.

Page 32: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 100

Aufsatzübersicht zu Spruchverfahren

Länder dringen auf Rechtsschutz beim Delisting Entscheidung in der Koalition noch offen Börsen-Zeitung, 7.3.2015 Die Bundesländer setzten sich für bessere Aktionärsrechte im Fall eines Delistings von der Börse ein. Der Bundesrat forderte am Freitag in Berlin die Regierung auf zu ... https://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=1&artid=2015046023

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Delisting nach Frosta: Investoren, Börsen und Gesetzgeber gefordert

HV Magazin 01/2015, S. 26 f.

In ihrem Beitrag "Delisting nach Frosta: Investoren, Börsen und Gesetzgeber gefordert" beschreiben

Klaus Schlote und Joachim Schmitt (beide Geschäftsführer der Solventis Wertpapierhandelsbank

GmbH) die Auswirkungen des Frosta-Urteils des BGH (Aufgabe der Macrotron-Rechtsprechung zum

Delisting).

Die vom BGH zitierte Studie des DAI wird als irrelevant beurteilt, da in dem dort untersuchten

Zeitraum 2003 bis 2010 ein Delisting nur mit einem Abfindungsangebot möglich war. Die Aussage des

DAI werde durch die Realität ad absurdum geführt, was die Autoren durch eine Untersuchung der

Kursveränderungen nach einer Delisting-Ankündigung in aktuellen Fällen untermauern. Nach ihrer

Untersuchung betragen die Kursabschläge bis zu 25% und im Einzelfall bis zu 80%. Als ein Grund

hierfür wird darauf hingewiesen, dass Fonds vielfach nur gelistete Aktien halten dürfen.

Großaktionäre nutzten die Kursrückgänge aus, um billig zukaufen zu können. Als Negativbeispiele

nennen die Autoren die Fälle Magix AG und Swarco Traffic Holding AG.

Sie schließen ihren Beitrag mit einem Appell, dem "Delisting-Unwesen" im Rahmen des

Aktienrechtsnovelle 2015 einen Riegel vorzuschieben.

Page 33: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 101

Informationen über Spruchverfahren

Spruchverfahren.info als weiteres Informationsangebot der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.

Unter http://www.spruchverfahren.info/ informiert die Verbraucherzentrale für

Kapitalanleger e.V. (VzfK) über den Sachstand von Spruchverfahren. Die VzfK schreibt hierzu:

„Alle Daten und Informationen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem

elektronischen Bundesanzeiger und Mitteilungen nach § 15 WpHG, vereinzelt auch aus der

Wirtschaftspresse, Unternehmensnachrichten sowie von den Homepages von

Gesellschaften, Forschungseinrichtungen, Statistischen Bundes- und Landesämtern, der

Bundesanstalt für Finanzmarktaufsicht (BaFin), Einzelpersonen und anderen

Aktionärsvereinigungen.“ Neben einer Aufstellung aller Verfahren gibt es zur leichteren

Recherche unterschiedliche Kategorien, etwa zum Delisting, zur Sitzverlegung oder zum

verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out. Ergänzt wird das Angebot mit einem

Basiszinsrechner, siehe http://www.spruchverfahren.info/basiszinsrechner/.

Page 34: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 4/2015

SpruchZ 2015 Seite 102

Zeitschrift und Dokumente auf http://de.slideshare.net/SpruchZ

Impressum

______________________

Zeitschrift

Spruchverfahren aktuell

(SpruchZ)

4. Jahrgang

ISSN 2195-7274

Herausgeber:

Interessengemeinschaft

Spruchverfahren (IG Spruch),

c/o Rechtsanwaltskanzlei

ARENDTS ANWÄLTE,

Perlacher Str. 68,

D - 82031 Grünwald

(bei München)

Bestellungen bitte an die E-Mail-

Adresse: [email protected]

Redaktion/Mitarbeiter: [email protected]

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(presserechtlich

verantwortlich), RA Dr. Peter

Dreier, RA/StB Dr. Theo

Schubert, M.C.L. Univ. Mich., RA

Clemens Schmautzer

c/o ARENDTS ANWÄLTE, Perlacher Str. 68, D - 82031 Grünwald

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