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Liberale Depesche 03 | 2014 Serie zur Strategie: Kick-off zur Leitbilddebatte FDP-Fraktionen fordern „Schuldenbremse Plus“ Schwerpunkt: Die beste Bildung der Welt Den Bock zum Gärtner – nicht mit der FDP Sofortprogramm für ein Comeback der Marktwirtschaft

Liberale Depesche 03 | 2014 · 1200 Parteifreundinnen und Partei-freunde den Leitbildentwurf der FDP diskutiert. Viele weitere in den ver-schiedenen Veranstaltungen der Un-tergliederungen

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Page 1: Liberale Depesche 03 | 2014 · 1200 Parteifreundinnen und Partei-freunde den Leitbildentwurf der FDP diskutiert. Viele weitere in den ver-schiedenen Veranstaltungen der Un-tergliederungen

Liberale Depesche 03 | 2014

Serie zur Strategie: Kick-off zur Leitbilddebatte

FDP-Fraktionen fordern „Schuldenbremse Plus“

Schwerpunkt: Die beste Bildung der Welt

Den Bock zum Gärtner – nicht mit der FDP Sofortprogramm für ein

Comeback der Marktwirts

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Freiheitsgesellschaft

Den Wert der Freiheit in der deutschen Gesellschaft zu stärken, das ist unser Ziel. Denn eine mündige Gesellschaft braucht Freiheit. Auf allen Ebenen und in allen Bereichen. Warum das so ist und warum Freiheit jeden angeht, zeigen wir auf dieser Plattform. Denn wir wissen:

Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts.

www.freiheitsgesellschaft.orgfacebook.com/Freiheitsgesellschaft

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Impressum Herausgeber: FDP-Bundespartei

Chefredakteur: Nils Droste

Redaktion: Roland Kowalke

Redaktionelle Mitarbeit:Doris Bergmann, Marco Buschmann, Thomas Diener, Fabienne Kröber,Thomas Hahn, Petra Horstick,Maria Kuhlmann, Angelika Sick,Thomas Volkmann

Anschrift der Redaktion:Thomas-Dehler-HausReinhardtstr. 14, 10117 BerlinE-Mail: [email protected]: (030) 27 57 28 79Telefax: (030) 27 57 28 80Verlag / Anzeigen: UniversumKommunikation und Medien AGReinhardtstraße 16, 10117 BerlinE-Mail: [email protected]: (030) 27 57 28 76Telefax: (030) 27 57 28 80

Gestaltung: S&T Digitale Medien GmbHGesamtherstellung: UniversumKommu nikation und Medien AG Berlin

elde erscheint viermal im Jahr (2014 dreimal) und wird für die FDP-Mitglieder im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung eines besonderen Bezugs-preises geliefert. Jahresbezugspreis sonst 20 Euro inkl. MwSt. und Versand.

Titelbild: Rawpixel / Shutterstock.com

Liebe Leserinnen und Leser der elde,die FDP ist in Bewegung: Alleine auf den vier Strategieforen in Bonn, Ulm, Bremen und Magdeburg haben über 1200 Parteifreundinnen und Partei-freunde den Leitbildentwurf der FDP diskutiert. Viele weitere in den ver-schiedenen Veranstaltungen der Un-tergliederungen. Im dritten Teil un-serer Serie lesen Sie daher mehr zur Debatte in der Partei, Stimmen zum Leitbildprozess und wie angekündigt die ans Präsidium gerichteten SMS aus der Mitgliederumfrage. Während die FDP Fahrt aufnimmt, macht die Konjunktur das Gegenteil – sie stottert zunehmend. Jetzt rächt sich, dass Uni-on und SPD das Verteilen dem Erwirt-

schaften vorgezogen haben. Um es mit Christian Lindner zu sagen: „Die Party ist zu Ende – der Kater ist da.“ In dieser Ausgabe fi nden sie deshalb das FDP-Sofortprogramm für ein Comeback der Marktwirtschaft. Das dazu pas-sende Werbemittel können Sie bereits auf www.fdp.de/shop bestellen. Den Schwerpunkt des Heftes bildet diesmal die Diskussion um die beste Bildung der Welt. Wir haben Bildungsexper-ten gebeten, Impulse für die Profi l-schärfung der FDP zu geben. Weitere Themen des Heftes sind die Verhand-lungen über die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern, die neue EU-Kommission und der Liberalismus in

der arabischen Welt. Die Leser der di-gitalen Ausgabe erwartet noch mehr Bildung und einen Gastbeitrag zur Netzpolitik für Start-ups.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und freuen uns über Reaktionen an [email protected].

Ihr

Nils Droste,Chefredakteur

www.elde-online.de www.liberale.de

Inhalt

Strategie 20174 Kick-off zur Leitbilddebatte

Schwerpunkt6 Die beste Bildung der Welt Gespräch mit Helmut E. Klein: Es kommt auf

leistungsfähige und effektive Bildungssysteme an

7 Elternunabhängiges BAföG –ein Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit

8/D1 Bessere Bildung – Schlüssel für Freiheit und Wohlstand

Partei9 Sofortprogramm für ein Comeback der Marktwirtschaft

Fraktionsvorsitzendenkonferenz10 Ambitionierte Pläne für eine Föderalismuskommission III

Europa11 Den Bock zum Gärtner – nicht mit der FDP

Liberale AgendaD2 Digitale Start-ups brauchen eine starke Netzpolitik

Ticker12 Meldungen vom portal liberal / Leserbriefe

Landtagswahlen13 Ergebnisse in Sachsen, Brandenburg und Thüringen

Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit14 Keine Chance für die Freiheit in der arabischen Welt?

Liberales Leben15 Neuer Vorstand der Freiheitsstiftung JuLis wollen Respektgesellschaft

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Das neue Leitbild können aber nicht nur Kreisvorsitzende mitbestimmen. Der Prozess ist für alle Mitglieder offen: In der Onlinedebatte auf meine-freiheit.de und in über 200 Leitbildveranstaltungen in den Untergliederungen sammeln 81 ausgebildete Leitbildbotschaftern die Ideen und Vorschläge der Mitglieder. Die Rückmeldungen wertet das Thomas-Dehler-Haus ab dem 10. November aus und erstellt auf dieser Grundlage eine neue Online-Umfrage. In dieser können die Mitglieder die Rückmeldungen be-werten und gewichten. Der Bundesvor-stand wird über die Ergebnisse dann in

seiner Dezember-Sitzung beraten.„Mit der Verständigung auf das Leit-bild ist der Weg frei für die program-matische Profi lschärfung der Partei“, beschreibt Generalsekretärin Nicola Beer den nächsten Meilenstein im Stra-tegieprozess. Denn dann soll die Kon-kretisierung der fünf Versprechen im Leitbild höchste Priorität haben. Erste Impulse externer Fachleute kommen auf dem Freiheitskonvent in Berlin als Start für die breite Debatte in allen Par-teigremien und an der Basis.

„Zum ersten Mal seit Langem erkenne ich meine Partei wieder und sehe, wo-hin das Ganze geht.“

(Sebastian SteinzenKreisvorstand FDP Recklinghausen)

„Christian Lindner, der ganze Vor-stand und das Präsidium geben ihr Bestes. Der Leitbildprozess ist vor-bildlich und wird auch zu einem gu-ten Ergebnis führen. Jeder sollte jetzt die Chance ergreifen und sich aktiv beteiligen.“

(Ulf-Brünn DrechselLandesvorstand FDP Bremen)

„Ich gebe zu, mit einer gewissen Skepsis in die Tagung gegangen zu sein, zu allgemein und wenig inno-vativ erschien mir die Pyramide ... Sie haben es mit Ihrem mitreißen-den und klugen Vortrag verstanden, das, sicher nicht nur bei mir, komplett umzudrehen. Ich gehe sehr zuver-sichtlich und besonders motiviert aus der Veranstaltung heraus, habe eine sehr positive Einstellung zum neuen Leitbild und zu dem dazugehörigen Prozess.“

(Stefan von WangenheimKreisvorstand FDP Frankfurt am Main)

KICK-OFF Z U R L E I T B I L D D E B A T T E

www.fdp.de/zukunftsstrategie

Überall in Deutschland diskutieren Liberale über ein neues Leitbild für die FDP. Den Auftakt bildete die Strategiekonferenz mit den Kreisvorsitzenden. Mit 250 Teilnehmern war dies die bislang bestbesuchte Kreisvorsitzendenkonferenz in der Geschichte der FDP. Christian Lindner, Nicola Beer und Marco Buschmann präsentierten den Teilnehmern die Ergebnisse der Strategiearbeit von Präsidium und Bundesvorstand.

Teilnehmer der Strategiekonferenz

oben: Nicola Beer, Lousewies van der Laan und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (v.l.); links: Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Christian Lindner; rechts: Nicola Beer und Marco Buschmann

Maria Kuhlmann

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Strategie 2017

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Unter dem Motto „SMS an das Präsidi-um“ hat die FDP in ihrer großen Mitglie-derumfrage die Basis um Feedback an

das Präsidium gebeten. 7.752 Mitglie-der haben daraufhin eine solche 160- Zeichen-Botschaft abgeschickt. Hier

dokumentieren wir die Ergebnisse, die beispielhaft für die am häufi gsten ge-nannten Botschaften sind:

Mehr Team-Play! Mehr Mut!

SMS an das Präsidium – Das will die Basis

Hört auf zu streiten! Entwickelt Visio-nen und legt los. Seid unbequem in dem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und eine ordnungspolitische Wirtschaftspolitik.

Christian Lindner: Mut wird belohntwerden. Streiten wir gemeinsam fürechte Problemlösungen statt derschwarz-roten Pepita-Politik.

Nicola Beer: Das Team-Play im Bundes-vorstand funktioniert. Jeder kann den Teamgeist stärken, indem er sich offen zur FDP bekennt – gegenüber der Familie,Freunden und Kollegen.

Bitte keine Grabenkämpfe, sondern allevereint nach vorne schauen!

Mehr Mut zur Offensive – und wenigerVergangenheitsbewältigung!

Spielt im Team, orientiert Euch an der besten Lösung, seid sachlich & locker, setzt auf Kompetenz & hebt Euch ab vom poli-tischen Geschrei. Ihr werdet gebraucht!

Nerven bewahren und die FDP mutiger nach außen vertreten, knackigerformulieren!

Mehr Klarheit!

Katja Suding: Wir schärfen das Profi l der FDP und sorgen so für mehr Klarheit. Jedes Mitglied ist eingeladen, sich in Veranstal-tungen oder online einzubrin-gen und Vorschläge zu machen.

Den Menschen unsere Inhalte in einfachen Worten erklären, damit sie jeder versteht. Bei der Vermittlung unserer Inhalte Emo-tionen wecken. Für etwas stehen!

Drückt Euch klar und verständ-lich aus, damit der Bürger Euchauch versteht. Weniger ist manch-mal mehr!

Ich wünsche mir eine für jeder-mann verständliche Ausdrucks-weise. Zu viele Menschen verste-hen uns nicht.

Mehr Nutzwert!

Hermann Otto Solms: Schon heute gibt es eine Reihe von Serviceangeboten der Partei. Ganz neu im Angebot: das Werbemittel zur Konjunktur-Kampagne. Anregungen sind immer willkommen.

Kampagnenfähigkeit (Aufma-chung von Wahlwerbung muss ansprechender, innovativer sein) muss dringend für die kommen-den Wahlen verbessert werden.

Wir brauchen ein Internetforum, in dem alle Mitglieder zu sämtli-chen Politikfeldern, ständig ihre Meinung kundtun können. Mehr-heitsmeinungen sind zu beachten!

Vorkonfektionierte Pressetexte,Veranstaltungen etc. für die Ver-treter in den Kommunen, die bei Bedarf individualisierbar sind. Ergebnisse vorweisen.

Geht streitbar offensiv nach außen. Stoßt Debatten an, seit dabei aber nicht‚ „effekt-haschend“, sondern in der Sache sachlich.

Mehr Medienpräsenz!

Wolfgang Kubicki: APO ist ein hartes Geschäft. Mithilfe ist des-halb unerlässlich: weitersagen, weiterleiten oder einfach liken.

Wir haben viele gute Ideen, leider bekommt es niemand mit. Bitte gehen Sie in die Offensive und stellen die Vorzüge der FDP einer brei-ten Öffentlichkeit vor.

Mehr Medienpräsenz notwen-dig – Ort, Kreis, Land bis zum Bund! Insbesondere Christian Lindner und Wolfgang Kubi-cki als die Sympathieträger: Hurra, wir leben noch!

Die FDP muss in der Öffent-lichkeit wieder wahrnehmbar sein und Präsenz zeigen.

5Strategie 2017

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Neben der Leitbilddebatte beginnt die FDP damit, ihre fünf Versprechen zu konkretisieren. Eines davon: die beste Bildung der Welt.  In dieser Ausgabe erläutern wir gemeinsam mit Bildungsexperten einige Aspekte, um Impulse für die innerparteiliche Diskussion zu geben.

elde: Herr Klein, sind Sie manchmal neidisch auf John Hattie?

Nein. Auch wenn ich mir manch-mal wünsche, gerade bei den meist eng getakteten Drittmittelprojekten über größere Zeithorizonte verfügen zu können. Über seine Studie „Visib-le Learning“ habe ich mich ungemein gefreut, gerade weil sie mit einigen Mythen über „What works?“ aufge-räumt hat. Der Merksatz lautet: „What teachers do matters.“

elde: Wie ist es denn um die Empirie in Deutschland bestellt?

PISA 2000 hat zur sogenannten empi-rischen Wende in der deutschen Bil-dungsforschung geführt. So viel em-pirische Forschung in der schulischen Bildung wie zurzeit gab es hierzulande noch nie. Und mittlerweile gelingt es auch der Bildungsökonomie, die seit den 1980er-Jahren aus dem politischen Diskurs ausgegrenzt war, sich als Steuerungswissenschaft ansatzweise neu zu positionieren.

elde: In der Politik drehen sich Bil-dungsdebatten um Schulstruktur, Bil-dungsföderalismus und G8/G9. Ist das für die Forschung überhaupt relevant?

Da kommen wir zu einem Dilemma. Im föderalen System wird bei Landtags-wahlen mit Bildungspolitik gepunktet. Die Politik gibt Heilsversprechen ab und verbindet diese mit strukturellen Reformen, weil diese sichtlich wahr-nehmbar sind. Die sogenannte inne-re Schulreform – also das, was wir als Schulentwicklung (kompetenzorien-tierter Unterricht, Diagnostik, indivi-duelle Förderung, Ausbildungsreife, Berufsorientierung, aber auch Rechen-schaftslegung) beschreiben – ist viel komplexer und lässt sich eben nicht schlagwortartig vermitteln. Da stößt dann auch die Bildungsforschung an ihre Grenzen: Wir wissen längst, dass eine bestimmte Schulstruktur an sich noch keine Garantie liefert für höhere Schülerleistungen oder einen geringe-ren Zusammenhang zwischen familiä-rer Herkunft und Bildungserfolg. Alleine zu G8/G9 sind in den zurückliegenden

15 Jahren etwa zwei Dutzend Studien veröffentlicht worden, die zeigen, dass die Befürchtungen, die Bildungsqualität leide unter G8, nicht gestützt werden können. Ebenso ergeben sich bei Befra-gungen zur Lebenszufriedenheit keine Unterschiede zwischen G8- und G9-Schülern Die Bildungspolitik tut sich, allen Evidenzen zum Trotz, offenkun-dig schwer, daraus Konsequenzen zu ziehen. Stattdessen kapituliert sie – wie bei G8 – auf halber Strecke.

elde: Was macht schulische Qualität letztendlich aus? Eine gute Schule? Gute Lehrer?

Die internationalen Schulleistungsstu-dien zeigen uns, dass leistungsfähige und erfolgreiche Schulsysteme mehr oder weniger an den gleichen Stell-schrauben drehen: Das sind verbind-

6 Schwerpunkt

ES KOMMT AUF LEISTUNGSFÄHIGEUND EFFEKTIVE BILDUNGSSYSTEME ANGespräch mit Helmut E. Klein, Projektleiter KompetenzfeldSchulische und akademische Bildung am Institut der deutschenWirtschaft Köln

Helmut E. Klein

DIE BESTE BILDUNGDER WELT

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7Schwerpunkt

ELTERNUNABHÄNGIGES BAFÖG – EIN BEITRAG FÜR MEHR SOZIALE GERECHTIGKEIT

liche Standards, die Überprüfung der Standards durch Evaluation, professi-onell agierende Lehrkräfte und hohe Freiheitsgrade auf der Ebene der Ein-zelschule. Dies alles gerinnt zu einem „Spirit“ einer Schule mit einem Kollegi-um, das von seiner Selbstwirksamkeit überzeugt ist. Gute Schulen haben ein lernförderndes und wertschätzendes Klima, kollegiale Kooperation und ge-meinsame Verantwortung. Der Blick auf die individuelle Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung ist dort selbstverständlich. Dass eine aus-kömmliche Versorgung und Finanzie-rung gewährleistet ist, setze ich voraus.

elde: Was folgt daraus für die Politik?

Um die der Strukturdebatte immanen-ten und ermüdenden Konfl iktzonen zu beseitigen, haben sich einige Länder bereits eines Besseren besonnen und einen „Schulfrieden“ beschlossen oder sind – wie in Hessen – dabei, sich auf einen solchen zu verständigen. Aus Sicht des Bildungsforschers erachte ich „Schulfrieden“ nicht als Impulse, die Effekte auf die Qualitätsentwicklung haben. Aber mit Blick auf die deutsche Bildungsgeschichte und den Bildungs-föderalismus ist es wohl die „deutsche Art“ von Konfl iktlösung. Auf diese Wei-se wird eine Kampfzone befriedet, die im Zyklus der Legislaturperioden im-mer wieder beschossen wird. Ist dieser Konfl iktherd beseitigt, kann die volle Aufmerksamkeit auf die bestmögliche Förderung von Schülerinnen und Schü-lern, die Qualitätsentwicklung und Chancengerechtigkeit gelenkt werden. So zumindest ist die idealtypische An-nahme. Es wird sich zeigen, ob die Län-der beziehungsweise die Parteien diese Chancen zu nutzen wissen.

elde: Was würden Sie als Bildungs-forscher der FDP zur Profi lschärfung empfehlen?

Ehrlich gesagt, weiß ich zwar, dass es seit 2011 ein Grundsatzpapier liberaler Bildungspolitik gibt, aber anscheinend spricht darüber kaum jemand. Auch mir ist kein markanter Slogan be-kannt. Die internationalen Schülerleis-tungsvergleichsstudien belegen, dass es auf leistungsfähige und effektive Bildungssysteme ankommt. Daraus lässt sich auch für das föderale System eine Agenda ableiten, über die debat-tiert werden sollte.

Die Ausbildungsförderung in Deutsch-land ist reformbedürftig. 2,36 Mrd. Euro fl ießen derzeit in das BAföG, doch nur für rund ein Drittel der Studieren-den. Gerade die Studierenden aus der breiten Mittelschicht gehen oft leer aus. Sie sind von der Förderung aus-geschlossen, ohne auf ausreichende Unterstützung ihrer Eltern zählen zu können. Dies ist vor allem der Fall, wenn sich mehrere Geschwister in Ausbildung befi nden. Das Deutsche Studentenwerk spricht bereits von einem Massenphänomen. Das zeigt, dass es nicht ausreicht, immer – oft verspätet – an den Bemessungsgren-zen zu schrauben.

Die FDP setzt sich daher für ein eltern-unabhängiges BAföG ein, welches den Studierenden in den Mittelpunkt stellt. Unser Modell besteht aus zwei Säulen: erstens ein nicht rückzahlbarer Grund-betrag von 300 Euro, der jedem Stu-dierenden zugutekommt. Zur Finan-zierung dienen sämtliche staatlichen Leistungen und Vergünstigungen, die bisher den Eltern für ihre studierenden

Kinder gewährt werden, sowie die bis-her schon nicht rückzahlbaren BAföG-Zuschüsse. Im Gegenzug entfällt der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gegenüber den Eltern.

Die zweite Säule ist ein zinsgünstiges und -stabiles Darlehen von bis zu 500 Euro im Monat. Das ist nach Studien-ende im Laufe des Erwerbslebens un-ter Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des ehemaligen Studierenden zurück-zuzahlen. Die Zuverdienstgrenzen wol-len wir streichen. So sparen wir Büro-kratie und damit Geld, das besser in die Förderung der Studierenden inves-tiert wird.

Die Fragen stellte Nils Droste. Nicola Beer

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„Es brennt an beiden Enden“ – mit die-sen mahnenden Worten überschrieb Klaus Kinkel jüngst seine Lagebeur-teilung zum Bildungswesen. Trotz der Fortschritte seit Mitte des letzten Jahrzehnts, zu denen Kinkel über die Telekom-Stiftung sehr viel beigetra-gen hat, bleibt die nüchterne Erkennt-nis, dass sich die Welt um uns herum äußerst dynamisch weiterentwickelt, während wir uns oftmals selbst behin-dern. Gleichzeitig wirken Versäumnis-se der Vergangenheit bei Demografi e, Zuwanderung und der Bildungspolitik lange negativ fort.

Ein unterfi nanziertes und durch ideolo-gische Schattengefechte gebeuteltes Bil-dungssystem droht im Spagat zwischen der Absicht kein Talent zurückzulassen und jedem Talent die individuell beste Bildung zu eröffnen, zu zerbrechen. Da-rüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass sich mehrere Bildungsindikatoren verbessert haben. Denn zumeist han-delt es sich dabei nur um quantitative Größen, die wenig über die Qualität der Bildungsleistungen aussagen.

Dies beginnt bei dem überfälligen Auf-wuchs der Kita-Plätze, reicht über die offenen Ganztagsangebote bis hin zu dem von 2006 bis 2011 erreichten massi-ven Anstieg des Studierendenanteils auf über 50 Prozent eines Jahrgangs. Im Vor-schulbereich und beim Ganztagsausbau stand zunächst der kapazitative Aufbau im Vordergrund, während es bei geeig-

neten pädagogischen Konzepten und der inhaltlichen Ausgestaltung des Angebo-tes bis heute großen Nachholbedarf gibt.

Da gute Qualität ihren Preis hat, be-steht aller Grund zur Sorge, dass diese unter dem Druck der Schuldenbrem-se ebenso aus dem Blick gerät wie es

für die Hochschulen bereits der Fall ist, nachdem die zwischen 2006 und 2011 erhobenen Studienbeiträge abge-schafft wurden. Wie hilfreich auch für manch wankelmütigen Liberalen ein empirisch gesicherter Blick auf die Wir-kung bildungspolitischer Maßnahmen sein kann, zeigt sich am Beispiel der Studienbeiträge: In keinem Zeitraum ist der Anteil der Studienanfänger so stark angewachsen wie in der Phase, in der an den meisten Hochschulen in Deutschland Studienbeiträge in sozial verträglicher Form erhoben wurden.

Weil diese Mittel ausschließlich der Qualität der Lehre zugutekamen und den Studierenden völlig neue Mitspra-chemöglichkeiten eröffneten, kam es nach einer langen Phase der Unterfi -nanzierung der Lehre zu deutlichen

Qualitätsverbesserungen, die heute akut gefährdet sind. Es verwundert da-her kaum, dass die Hochschulrektoren die Wiedereinführung von Studienbei-trägen fordern.

Wer für bessere Bildungsqualität auf ein stärkeres Engagement des Bun-

des hoffte, sieht sich bislang eher enttäuscht. Solange es dem Bund ver-wehrt ist, die Bildungseinrichtungen unmittelbar im Bereich der Lehre zu unterstützen, wie es am besten durch eine Regelung nach dem Prinzip „Geld-folgt-Student“ erreichbar wäre, laufen diese Gefahr, dass vom Bund gewährte Mittel nur teilweise und nicht nach-haltig von den Ländern weitergereicht und nicht um den zugesagten Länder-anteil verstärkt werden.

Ebenso kann es uns mit Blick auf die digi-tale Revolution und die demografi schen Herausforderungen nicht gleichgültig sein, dass die Ausbildungsperspektive für bildungsbenachteiligte Jugendliche weiterhin prekär bleibt und jedes Jahr eine Viertelmillion ausbildungsinteres-sierter Jugendlicher in das Übergangs-

www.hhl.de/de/about/executive-management/

BESSERE BILDUNG –

SCHLÜSSEL FÜRFREIHEITUND WOHLSTAND

Schwerpunkt

»Liberale Bildungs- und Forschungspolitik

und liberale Wirtschaft s- und Innovations-

politik sind zwei Seiten einer Medaille.«

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system wechseln, weil es ihnen an den Voraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung fehlt. Es muss uns umtreiben, dass Abbrecherquoten in den naturwissenschaftlich-technischen Bildungswegen alarmierend hoch sind und die Begabtenförderung in Deutsch-land weiter Not leidet.

Hinzu kommt, dass die Hälfte der bundesweit über 700.000 Lehrkräfte über 50 Jahre alt ist. Angesichts der ra-santen informationstechnischen Neu-erungen erwachsen daraus riesige He-rausforderungen, aber auch Chancen. Der Lehrerberuf muss wieder attrak-tiver werden, besonders in Bezug auf seine Wertschätzung und erstklassige Aus- und lebenslange Weiterbildung.Die Rücknahme von Autonomie und Freiheit von Schulen und Hochschu-len führt unser Bildungssystem in eine Sackgasse. Gerade aus liberaler Sicht empfi ehlt es sich, neben ein-heitlichen Qualitätsstandards, hinrei-chender Transparenz und Durchläs-sigkeit sowie einer auskömmlichen Finanzierung viel Raum für ein plu-rales Bildungsangebot mit fl exiblen Bildungswegen und qualitätsvoller

innerer und äußerer Differenzierung zu geben. Dass die Zahl der Einrich-tungen in freier Trägerschaft dabei wächst, sollte Liberale nicht betrüben, sondern dazu ermuntern, die sich hie-raus ergebenden Chancen zu Innova-tionen im Bildungsbereich beherzt zu nutzen.

Für einen ähnlich fruchtbaren Wett-bewerb auf Augenhöhe sollten sich Li-berale auch zwischen berufl icher und akademischer Ausbildung einsetzen und auf eine modernere und attrakti-vere duale Ausbildung hinwirken, da-mit unseren jungen Menschen erspart bleibt, was in anderen europäischen Ländern längst Realität geworden ist, in denen der OECD-Forderung nach ei-ner massiven Erhöhung des Akademi-keranteils ebenso blind gefolgt wurde wie jener nach einseitigem Ausbau des Dienstleistungssektors.

Liberale Bildungs- und Forschungspolitik und liberale Wirtschafts- und Innovati-onspolitik sind zwei Seiten einer Medaille. Sie müssen künftig als solche auch wie-der deutlich sichtbar werden. Stimmen aus der Partei, die einer rein marktlibera-

len Ausrichtung von Partei und Stiftung das Wort reden und sich von liberalen Vordenkern wie Friedrich Naumann und Karl-Hermann Flach verabschieden wol-len, sei mit Otto Graf Lambsdorff zuge-rufen, dass der Wohlstand der Nationen im Zeitalter der arbeitsteiligen Wissens-gesellschaft nicht nur von funktionsfähi-gen Märkten, sondern in gleicher Weise von einem leistungsfähigen Bildungs- und Sozialsystem abhängt. Denn nur durch beste Bildung für die große Zahl erhalten sich Gesellschaften die not-wendigen Fähigkeiten zu Innovation und schnellem Wandel sowie die Vorausset-zungen für eine freiheitliche und demo-kratische Verfassung.

Dr. Tim Metje

Prof. Dr.Andreas Pinkwart

Schwerpunkt

»Die Rücknahme von Autonomie und Frei-

heit von Schulen und Hochschulen führt

unser Bildungssystem in eine Sackgasse.«

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Die Kernsätze des Sofortprogramms lauten:

1. Energie muss wieder bezahlbar werden Deshalb wollen wir die Steuer auf Energie halbieren und

das Erneuerbare-Energien-Gesetz abschaffen.

2. Die kalte Progression sofort abbauenDas beendet den „Lohnklau“ und die heimliche Steuererhö-hungspolitik der Großen Koalition.

3. Mehr Chancen für die Menschen zum Ein- und Aufstieg schaffen

Die Einführung des staatlichen Mindestlohns zum 01.01.2015 muss ausgesetzt werden. Sinnvoll ist statt-dessen eine Bildungsoffensive für Schulabbrecher.

4. Mehr Anreize für private und öffentliche Investitionen setzen Die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung

und die Förderung der energetischen Gebäudesanierung würden mehr Anreize schaffe. Zusätzlich sind vier Mrd. Euro für Infrastruktur machbar.

5. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA zügig abschließen

Der Exporteinbruch zeigt, wie wichtig der Außenhandel ist. Ein Freihandelsabkommen mit den USA wird diesen unmittelbar und nachhaltig ankurbeln.

6. Die Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen verbessern

Kleine und mittlere Unternehmen müssen von Bürokra-tie befreit werden. Dem Fachkräftemangel müssen wir mit einem Gesamtkonzept aus Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Einwanderung durch ein modernes Einwanderungssystem begegnen.

7. Den Soli abbauen Bereits heute geht nur noch ein Bruchteil der Einnah-

men aus dem Soli an die ostdeutschen Bundesländer. Stattdessen fl ießt der größte Teil des Geldes in den Bun-deshaushalt und wird für alles Mögliche ausgegeben.

8. Priorität für Schuldenabbau und Investitionen in die Zu-kunft

Deutschland könnte heute bereits Schulden zurück-zahlen und in die Zukunft investieren. Doch nach den Wahlgeschenken der Großen Koalition stellt die SPD so-gar die „schwarze Null“ in Frage – von Schuldenabbau ganz zu schweigen.

9. Die Rente modernisieren Die Rente mit 63 ist nicht nur teuer, sie vergrößert auch

den Fachkräftemangel. Deshalb muss sie zurückgenom-men werden und der Renteneintritt zwischen 60 und 70 Jahren individuell fl exibel möglich sein.

1o. Eine Sparregel und eine Schuldenbremse 2.0 verankern Das sorgt für Schuldenabbau, Investitionen in die Zu-kunft und die Ausdehnung der Schuldenbremse auf die Kassen der Sozialsysteme.

Passend zum Sofortprogramm arbeitet der FDP-Bundes-verband an einer Kampagne für die Untergliederungen. Bereits fertig ist der Folder „FDP-Sofortprogramm ge-gen den Abschwung“ der online unter www.fdp.de/shop bestellt werden kann. Weitere Bestandteile wie Flugblätter und Aktionsvorschläge folgen.

Angesichts der eingetrübten Konjunktur hat das Präsidium der FDP ein Zehn-Punkte-Programm beschlossen. Die Kon-junkturdelle sei Folge falscher politischer Weichenstellungen der Großen Koalition, kritisiert Christian Lindner. Union und SPD verstießen permanent gegen den Grundsatz „Erwirtschaften vor Verteilen“. Deshalb brauche Deutschland ein Comeback der Marktwirtschaft.

SOFORTPROGRAMM FÜR EIN

COMEBACKDER MARKTWIRTSCHAFT

www.fdp.de/sofortprogramm

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Fraktionsvorsitzendenkonferenz

„Schuldenbremse Plus“ und FinanzautonomieAmbitionierte Pläne für eine Föderalismuskommission III

Es geht um nichts weniger als Deutsch-lands Zukunft. Doch alles passiert hinter verschlossenen Türen. Dort verhandeln die Ministerpräsidenten bzw. ihre Unterhändler über die Fi-nanzbeziehungen von Bund und Län-dern. Wird der Soli 2019 endlich abge-schafft? Was wird aus den Altschulden der Länder? Bekommen die Länder endlich mehr Steuerautonomie? „Alles wird wie eine geheime Kommando-sache behandelt“, kritisiert Christian Dürr, der Sprecher der FDP-Fraktions-vorsitzendenkonferenz (FraVoKo). „Wir fordern eine Föderalismuskommission III, die transparent tagt und alle Betei-ligten an einen Tisch holt.“

Die FDP-Landtagsfraktionen haben da-für bereits ihre Leitlinien abgestimmt. Ein zentrales Ziel ist die „Schulden-bremse Plus“. Noch darf der Bund nämlich in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts neue Schulden machen – ganz ohne sich auf Natur-katastrophen oder die Konjunktur zu berufen. „Wir wollen eine echte Null-Prozent-Schuldenbremse ohne Hin-tertürchen“, fordert Dürr. Für ihn und seine Amtskollegen steht zudem fest: Den Soli darf es nach 2019 nicht mehr

geben – weder als Ergänzungsabgabe noch in die Einkommensteuer integ-riert. „Die Länder streiten wie die Kes-selfl icker, nur beim Abkassieren sind sie sich einig. Der Beitrag zum Aufbau Ost darf aber nicht zur dauerhaften Steuererhöhung werden“.

„Wir wollen eine grundlegende Reform des deutschen Föderalismus“, erklärt Hans-Ulrich Rülke, der die zuständi-

ge Arbeitsgruppe der FraVoKo leitet. In den Kommissionen I und II gab es nur Einigungen auf den kleinsten gemein-samen Nenner. Die dritte Reformstufe muss die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern nun endlich umfas-send neu ordnen.

„Die Länder müssen wieder die Hoheit über ihre Einnahmen und Ausgaben be-kommen“, so Rülke. Die FDP-Fraktionen wollen ihnen dafür das Recht geben, auf die – zuvor abgesenkten – Sätze der

Einkommens- und Körperschaftsteuer eigene Hebesätze festzulegen. Auch die Höhe der Erbschaftssteuer und die Aus-gestaltung der Grundsteuer sollen die Länder regeln können. Rülke ist sich si-cher: „Mehr Finanzautonomie der Län-der bringt mehr föderalen Wettbewerb.“

Dem Länderfi nanzausgleich wollen die FDP-Fraktionen seine gleichmachende Wirkung nehmen. Gegenwärtig haben

die Länder keinen Anreiz, sich um Inno-vationen und wirtschaftliche Dynamik zu bemühen. „Das System schwächt die fi nanzstarken Länder und verschärft die Armut der fi nanzschwachen“, be-klagt Rülke. „Es gibt viele gute Vorschlä-ge, das zu ändern.“ Die meisten stam-men aus den Gutachten, die die FDP in Regierungsverantwortung in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen an-gestoßen hat.

Thomas Hahn

www.fdp-fraktionen.de

»Mehr Finanzautonomie der Länder

bringt mehr föderalen Wettbewerb.«

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11Europa

Marktwirtschaftliche Politik und klarer Stabilitätskurs. Verbesserung der Ban-kenaufsicht und Reform des Finanz-sektors. Mehr Freihandel und digitaler Binnenmarkt. Das waren und sind die zentralen Anforderungen der FDP an die wirtschaftspolitische Agenda der neuen EU-Kommission. Das Team von Präsident Juncker verspricht in dieser Hinsicht leider wenig. Ja, auch wenn er der erste demokratisch(er) gewählte Kommissionschef ist, auch wenn er die Brüsseler Behörde besser aufgestellt hat, auch wenn Liberale fünf wichtige Res-sorts bekommen haben – die FDP konn-te seiner Kommission nicht zustimmen, denn auf dem zentralen Feld der Wirt-schafts- und Finanzpolitik stimmt die Ausrichtung der neuen Kommission einfach nicht. Ganz im Gegenteil: Mit Währungskommissar Moscovici und Finanzmarktkommissar Hill droht eine wirtschafts- und fi nanzpolitische Irr-fahrt. Pierre Moscovici soll die Stabili-sierung des Euro voranbringen und für mehr Disziplin in den Krisenländern sorgen. Als französischer Finanzminis-ter aber hat er kein einziges Mal einen Haushalt vorgelegt, der die Maastricht-

Kriterien für Stabilität und Wachstum eingehalten hätte. Auch die Benennung von Jonathan Hill ist eine schwerwie-gende Fehlentscheidung. Kein Land hat so konsequent wie das Vereinigte Königreich versucht, den Finanzsektor vor Reformen zu bewahren. Während Juncker vor der Wahl noch das Hohelied von Haushaltsdisziplin und Bankenre-gulierung sang, hat er nun gleich zwei-mal den Bock zum Gärtner gemacht.

Chancen statt Schulden – das war un-sere Forderung im Wahlkampf, dieser Leitidee bleiben wir treu. Auch Junckers Kommission bekommt die Chance, sich zu beweisen. Als Erstes muss sie den aufgeblähten französischen Staatshaus-halt zurückweisen. Das wäre gut für Eu-ropa – denn die kleinen Staaten sähen, dass die großen nicht einfach tun und lassen können, was sie wollen. Es wäre gut für Frankreich – denn dann müsste Paris endlich ernsthafte Reformen um-setzen. Und es wäre gut für Deutsch-land – denn wir wollen ein starkes, selbstbewusstes Frankreich als Partner in Europa. Deshalb gilt: Nur Mut, Herr Juncker! Eine starke Kommission ist

gerade jetzt nötig, da Bundeskanzle-rin Merkel und Präsident Hollande sich wie Schröder und Chirac im Jahr 2003 daranmachen, die Regeln für stabile Fi-nanzen und nachhaltige Wirtschaftsre-formen in Frankreich zu umgehen und den Stabilitätspakt aufzuweichen. Die Konjunkturfl aute in Deutschland, der unverändert hohe Stand der Arbeits-losigkeit in Frankreich und die zuneh-mend verzweifelten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zeigen, dass das genau der falsche Weg ist. Markt-wirtschaftliche Reformen, nicht Ren-tengeschenke oder neue Schulden, sind Voraussetzung für Wachstum, Arbeits-plätze und Chancen für Millionen Men-schen in der gesamten EU, die endlich wieder produktiv tätig sein wollen.

www.fdp-in-europa.de

Alexander Graf Lambsdorff

Die Satzungen der FDP enthalten keine

Aussage zu Beschlüssen von Vorstands-

gremien im Umlaufverfahren. Deshalb

gelten die allgemeinen Regelungen des

Vereinsrechts, wie das Bundesschieds-

gericht in seinem jüngsten Beschluss

feststellte (Az.: B 4 – 38/IX-14). Für eine

Mitgliedsaufnahme im Umlaufverfah-

ren ist damit erforderlich, dass „sämt-

liche Kreisvorstandsmitglieder der Auf-

nahme des namentlich ausdrücklich

benannten Bewerbers schriftlich zu-

stimmen“. Dies ergibt sich aus § 28 Abs.

1 i. V. m. § 32 Abs. 2 BGB.

Beschluss des Bundesschiedsgerichts

Mitgliederaufnahme im Umlaufbeschluss nur bei Einstimmigkeit

Thomas Hahn

DEN BOCK ZUM GÄRTNER –

NICHT MIT DER FDP

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STARKENETZPOLITIK

DIGITALE START-UPSBRAUCHEN EINE

FANGEN WIR MIT DEN FAKTEN AN: Erstens, es existiert eine substanzielle Gründerszene in Deutschland und diezugehörigen Start-ups sind enorm wich-tig für die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft. Diese jungen In-novationstreiber werden gebraucht, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Zweitens, Berlin ist der führende Standort für Start-ups in Deutschland. Das bedeu-tet aber nicht, dass nicht auch in Ham-burg, München, Köln und sonst irgendwo in Deutschland tolle Start-ups entstan-den sind und auch weiterhin entstehen sollten. Drittens, auch wenn die deutsche Gründerszene inzwischen eine stabi-le Größe hat, so kann das nicht darüberhinwegtäuschen, dass die Digitalen Welt-marktführer nicht aus Deutschlandkommen und sich Start-ups in den USAschneller und einfacher entwickeln kön-nen. Entsprechend muss weiterhin an den Rahmenbedingungen für Start-ups ge-arbeitet werden, um in Zukunft den jun-

gen Unternehmen der Digitalen Wirt-schaft eine Chance im internationalen Wettbewerb zu geben. Was ist also zu tun? Wie muss eine konsequente Netz-politik für Start-ups der Digitalen Wirt-schaft in Deutschland aussehen?

1) Benötigt werden in der Basis die Di-gitalen Denker und Macher als Arbeit-geber (Gründer) und Arbeitnehmer (Fachkräfte) und somit Köpfe für die Digitale Wirtschaft. Das gilt in quantita-tiver, aber auch qualitativer Hinsicht, in-nerhalb und außerhalb von Deutschland.

2) Benötigt werden private, öffentliche und unternehmerische Investitionen in digitale Innovationen und die Transfor-mation bestehender realer Geschäfts-modelle und somit ausreichend Kapital für die Seed- und Expansion-Stage.

3) Benötigt wird eine wettbewerbsneu-trale und durchsetzbare rechtliche Ge-setzgebung und somit faire Rahmen-

bedingungen für die deutsche Digitale Wirtschaft in einer globalen Internet-Ökonomie.

4) Benötigt wird aber auch eine gesell-schaftliche Anerkennung von Erfolg und Akzeptanz von Misserfolg im Hinblick auf digitale Unternehmungen und somit Chancen für den persönlichen und wirt-schaftlichen Exit – wie auch immer der im Einzelfall aussehen mag.

Die Grundlage dieser Bedürfnisse ist dabei das folgende Leitbild: „Digitale Wertschöpfung und gemeinsame Ver-antwortung von Start-ups, Industrie und Politik für die Digitale Wirtschaft und Gesellschaft.“ Netzpolitik ist aber nicht zuletzt auch ein allgemeines ge-sellschaftliches Thema, verbunden mit der Frage, wie in Zukunft die Kom-munikation zwischen Menschen, Un-ternehmen und Institutionen zu und mit digitalen Netzwerken aussehen wird. Die digitale Transformation al-ler Lebensbereiche hat nicht nur längst begonnen, sondern wird sich weiter fortsetzen. Dies impliziert eine ganze Reihe von politischen Fragestellungen, die diskutiert und beantwortet werden müssen. Eine wirkungsvolle Netzpo-litik für Start-ups der Digitalen Wirt-schaft in Deutschland ist aber auf alle Fälle ein lohnenswerter Anfang!

Quantitativ Qualitativ

Seed Expansion

Recht Wettbewerb

Gesellschaft

WirtschaftlicheAnerkennung

PersönlicheAnerkennung

Ausbildung, Förderung, Internationalität, Menschen, Kultur

Eigen- und Fremdkapitalsystem

Politik, Verbände, Experten

Quelle: Kollmann, Tobias (2014): Digitale Gründerzeit

Bedürfnispyramidefür die (Junge)DigitaleWirtschaft

Liberale Agenda

Prof. Dr.Tobias Kollmann,

Professor fürE-Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen

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Ticker / Leserbriefe

+++ Gutachten: Maut zu teuer und Schritt in Überwachungsstaat +++

Dobrindts Pkw-Maut bringt kaum Geld, schadet dem Wirtschaftsstandort und ist ein weiterer Schritt in den Überwa-chungsstaat. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens der FDP-Fraktionsvorsit-zendenkonferenz, das deren Sprecher Christian Dürr und NRW-Fraktionschef Christian Lindner in Berlin vorstellten. Nach Abzug aller Kosten blieben kaum mehr als 100 Mio. Euro übrig, obwohl für Erhalt und Sanierung der Infra-struktur 7,2 Mrd. Euro jährlich fehlten. „Diese Maut ist fl üssiger als Wasser, sie ist schlichtweg überfl üssig“, unter-strich Dürr.

+++ Gauck hat doch Recht +++

Mit seinen öffentlich geäußerten Be-denken gegen einen linken Minister-präsidenten hat Joachim Gauck eine große Debatte in Deutschland ausge-löst. Die Linken-Chefi n Katja Kipping griff den Bundespräsidenten scharf an. FDP-Chef Christian Lindner urteilte da-raufhin: „Linkspartei will Gauck den Mund verbieten.“ FDP-Vize Wolfgang Kubicki nahm Gauck davor in Schutz. „Frau Kipping sollte sich schämen, den Bundespräsidenten derart zurecht zu weisen. Joachim Gauck hat doch Recht“, sagte er.

+++ Drei Eckpunkte für eine bessere Altersvorsorge +++

Jeder dritte Deutsche legt kein Geld fürs Alter zurück. FDP-Generalsekre-tärin Nicola Beer fi ndet diese Entwick-lung besorgniserregend. Das zeige, welche „katastrophalen Anreize“ die

Große Koalition mit ihrer Rentenpolitik setze. Nötig sei ein Rentenmix mit drei Eckpunkten, um die Altersvorsorge zu-kunftsfest zu machen.

+++ TTIP: Freihandelsabkommen bietet einmalige Chancen +++

Die Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA erhitzen weiter-hin die Gemüter. Die FDP spricht sich klar für die Abkommen aus, denn CETA und TTIP bieten unserer exportorien-tierten Wirtschaft einmalige Chancen für Wachstum und neue Arbeitsplätze. „Beim Freihandelsabkommen mit den USA gibt es noch erheblichen Aufklä-rungs- und Kommunikationsbedarf. Bei-spiel Investorenschutz: hier profi tieren vor allem deutsche Unternehmen“, er-klärte EP-Vizepräsident Alexander Graf Lambsdorff.

+++ Energieversorgung – wir müssenalle Optionen offen halten +++

FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms hielt ein Plädoyer für bezahlbare Strompreise – und zwar für die Bürger genauso wie für die Industrie. Für ihn ist jetzt die Bundesregierung gefordert, „schnellstmöglich alle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die die Ener-giepreise senken und uns unabhängi-ger von russischen Erdgaslieferungen machen“. Ihm schwebt dabei unter anderem vor, die Option Fracking of-fenzuhalten. „Wir müssen die eigenen Ressourcen mehr nutzen. Wir dür-fen neue Techniken nicht verteufeln“, mahnt Solms.

+++ Extremismus: Der Rechtsstaatmuss sich wehren +++

FDP-Chef Christian Lindner und Vize Wolfgang Kubicki forderten die Sicher-heits- und Justizbehörden auf, gelten-des Strafrecht gegen gewaltbereite Ex-tremisten konsequent anzuwenden. Es brauche keine Verschärfung der Gesetz-gebung, dafür aber ein entschlossenes Vorgehen, so Kubicki. Die Polizei müsse beispielsweise gewalttätige Ausschrei-tungen bei Demonstrationen „mit aller Härte“ unterbinden.

+++ 25 Jahre Prager Botschaft –der glücklichste Augenblickmeines politischen Weges +++

Am Abend des 30. September 1989 verkündet der damalige Außenminis-ter Hans-Dietrich Genscher vor 6000 Flüchtlingen in der Prager Botschaft, dass die DDR ihre Ausreise genehmigt habe. Er war tief aufgewühlt angesichts des Schicksals der Menschen. „Ich war dankbar, ihnen die frohe Botschaft überbringen zu können. Es war wohl der glücklichste Augenblick meines politi-schen Weges“, erinnert sich Genscher.

+++ EU-Kommissare: FDP nimmt Jun-ckers Sorgenkinder unter die Lupe +++

Insgesamt 81 Stunden lang wurden die neuen EU-Kommissare befragt. Die FDP nutzte die Chance, die Kandidaten streng zu prüfen. Das Ergebnis der ersten An-hörungen war für Juncker ernüchternd: Fünf seiner Wunschkandidaten fi elen durch. EP-Vizepräsident Alexander Graf Lambsdorff und FDP-Präsidiumsmit-glied Michael Theurer twitterten live aus den Befragungen.

Meldungen vom www.liberale.de

Herzlichen Glückwunsch zur neuen Li-beralen Depesche. Endlich kommt die elde weg vom Hochglanzmagazin zur Selbstdarstellung von Funktions- und Mandatsträgern hin zu Inhalten mit

Mehrwert für die Mitglieder. Mehr da-von. Gerne auch Hinweise zur vertiefen-den Lektüre der angerissenen Themen-kreise. Die elde hatte bei mir – um ganz ehrlich zu sein – bisher den Status einer nervigen Werbesendung. Das ändert sich gerade. Gehen Sie ruhig weitere Schritte in Richtung Inhalt und liberal-Magazin. Sie haben es dank der Umfra-

ge ja schwarz auf weiß: FDP-Mitgliedern darf man auch Inhalte „zumuten“.

Christian Springfeld, Springe

Liebe Redaktion, das ist die beste elde seit langem. Informativ und inhaltlich interessant statt Selbstbeweihräuche-rung und Personenkult. Glückwunsch!

Ernst Burgbacher, Tuttlingen

Leserbriefe

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Die herbe Wahlniederlage in Branden-burg hat viele Ursachen. Gut 70.000 Wäh-ler hat die FDP im Vergleich zur vorheri-gen Wahl 2009 verloren – davon mehr als 40.000 an die Nichtwähler. An die oft als liberale Konkurrenz hochstilisierte AfD hingegen verlor die FDP „nur“ rund 15.000 Stimmen. Das ist deutlich weni-ger, als CDU oder auch die Linkspartei an die Rechtspopulisten abgegeben haben.

In Brandenburg wurden die Tage nach der Wahl genutzt, um nach vorne zu

schauen. Der Landesverband will sei-ne Struktur reformieren. In der Dis-kussion ist neben einem kleineren Landesvorstand vor allem eine Ände-rung der Zahl der Parteitagsdelegier-ten. Gemeinsam mit den Kreisverbän-den sollen die Änderungen debattiert und ausgearbeitet werden, entschie-den wird auf einem Sonderparteitag am 29. November. Dort wird auch ein neuer Landesvorsitzender samt Stell-vertreter gewählt, da Gregor Beyer und Andreas Büttner am Wahlabend ihre Ämter zur Verfügung gestellt hatten.

Fest steht: Zu Hause gebliebene FDP-Wähler lassen sich zurückgewinnen. Dazu braucht es wieder überzeugende Argumente und eine Parteistruktur, die nah am Wähler ist.

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FDP Brandenburg schaut nach vorne

Landtagswahlen

www.fdp-brandenburg.de

Christian Erhardt-Maciejewski

Torsten Herbst Patrick Kurth

FDP Thüringen:Wir kommen wieder

FDP Sachsen: Gekämpft wie die Löwen

„Wir werden kämpfen wie die Löwen“, versprach Landeschef Holger Zastrow zu Beginn des Wahlkampfes. Und die Sachsen haben alle Register gezogen. Allein mit ihrer Wahlkampf-Sommer-tour machte die FDP auf über 80 sächsi-schen Marktplätzen Station. 20 liberale Biker waren eine Woche lang im Land unterwegs. Rund 40.000 A1-Plakate und 330 Großfl ächen warben für die Freien Demokraten. Und dennoch: Es hat nicht gereicht. Mit 3,8 Prozent verpassten die Sachsen den Wiedereinzug in den Land-tag. „Wir haben wirklich alles gegeben, waren sichtbarer, fl eißiger und leiden-schaftlicher als unsere Konkurrenz. Trotzdem konnten wir uns vom gene-rellen Ansehensverlust der FDP nicht lösen“, sagte Zastrow am Wahlabend.

„Das Wahlergebnis ist schlimm, aber wir haben nicht um Stimmen gebet-telt, sondern unsere Ehre und unseren Stolz verteidigt“, so der Landeschef. Jetzt beginne für die sächsische FDP der Neuaufbau in der außerparlamen-tarischen Opposition. „Für uns ist die APO nichts Neues. Wir haben vor zehn Jahren schon einmal bewiesen, dass ein Landtags-Comeback auch unter ext-rem schwierigen Bedingungen möglich ist.“ Das Wahlergebnis sei traurig, aber Energie und Leidenschaft in der säch-sischen FDP ungebrochen. „Noch am Wahlabend war zu spüren: Die Partei ist enttäuscht, aber nicht resigniert. Wir werden die sächsische FDP auf APO um-bauen und wollen mit unserer Erkenn-barkeit, Erfahrungen und Bekanntheit möglichst oft auf Augenhöhe mit den im Landtag vertretenen Parteien agieren“, kündigt Zastrow an.

Die Sensation blieb aus – die FDP muss-te den Thüringer Landtag verlassen. Hinter ihr liegen fünf Parlamentsjahre, in der sich die Fraktion um Uwe Barth einen Namen machte. Dennoch war der Gegenwind gewaltig. Die Thüringer Li-beralen rückten zusammen, gingen mit einer mutigen Kampagne in den Wahl-kampf und nutzten auch ungewöhnli-che Methoden.

Am Ende stand jedoch ein bedrücken-des Ergebnis. Der hohen Bekanntheit des Spitzenkandidaten, der Expertise der Fraktion, der jahrelangen Geschlos-senheit des Landesverbandes und der starken kommunalen Aktivität standen die Lage der Gesamtpartei, fehlende Machtoptionen, ein millionenschwerer Wahlkampf der Konkurrenz und auch das Signal aus Sachsen entgegen.

Hätte die Thüringer FDP nicht über drei Prozentpunkte an Nichtwähler und CDU abgeben müssen, wäre die Fünfpro-zenthürde locker übersprungen wor-den. Übrigens: An die AfD gab die FDP nur gut ein Prozent ab und lag damit hinter Nichtwählern, CDU und Linke sowie gleichauf mit der SPD.

Mit Blick auf die Zukunft bauten die Thüringer Liberalen vor. Durch um-sichtige Finanzplanung, logistische Veränderung und Disziplin im End-spurt bleibt der Landesverband struk-turell gut aufgestellt. Ein Landespartei-tag wird Ende November die Weichen für die Zukunft stellen. Die konkrete Politik aber gestalten jetzt andere – und wir kommen wieder.

www.fdp-sachsen.de

www.fdp-thueringen.de

LANDTAGS-WAHLEN 2014

schauen. Der Landesverband will sei-ne Struktur reformieren. In der Dis-kussion ist neben einem kleineren

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Über die Chancen des Liberalismus in der arabischen Welt zu schreiben, wirkt angesichts des nicht endenden Stroms negativer Berichte aus der Nachbarre-gion fast verwegen. Der Liberalismus, jene wunderbare Idee von Freiheit, Ver-antwortung, Toleranz und Fortschritt, sei die Antithese der arabischen Politik, meinen viele. Und es fällt schwer zu wi-dersprechen. Fest verankert in den Köp-fen vieler Menschen hierzulande sind Bilder von Gewalt und Diktatur, Krieg und Unterdrückung. All dies ist längst mehr als ein Vorurteil: Der arabische Raum ist ein Hort der Unfreiheit und der politischen Gewalt.

Doch Moment! War da nicht etwas? Tah-rir? Das gewaltfreie Aufbegehren der Massen in Tunesien, in Ägypten – und dann wie im Dominospiel die Rufe nach Freiheit in anderen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas? Das ist lange her. Die bunten Bilder der Demonstra-tionen in Kairo, Tunis und Casablanca, die Szenen des Aufbegehrens der ara-bischen Massen gegen Unterdrückung und Korruption sind fast vergessen. Da-mals, vor gut drei Jahren, keimte Hoff-nung, dass nach Jahrzehnten der Dik-tatur Freiheit und Demokratie auch in diesem Teil der Welt eine Chance haben werden. Schnell war von einem arabi-schen Frühling die Rede. Dieser Früh-ling mutierte bald zum Herbst – und heute wäre es angemessen, von einem arabischen Winter zu sprechen. Allein das vergleichsweise kleine Tunesi-en gibt Anlass zu Hoffnung, da dort die politische Transfor-mation in die richtige Rich-

tung führt. Für die deutsche Außenpo-litik gilt der nordafrikanische Staat als „Leuchtturmland“; in Berlin hofft man, die tunesischen Praktiken mögen aus-strahlen und den Nachbarn den Weg weisen. Zuversichtlich stimmt, dass in der europäischsten aller arabischen Na-tionen die verfeindeten säkularen und islamistischen Lager nach langem Hin und Her zu einem Kompromiss gefun-den haben – einem nationalen Interes-senausgleich zum Wohle des Ganzen.

In einer persönlichen Rückschau bleibt die Bilanz ernüchternd. Auf das Zwi-schenhoch des arabischen Frühlings folgte die Rückkehr zur alten Ordnung. Das gilt im Besonderen für Ägypten, das bevölkerungsreichste arabische Land: Revolutionäre der ersten Stunde sind eingesperrt oder im Exil. Die Presse ist gleichgeschaltet oder infolge der

sprichwörtlichen Schere im Kopf ohne Biss. Die Islamisten der Muslimbruder-schaft, die alle demokratischen Wahlen für sich entscheiden konnten, wurden gewaltsam aus dem Amt gedrängt. Die liberalen Kräfte haben sich auf die Sei-te des Ex-Generals geschmissen. Ak-tuell gibt es wenig Hoffnung auf einen neuen politischen Frühling. Gleichwohl stehen wir nicht am Ende der Geschich-te. Im Zuge der Aufstände haben die Menschen ihre Macht erkannt. Noch ist diese Macht gebändigt. Sollte es den autoritären Herrschern nicht gelingen, die teilweise elenden Lebensverhält-nisse der Massen zu verbessern, ist die nächste arabische Eruption nur eine Frage der Zeit.

www.freiheit.org

KEINE CHANCE FÜRDIE FREIHEIT IN DERARABISCHENWELT?

Ronald Meinardus,Büroleiter der Region Naher Osten

und Nordafrika bis Juli 2014

Wahlplakat: Das „fouloul“-Grafi tto kritisiert die Politiker des alten Regimes

Stiftung für die Freiheit

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15Liberales Leben

Neuer Vorstand für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Dr. Wolfgang Gerhardt wurde als Vor-standsvorsitzender wiedergewählt. Neuer, einziger Stellvertreter ist Prof. Karl-Heinz Paqué, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität. Ebenfalls neu im Vorstand ist Sabine Leutheus-ser-Schnarrenberger. Wie bisher kom-

plettieren Manfred Richter, ehemaliger Oberbürgermeister von Bremerhaven, als Schatzmeister und Unternehmens-berater Dr. Wolf-Dieter Zumpfort den nun fünfköpfi gen Vorstand. Zum neu-en hauptamtlichen Geschäftsführer der Stiftung wurde Steffen Saebisch bestellt.

Die liberalen Kommunalpolitiker dis-kutierten auf der VLK-Delegierten-versammlung in diesem Jahr über „Kommunalfi nanzen in Deutschland“. Die Auszeichnung Liberales Rathaus nahmen die FDP-Fraktion der Bezirks-versammlung Harburg für die Aktion „Gelbe Karte für die HVV“, die FDP in der Stadt Rödermark für ihre Initiative

„Transparenz 2.0“ und die FDP im Mann-heimer Gemeinderat für die Aktion „Mehr Sicherheit durch Licht“ entgegen.

Respekt – vor Individualität, Leistung und Privatsphäre – was das Thema des 49. Bun-deskongresses der Julis in Braunschweig. Neben der Beratung von Anträgen, unter anderem zu Forschung und Sterbehilfe, gab es lebendige Diskussionen über den FDP-Leitbildprozess und die Nachwahl

zweier Bundesvorstandsmitglieder. JuLi-Chef Konstantin Kuhle forderte in seiner Rede mehr Respekt: „Wir Liberale sind verliebt in Vielfalt. Wer anderen Respekt entgegenbringt, wird Respekt ernten. Wir JuLis wollen Deutschland zu einer Respektgesellschaft machen.“

Manfred Richter, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Wolf-Dieter Zumpfort und Hauptgeschäftsführer Steffen Saebisch (v.l.)

Michael Schüssler, Kurt Duwe, Volker Beiselund Wolfram Dette (v. l.)

Dr. Erwin Lotter

Dr. Christopher Gohl

Erwin Lotter verstorben

Die Liberalen trauern um Dr. Erwin Lotter. Der Politiker aus dem bayerischen Aichach verstarb am 7. Oktober 2014 im Alter von 63 Jahren nach langer Krankheit. Lotter trat 1995 in die FDP ein und saß von 2008 bis 2013 im Deutschen Bundestag. 2009 grün-dete er die Vereinigung Liberaler Ärzte (VLÄ), deren erster Vorsitzender er war. Seit 2011 litt Lotter an einer schweren Lungenerkrankung. Seine Reden im Bundestag hielt er zuletzt mithilfe eines mobilen Sauerstoffgerätes.

Die FDP hat ein Ombudsmitglied. Nach einer Satzungsänderung des Bundes-parteitags im Mai 2014 berief der Bun-desvorstand Dr. Christopher Gohl aus Tübingen zur kommissarischen Wahr-nehmung des Amtes bis zur ersten Wahl auf dem nächsten Bundespartei-tag. Das Ombudsmitglied ist mit der Be-schlusskontrolle und einer Beschluss-sammlung beauftragt.

Ehrung für Kom-munalpolitiker

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Christopher Gohl neuesFDP-Ombudsmitglied

„Kongress-Selfi e“ mit dem JuLi-Bundesvorsit-zenden Konstantin Kuhle

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Stromverbrauch des e-up! in kWh/100 km: kombiniert 11,7, CO2-Emission in g/km: 0. Stromverbrauch des e-Golf in kWh/100 km: kombiniert 12,7, CO2-Emission in g/km: 0. Abb. zeigt optionale Sonderausstattungen.

Mit dem e-up! und dem e-Golf bringen wir die Mobilität von morgen schon heute auf die Straße. Zu 100 % elektrisch, emissionsfrei und dabei so alltagstauglich, wie man es von einem Volkswagen erwartet. Große Veränderungen müssen sich eben nicht immer wie große Veränderungen anfühlen.

e-Mobilität von Volkswagen.Der e-up! und der e-Golf.

www.volkswagen.de/emobility#vwfuture