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Csaba Földes Farbbezeichnungen als phraseologische Strukturkomponenten im Deutschen, Russischen und Ungarischen Eine Präsentation von Katalin Szám

Farbbezeichnungen

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Csaba FöldesFarbbezeichnungen als phraseologische Strukturkomponenten im Deutschen, Russischen und Ungarischen

Eine Präsentation von Katalin Szám

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Inhalt Das Verhältnis von Mensch und Farben Phraseologismen Phrasenbildung Herkunft Verwendung Die symbolische Mehrdeutigkeit der

Farbwörter Äquivalenttypen Zum Schluss

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Das Verhältnis von Mensch und Farben Die Farben ein “altertümliches

Bedürfnis” der Menschheit Der Mensch ist ein

farbengenießendes und farbenproduzierendes Wesen

J.W. Goethe als erster „Farbenpsychologe“

Farben bringen entscheidende und bedeutsame Wirkung hervor

Farbbezeichnungen und Assoziationen als Ausgangspunkt für die Entstehung von Phraseologismen

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Phraseologismen (1.)

Eine konfrontative Analyse mit Farbkomponenten des Deutschen, Russischen und Ungarischen von rund 700 Phraseologismen

Korpus der Untersuchung die durch eine bestimmten Grad an Idiomatizität, Stabilität und Reproduzierbarkeit

Die Untersuchungsobjekt stellt hinsichtlich der Struktur und Semantik der phraseologischen Wendungen eine heterogene Gruppe dar.

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Phraseologismen (2.)

In der Untersuchung die folgende Bemerkungen seien gemacht:1. Die braune Farbe wurde hier nicht angeführt, mit dieser

Komponente relativ wenig Phraseologismen exzerpiert werden konnten

2. Unberücksichtigt wurden auch kuriosen Pseudo-Farbwörter z.B. Blümerant(=weißliches Blau). „Mir wird ganz blümerant vor den Augen“ – Schwindling

3. Man ausklammerte durch Mischung entstandenen zusammengesetzten Farben

4. Ausgeschlossen wurden die Adjektive, die den Farbwörtern zwar nahe stehen, aber keine solchen sind (golden, bunt...)

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Phraseologismen (3.)

5. Auf die Volksetymologie musste geachtet werden; die vermeintliche Farbkonstituente bei der etymologischen Analyse nicht als Farbwort erwiesen sich (russ. Krasnyj, – heute „rot“ – geht auf krasivyj – „schön“ zurück)

6. Es erschien aufschlussreich, dass die von uns behandelten Sprachen nicht genau über dieselben Farbbezeichnungen verfügen. Blau setzt sich beispielweise im Russischen aus zwei Farbadjektiven: „goluboj“ und „sinij“, oder dt. Rot im Ungarischem „piros“ und „vörös“

Die Wissenschaft hat eine Hierarchie der Lexikalisierung der Grundfarben erarbeitet die auch für unsere Belange nicht ohne Relevanz sind.

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Phrasenbildung Bei den Prozess können neben

metaphorischen und symbolischen Faktoren auch andere Aspekte eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen:1. Der Kontext zur Verstärkung z.B. „der grüne Neid“,

Grün mit einem negative Emotionen bezeichnenden Substantive auftritt

2. Phonetische Motive – Alliteration, z.B. „Jn. grün und gelb / braun und blau schlagen“

3. Phraseologisierung mit Kultur- bzw. landeskundlichen Konventionen zu erklären: „blauer Brief“ – Kündigung schreiben

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Herkunft Ausdrücke mit biblischer oder mythologischer Herkunft – z.B.:

„Das rote Pferd“, in der Offenbarung des Johannes (6.4.) wurde später auch zum Symbol der bürgerliche Kriege

Phraseologismen lassen sich auf geschichtliche Ereignisse , historische Personen oder auf lokale Sitten und Brauche zurückführen – z.B.: dt. „graue Eminenz“ – russ. „seryj kardinal“ – ung. „szürke eminenciás“ (der Kapuziner P. Joseph, der engste Berater Richelius)

Die Weltliteratur trägt effektiv zur Herausbildung solcher Phraseologismen, z.B.: dt. „der blaue Vogel“ – russ. „sinjaja ptica“ – ung. „kék madár“

Farbkomponenten sind ziemlich vielen Neologismen oder kreativ, innovative sprachspielerische Verwendungen, z.B.: dt. „braunes Schaf“ – russ. „koricnevaja Cuma“ – ung. „barna pestis“ (Mitläufer der NSDAP)

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Verwendung Die metaphorischen, symbolischen und allegorischen

Bedeutungen der Farben können vielfach zu phraseologischen Verwendungsweisen führen.1. Natürlichen Phraseologismen – bei denen die Beziehungen

zwischen die Farbe und der bezeichneten Sache, bzw. dem Inhalt des Phraseologismus klar ist. Z.B.: dt. „weiss wie Schnee“ – russ. „belyj kak sneg“ – ung. „fehér mint a hó“

2. Allegorische Phraseologismen – In dem uns erst der Sinn des Zeichens überliefert werden muss, ehe wir wissen, was es bedeuten soll. Z.B.: „mit der grünen Farbe verhält, die man der Hoffnung zugeteilt hat.

3. Konventioneller Phraseologismus – Z.B.: dt. „eine weiße Maus“ (Verkehrspolizist) – russ. „krasnaja sapka“ (unter die rote Mütze gehen = zur Armee gehen) – ung. „vörös ördög“ (roter Teufel = Husar). Die symbolische bzw. allegorische Bedeutung der Farben (Farbensymbolik) weist aber national-kulturelle Unterschiede auf.

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Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (1.)

Die unbunten Farben Schwarz und Weiß, sowie das „chromatische“ Rot zeigen in allen drei Sprachen die höchste phraseologische Beteiligung

Schwarz und Weiß waren die ersten Farben, mit denen sich der Mensch auseinandersetzte. Die weiße Farbe symbolisiert die Sauberkeit, den moralischen Wert. Dementgegen wirkst Schwarz umgekehrt die Farbe des Pessimismus, der Trauer, des Zornes, der Gewissenlosigkeit, des Unerlaubten. Z.B.: dt. „die schwarze Magie“ – russ. „cernaja magija“ – ung. „fekete mágia“. In allen drei Sprachen kann aber Weiß u.a. Übelkeit, Blasswerden ausdrücken. Z.B.: dt. „weiß wie eine Kalk Wand“ – russ. „belyj kak stena“ – ung. „olyan fehér, mint a fal“

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Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (2.)

Rot ist die älteste produktive Farbe. Bei den primitiven Völkern hat es eine wichtige Rolle gespielt. Es war die Farbe der Zauberei und wurde ihm magische Kraft zugesprochen. Rot wurde zur Farbe des Krieges und der Gerichtsbarkeit wie auch der Gefahr. Im Mittelalter schloss sich dazu seine Liebessymbolik an. Später wurde es zum Symbol für Kraft, Revolution, Freiheit und Lebensfreude.

Das Grün ist zum Symbol der Jugend, des Wachstums, der Wiedergeburt, sowie der (geistige) Unreife geworden. Besonders im Ungarischen und im Deutschen sind mehrere Neologismen vor allem in Bezug auf die Landwirtschaft, die Natur. Z.B.: dt. „grüne Land“ (staatliches Programm für die Landwirtschaft). Neubildung, die allen drei Sprachen eigen ist, z.B.: dt. „grünes Licht geben“ – russ. „zelenuju ulicu“ – ung. „zöld utat ad“. Grün ist eigentlich eine Mischung von Gelb und Blau, hat die symbolisch-phraseologische Verwendung dieser Farbe beeinflusst. Z.B.: dt. „sich grün und gelb ärgern“ (sich unwahrscheinlich ärgern)

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Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (3.)

Blau soll nach den allgemeinen Glauben Sehnsüchte und Träume wecken. Es wurde auch zur Lieblingsfarbe der Romantik. Z.B.: dt. „blaue Blume“ – russ. „goluboj cvetok“ - ung. „kék virág“ (Symbol für die romantische Dichtung nach dem Roman von Novalis „Heinrich von Ofterdingen“. Blau galt ursprünglich auch als Sinnbild der Treue. Mit den Volksglauben zusammenhängt, dass es die Farbe der Hölle eines blaues Schwefelmeer sei. Bei Blau bietet das Deutsche des umfangreichste empirische Sprechmaterial: vgl. „einen blauen Montag machen“ (nicht zur Arbeit gehen) „blauen“

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Die symbolische Mehrdeutigkeit der Farbwörter (4.)

Die unbunte Farbe Grau – als Übergang zwischen Schwarz und Weiß – hatte zuerst „feindliche, gespenstische“ oder im allgemeinen „böse“ Bedeutung. Es spiegelt vorwiegend Langweile Unverständlichkeit, Pessimismus und Unsicherheit wieder; vgl. „grauer Passagier“.

Unter den Grundfarben ist Gelb die hellste und macht – nach Goethe – einen warmen und behaglichen Eindruck auf unser inneres Empfinden. Trotzdem hat das Farbwort in der traditionellen Symbolik eine Abwertung erfahren. Es steht demnach für Neid, Eifersucht, Misstrauen und Feigheit: vgl. dt. „der gelbe Neid“ – russ. „zeltaja zavist“ – ung. „sárga irigység“

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Äquivalenttypen (1.) Die ermittelten Äquivalenttypen können folgenderweise

zusammengefasst werden:1. Phraseologische Entsprechung1.1. Vollständige (totale) Äquivalenz, d.h. gleiche denotative und

konnotative Gesamtbedeutung, völlige Kongruenz in der Komponentenkette, identisches Bild als Grundlage. Z.B.: dt. „schwarzes Gold“ – russ. „cernoe zoloto“ – ung. „fekete arany“

1.2. Teilweise (partielle) Äquivalenz Lexikalische Variabilität, bzw. strukturelle Synonymie, d.h.

völlige Gleichheit der Gesamtbedeutung und des syntaktischen Modells bei nicht genauer Übereinstimmung im Komponenten bestand. Z.B. dt. „grünes Licht“ – rus. „zelenaja ulica“ – ung. „zöld út“

Ideografische Synonymie, d.h. keine vollkommene Identität der signifikanten phraseologischen Bedeutung. Vgl. dt. „Schwarzarbeit“ – russ. „cernaja rabota“. Aber der deutsche Ausdruck auf eine Lohnarbeit entgegen den gesetzlichen Bestimmungen bezieht, wahrend die gleichartige Wortgruppe des Russischen schmutzige grobe Arbeit bezeichnet.

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Äquivalenttypen (2.) Hypero-Hyponymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der

signifikativen Gesamtbedeutung durch das Vorhandensein von zusätzlichen Semen bei einem der zu vergleichenden Phraseologismen. Z.B.: dt. „ein weißer Raabe“ – russ. „belaja vorona“ – nur Menschen zu Charakterisieren; ung. „fehér holló“ sowohl Lebewesen als auch Nicht-Lebewesen umschreiben kann.

Stilistische Synonymie, d.h. unvollständige Äquivalenz der Gesamtbedeutung auf Kosten eines Unterschiedes auf der Stilebene. Z.B.: dt. „die blaue Ferne“ - ist umgangssprachlich, wohingegen ung. „kék messzesség“ vor allem im literarischen Stil gebraucht wird.

1.3. Funktionale Bedeutungsäquivalenz, d.h. die typologische Identität der Phraseologismen zeigt sich nur in der Übereinstimmung der logisch-semantischen Formen der Realisierung, hier unterscheidet sich die konkrete bildhafte Grundlage der Wendungen. Z.B.: dt. „due grüne Minna“ – so nennt man im Deutschen den Polizeiwagen zum Gefangenentransport, wahrend die russische Entsprechung „cernyj voron“ – „schwarze Raabe“ heißt.

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Äquivalenttypen (3.) 2. Lexikalische Entsprechung

Der phraseologischen Wendung der einen Sprache steht in der anderen Einwortlexem gegenüber: vgl. dt. „schwarze Liste“ – russ. „cernyj spisok“ – aber ung. „fekete lista“. Das Ungarische zeichnet sich im allgemeinen durch eine gewisse Tendenz zur Bildung von Nominal – und Adverbialkomposita aus.

3. Nulläquivalenz Sie tritt auf, wenn aufgrund sprachlicher oder außersprachlicher Faktoren bestimmten Phraseologismen der einen Sprache keine entsprechenden Redensarten in den anderen Sprache gegenüberstehen. Z.B.: der deutschen Wendung dt. „gelbe Suppe“ (Bezeichnung für ein üppiges Leben) im Russischen und Ungarischen kein lexikalisches oder phraseologisches Sprachzeichen zugeordnet werden.

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Äquivalenttypen (4.) 4. Pseudo-Äquivalenz

Das Phänomen der Zwischensprachlichen phraseologischen Homonymie. Z.B.: dt. „weißes Gold“ das Porzellan – ung. „fehér arany“ das Aluminium – russ. „beloe zoloto“ die Baumwolle paraphrasiert.

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Zum Schluss Bezüglich der quantitativen Auswertung der Ergebnisse kam

zum Ausdruck das sich (im Vergleich zu den Sprachenpaaren Deutsch-Russisch und insbesondere Russisch-Ungarisch) vor allem die Relation Deutsch-Ungarisch durch den höchsten Grad an phraseologischer Äquivalenz auszeichnet. Zum anderen konnte festgestellt werden, dass es im Russischen und Ungarischen sehr wenige Entsprechungen gibt.

Zum Schluss sei die absolute Zahl der äquivalentlosen Wendungen dieser phraseologischen Subgruppe hinsichtlich der drei Sprachenpaare erwähnt; Deutsch-Russisch: 352, Deutsch-Ungarisch: 344 und Russisch-Ungarisch: 254.

Weitere wertvolle qualitativ neue Erkenntnisse ließen sich gewinnen, wenn auch die textuelle Einbettung bzw. der Kontext dieser Phraseologismen berücksichtigt würden.

Europhras 90. Akten der internationalen Tagung zur germanistischen Phraseologieforschung. Aske/Schweden 12-15. Juni 1990. Hrsg: von Christine Palm. Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Germanistica Upsaliensia 32, Uppsala1991.